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Ultraleicht Trekking

[IT] GTA 2021 - Hoch über Domodossola bis weit hinunter nach Quincinetto


sja

Empfohlene Beiträge

30. Juli - 21. August 2021
GTA 2021, Domodossola bis Quincinetto

Zum vierten Mal bin ich in diesem Jahr auf der "Grande Traversata delle Alpi" (GTA) unterwegs, jenem rund 1000 km langen unglaublich schönen und wenig frequentierten italienischen Fernwanderweg durch den Westalpenbogen. Nachdem ich in den vergangenen Jahren in einer nicht logischen Abfolge verschiedene Abschnitte durch das Piemont absolviert habe, geht es in diesem Jahr in den Norden. Um genau zu sein, mehr oder weniger von der schweizer Grenze (nahe Domodossola) bis nach Quincinetto, dem tiefsten Punkt der GTA (abgesehen von Ventimilgia am Meer). Ziel ist also "die Pforte" zum Aostatal. Unterwegs verspricht der Weg den Glücklichen (mit gutem Wetter) eine Aussicht auf das Monte Rosa Massiv.

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GTA 2021: von Domodossola bis Quincinetto

Nach einem arbeitsintensiven und reduzierten Corona-Jahr, freute ich mich wieder sehr auf die Berge: Das tägliche Gehen, die freundlichen Menschen in den kleinen Weilern im Tal und den ruhigen Berghütten ("refugios") in der Höhe. Statt Telefonkonferenzen, inneren Dialoge, das Kommen und Gehen von Gedanken, der unbändige Hunger am Abend, dann die unermessliche Freude über die Pasta und kulinarische Genüsse. Nicht zu vergessen den Hauswein und hin und wieder den hausgemachten, hochprozentigen "Nachtisch" und nette Begegnungen. Ein einfacher Plan, Körper und Geist zu Zeiten dennoch gefordert.

In diesem Jahr sollte es etwas gemütlicher zugehen als im letzten Sommer. Die Etappen sind nicht so lang, ich dafür etwas untrainierter. 3 Wochen stehen mir zur Verfügung. In mein Zeitbudget gehört jedoch auch, von Norden kommend, die langsame und gemächliche Anreise auf Schienen. Das Zelt? Nur als Backup.

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Abendliches Vergnügen vor der Refugio Baranca

In meinem Bericht vom letzten Jahr findet ihr noch ein paar extra Zeilen zu dem Fernwanderweg und natürlich zu den Erlebnisse aus den sich geografisch anschließenden Etappen bis Susa. 

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Freitag 30.07.2021
Anreise nach Domodossola

Zur Anreise gibts nicht viel zu sagen, gute 12 Stunden bin ich samt Umsteigezeit mit der Bahn unterwegs. Bei Ankunft in Domodossola ist es sehr schwül. Ich geh noch etwas essen und falle in einen tiefen Schlaf.

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Domodossola am ersten Abend


Samstag 31.07.2021: Graniga - Rifugio Il Dosso (670 hoch / 10 runter)
Sanftes Ankommen

Nach dem Aufstehen weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll: Ich habe tatsächlich mein zweites Paar Socken vergessen. OH NO! Wie kann das denn sein? Aber ich versuch es mit Humor zu nehmen. Erstunken ist noch niemand. Und vielleicht gibts irgendwo zumindest die Möglichkeit IRGENDWELCHE "Söckchen" zu kaufen. Dann könnte ich am Abend was an den Füßen haben, während die Wandersocken sich regenerieren und nach einer Waschaktion wieder einsatzfähig werden. Insgeheim verspüre ich aber auch  einen gewissen Ehrgeiz, ob ich es nicht schaffen könnte, mit einem Paar auszukommen und sie dennoch, wenn nötig, zu waschen. Zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort. Hmmm... Außerdem gleichen die eingesparten 60g die übertriebene Anzahl an Ersatzbatterien für das Garmin aus. Let's see.

Um 11 Uhr 30 will ich (nach einem für italienische Verhältnisse üppigen Frühstück) den Bus in die Berge nehmen. Die ersten zwei Tage sind zum Eingewöhnen. Eigentlich wollte ich die erste Nacht draußen schlafen, aber es hat sich fast zu einem Selbstläufer entwickelt: für die erste Nacht ist irgendwie immer Gewitter angesagt, diesmal sogar Unwetter-Warnung. Also doch Rifugio.

Auf dem Weg zur Bushaltestelle sehe ich ein paar Wanderstiefel bei einem Mülleimer stehen und denke noch schmunzelnd, will da wohl jemand auf leichtere Sneaker umsteigen? Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass mich das Thema Schuhe noch einmal selbst ereilen würde...

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Was war hier denn los?

Ich wollte bis San Lorenzo, der vermutete Endstation fahren. Der freundliche Busfahrer will mich jedoch unbedingt noch bis zum nächsten Weiler bringen. Ich bin erst nicht so überzeugt, denn ich will ja keine Busreise machen. Aber ein Blick auf die Karte verrät mir, dass ich mir doch etwas Straße sparen könnte und so beschließe ich, dass ich das Angebot annehme und für die eingesparte Strecke lieber ein wenig durch den hübschen Graniga spaziere.

Ziemlich aufgeregt genieße ich wieder einmal die Busfahrt. Bis auf die ersten 10 min, in denen eine Italienerin im Bus sitzt, ist der Bus leer. Das Herz geht mir auf, angesichts der bevorstehenden Tage und der Landschaft um mich herum.

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Spaziergang durch das schmucke Graniga

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Hübsche Pflänzchen überall

Ich habe etwas Mühe den Einstieg in meine Etappe zu finden, aber eine Frau schickt mich auf den Weg. Dieser ist zwar nicht auf meiner Karte, aber der Wegweiser ist mit einem Ortsnamen beschriftet, den ich auf derselben finden kann und ich gehe in die richtige Richtung: bergauf.

Ich merke schnell, dass das innere System noch auf Hochtouren läuft. Draußen friedliche Natur, ich rieche den feuchten Wald und das frisch gemähtem Gras, drinnen wilde Gedankenstrudel. Die Synchronisation mit dem Kosmos ist wohl noch nicht abgeschlossen, wie ein werter Kollege vermutlich sagen würde.

Ich komme relativ früh, noch vor dem ersten Regen am Rifugio Il Dosso an. Es liegt etwas oberhalb der Etappe Gattascosa - Laghetto. Morgen muss ich zwar auf dem gleichen Weg ein Stück zurück, aber das Rifugio soll etwas netter sein, als San Bernardo, welches direkt am Weg liegt. Und ich habe ja nur ne halbe Etappe.

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Erstes Rifugio: Il Dosso

Im Rifugio scheine ich der einzige Gast zu sein, abgesehen von einem italienischen Pärchen, welches viel mit den Gastgebern zu Gange ist. Am Nachmittag drücke ich mich etwas rum, es ist frisch geworden, regnet immer mal wieder etwas, aber ich finde ein überdachtes Plätzchen, höre Musik und schreibe meine ersten Eindrücke auf. Ich muss mich an das nichts-zu-tun-haben gewöhnen. Es ist aber auch gut, einfach mal mit ein paar ruhigen Takten auf den Ohren auf einen wolkenverhangenen, mitunter dunklen Himmel zu gucken, Regen und bewaldete Berge um mich herum. Mit Grollen macht ein versprochenes Wetter auf sich aufmerksam. Ich werde ein wenig emotional. Relax.

Gegen Abend gebe ich mir einen Ruck und setze mich zu den italienischen Leuten in die Stube. Ich bestelle mir einen Sprizz zur Zungen-Lockerung und tausche meine Hemmungen gegen die eingerosteten Italienisch-Kenntnisse. Es stellt sich heraus, dass die Gäste Verwandte von dem Paar sind, die die Hütte bewirtschaften. Sie sind übers Wochenende zu Besuch. Es folgt ein nettes Plaudern mit den sympathischen Leuten und ich bekomme stolz jede Menge Fotos von riesigen, selbst gefangenen Forellen von Vater und Sohn gezeigt.

Kurz vor dem Abendessen kommt dann doch noch ein Schweizer Paar, die auch auf der GTA (mit Varianten) unterwegs sind. Es wird noch ein geselliger Abend und die Wirtsleute erzählen uns unter anderem Historisches zu den umliegenden Pässen.

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01.08.2021: Rifugio Il Dosso - Rifugio Alpe Il Laghetto (520 rauf, 210 runter)
Zu Gast bei Super Mario

Eigentlich stehen heute nur 3h 30 auf dem Programm, aber was man nicht im Kopf hat... oder wie geht der Spruch? Wie schon erwähnt, liegt das Rifugio Il Dosso etwas oberhalb der eigentlichen GTA-Etappe. 
Ich steige also erst einmal 100 HM (oder war es mehr?) durch den Wald ab, als ich merke, dass ich aus versehen den Zimmerschlüssel aus dem Rifugio mitgenommen habe. Wie blöd. Einfach weiter gehen ist nicht wirklich fair. Also umkehren und den Schlüssel zurückbringen. Nochmal Buckel hoch, Buckel runter.

An der Kapelle San Bernardo stoße ich dann auf die GTA. Es geht vom Bognanco- in Richtung Antrona-Tal. Der entsprechende Pass ist jedoch erst morgen dran.

Erst einmal auf dem Höhenweg über Domodossola die Aussicht auf die bewaldeten Hänge, die ins Val Bognanco abfallen, genießen.

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Höhenweg

An der späteren Weggabelung entscheide ich mich gegen das Bivacco Marigondo (wenngleich es durchaus lockt) und gehe hoch zum Rifugio Alpe Laghetto. Die Etappe ist zwar nicht so lang, (abgesehen von dem Bonus-Track), aber bin ich froh, als ich dort ankomme. Set 14h regnet es leicht und ich bin noch nicht so richtig im Training. Ich schaue nicht auf die Uhr, bin mir aber sicher, dass ich bestimmt einiges länger gebraucht habe. 

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Bivacco Marigonda

Als ich müde und nass die Hütte betrete, empfängt mich eine gemütliche Atmosphäre. Es ist warm, der Ofen wird schon befeuert, der Wirt begrüßt mich heiter und fragt nach meinen Wünschen. Erst mal ein Cappuccino. Ein französisches Pärchen, das die GTA von Süden nach Norden geht und bis München verlängert, sowie eine Österreicherin, Tänzerin am Tanztheater Wuppertal sitzen an den großen Holztischen mit rot-weiß-karierten Tischdecken.

Die Hütte wird von Mario ("Super Mario") und seinen beiden Kollegen bewirtschaftet. Zusammen bilden sie ein originelles Team. Mario genießt es sichtlich, seine Gäste zu unterhalten. Das wird sich im Laufe des Abends auch noch steigern.

Erst wenn alle angekommen sind, sollen wir unsere Schlafplätze gezeigt bekommen. Auch später, als noch ein jüngeres Paar (die Frau ist auch länger unterwegs) und die Schweizer von gestern eintreffen, hat der Wirt es nicht eilig. Wir bekommen ganz dünne Schutzbezüge für Kopfkissen und Matratze und ich lerne aus der Schweiz, dass wir gerade unser Kopfkissen "anziehen". Der Bettbezug ist der Bettanzug. Ich muss schmunzeln und bin sehr begeistert.

Wir sind hier relativ viele Leute, wenn ich so mit meinen sonstigen Erfahrungen auf der GTA vergleiche und werden auf zwei Zimmer aufgeteilt.

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Abendstimmung vor dem Rifugio Il Laghetto

Der Hunger macht sich deutlich bemerkbar. Da es nie vor 7 oder halb 8 Abendessen gibt, versuche ich um 6 Uhr nochmal Kuchen zu ordern. Aber nix da. Mario meint, dass jetzt ein Aperitivo dran sei (in Norditalien bekommt man gegen Abend zu seinem alkoholischen Getränk gerne mal Häppchen gereicht). Er stellt einen Korb mit Brot und ein großes Holzbrett mit Käse Salami auf den Tisch (und legt mehrfach nach). Ich futtere schon Unmengen, das eigentliche Abendessen folgt ja noch. Aber kein Problem, schaffe ich auch noch. Zum Aperitivo wird Prosecco gereicht.

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Montag 02.08.2021: Rifugio Alpe Laghetto - Alpe Cheggio (690 rauf / 1230 runter)
Der erste Pass in diesem Jahr

Auf zum ersten Pass. Genauer gesagt sind es sogar zwei: der Passo di Campo auf 2169 m und dann der Passo della Preia mit 2327 m. Na und wo es rauf geht, geht es meist auch wieder runter: Ziel ist Cheggio, über 1200 Höhenmeter tiefer im Valle Antrona. 6h gibt der Rother für die Etappe an (netto), aber noch muss ich bestimmt 2h drauf rechnen (mit Pausen).

Man könnte auf direktem, aber nicht gut markiertem Weg zur Alpe Campo gehen oder, so wie ich gekommen bin, zurück zur GTA, zum Bivacco runter und dann zur Alpe. Ich entscheide mich für letzteres.

Unsere Hüttengemeinschaft verabschiedet sich in unterschiedliche Richtungen: Das französische Paar geht auf der GTA nach Norden, die Schweiz macht einen Abstecher in die Schweiz, der Rest geht auf einer der beschriebenen Varianten nach Cheggio.

Die GTA führt mich auf einem sehr schönen Höhenweg über weite, blitzegrüne Alpgebiete zur Alpe Campo. 

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Richtung Alpe Preia ist eine abschüssige Grasflanke zu queren. Dort hat der Weg an einer Stelle aufgrund von Erosion ordentlich gelitten. Es sind nur ein paar Schritte, aber ich muss mich trotzdem ziemlich konzentrieren und überlegen, wo und wie ich meine Füße platziere. Besser nicht den Hang runter segeln. Meine Strategie: gaanz langsam, den zweiten Fuß erst heben, wenn der andere das gut findet. So klappt das. Wahrscheinlich ist das für viele easy peasy, aber ich bin in solchen Situationen meist ziemlich erleichtert, wenn sie vorbei sind. Man kann sich allerdings auch ganz schön zusammenreißen, wenn man muss.

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Das war schon halbwegs steil, auch wenn es vielleicht nicht soo aussieht ;)

Kurz vor dem Passo della Preia treffe ich wieder auf zwei "Profis". Ein deutsch sprechender Mann und eine Italienerin. Trotz zahlreicher Pausen sind sie fast gleichzeitig mit mir auf dem Pass. 2327m.

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YEAH! Zwar nicht optimale Aussicht, aber die schneebedeckten Berge sind trotzdem ziemlich cool. Mein erster richtiger Pass dieses Jahr. Es ist - nach den letzten paar Schritten - dann doch immer eine Überraschung, was es in der einen und anderen Richtung zu sehen gibt! Und meistens ist die letzte Stunde vor dem Pass auch die scheinbar nie enden wollende...

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Passo della Preia

Das Pärchen steigt nicht ab, sondern nimmt einen anspruchsvolleren Weg links am Berg entlang. Ich schaue auf die Karte und denke, wenn sie nach Cheggio wollen, ist das ein ordentlicher Schlenker. Tja, was soll ich sagen, als ICH in Cheggio eintreffe, sitzen die beiden schon beim "Cappu" (Cappuccino), lächeln und grüßen freundlich! Okeeeee.

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Bis es soweit ist, dauert es aber noch eine Weile. Zwischen dem Ereigenis auf zweitausenddreihundertirgendwas und tausendfünfhundertirgendwas liegt noch… na, was? Der Abstieg! Der Wege ist echt unangenehm zu gehen. Immer wieder kaputt, teils steil und ordentliche Stufen. Aber naja, ordentliche Abstiege, das ist halt auch GTA. Als ich so vor mich hin absteige, fragt sich eines meiner Ichs, warum ich eigentlich keine Wattwanderung mache. Das andere Ich kichert nur belustigt vor sich hin.

Unten angekommen gehe ich "nach Bätzing" den Giro del Lago als Alternative zum Höhenweg auf der anderen Seite des Sees. Steile Grashänge und Bachbetten muss jetzt nicht mehr sein. Und wenn Herr Bätzing die Alternative erwähnt, warum nicht.

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Während ich so vor dem Albergo rumhänge, treffen neue Leute ein. Ich bin natürlich neugierig und frage die Jungs gleich aus. Es ist die zwei-Mann-Vorhut von weiteren 4 Franken und Fränkinnen. Franken sind ja ein lustiges Völkchen, aber so viele? In dem Refugio morgen gibt nur wenige Betten. Ich kümmere mich also schnell mit Hilfe der Wirtin um eines davon. Sie ruft für mich dort an und beendet ihr Telefonat mit den Worten:: "Due ore in fila sono un miracolo". Meine spontane und mir gut gefallende Übersetzung lautet: "Zwei Stunden Sonne am Stück sind ein Mirakel", etwas später fällt mir auf, dass "miracolo" wohl eher mit "Wunder" zu übersetzen ist, also "Wenn mal die Sonne zwei Stunden am Stück scheint, ist das echt ein Wunder". Die Leute erzählen immer wieder, dass es seit Juni so viel Regen hier gab.

Bearbeitet von sja
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Dienstag 03.08.3021 Cheggio - Alpe della Colma (1010 rauf / 940 runter)
Hollow Legs

Heute ist Regen für den Nachmittag angesagt. 5:30 h stehen offiziell auf der Uhr. Da bereits nach einer Stunde ein Dörfchen mit einer Bar und einem Alimentari (Lebensmittel-Laden) angekündigt wird, das Frühstück meist eh sehr spartanisch ist (Zwieback, trockenes Weißbrot und diese typischen Marmeladen-Portiönchen in kleinen Plasitkquadranten), beschließe ich ein ECHTES italienisches Frühstück zu genießen. Ich werde in Antronapiana (so heißt das besagte Dörfchen), in einer Bar frühstücken: Einen leckeren Cappuccino, dazu ein Brioche (Croissont). Ich liebe das, zwischen den Einheimischen an der Bar stehen, ein bissl was aufschnappen oder einfach das Geschehen beobachten. Ausnahmsweise macht da Frühstücken auch in Stehen Spass.

Los will ich kurz nach Sonnenaufgang. Bis ich richtig unterwegs bin, ist es jedoch sicher schon 6:45h. Macht aber nix, denn der Lebensmittel-Laden macht vielleicht eh erst um 8h auf. 

Auf einer Mulatteria gehts guten Fußes runter in das Dörfchen. In der Bar ist alles so, wie ich mir das vorstelle. Neben der Bar besagtes Alimentari. Ich versorge mich und weiter geht der Abstieg ins Tal.

Das französische Pärchen von der Alpe Il Laghetto hatte uns den Tipp gegeben, wir mögen in Antronapiana den Bus durch das Tal nehmen, bis zur Abzweigung, wo man dann zum Rifugio aufsteigt. Der Weg wäre nicht schön und führte an der Straße entlang. Aber ich habe mehr Lust zu gehen und auf der Karte sieht es jetzt nicht so aus, als ob man ewig auf einer Autostraße unterwegs sei.

Ich bin ganz zufrieden. Es ist tatsächlich ein "Dörferbummel durchs Tal", so wie es im Rother-Wanderbuch beschrieben ist, man kommt zwar immer mal wieder auf eine Straße, aber so schlimm finde ich das nicht. Ich mag auch mal durch kleine Dörfer gehen.

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Dörferbummel durch das Antronatal

Als ich an besagter Bushaltestelle vorbei komme, sehe sogar einen Bus, der ein paar wenige Menschen aussteigen lässt. Als ich näher komme, sehe ich sogar einen mir bekannten Menschen darunter. Es ist O. die Tänzerin.
Ein großes Hallo, ein kurzer Austausch (sie hat die letzte Nacht in einer anderen Unterkunft geschlafen) und auf gehts, den knackigen Aufstieg angehen. Ich lasse O. mal lieber den Berg alleine rauf tänzeln, während ich mich eher mühevoll hinaufschraube. Es geht eigentlich die ganze Zeit recht unspektakuläre durch den Wald, dafür umso steiler. Ich komme abends mit O. überein, dass es jetzt auch mal reicht mit Wald und wir was anderes wollen.

Der Aufstieg ist wie gesagt recht anstrengend und ich merke schon seit Tagen, dass ich nach spätestens 1,5 h auf den Beinen, vor allem wenn es natürlich anstrengend wird, immer tiiiierischen Hunger kriege. Ich werde dann auch ein wenig fahrig und die Beine wackelig, mag dann aber auch nicht so recht das trockene Weißbrot und den schwitzigen Käse essen. Bäh. Irgendwie fehlt unterwegs das richtige Essen. Bewundere die anderen, die den ganzen Tag nix brauchen. Oft hab ich auch keine Lust richtig Pause zu machen oder lasse mich unnötigerweise zu sehr innerlich antreiben, weil ich nicht noch später ankommen will, ich brauche doch eh schon so viel länger als angegeben. Letzteres ist natürlich völlig egal. Ob ich jetzt in der Hütte rumhänge oder auf dem Trail… naja ganz loslassen kann ich es trotzdem nicht. O. sagt am Abend zu mir, ich hätte "Hollow Legs", soll so viel bedeuten wie: rutscht alles durch die hohlen Beine in die Füße. Na ja... hihi, so hohl finde ich sie nun nicht gerade...

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durch den Wald gehts hoch

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Auf dem Weg hoch zum Rifugio

Auf dem Weg zum Rifugio zieht ordentlich Nebel auf und verleiht dem Wald eine gewisse mystische Stimmung. In der Hütte sitzt O. schon beim Getränk und der Hüttenwirt walkt den Pastateig aus. Es werden Parpadelle produziert. Die Wirtin zeigt mir mein Bett und klärt mich über die Regeln auf: Das Paar ist elektrosensitiv und wir sollen sämtliche Geräte ausschalten. Handy bitte auch nicht im Flugmodus nutzen, sondern aus. Wir dürfen draußen - 10 m von der Hütte entfernt telefonieren und daddeln. Ok. Beim Ausschalten sehe ich, dass meine Schwester mir ne SMS geschickt hat und antworte ihr noch schnell (bevor ich abschalte) mit einem winzigen Einzeiler. Prompt krieg ich von unten einen Rüffel. Ob sie da so ein Messgerät hat, das anzeigt, wenn jemand Unfug macht? Es ginge ihr nicht gut. Mia culpa. Scusa.

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Rifugio Alpe Colma

Die Franken und Fränkinnen kommen an, außerdem noch drei weitere Frauen. Die Strenge der Wirtin wird von dem Unterhaltungskünstler des Ehemanns ausgeglichen. Bevor er ein Leben als Hüttenwirt führte, war er Musiker und so gibt es am Abend noch eine kleine Vorführung auf dem E-Piano.

Es wird ein sehr lustiger Abend. Ich habe lange nicht mehr so viel gelacht, was unter anderem auch an dem Humor der drei bodenständigen Mädels lag. Wie man doch mit Menschen, denen man sonst in seiner alltäglichen Blase nicht begegnen würde, einen guten Abend haben kann. 

Bearbeitet von sja
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vor 10 Stunden schrieb sja:

@Sg33 Jetzt erst gesehen… Wahrscheinlich seid ihr schon unterwegs… ja, das bivacco ist offen und benutzbar. Oft soll die Gasflasche dort leer sein. Viel Spaß!

Hey danke für deine Infos ;) wir waren dann tatsächlich schon unterwegs und sind von Forno wieder aufgestiegen, da wir im Bivacco Marigonda übernachtet hatten und dort wegen covid nur das Nebengebäude offen war. Wussten dann nicht wie die Lage auf „del lago“ ist, aber es hat nun auch so für uns gepasst ! Sehr schön deine Beschreibungen … wir freuen uns auf mehr …Grüße 

 

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vor 4 Minuten schrieb sja:

@Sg33 Danke für das Kompliment. Weiß nicht, wo ihr gerade seid und nehme gerade was vorweg, aber kann nur empfehlen, im Rifugio Rivetta eine Nacht zu verbringen. So ein tolle Gastgeber. Hatte dort einen ganz wundervollen Abend.

Oh ja wenn du rifugio rivetti meinst, da wollen wir hin :) super danke !!!

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Mittwoch 04.08.3021 Alpe della Colma - Molini di Calasca (30 rauf / 1100 runter)
Kurz mal runter nach Molini und den Nachmitta und Abend verquatschen.

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Heute gehts nur runter ins Tal nach Molini di Calasca. Das Wetteraussichten sind wieder mal nicht so prickelnd und die Pläne der GTAler unterschiedlich. Die Franken und Fränkinnen wollen durchziehen bis zum Bivacco Alpe Pian Lago, was grundsätzlich machbar ist (das wären 6:30h netto und jeweils 1200 m hoch und runter), aber der ein oder andere der Truppe ist angeschlagen und wie gesagt, das Wetter ist nicht so pretty. Sie wollen es versuchen, ganz früh los und zur Not doch im Tal übernachten. Die Mädels nehmen im Tal den Bus nach Forno und wollen dann direkt nach Campello Monti. O. und ich bleiben entspannt und haben eine kurze Etappe, um dann morgen bei gutem Wetter zum Bivacco aufzusteigen.

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Zum Weg gibt es nicht so viel zu sagen: über einen Wiesenrücken, durch Wald in Serpentinen ins Tal, vorbei natürlich wieder an einer Alp, runter zur Talstraße zur Locanda del Tiglio. Diese Locanda bietet (neben einem Pizzaofen) eine ziemlich großartige Attraktion für Leute, die zu wenig Socken dabei haben: Einen Föhn im Badezimmer! Ich habe heute die einmalige Gelegenheit, mein einziges Paar Fußbekleidung zu waschen und zu trocknen.

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Aber erst einmal gibt es eine Pizza aus dem Holzofen und ausgiebiges Quatschen. Auch am regnerischen Nachmittag sitzen wir auf der überdachten Terrasse und reden so lange über Gott und die Welt, bis wir Stunden später von einem großartigen Abendessen unterbrochen werden: Pasta, Risotto, Pizza, Kalb und Dolce.

Bearbeitet von sja
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Donnerstag 05.08.3021 Molini di Calasca - Bivacco Pian del Lago (1180 rauf / 440 runter)
Mein ersten Bivacco

Die Nacht war zu kurz. 6:45 h klingelt zwar der Wecker, aber nach dem Zähneputzen gebe ich mich nochmal der Schwerkraft hin, ich bin einfach noch zu müde. Erst um 8:30h komme ich los. Runter zur Wallfahrtskirche Madonna della Gurva am Torrente Anzar (ich befinde mich noch im Anzasca-Tal). Dann etwas höher zum Val Segnara und auf einer schönen Malattiera durch Kastaneinwald weiter aufwärts.

Kurz nachdem ich los gehe, treffe ich jedoch erst einmal auf zwei Schweizerinnen, die bereits eine Doppel-Etappe gemacht haben und aktuell auch wieder eine machen. Immer diese Ambitionierten..., ich gehe ein Stückchen mit den beiden und freue mich über das kurze, nette Gespräch. Als es jedoch bergauf geht, ziehen sie mit Tempo davon. Haha, besser ist es wohl.

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Das Wetter ist schön und die Etappe heute endlich mal wieder etwas aussichtsreicher. Um die Mittagszeit genieße ich ein meine Pizza, die ich mir in der Locanda habe mitgeben lassen (diese schlaue Idee stammt aus einem alten Reisebericht). Endlich mal eine leckere Verpflegung für den Weg.

Am Nachmittag komme ich zur Hüttel. Sie liegt wunderschön an einem kleinen Bach. In der Nachbarschaft eine Alp mit dort wohnender Hirtin, Ziegen und Kühen. Das Wetter ist traumhaft, daher wagen wir es, machen uns nackig und steigen kreischend in das eiskalte Nass (naja der Bach führt nicht sehr viel Wasser), wir können uns nur halbwegs in eine Kuhle legen.

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Bivacco Pian del Lago - mein erstes Bivacco! Ich mag es.

O. hat etwas Sorge, ob es nicht zu kalt wird in der Nacht. Sie hat nur einen Hüttenschlafsack dabei und die Woll-Decken sind jetzt nicht die Neusten. Sie sammelt etwas Holz, aber ich glaube nicht, dass das brennt. Es scheint sie zumindest zu beruhigen. Wir werden es an diesem Abend nicht ausprobieren.

Noch vor dem Abendessen kommt eine weitere Wandererin an. Mir fällt natürlich sofort der weiße UL-Rucksack einer noblen Marke auf. Seit 10h auf den Beinen und halbwegs eilig will sie noch weiter zum nächsten Biwak. "Ich will das trockene Wetter nutzen und so weit laufen, bis mir die Beine abfallen", sagt sie. Später erfahren wir, dass wir sind nicht die einzigen sind, denen sie begegnet. Sie ist wohl seit Wien unterwegs und in Villadossola auf die GTA gekommen. In 30 Tagen will sie in Nizza sein, es sind noch über 50 Etappen!

Wir schauen der Hirtin noch etwas zu, wie sie die Tiere umher treibt und genießen unser Abendessen. Die letzten Sonnenstrahlen am Abend gehören uns leider nicht allein. Um uns herum jede Menge Mücken. Die Biester wollen ihre Rüssel in unsere gut durchbluteten Arme und Beine stecken. Aber nicht mit mir. Sämtliche mir möglichen Vorkehrungen werden getroffen und funktionieren zumindest halbwegs.

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Käseplatte zum Abendbrot und für mich noch Couscous-Mischung mit Parmesan und Walnüssen

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Ziegen überall - großes Kino

Als wir in unsere Kojen steigen, bin ich froh um meine Daunen und auch um meine Iso-Matte, die Matratzen sind okay, aber nicht der Knüller.

Bearbeitet von sja
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Freitag 06.08.2021 - Alpe del Lago - Campello Monti (750 rauf / 990 runter)
Auf ins Walserland

Zuerst muss ich mich einmal korrigieren: Das Bivacco gestern war das Rifugio Alpe del Lago. Heute komme ich an einem weiteren Bivacco vorbei, welches Alpe Pian Lago heißt. Schon bei der Vorbereitung bin ich hier immer wieder durcheinandergekommen.

Die Etappe klingt heute vielversprechend. Drei Übergänge mit Aussicht auf die Walliser 4000er, unter anderem auf das Monte Rosa Massiv.

Auf dem ersten Pass treffe ich O. wieder. Es ist warm, die Sonne scheint und sie liegt im Gras und genießt den Ausblick, gute Idee (später erfahre ich, dass sie tatsächlich auf dem kleinen Pass ein paar Sit-ups gemacht hat. Ich konnte es nicht glauben. Schade, dass ich das nicht gesehen habe).

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Der Ausblick beim Bivacco Alpe Pian Lago ist nicht viel weniger beeindruckend. Weiter gehts zum Lago di Ravinella, einem sehr schön gelegenen See. Dort rasten 3 Italiener. Das übliche "Wo kommst du her - Wo gehst du hin", aber ich bin müde und habe keine Lust auf Small Talk mit der Männer-Clique. Ich will ankommen. Vor mir liegt noch der Aufstieg zum letzter Pass Colle dell'Usciolo auf 2037 m und ich schraube mich wieder langsam hoch.

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Auf der anderen Seite begegnet mir ein Hirte auf der Suche nach 10 (ausgebüchsten) Kühen. Ob ich sie am See gesehen hätte, fragt er. Ich verneine und blicke in ein ratloses Gesicht. Alsbald kommen mir Zweifel an meiner Wahrnehmung dort, aber kann man so fokussiert auf den Weg und seine Gedanken sein, dass man 10 Kühe übersieht?

In Campello Monti erwartet mich eine zauberhafte Kammer im Albergo Nigritella, eine nette Wirtin und ein hübscher Ort. Vor dem Abendessen bummeln wir noch durch den Ort und nehmen den Aperitivo vor dem zentral gelegenen "Alla Vetta del Capezzone" ein. Dort ist viel mehr los, als in unserer Herberge und wir haben Spass daran, uns das Kommen und Gehen anzugucken.

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Campello Monti

Die Wetteraussichten für den nächsten Tag sind gruselig und so beschließe ich im Laufe des Abends, eine weitere Nacht hier zu bleiben, zumal wir hier mit das beste Essen der bisherigen GTA bekommen. Ich habe Lust mal ausgiebig zu schlafen, zu lesen und zu schreiben - und einfach mal den Tag verbummeln. O. wird weiter gehen, ihre Freundin wird dazu stoßen, was sich organisatorisch aber als nicht so ganz einfach herausstellt (wo stellt die Freundin das Auto ab, welcher Bus fährt wo hin, wie kommt man nach ein paar Tagen wieder zum Auto...).

Mir fällt am Abend auf, dass die nächsten Etappen etwas herausfordernder werden. Alles was ich bislang gemacht habe war eigentlich harmlos. Ich muss zugeben, dass mich die ersten Etappen trotzdem gefordert haben. Naja, irgendwann wird sich ja mal ein Trainingseffekt einstellen. 1 Woche ist jetzt knapp vorbei. Mit Respekt schaue ich auf die noch ausstehenden 2 Wanderwochen. So lange war ich noch nie in den Bergen.

Bearbeitet von sja
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Am 6.9.2021 um 21:22 schrieb Sg33:

(...) da wir im Bivacco Marigonda übernachtet hatten und dort wegen covid nur das Nebengebäude offen war. Wussten dann nicht wie die Lage auf „del lago“ ist, aber es hat nun auch so für uns gepasst ! Sehr schön deine Beschreibungen … wir freuen uns auf mehr …Grüße 

 


Das blaue Gebäude (ehemals Bivacco Marigonda) ist verschlossen und wird nicht mehr als Biwak betrieben. Dieses wird nun von der CAI Sektion genutzt.
Das sog. Nebengebäude ist das neue Biwak und heisst ‚Dino del Custode‘.

War im letzten Jahr (14.-15.8-2020), als ich dort übernachtet habe zumindest so gekennzeichnet.

 

Am 9.9.2021 um 19:27 schrieb sja:

(...)

Kurz nachdem ich los gehe, treffe ich jedoch erst einmal auf zwei Schweizerinnen, die bereits eine Doppel-Etappe gemacht haben und aktuell auch wieder eine machen. Immer diese Ambitionierten..., ich gehe ein Stückchen mit den beiden und freue mich über das kurze, nette Gespräch. Als es jedoch bergauf geht, ziehen sie mit Tempo davon. Haha, besser ist es wohl.

(...)

:lol::lol: Ich bin etwas verwirrt. Kannst du mir bei Gelegenheit bitte den Unterscheid zwischen "ambitioniert" und "pazzo" erklären?:wink:

Bearbeitet von zweirad
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vor 1 Stunde schrieb zweirad:

:lol::lol: Ich bin etwas verwirrt. Kannst du mir bei Gelegenheit bitte den Unterscheid zwischen "ambitioniert" und "pazzo" erklären?:wink:

Bearbeitet vor 1 Stunde von zweirad

Haha, ganz einfach: „ambitioniert“=super fit, easy-peasy auf Pass/Gipfel.

„Pazzo“=italienisch für „bissl verrückt“, liebt den Abgrund :lol:.

Würde mal sagen, du bist beides :)

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Samstag 07.08.2021 Campello Monti
Ruhetag

Heute Ruhetag. Nach dem Frühstück hänge ich noch eine Weile im Bett rum, es ist neblig und regnerische draußen.  

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Blick aus dem Fenster meiner Kammer

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Die Wolken hängen tief, Ruhetag gut gewählt

Dann mache ich einen Spaziergang durch den winzigen, aber netten Ort. Mein Weg führt mich zum alten Schulhaus, in dem sich einst das "posto tappa" befand. Zumindst dachte ich, dass es geschlossen sei.

Ich sehe ein Schild, das auf eine Webe-Werkstatt aufmerksam macht. Da ich nichts besseres vorhabe, schaue ich mir das an. Eine Frau, Ende 50 sitzt an einem Webstuhl und arbeitet an einer Wolldecke. Überraschenderweise spricht sie mich sofort auf deutsch an. Sie ist Deutsche und wir unterhalten uns eine Weile darüber, wie sie nach Italien kam, wie die Leute hier mit Covid umgehen usw.

Sie fragt mich, wo ich untergekommen sei und ich merke sofort, meine Herbergsgastgeber scheinen bei ihr (im Dorf?) nicht soo beliebt zu sein? Das zentrale Ristorante ist wohl eher the place to be. Ich frage, ob ich dort mittags was essen könne sie nickt und schlägt vor, dass wir zusammen hingehen. Ich esse Pasta mit Wildschwein-Bolo, sie trinkt einen Café. Man kennt sich hier natürlich. Als sie geht, regnet es in Strömen und ich beschließe, noch etwas zu bleiben. Ich bin zwar der einzige Gast, aber so what. Wüsste nicht, was ich sonst tun soll.

Ich mag die Atmosphäre, die ganze Familie sitzt hinten in der Küche, isst, trinkt und lacht. Sie überlassen mir unkompliziert vorne den Gastraum. Finde ich super. Es gibt eine Zeitung und ich kann auch mal endlich in meinem Wanderbuch ein paar Hintergrundinfos nachlesen. Hm, von den vielen Leuten, die gestern hier waren, scheinen alle trotz des echt schlechten Wetters weitergegangen zu sein.

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Ristorante "Alla Vetta del Capezzone"

In trinke einfach noch einen Rosso. In dem Moment kommen Nachbarn herein und damit auch etwas mehr Leben. Die Wirtin macht den Fernseher an: Samstagnachmittag, Olympia. Typische Hintergrundunterhaltung für italienische Bars. Ich versuche, lieber etwas von den Unterhaltungen um mich herum aufzuschnappen., was aber gar nicht so einfach ist, bei dem Sprechtempo und regionalen Dialekt.

Bearbeitet von sja
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Sonntag 08.08.2021 Campello Monti - Rimella/Chiesa (650 rauf / 760 runter)
Der Weg der Leichenträger

Juhu, es geht weiter. Ein Tag abhängen reicht. Das Wetter ist endlich besser und es liegt wieder einmal ein Pass vor mir.

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Blick zurück nach Campello Monti

Vom Val Strona gehe ich über den Bocketta di Cmpello (1924 m) in das Mastallone-Tal nach Rimella. Die Etappe wird "Der Weg der Leichenträger" genannt. In früheren Zeiten waren die beiden Täler eng verbunden. Campello Monti hatte keinen eigenen Friedhof und auch keine Kirche und so mussten die Toten über den Pass ins Mutterdorf Rimella getragen werden. Die Träger der Dahingegangen fanden in etwa 1h Fußmarsch unterhalb des Passes einen Rastplatz, der sich "Posa dei Morti" nennt. Sie konnten sich dort ausruhen und die toten Körper dem Pfarrer von Rimella übergeben. Erlaubten die winterlichen Bedingungen einen Übergang nicht, so gab es eine recht praktikable Lösung. Die Leichen wurden im Frost einfach "tiefgekühlt".

Rimella ist also das Ziel heute. Übernachten will ich im Albergo Fontana, von dem ich hinsichtlich der unfassbar vielen Vorspeisen schon viel gelesen hatte. Im Hinterkopf hatte ich irgendwie, dass es auch kritische Stimmen gab, aber daran denke ich in diesem Moment nicht. Nun ja, es fängt schon mit der Reservierung an. Elvira (meine Gastgeberin) rief gestern nach dem Abendessen bereits dort an, aber aus irgendwelchen Gründen war die Dame am anderen Ende der Leitung nicht in der Lage, die recht simple Frage, ob ein Bett für mich zur Verfügung steht, zu beantworten. Sie wies uns jedoch darauf hin, dass O. und ihre hinzu gereiste Freundin nicht angekommen seien. Seltsam. Muss ich mir Sorgen machen? O. machte auf mich einen sehr zuverlässigen Eindruck. Sie hätte sicher abgesagt. Naja, an diesem Morgen klapp es mit der Reservierung, aber die Damen da drüben schienen etwas wirr und keinen wirklichen Plan bezüglich der Auslastung des Albergos zu haben.

Los gehts. Zuerst einmal im steten auf an Alpen vorbei auf den Bochetta die Campello. Die Etappe ist gut machbar. Zeigt sich etwa die Erholung vom gestrigen Tag? Auf dem Pass wird mir eine Aussicht auf das Monte Rosa Massiv versprochen, aber es gibt noch zu viele Wolken, leider.

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Da oben ist gut was los. Es kommen einige italienische Day-Hiker hoch. Wie so oft, blicke ich in größer werdende Augen, als ich bestätige, dass ich alleine unterwegs bin. Immer wieder die Frage: "Sei da sola?" Ob die Männer das auch gefragt werden?

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Der Abstieg klappt super. Ich vergesse leider nur, auf dem "Rastplatz Leichenträger" zu achten. Im Nachhinein fällt mir jedoch auf, dass es kurz vor Rimella schon häufiger als sonst so kleine Madonnen-Andachtsstätten gab. Nu denn. Gegen 13h bin ich schon in Rimella. Keine gute Zeit, um an einem Sonntag im Albergo Fontana anzukommen.

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Ich will ja gar nicht unbedingt direkt mein Zimmer gezeigt bekommen. Ich kann auch gut, einen Drink nehmen und erstmal gemütlich ne Pasta essen. Aber vor allem Letzteres ist echt ein Problem. Obwohl es Mittagszeit ist und es ein Ristorante gibt und ich alles gegessen hätte, was grad so auf dem Herd sowieso brutzelte - zumal in einer italienischen Küche immer ein Tomatensugo im Kühlschrank ist (hab ich mir sagen lassen)... weist man mich relativ barsch ab, als ich nach etwas zu Essen frage. Erstmal heißt es nur "nein", dann frage ich nochmal nach, dann hieß es später. Okee.

Im Albergo ist kein Platz, aber im Posto Tappa kann ich nächtigen. Ich solle doch erstmal was trinken. Also gut. Kein Problem. Als ich mein Getränk habe, schickt man mich plötzlich doch zum Posto Tappa runter. Dafür solle ich zur Straße und dann den Hang runter, soundso inferiore heißt die Häuseransammlung. Zu irgendeinem gelbes Haus. Okee. Als ich unten bei der Häuseransammlung bin, gibt es natürlich nicht nur ein gelbes Haus. Ich irre eine Weile rum, bis ich jemand finde, der mir zeigt, wo ich hin muss. Im Haus empfängt mich jemand und zeigt mir mein Bett.

Nach einer Dusche versuche ich erneut mir ein Mittagessen zu erkämpfen. Die Dame guckt wieder etwas unwillig, aber es heißt dann, ich soll draußen warten und mich zum Essen auf die Terrasse setzen.

Ach ja, aus den Shop, dessen Tür offen stand, werde ich auch verjagt. Um 15h soll ich wiederkommen. Um 15h heißt es dann "am Nachmittag". Als ich frage, wann denn so "am Nachmittag im Albergo Fontana sei, erklärte sie endlich, dass das bedeutet, wenn die Mittagsgesellschaft weg ist. Aha. Ich glaube sie merkt langsam, dass ich etwas naja so bin, sagt dann schnell, am besten einfach vor dem Abendessen kommen. Warum nicht gleich so.

Ich nutze die Zeit zum Wäsche waschen und für ein Nickerchen. Plötzlich sehe ich auf meinem Telefon eine Nachricht von O. "Geh mal auf deinen Balkon". Ich verstehe die Nachricht nicht ganz, erahne aber, dass sie auf der Terrasse des Albergos sitzt. Wie nett. Ich laufe mit meiner halbnasse Hose rüber und sehe sie da mit ihrer hinzu gereisten Freundin sitzen. So kreuzen sich unsere Wege wieder. Nachdem ich den Tag und Abend gestern alleine verbracht habe, freue ich mich wieder über Gesellschaft. Ich dachte schon, hm, das wird heute Abend etwas langweilig. Aber nein, im Gegenteil. Mit den beiden wird es sehr lustig. Im Übrigen, hat O. im Albergo angerufen und mitgeteilt, dass sie einen Tag später käme...

By the way, C., die Freundin von O. will mir nicht glauben, dass es 16 Gänge im Fontana gibt. Aber es ist so (ob es genau 16 sind, wissen wir nicht, es ist echt mühsam mitzuzählen). Natürlich sind es lauter Happen, es ist einerseits witzig, aber ich bin auch nicht euphorisch. Haha, ich und das Fontana... und das gastgebende Schwestern-Triell...  wir hatten vielleicht einfach nicht den allerbesten Start.

Bearbeitet von sja
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Montag 09.09.2021 Rimella - Alpe Baranca
Benvenuti ragazze


Frühstück ist für halb acht angesagt. Um viertel vor sitze ich am Tisch und gedulde mich ganz brav. Anscheinend dauert es, bis das Brot geliefert wird. Auch die Abrechnung dauert, ist dann aber auch irgendwann geschafft. Die Damen wollen uns noch Honig-Gläschen schenken, glücklicherweise darf ich stattdessen auch ein abgepacktes Croissant mitnehmen.

Um 9 Uhr gehts dann los Richtung Pass (La Res). Auf dem Weg komme ich an einem weiteren Refugio vorbei. Es ist ein ganz altes Häuschen, davor sehe ich das Ehepaar das das Refugio wohl bewirtschaftet. Sie wirken ähnlich alt wie das Refugio. Ihre Gesichter, die von vielen Falten und Furchen geprägt sind, machen mich sehr neugierig. Sie tun mir etwas leid, denn ich vermute, die meisten GTAler werden im Fontana übernachten. Ich bereue ein wenig, nicht bei den beiden Herrschaften abgestiegen zu sein. Aber egal.

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Der Anstieg klappt problemlos, oben bei der Alp grast ein Pferd und gibt ein schönes Fotomotiv ab (auch wenn es mit @zweirad s Tier-Fotos nicht mithalten kann). Runter - auch easy, denke ich freudig, dann fällt mir ein, dass es zum Schluss ja nochmal hoch geht. 

Aber no worries, der Weg hoch zur Alpe Baranca lässt sich sehr gut gehen und ist auch wunderschön. Lediglich die dunklen Wolken am Himmel müssten nicht sein, bedeuten sie mal wieder eingeschränkte Sicht.

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Der letzte Anstieg des Tages

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Valle Baranca, ganz hinten dann zur Alpe Baranca

Ich bin tatsächlich die erste beim Rifugio. Für O. und ihre Freundin ist es die erste Etappe zu zweitSie lassen sich Zeit zum Quatschen und Pause machen. Ich darf das Zimmer für uns drei aussuchen. Nach einer Weile kommen noch zwei weitere Wandersleute an, zwei sehr nette Frauen aus Kassel. Überhaupt fällt mir in diesem Jahr auf, dass sehr viele Frauen unterwegs sind.

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Rifugio Alpe Baranca

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Blick vom Rifugio in die Berge

Die Alpe Baranca ist toll. Die Wirtin eine ganz liebe und witzige Person, die uns am Abend auch vorzüglich bekochen wird. Trotz der dunklen Wolken und der kühlen Temperaturen auf knapp 1600 m genieße ich es vor der Hütte zu sitzen, den Tieren zuzusehen und mich in dieser wunderschönen Landschaft zu verlieren. Zum Essen wechsele ich in die gemütliche Hütte mit knisterndem Bollerofen. Außer den beiden Kasslerinnen und den beiden mir schon bekannten Frauen kommen keine weiteren Gäste.

Bearbeitet von sja
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