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Ultraleicht Trekking

Ride to the Hills - Harzrundweg 2013


blitz-schlag-mann

Empfohlene Beiträge

Bericht vom Harzrundweg der schon seit Jahren in meiner Cloud schlummert.

 

Wiki: http://www.radreise-wiki.de/Harz-Rundweg

 

Los gehts:

 

Ride to the Hills

 

312 km/3414 Hm ★ Selbstversorgung ★ 22.06.-23.06.2013

 

 

Ride ★ Eat ★ Sleep ★ Repeat

 

Kurzbericht

 

Mit großer Vorfreude auf das kleine Abenteuer habe ich am Do. und Fr. Gepäck sortiert, verpackt und am Rad befestigt. In diversen Internetforen hatte ich mir die für mich praktischsten Möglichkeiten herausgesucht und “nachgebaut”. Der Schlafsack und die Klamotten ab in einen wasserdichten 8l Packsack unter den Sattel, Isomatte und weitere Klamotten in einen 5l Packsack an den Lenker. Die Rahmentasche hatte genug Platz für Werkzeug, Ersatzteile und Lebensmittel. Leider lag nach dem Gepacke noch etwas Krempel wie Landkarten, Akkus, Kamera, “Zip-Loc-Kulturbeutel”, Regenjacke usw. in der Gepäckkiste, also hab ich noch einen kleinen Laufrucksack aus dem Schrank gezerrt...

 

 

Sa. um 4:00 rappelte der Wecker, einen gefühlten Kaffee später stand Sportkamerad Rillo auch schon vor der Tür. Kram ab in den Kofferraum und ab zum inoffiziellen Startpunkt nach Seesen. Gegen 5:45 waren wir wie geplant vor Ort, mein Vater schlich schon durch den Garten (senile Bettflucht hat er gesagt). Fahrräder ausgeladen, Foto gemacht und los.

 

 

Das Wetter war auf unserer Seite und Armlinge/Weste konnten schon nach wenigen Kilometern im Rucksack verschwinden.

 

Wir rollen ein und die Zeit vergeht wie im Flug. Plötzlich sind wir schon in Goslar, es ist Frühstückszeit und wir sind nach 30 km noch voll im Zeitplan :-).

 

Also in Schlewecke den Bremsanker geworfen und beim örtlichen Bäcker eine Platte Zuckerkuchen nebst Kaffee verklappt. Frisches Wasser kommt dort auch aus dem Hahn, die Trinkflaschen dürfen nie leer werden...

 

Wieder aufgesessen und im geruhsamen 18er Schnitt weiter meditiert. Komischerweise tut mir eine kleine Stelle am Oberschenkel weh, naja, ich hatte auf meiner Jahresfahrraduhr auch erst knapp 900 km, war zum Glück aber sonst nicht faul und schon weit über 1000 km gelaufen, die Grundfitness war also vorhanden :-) Die Strecke gleicht aber auch einer Achterbahn, ständig geht es auf und ab, der Belag wechselt oft und ausruhen kann man sich eigentlich nie, außer man steigt ab und lässt die Beine mal grade sein.

 

Es wird immer wärmer und zwischendurch halten wir mal an, um uns mit Sonnencreme gegen den brennenden Planeten zu wappnen.

 

 

Irgendwie verblasst meine Erinnerung an die nächsten 200 Kilometer, wenn ich mich recht entsinne radeln wir plötzlich an einem piekfeinen Anwesen vorbei, das müsste das Schloßhotel in Blankenburg gewesen sein. Die Preise schienen schon in der Vorbeifahrt zu hoch, also weiter zum Getränkeshop in der Ortsmitte, Cola und Wasser tanken und schnell den dampfenden Asphaltparkplatz wieder verlassen.

 

 

Irgendwo später bei Gernrode (?) an einer Abzweigung entdecken wir ein schattiges Rastplätzchen mit 2 Bänken. Wir machen uns kurz an einem kleinen Bächlein frisch und legen uns auf die Bänke. So langsam macht sich zumindest bei mir leichte Erschöpfung breit. Wir essen, trinken und dösen ein wenig, ca. 30 min später sitzen wir wieder im Sattel, es geht bergauf :-)

 

 

Da wir langsam Hunger bekommen verlassen wir in Ballenstedt die Route und finden in der Innenstadt einen Bäcker mit Sitzgelegenheit. Mägen und Wasserflaschen füllen, aufsitzen, weiter...

 

 

Kurze Zeit später erreichen wir bei km 124,5 das Örtchen Falkenstein. Laut Karte beginnt hier so langsam das Niemandsland, die weitere Versorgung ist unklar, es gibt nur kleine Ortschaften, die sich beim Durchfahren teilweise sehr heruntergekommen zeigen. Wir haben Angst, als unbekannte Eindringlinge vom Rad geschossen zu werden...

 

 

Aber bis auf eine kleine Panne geht alles gut, auf einer holprigen Abfahrt reißt mein dritter Flaschenhalter von der Gabel ab, an der er mit einem Klettgurt befestigt ist. Naja, es bleibt die einzige Panne auf der gesamten Tour. Leider habe ich keine Kabelbinder dabei, obwohl die eigentlich immer dabei sein sollten, wenn man sich mit dem Rad oder dem Rucksack auf den Weg in “entlegene” Gebiete macht. Zum Glück habe ich noch einen Spanngurt, der sollte erstmal halten, bis ich Kabelbinder organisieren kann.

 

 

Um 19:30 ist (verspätete) Abendbrotzeit und wir halten an einem Gasthof in Grillenberg. Mit 171 km darf es jetzt ruhig etwas üppiger sein. Wir lassen uns auf der Terrasse in die Sessel fallen, als die Bedienung uns wieder in die harte Realität zurück holt “Nein, etwas zu Essen gibt es nicht, nur Getränke”. Hmm, die ganze Bude ist voll mit gut genährten bis überernährten Menschen und wir sollen Hungern, WTF? Als unsere Kinnladen laut auf die Tischkante knallen erschrickt die Bedienung und erweitert ihr Angebot um Bockwurst. Eigentlich ein Grund zu gehen, aber aufgrund der unsicheren Lage bestellen wir jeweils ein kleines Radfahrermenü, bestehend aus 0,5 l Hefeweizen und einer Bockwurst.

 

Die übrigen Gäste, die offensichtlich alle zu einer Familienfeier gehören (geschlossene Gesellschaft oder wat?), machen sich über unsere Radklamotten lustig und schaufeln weiter in sich hinein. Gekrönt wird das ganze Mahl durch die Anwort der Kellnerin auf meine Frage nach dem Füllen der Wasserflaschen: “Die könnense im Klo auffüllen”. Ja is klar, da war ich aber kurz vorher und die Redenart “immer der Nase nach” muss hier irgendwie erfunden worden sein. Also nochmal freundlich gefragt, und schließlich trabt sie mit unseren Flaschen doch in Richtung Küche… Beim Verlassen des Gasthofes sehe ich schräg gegenüber ein paar Leute im Garten und frage nach Kabelbindern. Sehr hilfsbereit wird mir gleich eine ganze Handvoll der praktischen Reparaturhelfer in verschiedenen Längen ausgehändigt.

 

 

Wenige Augenblicke sitzen wir wieder im Sattel. Hunger, leichter Rausch, Schlafplatz unklar, die Laune bei Rillo nicht ganz so gut, Kette rechts. Zwei Ortschaften später in Wettelrode sehen wir ein Schild “Gaststätte zum Stümpel 150 m rechts”, also die Lenker scharf einschlagen, bis wir vor einem Rohbau mit großem Köstritzer-Schild über dem Eingang stehen. Rein in die gute Stube, das übliche Bild: Schummriges Licht, Wirt hinter der Theke, eine handvoll lamentierendes Trinkvolk vor der Theke. Ob es hier wohl etwas Essbares gibt? Eine Speisekarte gibt es nicht, aber ne Currywurst könnte man uns wohl kredenzen. 15 Minuten später kommt die Überraschung in Form einer großen Currywurst, reichlich Pommes und etwas frischem! Salat auf den Tisch. Dazu noch ein zweites Bier und wir wähnen uns fast im Paradies. Der Wirt lauscht uns wohl mit halbem Ohr, kommt an den Tisch und schenkt uns noch eine Wanderkarte für den Karstwanderweg (Südharz), also für genau den Teil, den wir noch vor uns haben.

 

 

Mittlerweile ist es knapp 21:00, wir zahlen und schwingen uns auf die Räder. Oberhalb der nächsten Ortschaft Hainrode ist laut Landkarte die nächste Schutzhütte. Ist sogar als Grillhütte ausgeschildert und irgendwie habe ich meine Zweifel, ob die Hütte bei dem schönen Wetter nicht mit Partyvolk belegt ist. Wie schlängeln uns die Serpentinen hoch und stehen plötzlich vor einem großen, leeren und sauberen Areal, bestehend aus der Grillhütte (ohne Grill), mehreren Mülleimern und einem großen überdachten Grill. Perfekt. Wir haben rund 190 km auf der Uhr (187 km offizielle Wegstrecke + Versorgungsschlenker) und diesen Luxus auch verdient. Wir hören auch ein Bächlein plätschern, aber sind zu faul, dem Geräusch nachzugehen, das verschieben wir auf den nächsten Morgen. Hütte beziehen, essen, trinken, Flaschenhalter reparieren, schlafen.

 

 

Wuff. Wuff wuff wuff. Gröhl. Ich wache auf, höre Hundegebell und besoffene Stimmen aus dem Ort. Auch du Scheiße, bitte keinen Besuch mehr von Ostharzhillbillies im Vollrausch. Das ist schon bei “Spongebob und die Hinterdeichler” nicht gut gegangen...

 

 

Ich schlafe wieder ein, um nach einer unruhigen Nacht gegen 5:00 vom Sonnenlicht geweckt zu werden. Rillo stiefelt schon draußen herum und wäscht sich in dem kleinen Bach unweit der Hütte. Beim Versuch, mich ebenfalls mit etwas kühlen Wasser frisch zu machen, torkele ich fast komplett in den Bach, meine Schuhe sind auf jeden Fall mit Wasser vollgelaufen. Egal, ich bin wach und die Schuhe trocknen wieder.

 

 

Schnell einen Kaffee zum Riegel, Sachen packen und pünktlich um 6:00 lassen wir uns bergab in den Ort rollen.

 

 

Unser naiver Plan ist, gemütlich bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit zu fahren und dann erstmal die Speicher mit Nahrung für den Rest des Tages zu füllen. Pustekuchen, hier ist der Osten noch wirklich wild und in den folgenden 3 Stunden kommen wir nur durch kleinere Orte mit geschlossenen Bäckern,Tante-Emma-Läden und selbst in den seltenen Fällen eines örtlichen Supermarktes ist der in dem Markt befindliche Bäcker geschlossen. Geöffnete Tankstellen gibt es auch nicht.

 

 

So rollen wir hungrig durch die sehr schöne Karstlandschaft südlich des Ostharzes, bis wir irgendwann gegen 8:00 bei km 218 Neustadt am Harz erreichen. Hier bin ich schon oft bei der Harzquerung durchgekommen und weiß von einem Campingplatz und ein paar Hotels.

 

Auf dem Campingplatz lehnt man unseren harten Westeuro jedoch dankend ab und will uns nichts zum Frühstücken verkaufen, geschweige denn einen Kaffee servieren, das gehe nur nach Voranmeldung.

 

Also wieder zurück in den Ort. Nachdem wir von einem Hotel ins andere geschickt wurden (und wieder zurück) bekommen wie schließlich für 5 EUR ein eher schlechtes Frühstück in einem Hotel, dass sich auf das finanzielle Erleichtern von Senioren spezialisiert hat. Von der Sauerstofftherapie bis zur Rheumasalbe ist hier alles zu bekommen, aber selbst die herzkranken über 80-jährigen bezeichnen den Kaffee lautstark als Spülwasser. Die leer gekratzten Schalen auf dem Buffet werden auch nicht nachgefüllt und so suchen wir schnell das Weite. Schade, Neustadt ist sehr schön und ich hatte eigentlich vor, hier nochmal mit der Familie herzukommen…

 

Das Anfahren tut den steifen Beinen bemerkbar weh und der Hintern ist auch schon etwas durchgesessen. Nun heißt es Zähne zusammenbeißen, Oberkörper nach vorne klappen und treten.

 

 

Wie ich die nächsten 50 km bis Herzberg geschafft habe weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall sitzen wir bei km 268 in einem Cafe in der Fußgängerzone. Ich bestelle Kaffee und Bratkartoffeln mit Spiegelei. Dazu gibt es reichlich Salz, der Körper verlangt nach dem, was er braucht...

 

 

Eigentlich müssen wir jetzt nur noch 50 km ausrollen, da wir den Harz schon fast hinter uns gelassen haben. Dachte ich zumindest. Die Strecke gleicht nun eher einer Achterbahn, hoch und runter geht es an an Osterode vorbei, immer näher in Richtung Ziel.

 

Der Hintern schmerzt immer stärker, ich gehe ständig in den Wiegetritt, damit ich nicht sitzen muss, die Beine haben sich wieder erholt und fühlen sich ziemlich gut an.

 

Ich erspähe das Ortsschild von Münchehof kurz vor Seesen, ein letzter steiler Anstieg fordert alles, dann nur noch bergabrollen nach Seesen hinein bis ins Ziel.

 

Erschöpft, aber glücklich steigen wir von den Rädern. Sportkamerad Rillo hat es leider eilig und möchte sofort nach Hause. So bekomme ich bei meinem Vater keine Erbsensuppe und kein Bier mehr, nach einer kurzen Verabschiedung sitzen wir im Auto.

 

 

Ein harter Schnitt. Gedanklich bin ich noch nicht im Ziel des Harzrundwegs angekommen, gleite aber schon mit 160 km/h über die A7 Richtung Norden.

 

Nicht einmal 60 min. später bin ich Zuhause. Die Familie ist ausgeflogen, ich werfe erstmal meine Klamotten in die Wäsche trinke und einen Kaffee. Ich bin erschöpft und glücklich. Der Plan ist aufgegangen, ein kleines Abenteuer, ohne lange Anreise fast direkt vor der Haustür, mit minimalem finanziellem Aufwand und maximalem Spaß. Die nächsten Touren sind in Gedanken schon geplant. Hexenstieg (hin und zurück), Heidschnuckenweg, und irgendwas wird mich sicher noch einfallen…

 

 

Ach ja, die Beine waren dann doch eine Woche lang ziemlich platt :-)

 

 

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