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Ultraleicht Trekking

Schneebiwak


pielinen

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Wer im Winter unterwegs sein will, stösst unweigerlich sehr schnell in ultraheavy Regionen vor.

Ultraleicht im Winter nur mit Rucksack geht ja eigentlich nur unter Verzicht auf ein Zelt mittels Skills eines Winterbiwaks.

Ich habe in Schweden von einem Wintersarekwanderer gehört, der nur in Schneehöhlen übernachtet hat.

Dafür suche ich Berichte und Inspirationen.

Bearbeitet von pielinen
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Moin!

In der Theorie klingt das meistens ganz toll, allerdings steigen ohne Zelt die Anforderungen an den Rest des Schlafsystems weiter. Vor einer Woche habe ich in einer sternklaren, windstillen Nacht bei knapp -20°C draußen unter freiem Himmel übernachtet und habe so gut wie fast noch nie geschlafen. Es ging schnell und war extrem unkompliziert. Allerdings ist es kaum zu vermeiden, dass Matte und Schlafsack so einiges an Feuchtigkeit abbekommen - und das mit VBL und Tyvek-Biwaksack.

Für eine Übernachtung oder zwei bzw. in Notfällen auch mal etwas länger geht das super, aber irgendwann wird die Feuchtigkeit bei längeren Touren zu einem riesigen Problem. Wo wir aber noch gar nicht bei Schneehöhlen wären.

Schneehöhlen sind finde ich ein interessantes Thema, über das man wochen- und monatelang diskutieren könnte. Wenn ich mal überlege, in wie vielen Situationen ich ernsthaft darüber nachgedacht habe, bei wirklich miesem Wetter eine Schneehöhle zu bauen und das dann nicht möglich war, weil bei normalen Touren in Skandinavien an fast allen gefährlichen Stellen nicht ausreichend Schnee vorhanden ist, läuft es mir kalt den Rücken herunter. Hätte ich mich auf eine Schneehöhle in der Situation verlassen müssen, wäre ich krepiert, wenn mich vorher nicht jemand geborgen hätte. Es mag vielleicht am Berg meistens irgendwie gelingen, eine Wechte, Vertiefungen oder wenigstens ausreichende Verwehungen zu finden, aber im hügeligen/fast flachen Fjäll ist das oft nicht der Fall. Oder wie soll man in einem schmalen Tal oder einer Hochebene eine Schneehöhle bauen, wenn der Wind nur noch wenige Finger breit Schnee übrig gelassen hat? Du warst ja vor kurzem noch Richtung Nikkaloukta unterwegs und wirst wissen, wie wenig Schnee manchmal zwischen Singi und der Fjällstation am Kebnekaise liegt, da müsste man schon eine Weile suchen. Und was macht man, wenn man einen großen See überquert und das Wetter schlechter wird? Was passiert, wenn man im Birkenwald ist und der Schnee zu locker für eine stabile Behausung ist? Zumindest aktuell ist es in vielen Gegenden so, dass man praktisch bodenlos im Schnee einsinkt, wenn man durch die oberste Schicht durchbricht - der Schnee darunter ist wie Sand und müsste erst einmal stark verdichtet werden, um damit irgendwas anzustellen. Dort eine Schneehöhle zu bauen würde nicht nur ein paar Stunden dauern, sondern vielleicht sogar einen Drittel Tag. Man müsste wohl die Streckenführung stark anpassen und müsste jeden Abend lange buddeln, wenn man konsequent nur in Schneehöhlen übernachten wollen würde. Für mich geht das als Rechnung nicht auf, aber theoretisch funktionieren würde es bestimmt.

Generell frage ich mich, ob es sich bei der immensen Arbeit, die eine Schneehöhle erfordert, nicht mehr lohnt, zumindest ein leichtes Zelt einzupacken. Für mich persönlich kann ich die Frage klar mit "ja" beantworten, aber wie andere dazu stehen, kann ich nicht beurteilen. Ich bin aber auch der Ansicht, dass ein mittelschweres Zelt oft besser als ein leichtes Zelt ist, weil man dann nicht jeden Abend zwei Stunden lang eine Schneemauer bauen muss oder genauso lange im Schnee eine Vertiefung ausheben muss. Mit meinem Helsport-Zelt, das vielleicht 1,5kg mehr als nötig wiegt, musste ich in den letzten 2 ½ Wochen im Fjäll exakt gar keine Schneemauer bauen. Hätte ich stattdessen ein Mid dabei gehabt, wäre ich bei der Tour wahrscheinlich insgesamt mindestens 10-15h lang damit beschäftigt gewesen, nur im Schnee herumzustochern und hätte dann noch die ganze Zeit davor Angst gehabt, dass sich der Wind dreht.

Man könnte auch noch den Bergsteiger erwähnen, der am Denali mit dem Plan, komplett ohne Zelt nur in Schneehöhlen zu übernachten, gestorben ist. Vielleicht hatte der Wanderer im Sarek einfach Glück. Der Franzose, der ohne Ski oder Schneeschuhe durch die Berge läuft, lebt ja auch noch.

(Was viele Leute übrigens vergessen: Legt mal einen Hilleberg- oder Helsport-Tunnel ohne Innenzelt auf die Waage. Auf einmal sind das gar keine so dicken Klopper mehr.)

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Harakiri, Dein Beitrag ist sehr konjunktivlastig :grin:

Ich muss mal hervorheben, dass der TO ein Schneebiwak angesprochen hat, das ist i.d.R. keine Schneehöhle. Wenn man ein ausreichend grosses (DCF-)Tarp dabei hat (3 x 2 m), lassen sich unterschiedliche Biwaks bauen, für die man im Notfall auch nicht viel Schnee braucht. 

Ich hab 1 Wintertour in Skandinavien gemacht mit Zelt, und 3 nur mit Tarp und Schaufel, und damit hab ich mich wesentlich sicherer gefühlt; dass ich auch den Sarek nicht nur überlebt sondern auch genossen habe, war sicher nicht auf reines Glück zurückzuführen.

In dem Moment wo man sich drauf einlässt sieht man auch die Schneesituation mit anderen Augen, und die Konjunktive verschwinden wie von selbst...

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Ich wäre da tendenziell aber auch eher bei @Harakiri, allein wenn man die tägliche Arbeit in Relation zum Zeltgewicht setzt. Ist vielleicht halb o. t., aber ich hab da unsere Schalungsiglus bei der Bundeswehr vor Augen, da hat man selbst mir mehreren Leuten ganz schön geschufftet.

vor 10 Stunden schrieb Harakiri:

Legt mal einen Hilleberg- oder Helsport-Tunnel ohne Innenzelt auf die Waage. Auf einmal sind das gar keine so dicken Klopper mehr.)

Mein Nallo 2 ohne IZ, aber mit HB Boden müsste so bei 1,5kg liegen, gar nicht so übel für die Größe. 

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vor 1 Stunde schrieb pielinen:

Dafür muss man morgens nix abbauen!

Wohl wahr! Gepackt wird alles im Biwak, am Ende das Tarp zusammenraffen ist kaum anders als im Sommer. Und bis das Tarp abgebaut wird, kriegt man von den Elementen so gut wie nix mit.

 

vor 2 Stunden schrieb schrenz:

wenn man die tägliche Arbeit in Relation zum Zeltgewicht setzt

da ist was dran; allerdings kommt man da nicht, wie eventuell beim Zeltaufbau, in Versuchung mal 5 grade sein zu lassen, was sich dann gegebenenfalls nachts mit unerwartetem Sturm bei fetten Minusgraden bitter rächen kann. Das Biwak ist halt routinemässig immer gleich wettersicher, ausser mal bei extrem wenig Schnee in offener Landschaft, was sich eigentlich immer vermeiden lässt. 

Und rechnet man Bau und Abbau zusammen, hält sichs mit dem Zeltmanagement zeitlich etwa die Waage, zumindest wenn man den Zeltaufbau seriös gestaltet. 

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Wenigstens kurz will ich aber noch dem vielleicht entstandenen Eindruck entgegenwirken, mit Schaufel und Tarp sei alles easy. Das ist es meistens, aber auch nur (meine Meinung) wenn man vorher den Umgang damit geübt hat. Kreativität ist dann öfter mal dennoch gefordert, da ist es dann gut wenn man schon mit den üblichen Standardbauweisen ein gutes Fundament an Praxiserfahrungen mitbringt. Zeit zum Spielen hat man auf Tour nur bei gutem Wetter, bei plötzlich auftretendem Schlechtwetter ist dann gleich richtig Ernstfall angesagt (bei Zeltbenutzung natürlich noch viel mehr).

Auch taugliches Material ist Grundvoraussetzung, das betrifft in erster Linie die Schaufel. UL-Kriterien sind da definitiv fehl am Platze, meine Schaufel (Ortovox Expert, nicht mehr im Sortiment) wiegt über 1100 gr., und ich wollte keine andere.

Auch die zumindest theoretische Beschäftigung mit dem Thema "Kohlenmonoxid" sollte als Vorbereitung nicht fehlen; mir wurde im Zusammenhang damit hier im Forum schon die Ambition auf den Darwin-Award unterstellt, völlig zu Unrecht natürlich :grin:.

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  • 2 Wochen später...

Ist jetzt nicht aus eigener Erfahrung, aber ein Kollege, der mit Ski im Sarek unterwegs war, ist grosser Schneehöhlen-Anhänger.

Für mich interessant war seine Aussage, dass es in der Schneehöhle wärmer sei als im Zelt (nämlich um die Null Grad), und dass Feuchtigkeit nicht so ein Problem sei, da sie an den Wänden kondensieren und dort runterlaufen würde.

Das setzt wohl ein Biwak voraus, bei welchem nicht einfach ein Tarp über ein Loch gespannt wird, da dann die Isolation der Schneedecke wegfällt.

@paddelpaulund andere Biwak-Experten: Könnt ihr das so bestätigen?

 

Bearbeitet von ULgeher
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vor 1 Stunde schrieb ULgeher:

dass es in der Schneehöhle wärmer sei als im Zelt

das ist so; bei meinen Konstrukten nicht 0°, aber min. 10° wärmer als im Zelt nebenan, konkret einmal -18° statt -30° Einmal hat es mich allerdings derart eingeschneit, dass mein Kumpel mich schon für tot gehalten hat; meine Luftlöcher die ich mit dem Trekkingstock freigehalten hab, hat er nicht gesehen. Da war es mit Sicherheit über 0°.

 

vor 1 Stunde schrieb ULgeher:

Feuchtigkeit nicht so ein Problem sei, da sie an den Wänden kondensieren und dort runterlaufen würde.

Quatsch; oder er redet von einer Eishöhle, und da würde Kondenswasser auch festfrieren und nicht runterlaufen. Schneewände saugen ewig lang Wasser auf, das gibt dann im Extremfall Matsch, und das sind dann keine wirklich guten Bedingungen für ein Schneebiwak mehr.

Hohe Luftfeuchtigkeit kann in der Tat ein Problem werden, speziell wenn man im Biwak auch noch kocht; die Kombi VBL plus mindestens n Tyveküberwurf ist da dringend anzuraten. Temperaturen von -5° aufwärts sind diesbezüglich besonders kritisch.

Das spielt auch ne Rolle wenn man sich z.B. in ne Schneewehe eingräbt, und das Biwak mehr als eine Nacht bewohnen will; da kann es sein, dass sich die Höhlendecke durch Feuchtigkeit und Wärme markant senkt, so dass das Sargfeeling irgendwann sehr original rüberkommt. In dem Fall beim buddeln lieber präventiv ein bisschen mehr Raumhöhe einplanen. 

Bearbeitet von paddelpaul
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  • 1 Jahr später...
Am 30.3.2022 um 08:11 schrieb pielinen:

Dafür suche ich Berichte und Inspirationen.

Minimalismus pur!

Dies extreme Beispiel geht am eigentlichen Thema vorbei, zeigt aber genau die Punkte auf, mit denen man sich beim Winterbiwak auseinanderzusetzen hat.

Abgesehen davon sind die Skills und das mentale Level schon bemerkenswert.

VG. -wilbo-

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