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Ultraleicht Trekking

israel national trail dezember/januar


effwee

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prolog

irgendwie fühlte sich die vorbereitung für diesen thru, gar nicht so wirklich nach vorbereitung an - kaum den ersten thruhike absolviert, schon pro? - naja, vielmehr lag es an dem kongenialen tapatalk-forum zum israel national trail. vorbereitung hiess demnach viel copy und paste, ein paar downloads und ein paar biere mit menschen trinken die shvil- und oder israelerfahren sind. das wars aber auch schon.

die packliste bedurfte einiger umstellungen, ersten weil das wetter in auf dem, seit dem oktober 2019 noch einmal um ca 100km verlängerten, 1053km langen israel national trail im winter zwei geteilt ist... im norden bzw. bis zur wüste, kalt und viel regen, im süden wärmer und kein regen - so die klimadaten. und zweitens weil ich diesmal nicht alleine unterwegs war. ich wander gemeinsam mit meiner freundin. ihr erster thru, mein erster mit jemandem zusammen... etwa 3600gr bw für den norden. für den süden kommen ca. 350gr regenschutz raus... so die idee. schon mal vorweg: blöde idee. 

eine andere blöde idee, war es dem rat eines befreundeten paares zu folgen und die red alert app - ein raktenwarnsystem - z instalieren... absurderweise ist sie im app store zwischen kriegsspielsimulationen einsortiert und eröffnet uns nach installation, dass im kibbutz dan, dem startpunkt des trails, gestern raketenalarm ausgelöst wurde - mehr infos gabs nicht... das hat uns total kirre gemacht. wir haben die app wieder gelöscht. allen isreaelis den wir unterwegs diese storie erzählten pflichteten uns bei. soviel dazu....

am 24.12. stiegen wir um undankbare 6.45 in den flieger. kamen in einem sonnig warmen tel aviv an und waren der überzeugung alles richtig gemacht zu haben, sagte der wetterbericht doch was anderes vor. aber wettervorhersage und realität - das sind ja auch manchmal zwei paar schuhe. der optimismus gewürzt mit einer prise naivität liess uns die sonnenbrillen auspacken. ein paar erledigungen noch, gas-kartusche, sim-karte dies das, wetterbericht checken... der morgen solls los gehn und morgen ziehen regen- und kaltfront über den kompletten norden und zentralisrael. ätzend. und was nun? wir verlängern noch um einen tag in tel aviv und planen am 26. loszulaufen... stur wie wir sind. (natürlich haben wir zuvor für anderthalb tage die möglichkeiten abgewogen) also der 26. und die ersten tage greifen wir auf die kongeniale insitution von trail angels zurück... 

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Militärstützpunkt irgendwo, dauern gehen die Sirenen, ich frage einen Israeli, wieso da dauernd die Sirenen heulen, ob vielleicht etwas los sei? Er antwortet, der Stützpunkt sei von der Luftwaffe, deshalb würden hier die Sirenen automatisch bei jeder Luftraumverletzung losgehen, angezeigt würden Vorfälle entlang jeder Grenze, um ganz Israel.

Die meisten Alarme würden aber momentan von Adlern ausgelöst, es gäbe Sensoren, die automatisch Meldung machten. Offensichtlich halten sich diese frechen Adler nicht an ihre Horststandort Nationalität. 

Red Allert hatte ich auch installiert, es zeigte duzende von Vorfällen jeden Tag, überall. Schlauere App konnte ich nicht finden, rasch wieder gelöscht. 

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  • 2 Wochen später...

...weiter gehts...

 

Der Finger - Regen, Matsch und die Kälte

Der zentrale Busbahnhof Tel Avivs ist ein Meisterwerk und Monster des Brutalismus von Ram Karmi, über 30 Jahre Bauzeit, bürokratischer Irrsinn aus sieben Etagen- ein dystopisches Raumschiff aus Beton und roten Kacheln das mitten in der Stadt gelandet ist und riesige Arme ins Viertel geschlagen hat. Es riecht nach Desinfektionsmittel und Urin. Neonlicht und Ramschwaren. Die klaren Linien kaschieren halbherzig den konfusen Aufbau. Wir waren bereits am Vortag zum Probeverlaufen da, somit wissen wir welcher der vielen Eingänge unserer ist, wo unser Bus abfährt und viel wichtiger, wie wir über das offene Gewirr von Etagen, Emporen, Treppen und Rolltreppen zu unserem Bus kommen.

Wir erreichen den 845er nach Kirjat Schmona kurz vor Abfahrt und etwa drei Stunden später stehen dort bei Ankunft etwas verwirrt rum, finden eher zufällig unseren Bus zum Kibbutz Dan. Es regnet gerade nicht - entgegen der gesamten Fahrt, die immer wieder durchsetzt war von Nieselregen und Wolkenbrüchen - der Himmel sieht spektakulär aus, Wolken unterschiedlicher Farben und Formen haben sich Zusammengeschoben, wir kleben an der Fensterscheibe, die ersten Trailmarkierungen. Aufregung.

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Um 13h stehen wir am Trailhead. Recht spät, aber heute stehen nur kurze 13 Kilometer bis Metula zu einem Trail Angel an. Dan. Einer von vielen auf einer unglaublich langen Liste von Menschen, die in Bett, Dusche, Handyaufladen, manchmal was zu Essen, eine Waschmaschine für INT-hikende bereitstellen. Einfach so, wie es scheint. Whatsapp und meistens „i am glad to host you“ als Antwort bekommen. Bevor es los geht noch die obligatorischen ikonographischen Trailhead-Fotos, drei Mal tief durchatmen, zwei doofe Sprüche. Wir laufen los und es fängt leicht an zu regnen. Der Weg ist gefällig. Zunächst Obstplantagen, später Weiden. Der Golan verschwindet in Wolken, die Hügel des Süd-Libanon hängen in Wolkenfetzen... die Sonne bricht immer mal raus und taucht vor dem bleischweren Himmel alles in eine irrwitzige Szenerie. Drüber spannt sich ein Regenbogen auf.

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Wir stehen nach drei Kilometer vor der ersten Flussüberquerung. Nur, die Regenfälle der letzten Tage haben den Bach unpassierbar anschwellen lassen: Direkt mit knietiefem Einstieg und nach zweidrittel der Strecke einer Art Stufe im Bachbett, die es für meine 20 Zentimeter kürzere Freundin durchaus hüfttiefes durchwaten gehießen hätte, bei 10 Grad. Vielleicht erstmal eingrooven, bevor wir voll ins Abenteuer starten. Wir sind noch keine Stunde unterwegs... morgen vielleicht. Also begeben wir uns auf die Suche nach einer Stelle wo wir rüberkommen. Etwa eine Stunde später und nur wadentief und nur wenige Schritte breit - und sind wir auf der anderen Seite. Dafür wurde von meiner Mitwanderin der erste Schakal gesichtet.

Am Nahal Snir Nationalpark gekommen stehen wir vor verschlossenen Türen. Der Trail geht durch den Park, dieser hat Öffnungszeiten und kostet Eintritt. Hm, außerhalb der Öffnungszeiten. Wir umlaufen also den Park. A. schlägt sich damit rum, dass ihre Schuhe voller Wasser sind, GTX ohne Drainage jeder Schritt quatscht...

Richtung Mayan Baruch, die Berge vor uns hängen in bleigrauen Wolken, die dumpf Grollen. Genau in die Richtung wollen wir. Der Weg ist aus tiefrotem Matsch, der binnen Minuten unsere Füße zu tonnenschweren Wanderstiefeln verwandeln. Wir erreichen eine Straße, es fängt an zu regnen, wir sind kurz vor Metula... es fängt an zu schütten... klatschnass, ziemlich verdreckt geben ir die traurige Variante von Hikertrash ab.. Nichts destotrotz halten wir auf doof den Daumen raus. Es nimmt tatsächlich jemand mit. Und er will uns einfach zu unserem Trail Angel Dan fahren, statt uns an der entsprechenden Kreuzung rauszuwerfen. Wir gurken ersteinmal etwas in der Gegend herum, weil unser Schlafplatz, wie sich heraus stellt eine Schafsfarm ausserhalb von Metula ist, der Weg führt über abenteuerliche Feldwege, die teilweise überspült sind, wir jedes Mal unseren Fahrer daraufhinweisen, dass es völlig okay sei uns hier raus zulassen, da er uns schon einen riesen gefalen getan haben und wir jedes Mal ein ruhig lächelndes „It's Okay. Don't Worry“ zur Antwort bekommen. Wir kommen an, hinterlassen Dreck und nasse Sitze für die wir uns mit schlechtem Gewissen entschuldigen. „It's Okay. Don't Worry. It's just Water. Welcome to Israel“

Dan heißt uns willkommen. Auf seinem Profilbild sieht er aus wie ein Hustler, jetzt mit schwarzen vermatschten Gummistiefel, zwei großen Eimern voller Futter und einer Knarre am Gurt, begeleitet von zwei großen weißen Hütehunden, sieht er aus wie Landwirt mit Knarre. Es irritiert uns, aber verunsichert uns nicht. Er zeigt uns unseren Schlafplatz, die Toilette macht uns Feuer in einem riesigen Kanonenofen. Die Katze Sunul – benannt, nach der Tankstelle auf der Dan sie fand, hüpft frech auf uns herum, wir legen unsere Füsse, Schuhe, Socken und unser Brot auf den Ofen. Wetterleuchten über dem Libanon, Schkale heulen, Schafe blöken... unsere erste Nachton trail.

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Die Nacht bricht ein Unwetter rein, es regnet zehn Stunden, es hämmert auf unser Dach, es donnert und unser Schlafcontainer wird immer wieder taghell erleuchtet. Am näxten morgen hängen die Wolken tief über den Bergen und den Obstbäumen. In Begleitung der beiden Hunde laufen wir zwei Kilometer zurück auf den Trail. Ob der morgendlichen Kälte hat sich unsere Morgenroutine auf das wesentliche Beschränkt: Kaffee, Tee, Zähneputzen, Taschenlampe verlieren (was aber erst am abend merke). In Kfar Giladi sind wir etwas warm gelaufen und holen uns ein kleines Frühstück und etwas frisches Obst. Da heute wieder möglicherweise Bachläufe überquert werden müssen und eingedenk dessen was die Nacht runter kam, haben wir uns für Nummer sicher entschieden und laufen näher oberhalb von Kyrjat Shmona um nicht wieder vor unpassierbaren Bachläufen zu stehen. Der Ausblick ins HaHula Tal war weit, verlor sich in tiefhängenden Wolken, der Golan blieb eine vage Ahnung und die Höhenzüge der Naftali Mountains verschwinden auch in den Wolken, eine Stunde später können wir keine 50 Meter weit sehen und es regnet. Der Himmel bricht wieder auf, verwunschen hängen Wolkenfetzen im Tal und am Golan fest. Kurz vor Ramon Naftali - unserem Etappenende- bekommen wir Sonne ab und etwas blauen Himmel. Es ist verrückt. Wir haben wieder unsere Matschboots an und quälen uns über den Trail.

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Den Wadi Quedesh skippen wir, der Trail und der versicherte Steig stehen halb unter Wasser und der Trail ist matschige Schmierseife. Wir umlaufen das Ganze auf der Straße - pretty roadwalk- , kommen in Ramot Naftali an, warten darauf dass unser Trail Angel Uri seinen Mittagsschlaf beendet hat und uns einsammelt. Baba Ganoush an der Bushaltestelle und leichtes frösteln.

Uri, in seinen 60ern und einen feuernden Merkava als Whatsapp-Profilbild, wirkt jung, graumeliert und ein freundliches Gesicht strahlt eine weiche Ruhe aus. Er bringt uns in den dorfeigenen Schlafraum für shvil-hiker, der alte Kindergarten. Irgendwie ist Uri mit der Situation unzufrieden, die Heizung ist kaputt, der Raum ist kalt, aber wir sind super happy, es gibt eine heiße Dusche, eine kleine Küche, Schlafgelegenheiten... aber scheinbar stellt ihn unsere selbstgenügsame Zufriedenheit selber nicht zufrieden, zudem wir alle Angebote ob wir noch was bräuchten mit einem Lächeln verneinen: es ist trocken und es gibt eine heiße Dusche!

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„Okay. We have to do some thing drastic“ er nimmt uns kurz entschlossen mit zu sich nach Hause und läd uns noch zum Essen ein. Seine Tochter mit Kindern ist da, es ist Chanukka.

Aber hallo ist Chanukka: ein Queensize-Bed, ein eigenes Zimmer, Heizung, Regendusche... wir sind hin und weg.

Das Abendessen ist grandios, die Familie unglaublich herzlich und freundlich. Die Gespräche anregend. Der äußerste Norden Israels eingeklemmt zwischen Golan, dem Libanon nördlich des See Genezareth wird in Israel „der Finger“ genannt, Uri ist den shvil bereits vor Jahrzehnten selber gelaufen, kennen nun den Unterschied zwischen Kibbutz und Moschaw, wie die Familie es Chanukka und Waldorfpädagogik hält und vieles mehr.

Wir rollen rundgefuttert ins Bett und sind bereits jetzt tiefbeeindruckt von der herzlichen Gastfreundschaft, die uns bereits von unterschiedlicher Seite angekündigt wurde.

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Über den Agamon Hula Aussichtspunkt kommen wir morgens wieder zurück auf den Trail. Das Tal ist ... wolkenverhangen. Es nieselt. Der Trail baut uns binnen kurzer Zeit Matsch-Highheels, die das Laufen erschweren. Dafür ein schöner Singletrail, leicht geschwungen den Hang entlang. Im Unterholz des Buschwerks kracht es immer wieder und dann sehen wird den Grund, eine ganze Rotte Wildschweine bricht in sicherer Entfernung hervor. Acht, neun, zehn Tiere zählen wir. Neuland für uns beide. Der Aufstieg auf den Keren Naftali ist erstaunlich anstrengend, der Wind bläst eisig, die Aussicht läd‘ nicht zum verweilen an, also wieder absteigen bzw. schliddern. So geht das die nexten Kilometer weiter- bis zum Wadi Dishon.

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In dem Tal durchqueren wir den Dishon fünf Mal, die Füße sind wenigstens nicht mehr matischig. Das Tal ist wunderschön, der Regen hat die Felsen schwarzgewaschen, Wolken hängen an den Hängen - wenn nicht Shabbat gewesen wäre: Myriaden von 4x4 Vehikeln bewegen sich auch durch das Tal.

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Ungefähr auf der Hälfte des Wadis wird eben jener durch eine Straße unterbrochen, statt dem Flussverlauf weiter zu folgen, umlaufen wir den weiteren Teil des Trails, unsere Füße sind nass und eiskalt und riesige Matschklumpen hängen an unseren Füssen. Also laufen wir auf der 886 Richtung Alma, unterwegs sammeln uns einen handvoll Quadfahrer auf und schmeißen uns an der Rihanyia-Kreuzung raus und wir laufen weiter zur 899 und hoffen da wieder auf den Trail zu kommen... der ist nur eingezäunt. Also weiter an der Strasse entlang. Wir finden wieder Zugang und binnen Minuten haben wir wieder dicke Matschplacken an den Sohlen -tendenziell genervt schlurfen wir zurück auf die Strasse... Nach zwei weiteren Kilometern haben wir keinen Bock mehr und halten den Daumen raus. Ein dicker und sehr sauberer Jeep mit vier Stangen Camels mit libanesischen Steuerbanderolen, zwei Fußballschals und einem schweren Moschusgeruch sammelt uns ein und mit Händen und weniger den Füssen, dafür mit google maps und translate schaffen wir verständlich zu machen was uns hilft: Tziv‘on Junction. Passt. Da stehen wir. Es ist drei Uhr irgendwas und unsere Trail Angel im Kibbutz haben erst ab 19h Zeit. Uri hat uns empfohlen, wenn wir eh in der Ecke sind nach Gush Halav zu gehen- ein arabisch-christliches Dorf, es sei schön weihnachtlich geschmückt und die Geschäfte und Gastronomien haben geöffnet – vor ersterem sind wir geflohen, Letzteres! Es ist mega kalt. Wir laufen ein Stück die Straße entlang, weil der Blick auf den Mt. Meron - dem höchsten Berg des Trails- ziemlich beeindruckend ist in der tiefstehenden Sonne...- dann haben wir keinen Bock mehr und hängen den Daumen raus. In Gush Halav füllen wir unsere Vorräte auf, trinken Tee im warmen, warten und planen den nexten Tag - immer mit beiden Augen kritisch auf die Wettervorhersage: „rain“ und „unseasonably cold“ sind die beiden Stichwörter die uns seit unserem loslaufen begleiten - und to be honest: bis zu unserem letzten Tag on trail (und in israel) begleiten sollen. Nahal Meron soll bei schlechtem Wetter tricky sein, sagt das www, sagt insta... wir basteln einen Plan B. So gehen 18 brechen wir auf - roadwalk im Dunkeln nach Tzvi’on. Wir sind keine Viertelstunde unterwegs, da fährt ein Auto an uns vorbei, verlangsamt, fährt weiter und fährt auf einen Schotterparkplatz in Sichtweite und der Fahrer steigt aus uns fängt an Dinge von der Rückbank in den Kofferraum zu räumen... for no reason- es ist dunkel, es nieselt, es ist saukalt- natürlich for a reason: wir! Wir je näher wir uns dem Auto nähern umso mehr ziehen wir in Erwägung, dass wirklich wir gemeint sind... wir machen immer noch ungläubige Witze bis ein älterer freundlicher Herr uns höflich bittet einzusteigen. Wieder diese israelische Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft- wir stehen schon wieder sprachlos vor ihr und sind begeistert.

Unsere Trail Angels sind ein junges Paar, sie ist den Shvil - wie die Israelis ihren INT nennen, hebräisch für Weg im übrigen- von Dan nach Arad gelaufen, damals, als sie noch jung und ungebunden war, sagt sie mit einem Lächeln. Sie arbeitet als Sozialarbeiterin mit traumatisierten Jugendlichen in Gush Halav und er erforscht wie Futtermittel für Fische aus Müll durch Proteinsythese hergestellt werden kann (-oder so ähnlich) es gab viel zu erzählen und zu erfahren. Dazu gab es Pizza und Salat. Warum sie Trail Angles seien? Die haben dieses große Haus, aber nur ein Kind bisher und viel Platz - also warum nicht, man erlernt viele neue Menschen und Geschichten kennen. Chapeau! Das kleine Kind der beiden wollte mich zum Gute Nacht sagen noch schnell umarmen „laila tov“, der Hund schlief auf den Füssen meiner Freundin... Trail Angel System we are in love!

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Als ob wir eine Familie wären knubbelten wir uns alle morgens gemeinsam in den japanischen Familienkombi. Avithay hatte uns angeboten uns zum Trail zu fahren - von Tzvi’on aus vielleicht ein, zwei Kilometer. Die Sonne scheint, es ist saukalt, der Himmel leuchtet klar. Der Gipfel des Mount Meron hebt sich als klare Linie ab - da gehts jetzt hoch. 1208 Meter. Durch das sanft geschwungene Tal Nahal Tzvi’on geht es durch dichtes Buschwerk langsam aufwärts, aus Buschwerk wird Wald und der Pfad zieht sich langsam auf den Gipfel des Berges - zumindest jenes Teils der für Nicht-Armeeangehörige zugänglich war. Immer wieder öffneten sich Blicke auf die Dalton Höhenzüge, die dem Mount Meron nordöstlich Vorgelagert sind. Der Himmel verspricht keinen Regen, doch er kann scheinbar nicht anders: Sonnenschein und kleinere Nieselschauer begleiten unseren aufstieg. Oben angekommen teilen wir uns das kleine Gipfelplateau vor dem Militärstützpunkt mit mindestens zwei australischen Busgruppen: wir bekommen Props für unsere Wanderung. Auf dem Weg zu den Aussichtspunkten auf der südöstlichen Flanke bekommen wir zum ersten Mal seit langem - gefühlt das erste Mal seit wir auf dem Trail sind - Sonne ab, gierig strecken wir unsere Nasen der Wärme entgegen.

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Der wahnsinnige Ausblick Mount Bar Yohai und Mount Hila an deren sanft abfallenden Hängen Wolkenschlieren von der Sonne in einen silbernen Schleier verwandelt werden, das überzeugt auch die israelische Schulklasse mit der wir uns den Aussichtspunkt teilen. Selfie-Time.

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Wir rutschen, schlittern, glitschen über diverse Matschformen langsam absteigend Richtung Meron. Mal versinken wir bis die Soße sich zumindest durch mein Mesh drückt, Mal kriegen wir wieder fette Placken unter die Sohlen - alles zehrt an Tempo und vor allem an den Nerven, Sehnen und Bänder. Über einen breiten Grat steigen wir ab an den Stadtrand von Meron, wir rutschen über glattpolierten Fels... mal was anderes. Unten angekommen stehen wir am Einstieg in den Nahal Amud. Es sieht hier harmlos aus, dennoch: wir skippen. Eine andere Shvil-Thruhikering, die ob des Wetters von Sobo auf Nobo geswitcht hat, und Avithay , sowie der Wetterbericht rieten uns das Tal zu meiden- zu slippery, zu gefährlich an den versicherten Stellen. Also stehen wir an dieser Kreuzung. Verarzten eine mögliche aufkommende Blase an A.s Fuß, schauen noch einmal sehnsüchtig in das Tal und laufen dann die Straße entlang. Wir versuchen trampenderweise zur Kadarim Junction zu kommen, das Tal des Amud lässt sich nur recht großräumig umlaufen -nach unseren Informationen - das versuchen wir. Recht bald hält ein Ungetüm von einem Pick Up Truck neben uns und läd uns ein. Mit der bewährten Kombination aus ein bisschen englisch, Händen, wenig Füssen, google Maps und translate kommen wir an die nexte Kreuzung. Das Problem ist nun, das wir an einer vierspurigen Straße mit baulich getrennten Mittelstreifen stehen... 7km vor Kadarim Junction wo wir vermuten, wir können wieder auf den Trail kommen. Eine verzweifelte schlechte Laune macht sich breit. Wir waren die meiste Zeit damit beschäftigt entweder über Matschpisten zu rutschen mit fetten Placken an den Schuhen oder um wetterbedingte Unpassierbare Stellen zu navigieren. Das schlägt aufs Gemüt. Und so stehen wir an dieser autobahnähnlichen Straße an einer Bushaltestelle (die uns ironischerweise unserem Ziel nicht näher bringen kann), es ist kalt und wir verlieren wertvolle Zeit. Tapfer stehen wir am Strassenrand, A. hält den Daumen raus, ich tanze etwas gegen die schlechte Laune und zwecks Erhöhung der Mitnahmechancen, neben vielen irritierten Gesichtern ernten wir viele Lacher und thumbs up - nur es hält niemand. Zwei Minuten bevor unsere selbstgesetzte Deadline abläuft hält eine Frau und zeigt uns das nexte Problem unserer Planungsidee auf ... Kadarim Junction ist wirklich sowas wie ein Autobahn-Dreieck und als wir draufzufahren denke ich mir das wird nix. Unsere Fahrerin überlegt auch fieberhaft wo sie uns am besten absetzen kann, damit wir unsere Ziel Migdal am See Genezareth erreichen können. Sie schmeißt uns an der North Nahal Tsalmon Junction raus, so können wir über einen sieben Kilometer Roadwalk auf der 807 nach Migdal.

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Wahrscheinlich das beste was wir aus dem Tag machen können. Wir steigen aus und es direkt wärmer.Der Himmel ist blau und die Sonne scheint. Wir sind unzufrieden mit dem roadwalk, wir haben nur einen schmalen Randstreifen und viele LKWs rollen eng an uns vorbei, so suchen nach Alternativen. Wir finden ein paar Feldwege. Nach wenigen hundert Metern kehren wir wieder auf die Straße zurück. Die Matschplacken waren gefühlt die größten, der ganzen letzten Tage.

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Der Vorteil der ganzen hitchhikerei ist, das wir superfrüh in Migdal sind. Wir haben erst ab 16h einen Platz bei einem Trail Angel. Also gehen wir vorher eine Falafel essen, wir hängen in der Sonne rum, genieszen die Wärme, planen den nächsten Tag. Es geht hoch auf den Mount Arbel, hier steht eine exponierte Kletterei an, sagt die Recherche. Was sie wirklich bedeutet und wie sie aussieht bekommen wir nicht heraus. Wir basteln B Pläne falls die Stellen nicht gangbar sind. Als wir damit genug Zeit damit verbracht haben, konnten wir uns los machen zu Richtung Trail Angel.

Wir sind etwas verwirrt als wir dort ankommen: Unser Trail Angel ist nicht da und niemand der Anwesenden weiß das wir heute kommen... Toll! Der Nachbar, der sich nun um unseren Schlafplatz kümmert aka er bekommt erst einmal heraus wo sie sich überhaupt aufhält, aber zunächst versorgt er uns mit Tee und Knabberkram. Etwa eine dreiviertel Stunde später ist alles klar: Stav ist selber auf dem Shvil unterwegs, hat zwar uns per whatsapp ins Bild gesetzt, hat sich aber nicht um eine etwaige Schlüsselübergabe gekümmert... wir hatten schon Schiß um unseren Schlafplatz. Als wir endlich in einem etwas muffigen und kaltem Raum oder einer Zeitkapsel 70er Jahre Einrichtungssünden stehen, ist das Bett sicher. Mehr auch nicht. A. hat sich irgendeinen stechenden Schmerz in die Ferse gelaufen. Die Klimaanlage funktioniert nicht und der Wetterbericht sagt für morgen starke Regenfälle voraus. Es ist der vierte Tag und wir hängen schon jetzt dem Zeitplan hinterher. Hühnerbrühe und Ibuprofen, eine lauwarme Dusche und ein kuscheliger Schlafsack. A.‘s Laune ist im Keller. Die Brühe hilft...

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Wir stehen früh auf heute steht ein anstrengender Anstieg bevor... 400hm um am ende 80 Meter über NN zu stehen. Der Morgen ist kalt und klar. Die Sonne scheint. Wir laufen Richtung Hamam durch Grapefruit-Plantagen und klauben Fallobst vom Boden auf. Snack-Pause ist gesichert. Auf der Höhe Hamams schieben sich die Berge immer weiter zusammen. Wir wollen Richtung Mt. Arbel und stehen vor einem Schild das der Trail geschlossen sei - welcher? Hier laufen drei, vier durch. Pfff. Auf dem Schild steht ne Telefonnummer. Anrufen. Bandansage auf hebräisch. Ratlosigkeit. Dennoch probieren? Blick auf die Karte. Immer noch ratlos. Vielleicht nochmal anrufen? Bürozeiten ab 8 Uhr. Eine Horde Hunde tackelt sich noch durch das Telefonat. Aufregung und Multitasking. Am Ende sind wir schlauer: Der INT-Aufstieg ist geschlossen, wir können aber den grünen Trail durch den Wadi Arbel nehmen und oben wieder auf den Trail.

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Der grüne Trail ist anclecracking sehr geröllig, immer wieder matischig und der Bach führt Wasser und muss mehrfach überquert werden- ach was solls nach den Tagen und heute ist es auch mal warm. Der Weg ist schön. Die Felswände des Nitay fallen steil und leuchtend rot in der Morgensonne ins Tal, auf der anderen Seite nicht minder imposant ragen die Flanken des Mount Arbel in die Höhe, immer wieder gezeichnet durch Höhlen und ähnliche Zeugnisse menschlicher Besiedlung, die es in die True-Crime-Love-Story der Bibel geschafft haben, wandern im Heiligen Land, inklusive einer Gruppe Amerikaner, die den Jesus Trail laufen und uns vorwarnen, dass weiter oben noch eine steile Kletterei ansteht und das auch oben der Trail gesperrt ist. Bei ersterem bin ich immer geneigt nur so halb zuzuhören, wein sowas sehr subjektiv ist und zweiteres verwundert uns, aber das werden wir ja oben sehn und eigentlich betrifft es uns nicht, weil der weg von unten ja schon gesperrt ist.

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Das gekraxel ist in der Tat steil und anstregend, der Matsch und vor allem matschig getretenen Griffe und Tritte durch die Jesus Trail Wandergruppe verleihen dem Ganzen etwas Würze, machen es aber nicht gefährlicher. Oben angekommen sind wir klatschnass geschwitzt. Auf einer schnurgraden Strasse laufen wir Richtung Nationalpark Mount Arbel und bekommen hier gesagt wir kommen nicht rein wenn wir den Shvil laufen wollen, denn der sei gesperrt. Häh? Wie kommen wir jetzt nach Tiberias? Keine Ahnung, aber der Weg ist gesperrt. Schon klar. Aber umlaufen geht. Wir blicken auf einen roten Matschtrail eingeklemmt zwischen Stacheldraht begrenztem Nationalpark und sanft geschwungenen satt grünen Felder. Wir erahnen hinter den Hügeln im Süden und Osten den See Genezareth und Tiberias, nach wenigen Schritten haben wir fette Matschplacken an den Schuhen, die das laufen zur Hölle machen. Vor einem Wasserreservoir auf einem Felsen von dem wir einen Blick auf den See erhaschen können essen wir unser Fallobst- eine saftige Pink-Grapefruit, A. Achillessehne ist überhaupt nicht begeistert, meine Laune ist nach fünf Tagen kaum vorankommen, ständigen Umwegen und Matschttrails ziemlich weichgespült - der Wetterbericht hat für den heutigen Tag wieder Regen mit Gewitter vorhergesagt... noch sieht es gut aus. Wir laufen los und ein Schakal kreuzt unseren Weg, den wir weiter um den Park improvisieren. Wir kommen leidlich gut voran. Genervt vor allem. tAn jedem Stein, den wir sahen streiften wir unsere Schuhe wohlwissend der Unsinnigkeit des Unterfangens fühlen wir uns in einer ewigen Don Quichotterie oder dem Camus‘schen Sisyphus - nur als glückliche Menschen konnten wir uns nicht vorstellen als wir den Hügel hinabschritten.

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(trailmarkeirung lost in matsch)

Als wir hinter dem Friedhof wieder versuchen auf den Trail zukommen gelang uns dies bis zu jenem Zeitpunkt als A. den Blick vom Matsch des Weges und unseren Füssen gen Tiberias richtete und sagte „Komische Wegführung... Wir gucken, die ganze Zeit drauf, aber wir kommen Tiberias nicht näher...“ in dem Moment machte es Klick. Navi raus... Ja wir haben den Weg gefunden aber nicht den Abzweig in die richtige Richtung, wir laufen zurück auf dem INT zum Mount Arbel. Ach du scheiße! Die Stimmung ist unversehens im Eimer. Ich verfluche diesen Tag und diesen Trail - und weil ich schon dabei bin, alle anderen Tage davor auch. der Frust der letzten Tage entläd sich. A. dreht sich einfach um und sagt „Ich lauf schon mal vor, Du holst mich ja eh ein“... Ich fruste etwas vor mich und mache mich dann los. Den gleichen Matschweg nochmal laufen fühlt sich ironischerweise nicht so schlimm an, wie beim ersten Mal.

Wir finden den verpassten Einstieg und checken zwei Mal gegen ob wir richtig sind. Wir umlaufen Kfar Hitim. A. Sehne brüllt, sie läuft merklich langsamer und ihr Gesichtsausdruck spricht Bände. Wir beratschlagen nach kurzem Blick auf die Karte und den Wetterbericht, dass wir heute mir bis Tiberias laufen uns spontan einen Trail Angel oder eine Unterkunft organisieren, Sehne schonen. Soweit der Plan. Im Nordosten zieht bleigrau eine Wolkenwand auf die sich erstaunlich schnell nähert. In etwa zwei Kilometer kommt eine Tanke mit Grocery Store, die wir ansteuern wollen... wir sind gerade dazu gekommen uns Süssigkeiten, Softdrinks und salziges Frustfutter auszusuchen und es uns an dem

Tisch unterm Vordach gemütlich zu machen als der Himmel sich grollend öffnete. Wir stecken die Köpfe zusammen und lassen den Zucker in unseren Synapsen arbeiten...

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Eine Stunde später saßen wir in einem Bus nach Tel Aviv und sind der festen Überzeugung, dass das was wir vorhaben ob aller äußeren Umstände das vernünftigste ist was wir machen können. Wir fahren nach Tel Aviv und am nächsten Morgen weiter nach Jerusalem machen dort zwei Tage Pause und Schonung, das Wetter soll ab dort auch etwas besser sei und steigen bei Jerusalem wieder in den Trail ein. Wenn wir gut druch kommen können wir später wieder zurück nach Tiberias oder so und wenn nicht eben nicht. Über dem Meer geht die Sonne unter und wir stehen im Stau der Tel Aviver Vororte...

 

...to be continued...

 

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Ab durch die Mitte: Jerusalem, die Kälte und einmal ist immer das erste Mal

 

Der Masterplan sieht vor zunächst eine Nacht in Tel Aviv zu machen, weil wir ansonsten viel zu spät in Jerusalem ankommen würden. Unser Guest House hatte eine Waschmaschine- erste Wäsche nach fünf Trailtagen. Dosenbier und Chips. Mit Blick auf den Wetterbericht und dem Umstand, dass eine Kaltfront über Zentralisrael ziehen soll steht auf der Agenda noch am nächsten Morgen zu Decathlon und den Temperaturbereich zu boosten. Lange Fleecehose für meine Freundin. Ich bin fine so far. Obgleich die Verlockung einer bequemeren und wärmeren Alternative oder Ergänzung zur ZLite im Raum stand. Vorher aber noch im Super- Pharm Bandagen, Schmerzmittel und Voltaren für die Ferse und das anstehende Gesundungsprogramm kaufen.

Wir kommen am trubeligen Jerusalemer Busbahnhof an und mussten direkt Zeugen werden wie antiarabischer Rassismus israelischer Provinienz funktioniert: erniedigende Gängeleien an der Sicherheitsschleuse des bahnhofseigenen Shopping-Centers. Es beschämte uns nicht intervenieren zu können ob unserer sprichwörtlichen Sprachlosigkeit, sowie die Feststellung dass niemand anderes intervenierte. Etwas bedrückt ob des Erlebten traten wir in die Sonne des Vorplatzes und versuchten uns zu orientieren. Ein Freund hatte uns ein Hostel am Jaffa-Gate empfohlen und obgleich es eigentlich nur herauszufinden galt welche Richtung der einzigen Strassenbahn für uns die richtige sei, waren wir im ersten Moment überrumpelt von den ersten Eindrücken. Charidim mit Plastiktüten liefen geschäftig umher, Touristen mit großen Kameras vor dem Bauch und Reiseführern unterm Arm, ältere Orthodoxe lasen kopfwippend in religiösen Schriften, junge Frauen kaum älter als zwanzig standen in Uniformen mit Sturmgewehren zusammen und lachten über Tiktok-Clips, Araber verkauften Sesamkringel. Die Sonne ließ den Jerusalemstein der Bauten gülden Leuchten. Im Schatten war es kalt, wir schoben uns alle auf dem Bahnsteig zusammen.

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Das Hostel liegt in einer Seitengasse der jerusalemer Altstadt. Die Dachterrasse bietet einen Blick über das Häusermeer jenseits der Stadtmauer. Um 17 Uhr wallen die Rufe des Muezzin herüber, kaum sind sie vorbei beginnt Glockengeläut, als dieses endet beginnt der Muezzin einer anderen Moschee und keine fünf Minuten darauf beginnt eine andere Kirche zu läuten... diesem Schauspiel hören wir bei Tee und süssem Gebäck für eine gute halbe Stunde zu. Da wir Jerusalem gar nicht grossartig in unserer Reiseplanung berücksichtigt haben sind wir etwas planlos und fragen die Hostelbesitzer was sie tun würden. Es sind Palestinenser und sie empfehlen uns das arabische Viertel und ein Cafe am Fusse des Ölbergs. Wir schlendern zunächst durch das enge Gassengewirr der Altstadt und dann verlaufen wir uns im engen Gassengewirr der Altstadt, stehen auf einmal vor dem Eingang der Al‘Aksa Moschee wo uns der Eintritt verweigert wird- ehrlicherweise wird uns da erst bewusst wo wir und gerade befinden. Irgendwie schaffen wir es zum Kaffee. A. legt ihre geschundene Ferse hoch und schmiert eine grosse Ladung Voltaren auf ihren Fuss. Ein Ritual dass uns bis zum Schluss begleiten soll und die konkrete Ausgestaltung der nächsten Kilometer mal mehr mal weniger beeinflusst.

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Den nächsten Zerotag verbringen wir im wesentlichen damit in Cafes mit Heizungen zu verbummeln. Es ist empfindlich kalt, unser Hostel hat keine Heizung. A.‘s Fuss hat die Pause gut getan, die wir sind froh dass es weiter geht. Zwangspausen sind langweilig. Und der Wetterbericht sieht stabil aus: kalt zwar, aber trocken. Wir sind sehr gespannt auf den Zustand der Wege, mit ihnen steht und fällt das weitere Vorgehen - weil Fakt ist, das Damoklesschwert des Tourabbruchs baumelt über unseren Köpfen und würde uns damit in ein nächstes Dilemma stürzen: Unsere Reisekasse ist nicht auf Urlaub ausgelegt, sondern auf thruhiken. Tourabbruch hieße finanzieller Ruin oder nach Hause fliegen. Aber das ist nicht der Deal den wir gemacht haben. Also getragen von einem unerschütterlichen Optimismus haben wir diesbezüglich keinen Plan B und gehen einfach davon aus, dass die Wege fersenfreundlich sind und wenn sie es nicht sein sollten wir, wie bereits im Norden geschehen, uns um die schwierigen Stellen herumimprovisieren oder eben durchbeißen oder -quälen (je nach Tagesform freilich).

Wir steigen in einen Bus der uns an den Stadtrand bringt und völlig kontraintuitiv mit jeder Station tiefer ins Jerusalemer Suburbia voller wird. Angekommen, steigen wir sprichwörtlich über viele Menschen und schaffen es beinah nur zur Hälfte aus dem Bus raus – auch sprichwörtlich, kaum war ich draußen ging die Tür zu. Zuglück (naja) hatte meine Freundin den Fuß schon draußen und ich geistesgewärtig den Arm wieder drin. Die Tür geht wieder auf. Das Abenteuer möge wieder beginnen.

Wir verlassen die Vororte und erahnen einen grauen Strich auf den gegenüberliegenden Hügeln. Der Zaun zwischen der Weestbank und Israel. Der Ausblick wird uns noch etwas begleiten und beklemmen. Der Weg führt uns über den Park der Quelle Ein Lavam oberhalb des Nahal Refa'im. Etwa eine Stunde geht es durch terrassierte Olivenhaine und lichte Pinienwälder bis zum Ein Kobi. Hier schlagen wir uns durch dichtes Unterholz und Buschwerk langsam das Tal hoch bis wir an einem der unzähligen Picknick- und Campplätzen des Trails stehen, manche sind mit Wasserhähnen ausgestattet, so auch dieser. Wir tanken Wasser. Der Platz weil nicht zum verweilen ein, er ist ziemlich verdreckt und es ist recht kalt. In Bewegung angenehm, für Pausen etwas zu frisch.

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Die Wege sind gut, hart und nicht vermatscht. Es ist eine wohltat. Obgleich es meist breite Feld- und Wirtschaftswege sind, wir sind mit diesem Umstand recht zufrieden. A.'s Ferse ist glücklich – sie motzt zumindest nicht mehr als sonst. Der Trail ist recht gefällig. Landschaftlich nicht sonderlich spektakulär, aber auch nicht sonderlich langweilig. Wir nähern uns der Ortschaft Mata über einen baumlosen Hügelrücken, die Sonne scheint, der Wind bläst frisch, Schakalspuren in ausgetrockneten Pfützen... in Mata wollen wir frisches Essen für den Abend kaufen. Unsere Resupply-Strategie sieht vor häufiger rauszudroppen, lecker, frisches Essen zu kaufen – ist gut für die Moral, wir haben aus dem Norden gelernt. (Nicht dass wir dass im Norden nicht auch so schon gemacht hätten... hier bekommt es eine besondere Note). In Mata angekommen müssen wir durchs ganze Dorf, dafür haben wir jetzt Wasser und ziemlich lecker Essen. Eine spannende Frage bei Ortschaften in Israel ist, ob es noch andere Wege raus gibt. Mata ist wie viele Orte in Israel von einem hohen Zaun umgeben, auf den Karten können wir nur erahnen und hoffen, dass die Wege uns zu einer Tür führen und dass diese auch offen ist bzw. sich öffnen lässt. Beim reinlaufen hat A.'s Adlerblick den offenen Zugang bereits entdeckt, beim rauslaufen bleibt es spannend bis zum Schluss. Wir passieren eine Tür – das Tor ist umständlich mit Stacheldraht gesichert – und sind ziemlich zufrieden, auf dem alten Weg zurück wäre sehr frustrierend gewesen.

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Der Steinbruch Zanuha kündigt sich durch laute Abbrucharbeiten an. Mit Blick auf die Uhr, der bisher gelaufenen Kilometer (ca. 25) wird es langsam Zeit einen geeigneten Zeltplatz zu finden. Wir sind beinah der Geräuschkulisse entlaufen, als ein lichtes Wäldchen mit Terrassierungen auftaucht. Wir gucken auf Ramat Beit Shemesh und der Stadtteil Gimel, selber eine Baustelle beschallen sanft von der anderen Seite. Aber bald ist ja Feierabend und den Wecker können wir dann auch getrost auslassen.

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Zelt aufgebaut und den Sonnenuntergang genießen. Kaum ist die Sonne weg ist es ziemlich kalt. Wir haben vorgesorgt für die langen Zeiten im Schlafsack und haben in Jerusalem noch ein paar mehr Podcasts runtergeladen: Wir starten diese Nacht die Nächste Stufe unseres Bildungsurlaubs. Haben wir vorher immer alles was uns so ein- und auffiel gegoogelt und auf „Wollen-Wir-Wissen-Listen“ gesetzt, um es dann in Doku-Channels zu gucken oder alten Zeitungsberichten zu lesen (so haben wir uns in Jerusalem, die meiste Zeit mit Dokus und ähnlichem zum Charidim auseinandergesetzt). Nun sind Podcasts zum Thema Christentum. Islam und Judentum dran – wir sind schließlich im heiligen Land.

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Morgens werde wir vom Baulärm und oder vom Lärm des Nahegelegen Steinbruchs wach. Es ist recht frisch und es ist die erste Nacht on Trail die wir im Zelt venbringen. Ich wundere mich, als ich steif aus dem Zelt krabbel warum ich auf der E1/E5 Tour dachte das die Zlite eine komfortable Matte sei, war es schon die Genügsamkeit der 2200km Traillebens oder ist Italien nicht so ein hartes Pflaster wie Israel ober bin ich einfach nun ein halbes Jahr der 40 nahe und dies macht sich nun wirklich bemerkbar...? Was es auch sei, die nächsten Nächte werden interessant. Meine Freundin hat weniger prickelnd geschlafen, ich beglücke sie mit Kaffee am Bett bzw. zum Abbauen uns beide beglückt die Aussicht, dass etwa anderthalb Stunden später im Kibbutz Netiv Ha Lamed Hei eine Bäckerei geben soll. Der Kibbutz mit dem für uns etwas sperrigen Namen, ist nach 35 Haganah Kämpfern benannt, die im Bürgerkrieg bei dem Versuch den belagerten Kibbutz Gush Etzion in der Nähe Jerusalems mit Nahrung zu versorgen, in einem Hinterhalt arabischer Milizen getötet wurden. Obgleich historisch und politisch interessiert ist das für uns eine Randnotiz, vornehmlich stellen wir uns meist die Frage ist es ein Kibbutz und wenn ja welche Form des Kibbutz und ansonsten haben wir die profaneren Interessen ob es dort Essen gibt – schlau vielleicht, aber am Ende doch einfach nur Hikertrash. Im Kibbutz selbst irren wir durch alte Großstallungen, die mittlerweile in diverse andere Nutzungsformen überführt worden sind und sind etwas irritiert immerhin sagt Google, dass es hier eine Bäckerei gibt – und wenn Google das sagt... Wir sind schon kurz davor aufzugeben als uns ein Mann mit einer Brötchentüte entgegen kommt und fragt „Can I help you?“ und wir ihn freudig anstrahlen „You already did“ und wir auf die offene, mit Maschendraht vergitterte Seite einer alten Stallung zeigen und fragen ob dies die Bäckerei sei. Er strahlt zurück „Yes“ und sie sei wirklich gut, was wir denn hier machen und shabbat shalom. Wir stehen in dieser Bäckerei, die uns irgendwie an besetztes Haus, fancy Wagenplatz und Hipster-Cafes in Kreuzkölln oder auf der Schanze erinnern, irgendwie beides, irgendwie unwirklich. Eine Frau lächelt uns an und sagt ist es nicht wahnsinnig, dass es sowas mitten im nirgendwo gebe. Mit Blick auf die Auswahl geben wir ihr begeistert recht. Frisch gebackene Zimtschnecken, Challot, Brote, Pain au Chocolate, Sauerteigbrote, Vollkörnbrötchen. Es gibt eine Siebträgermaschine, es gibt Hafermilch... wir sind selig.

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Sofort sind wir in diversen Mitwartenden in Gespräche verwickelt, was wir machen, wo wie her seien. Wir unterhalten uns länger mit einem Ex-Shvil Thru-Hiker, dessen Töchter gerade dabei sind mit viel Lust und Freude Pain au Chocolate in Wassergläsern einzuweichen und die eine Hälfte davon in ihrem Gesicht zu verschmieren und die andere auf dem Servierbrettchen. Als er den Shvil gelaufen ist gab es die ganze Infrastruktur der Trail Angels noch gar nicht, es gab Menschen in derr Wüste, die einen beim Wasser-Management unterstützt haben, es sei total großartig wie sich das drumherum um den Shvil seit dem entwickelt habe. Wir pflichten bei, immerhin hat uns dieses System im Norden schlicht den Arsch gerettet.

Die Zimtschnecken, lauwarm noch, sind ein Traum, die Sonne scheint. Wir haben das Gefühl alles richtig gemacht zu haben. Uns wird noch angekündigt dass das nun kommende Stück sehr schön sei. Wir sind gespannt.

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Episches und biblisches trug sich im HaElah-Tal zu, hier ist der Ort des Kampfes David gegen Goliath, auch wenn wir nicht dran vorbei sind, die Google-Reviews sind spannender, aber nur ganz knapp vor dem ersten Buch Samuel Kapitel 17. Der Trail ist wirklich sehr schön. Immer auf den Höhenzügen den Judäischen Berge mit bisweilen grandiosen Fernsichten bis nach Tel Aviv, dem Mittelmeer, in das hier sehr grüne Westjordanland und wir vermuten bis zurück auf die Vororte Jerusalems.

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Gegen 16 Uhr finden wir einen Platz für unser Zelt, hinter einem Busch unter einem ausladenen Baum. Direkt neben dem Weg. Egal. Der Platz ist vor allem Windgeschützt. Es hat zwar den ganzen Tag die Sonne geschienen und der Himmel schmückte sich mit nur wenigen Wolken, es war jedoch vor allem durch einen beständigen und gerade auf den Höhen oder in Tälern – die meist als Windkanal fungierten – doch sehr frisch. In Bewegung und bei Sonne kaum auffällig, in dem Moment in dem die Sonne spektakulär hinter den Hügeln versank wurde es schlagartig kalt. Heute wählten wir die Strategie der Abendbeschäftigung Feuermachen statt Podcast hören und bastelten uns ein kleines Feuer das neben der Beschäftigung noch Wärme und Lagerfeuerromantik bot.

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Der nächste morgen war saukalt und tief hing ein grauer Himmel über uns. Der Wind blies und den letzten Rest Schlafsackwärme aus den Knochen, wir verzichteten auf den Kaffee und glaubten dem Versprechen Googles, dass die Tanke in etwas weniger als einer Stunde so ne richtig tolle mit Drinnen-Sitz-Möglichkeiten ist, wir imaginierten süße Teilchen die ein heißen Kaffee im warmen getunkt wurden – wir bekamen eine etwas runtergeranzte Tanke mit einer großen Terrasse und keinen Sitzmöglichkeiten drinnen, die Teilchen waren erst fertig al wir gingen, die Toiletten waren unterirdisch... aber immer das gute sehen, wir durften uns zwei Plastikstühle reinholen, der Kaffee war immerhin aus einer Siebträgermaschine und gar nicht mal schlecht, es gab dazu irgendwelche veganen Power-Bällchen und mit der Tiefkühltruhe konnten wir uns sowas wie einen Tisch improvisieren und für den Weg gab es auch noch Schokoriegel... alles gar nicht mal sooo schlecht, naja...

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Wir machen uns nach unserem Frühstück und einer kurzen – zugegeben ziemlich ekligen – Morgentoilette auf in die Kälte. Der Weg ist ist ziemlich ereignisarm. Auf der Infoatafel wird angepriesen, dass wir durch dieses und jenes liebliche Tal am Rande dieses und jenes Nationalparks laufen, über sanfte Hügel und an Rebstöcken vorbei um schließlich die Etappe an Tel Keshet zu beenden... Die Realität ist schnell erzählt: Ein breiter Schotterweg, auf der einen Seite Felder begrenzt von unspektakulären Hügeln, die andere Seite von Stacheldraht eingezäunter Nationalpark mit Kühen zur Kulturpflege drin; die Rebstöcke sahen, da es Tafeltraubenproduktion war eher aus wie der Versuch von Agrikultur nach der Zombieapokalypse und war einfach nur öde, dann kamen Felder, braune Äcker und Tel Keshet war ein Hügel neben einer Strasse auf einer Ebene mit viel Geröll, Wiese und Müll... drüber hin ein grauer Himmel und ein eisiger Wind fegte um unsere Ohren. Sieben Stunden Wanderung sind damit umschrieben. Zugegeben der Himmel war bisweilen spektakulär, vor allem als wir über die Äcker wanderten... sie waren mein Lichtblick, A.'s Blick war durch die vorheige Ödnis bereits getrübt und sah nur Matschacker...

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Es ist halb drei. Wir gucken auf den Himmel, der ist noch grauer und das Internet sagt, dass es just hier und gerade regnen soll. Tut es nicht. 10 Minuten Später fängt es an zu nieseln, da es nicht aufhört ziehen wir unsere Regenklamotten an. Wir checken die Karte. Vor uns liegt ein Waldstück und dann erst wieder in acht Kilometern das nächste zwischen drin liegen reine Ackerfläche ohne irgendeine Möglichkeit das Zelt aufzustellen. Wir erreichen den ersten Wald machen eine kurze Pause und erörtern die Sachlage. Es ist noch viel zu früh das Zelt aufzuschlagen, es sei vernünftiger weiterzulaufen und den anderen Wald zu erreichen, zudem der hiesige eher uneben ist und nur suboptimale Stellplätze anbietet. Zeitlich sind die acht Kilometer bis zum Einbruch der Dämmerung zu schaffen, d.h. kein Nachtwandern und Zeltaufbau im Dunkeln. Sollte gehen. Das mit dem Regen ist kalkuliertes Risiko, der Wettervorhersage ist nicht zu entnehmen ob es so bleibt oder mehr wird, die Wetterbeobachtung ist widersprüchlich. Der Wind steht so dass die tiefgraue Wolkenfront sich von uns wegbewegt und die Wegführung zeigt an dass wir uns nicht wirklich darauf zu bewegen, eher davon weg, aller höchstens parallel dazu...Wir besiegeln unsere Entscheidung mit Schokoriegeln und laufen los. Der Wind drückt uns den Nieselregen ins Gesicht. Wir erreichen mach 300 Metern einen ausladenden Wadi mit Eukalyptusbäumen und ich sage noch „Sieht nicht schlecht aus“... 20 Minuten später stehen wir vollkommen schutzlos mitten auf einer laaaang gezogenen Anhöhe mitten auf Äckern ohne eine einzige Form des natürlichen oder menschgemachten Schutzes in einer Gewitterfront, die über uns in Wellen hinwegfegt. Binnen von 5 Minuten sind meine Füße patschnass, 15 Minuten später fängt es an mir den Rücken nass runter zulaufen. Ich bin nass bis auf die Unterhose sprichwörtlich. Es gibt keine Möglichkeit Schutz zu finden, also laufen wir stur weiter (Wo ich das schreibe frage ich mich warum wir nicht zurück zum Wald sind...). Wir versuchen einen Platz für unser Zelt zu finden, der Wind zerrt an und und drückt uns das Wasser senkrecht ins Gesicht. Wir finden keinen. Rechts und Links von uns nur Acker. Verzweifelung macht sich breit und eine stumpfe Akzeptanz was ist: Es regnet, wir sind eh schon nass bis auf die Haut, wir finden keinen Platz für unser Zelt und die Bewegung schützt uns vor der Hypertonie- also laufen wir weiter. Es ist bei allen Trailkilometern der letzten fünf Jahre, dass erstemal, dass mir wirkklich sowas passiert, ich hatte das alles für sich schon, aber all das Zusammen wirklich noch nie. Meine Freundin fragte mich schon im Norden mit einem Augenzwinkern „Das ist also Thruhiken und das findest du geil?“ Ich habe schon da geantwortet, dass das es auch ist, aber nicht immer, ansonsten fände ich es auch nicht soo prickelnd. Jetzt muss ich wieder dran denken und teile ihr dies mit. Wir beiden quittieren dies mit einem Schulterzucken, einem „Isso“ und einem lächeln. Der Altbekannte Matsch hängt sich mit dicken Placken wieder an unsere Fersen und wenn er es nicht tut schlittern wir wie auf Schmierseife auf ihm herum. Wir kommen bis zum Nahal Sad. Kein Wasser drin. Wir entdecken links von uns sowas wie eine Baumgruppe und wollen dort hin, wir versprechen uns minimalen Windschutz von ihr und vor allem eine freie Fläche für das Zelt. Wir kommen zunächst gar nicht soweit, nach dem der Regen kurz abflaute, öffnete sich wieder der Himmel und es prasselte auf uns herab, wir sondierten das Gelände und fanden eine Senke, die etwas windgeschützt und eben und nicht Flutungsgefährdet war und versuchten das Zelt aufzubauen. Es ging nicht. Der Boden war bereits so aufgeweicht der er keine Hering hielt, entweder der Wind oder der notwendige Zug auf die Guylines oder beides verunmöglichten uns das Zelt aufzubauen (es gab natürlich keine Steine zum Beschweren der Heringe). Wir suchen weiter. Wir finden eine weitere Senke. Könnte gehen. Ging nicht. Wir haben das Zelt schon gar nicht mehr eingepackt. Wir, das Zelt, alles ist total vollgematscht und nass. Wir finden eine Ebene Stelle kurz vor Tel Naglia. Es hört auf zu regnen, der Wind bläst unvermindert weiter. Der Boden ist hart genug und vor allem mit Steinen durchsetzt, die Heringe bleiben im, Boden, wir verstärken sie dennoch mit Steinen, bauen uns noch zur Wetterseite einen kleinen Windwall. Dann fängt es wieder an zu schütten. Wir schaffen es eben noch so uns Zelt und beginnen uns zu organisieren. Mein größtes Problem ist, meine Puffy ist irgendwas zwischen nass und feuchtklamm – ich habe sie den ganzen Tag zum wandern getragen, weil es so kalt war und habe als ich mein RainGear anzog sie auch angelassen... sie macht zwar ihre arbeit noch, aber nicht so richtig. Ich habe eigentlich auch alle Layer bis auf mein Schlafshirt und meine Tights an... die beiden retten mich.

Wir kochen uns eine Brühe, kippen Chilisoße rein und tunken reichlich Pitabrot hinein. Es ist das beste Essen unseres Lebens – gefühlt. Noch ein Tee. Wir organisieren irgendwie eine Schalfsacktrocknung meiner Sachen und ich bekomme trockene Klamotten von meiner Freundin um mich darin einzuwickeln, weil ich größenbedingt nicht reinpasse. Der tösendem Regen schaffen wir es noch eine Podcast zu hören und schlafen dann ein, wohl wissend das wir das schlimmste überstanden haben und morgen wieder alles anders, besser, wird...

Dieses Gefühl hält bis zu dem Augenblick als ich verpennt und demnach etwas kurzsichtig im strömenden Regen mit meinen letzten trockenen Klamotten stehe und verzweifelt versuche den Hering von der windzugewandten Apsidenseite in den Boden zu treiben während der Wind mit aller Gewalt an der Guyline zerrt. Ich wurde durch einen Donnerschlag wach und sehe meine Freundin wie sie durch das Moskitonetz den Trekkingpole mit aller Kraft gegen den Wind stemmt und festhält. „ich glaub der Hering ist raus, was machen wir jetzt?“ Verpennt wie ich bin rolle ich nur innerlich mit den Augen ziehe meine FroggToggs über und gehen raus... ob das schlau war, darüber habe ich nicht nachgedacht. Es war nicht die beste Idee, aber ich war schnell genug, so dass ich nur mit klammen Klamotten zurück in den warmen Schlafsack kriechen kann,

Der Regen und der Wind machen die ganze Nacht weiter, zerren an dem Zelt, hämmern auf ihm rum. Als wir morgens aufstehen, sind wir beide 1000% von dem Duplex überzeugt. Bombproof, ist kein Regen reingekommen, da alle Heringe von vornherein mit Steinen beschwert waren ist bis auf das eine Malheure nichts passiert. Stabil das Dingen... und alle meine Klamotten sind auch fast trocken.

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Es ist dank des Windes grimmig kalt. Bereits beim Zelt abbauen und zusammenpacken sind meine Finger steif vor Kälte. Wir verzichten auf ein Frühstück, lassen die letzten nassen Klamotten im Wind beim abbauen trocken pusten und machen und schnell los. Der Himmel sieht harmlos, gar schön aus, viele lichte, blaue Stellen, die Sonne kommt immer wieder durch. Zurück auf den Trail. Ersteinmal orientieren und hoch auf den Hügel des Tel Naglia. Irgendetwas Archäologisches. Wir sehen nur einen zerrupften Picknickplatz übersät von Feuerstellen und Müll und wir sehen noch was anderes. Wir müssen noch über den Shikma rüber, ein Wadi bzw. nach dem gestrigen Nachmittag/ Nacht ein breites, braunes Band aus Wasser. Da wollen wir nicht rüber, da können wir nicht rüber, dafür müssen wirr gar nicht bis dahin laufen um die Lage vor Ort zu checken, also Plan B improvisieren. Es gibt einen Weg der dem Shikma bis zur Autobahn, die wir auch noch irgendwie überwinden müssen, folgt, dieser Weg kreuzt an anderer Stelle den Shikma und wir hoffen über das Ablaufen eine geeignete Stelle zum überqueren zu finden. Aber erstmal querfeldein immer den Blick auf den Wadi voller Wasser auf der Suche nach einer Furt.

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Wir werden fündig. Ein 1 meter breiter Bach ist es hier. Damit sind auch zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, wären wir dem vorgegebenen Weg gefolgt, wären wir länger parallel zur Autobahn gelaufen, so kommen wir direkt an unserer Querungsmöglichkeit an. Schön. Und dazu scheint die Sonne. Der Matsch hält sich sogar in Grenzen. Wir kommen zügig voran. Recht bald stehen wir vor einer Betonunterführung unter der Autobahn, die einmal komplett unter Wasser steht. Wir checken kurz die Lage. Da wollen wir nicht durch. Also Karte raus. Idee: Wir laufen bis Beit Karma an der Autobahn entlang, da gibt es eine Brücke. Okay. Wir trauern unserem Frühstückskaffee hinterher, den die Tanke uns versprochen hatte und trotten auf einem öden Asphaltweg neben der Autobahn Richtung Beit Karma. Google Maps verkündet jedoch die frohe Botschaft, dass es dort einen Mc Donalds gibt. Halleluja! Burger zum Frühstück? Oder Pommes? Oder beides und noch irgendwelchen perversen Scheiß...? Wir fühlen uns moralisch dazu geradezu verpflichtet e uns gut gehen zu lassen nach den letzten 18 Stunden. Die Vorfreude überdeckt die Unsicherheit ob die Autobahnüberquerung hier wirkliche eine Brücke ist bzw. ob wir sie ohne weiteres passieren können. Egal. Erstmal frühstücken und dann kümmern wir uns um den Rest.

An der Tanke angekommen stellen wir erst einmal fest, dass der McDo noch nicht aufhat, aber bei Aroma gibt es Kaffee mit Pflanzenmilch und die Information, dass hinter dem einen McDo noch ein weiterer ist, der vielleicht auf hat. Wir blinzeln in die Sonne trinken Kaffee und schauen uns das geschäftige Treiben auf der Tanke an – ausschließlich IDF-Soldaten und Busgruppen. Es soll heute nur nach Dvir gehen, einen Kibbutz nicht weit von hier. Vier, fünf Kilometer noch. Wir haben einen Trail Angel kontaktiert, also egal wie das Wetter wird: Wir sind trocken, save und hoffentlich warm.

Mc Donalds essen hat diese Angewohnheit, in dem Moment in dem dem Verlangen nach diesem Essen nachgegeben wird, es sich unglaublich befriedigend anfühlt – exakt für fünf bissen, dann schalten die Synapsen, dass das eigentlich der letzte scheiß ist und man fragt sich warum man diesem Verlangen nachgegeben hat. Dennoch gibt es einen inneren Drang alles aufzuessen was ausgebreitet vor einem liegt, um dann dem Körper dabei zuzuhören wie er mit Abwehr auf das eben gegessene reagiert. Mir ist unmittelbar nach schlechtem Fast Food schlecht und ich schwöre mir jedes Mal, dass es das letztes Mal war. Heute war es anders: Ambivalent. Es war irgendwie auch sehr geil.

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Wir brechen auf und überqueren die Autobahnzubringerbrücke problemfrei, auf der anderen Seite klauen wir junge Rote Beeten aus einem Acker für unser Abendessen und wir laufen weiter an der Autobahn entlang. Der Himmel ist blau, die Sonne scheint, es ist beinah warm, wir können bi zu den Hügeln der Westbank schauen. Wir sind zufrieden. Der Great Universal Trail meint es gut mit uns, nachdem wir gestern leiden mussten, werden wir nur mit kleinen Prüfungen unseres Glaubens an das Thruhiken herausgefordert.

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Dvir umlaufen wir etwas umständlich, finden den Eingang, sind superfrüh da und können alles was noch nass, klamm oder vermatscht ist in die Sonne hängen und bei Tee dem ganzen beim trocknen zu sehen. Es gibt eine heiße Dusche, im Kibbutzeigenen Laden, kaufenb wir lecker Essen und Bier. Der Tag ist gut. Wir sind gespannt auf Morgen.

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...to be continued...

 

 

Bearbeitet von effwee
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Sehr guter Bericht, der Style gefällt mir sehr gut, wahrscheinlich hast Du sogar einmal ein Buch gelesen, saugeiler Wortschatz, in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit.

Ehrlich gesagt, kam ich mir im Herbst wie der hinterletzte Vollpfosten vor. Es war heiss, staubig, dauernd hatte ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich mir zur Mittagszeit eine Cola an der Tanke gegönnt hatte, ich hatte ständig das Gefühl, fast stehen zu bleiben. Und an den Stränden hätte ich auch lieber die Badehosen angezogen und mir ein, zwei Long island Ice Teas reingezogen. Es gab da auch sehr knackige Jungs und Mädels, alle wie direkt vom Fotoshooting für leicht grenzdebile Medien. 

Im Winter verwandelt sich aber offenbar alles in eine Matschwüste. Dies ist offensichtlich noch anstrengender als Staub zu fressen und vom Geruch des Düngers angesäuselt zu werden. Vielleicht ist es im März besser?  So oder so, eine extreme Erfahrung, da lobe ich mir die im Vergleich simple Hikerautobahn namens PCT... 

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Am 8.2.2020 um 14:52 schrieb Mars:

Sehr guter Bericht, der Style gefällt mir sehr gut, wahrscheinlich hast Du sogar einmal ein Buch gelesen, saugeiler Wortschatz, in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit.

vielen dank für die blumen :)

Am 8.2.2020 um 14:52 schrieb Mars:

Vielleicht ist es im März besser? 

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mir seit deinen Ausführungen auf insta und der ganzen recherche und nun vor allem mit der erfahrung vor ort was die beste zeit sei.

Ich finde das "hauptproblem" des shvil ist, dass es eigentlich von der dramaturgie her ein reiner sobo-trail ist - ganz ehrlich ich laufe keine 1000km um vor diesem ominösen tor in dan zu stehen, welches danach aussieht als ob es das ergebnis des Esoterik-Töpfer-Gruppe Castrup Rauxel ist, das ist ziemlich deprimierend, während im Süden der Trail einfach am Meer aufhört - state the obvious, da gehts nicht mehr weiter. das finde ich für den kopf und das herz für den abschluss sehr befriedigend, wenn das ende für ikongraphisches taugt... also sobo only und damit will ich den heißesten teil definitiv nicht im märz/april laufen (ist auch dann doof wg wassermanagement)

ich bin für februar mit zeitreserven, um ggf regen und langsameres vorankommen eher auzusitzen und mit glück in drei wochen in der wüste zu sein, also ende februar/ anfang märz...

oder november und ende des monats/ anfang dezember in arad ankommen... auf insta waren drei, vier unterwegs, die das so gemacht haben...

der winter war aber auch ziemlich krass. in tel aviv sind 2,3 menschen in den fluten ertrunken... alle mit den wir uns unterhalten haben, eagl ob im norden oder süden, sagten der winter ist wirklich ungewöhnlich... abeer mit dem restrisiko wetter müssen wir draußen ja eh immer dealen und das kann dir schon mal nen thru verhageln oder zu nem sectionhike einkürzen :D

 

aber naja...

 

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vor 14 Stunden schrieb effwee:

welches danach aussieht als ob es das ergebnis des Esoterik-Töpfer-Gruppe Castrup Rauxel ist

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Jede Wette, auch das Starttor in Dan ist so ähnlich konstruiert worden.

Leider werde ich aus Deinem ersten Satz nicht ganz schlau. Wahrscheinlich wäre es am Besten, so jetzt in Dan loszulaufen?

 

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vor einer Stunde schrieb Mars:

Leider werde ich aus Deinem ersten Satz nicht ganz schlau. Wahrscheinlich wäre es am Besten, so jetzt in Dan loszulaufen?

klar fehlt ja auchn wort... aber ungefähr so: ich stelle mir selber die frage was der beste zeitpunkt ist für den int? 

wahrscheinlich jetzt oder gar noch teas früher... anfang februar...? ich weisz es nicht. aber in einem gedankenspiel würde ich es so machen: 1.2. und zwei wochen länger wg etwaigen wetterlagen und wegbedingungen zusätzlich einplanen (6-7 ggf auch 8 wochen ergo für den gesamttrail) 

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Es wird Wüste: Das Tote Meer und kaputte Füsse.


 

Als wir Dvir verlassen wünscht uns am Tor eine ältere Dame, die sich an ihrem Stock festhält, mit einem strahlenden Lächeln einen wunderbaren Tag, dieser hatte bereits mit Kaffee und Porridge im Bett begonnen, die Sonne scheint, der Himmel ist blau – der Tag ist wunderbar; und weil thruhiken auch ein unmittelbares Genießen des Momentes lehrt, taucht das kritische „noch ist dieser Tag wunderbar“gar nicht erst auf. Vielmehr wird dies recht bald irritiert durch eine Gruppe Kids, die im nahe gelegenen Wald wohl die Nacht campiert hatte, weniger, weil sie es bei der Kälte tat, sondern weil ihr Gruppenleiter, aussehend wie eine Mischung aus Pfadfinder und dem Klischee eines orthodoxen Juden mit Kippa und Zizijot, die aus seinen schwarzen Fleece herauslugen, aber auch das war es nicht, sondern vielmehr seine Bewaffnung. Ein silberner Colt hängt an seinem Gürtel und wir unken, dass – beide selber gestählt in der mehrmaligen Betreuung von Jugendfreizeiten an der Costa Brava – dies durchaus verständlich sei, um eine Horde Jugendlicher unter Kontrolle zu halten. Aber ernsthaft: wegen der Schakale? Oder einfach ein Waffennerd, der seit der Liberalisierung der Waffengesetze durch die Regierung Nethanjahu Waffe trägt. Wir haben, nach dem wir ausnahmslos Jugendgruppen im Beisein von bewaffneten Securities angetroffen haben, dann auch verstanden, dass es etwas mit der innen- und außenpolitischen Lage zu tun hat und nicht mit einem männlichen Waffenfetisch. Jugendgruppen sind im sicherheitspolitischen Jargon nun eben „weiche Ziele“ - wie illusorische dieses Sicherheit ist, hat sich gezeigt als wir bereits drei Tage wieder zu Hause sind und ein Auto in Jerusalem in ein Gruppe Soldaten raste und zwölf von ihnen verletzte.

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Wir laufen mit einer dieser Gruppen gemeinsam Richtung Ga'ai, erst durch einen lichten Wald aus Nadelgehölz und am Fuße ebene jenes Ga'ai überholen wir eine weitere Gruppe und können den Aufstieg und die Aussicht vom Gipfel schließlich alleine genießen. Es ist windig zwar, aber die Sonne und die Anstrengung machen ein kurzes verweilen möglich. Nachdem wir den Wald verlassen hatten, sind die sanften Hügel geblieben ihr Baumbewuchs aber gewichen. Stattdessen ein lichtes Gras, dass auf Ferne so erscheint, als ob des den ganzen Boden bedeckt, es aber nicht tut. Der Kontrast kommt so unvermittelt, dass wir einen Moment gebraucht haben. Oben angekommen ist die Aussicht eine Wunderschöne: Zur Westbank, zurück nach Dvir, im Westen verschwinden die grünen Hügel im Dunst des Morgens, im Osten steht die Sonne noch recht tief und im Süden dünnt sich das Grüne langsam in bräunlichen Dunst auf – irgendwo dort liegt der Negev. Irgendwie dorthin werden wir laufen. Wir freuen uns.

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Richtung Sansana durchqueren wir wieder lichte Wälder und Richtung Meitar Äcker und Plantagen. Und endlich taucht – gefühlt aus dem nichts – aber als dumpfe Gewissheit die ganze Zeit vorhanden, nur in seiner ganzen Monstrosität für uns nicht sichtbar die Mauer zwischen Israel und der Westbank auf: Hier an dieser Stelle eine meterhohe Stahlbetonmauer, mit mindestens noch zwei Metern Stacheldraht oberhalb der Mauerkrone, davor eine asphaltierter Patrouillenweg, dieser ist wiederum mit einem niedrigeren Stracheldrahtzaun gesichert. Zwei Krähen sitzen ganz oben im Stacheldraht, die eine schaut gen Westbank, die andere gen Israel.

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Nicht überall sieht die Mauer so aus, nicht über all ist sie eine Mauer, sondern ein Zaun, nicht überall ist sie vorhanden und nicht überall verläuft sie kongruent mit der Waffenstillstandlinie von 1949, hier tut sie es fast – zumindest auf jenen paar Kilometern an denen sie uns begleitet und hier ist es eine Mauer. Nach Erzählungen eines Freundes, der in Nahal Oz direkt gegenüber von Gaza-City lebt wissen wir, dass es durchaus auch Angriffe mit Panzerfäusten auf Busse oder Autos gibt und gegeben hat, da hier die Straße direkt neben der Grenze verläuft, kann es durchaus sein, dass hier deshalb Stahlbeton verbaut wurde - in letzter Konsequenz wissen wir es nicht. Wir wissen aber auch, dass das Westjordanland nicht der Gazastreifen ist. Was wir nicht wissen und wir nur erahnen können, ist welche Schatten die Mauer auf beide Seiten wirft (und als wir zur Verkündung der so genannten Friedensplan durch Donald Trump direkt neben Gaza-City sitzen, lesen wie die Hamas die „Days of Fury“ ausruft und wir noch in der gleichen Nacht die Kampfflieger als Machtdemostration auch über unsere Köpfe donnern hören, uns der gemeinsame Freund mit einem Lachen, in dem die Spur einen schweren Verzweifelung liegt erzählt, er überlege, wo nun der Boden im Flur so nass vom Baden aller drei Kinder sei, er gar nicht genau wissen wie wir alle sechs binnen von 30 Sekunden im hauseigenen Schutzraum sein sollen, ohne auf den Kacheln auszugleiten. Wir lachen, es nimmt die Schwere, die aus Washington durch den Äther wabert. Wir kleben alle an den Handies und verfolgen die politische Lage. Sie wird uns unmittelbar betreffen, vielleicht heute Abend schon. Es sah schon schlimmer aus, er lacht wieder. Er ist Mitte dreißig und leidet unter Herzrhythmusstörungen und es gibt Tage an denen fühlt er sich einfach besser wenn er nicht direkt jene Straße nimmt, die direkt an der Sperranlage vorbei führt – und das ist nur eine Seite der Geschichte und nur eine Geschichte von den unzähligen und sie ist die tendenziell privilegiertere...). Die Mauer begleitet uns bis Meitar. Wir sehen in der Ferne einen Übergang. Blechlawinen funkeln in der Sonne, wir mutmaßen Stau. Nein, ein riesiger Parkplatz. Stimmt wir haben bisher kein Kennzeichen aus den palästinensischen Autonomiegebieten gesehen... Wir diskutieren mal wieder die Unterschiedlichen Aspekte des Konfliktes und beenden das Gespräch wie so häufig mit einem resignierend seufzenden Schulterzucken.

In Meitar haben wir Resupply und Wasserkaufen eingeplant und wir haben auch richtig Bock auf geilen Scheiß – Essen ist einfach etwas so profan Basales, dass selbst 100 Jahre Konflikte in dieser Weltgegend nicht gegen ankommen. Pastramisandwich! Oder Baba Ganush! Oder Hummus! Oder! Oder! Oder!... wir ergehen uns in unserer Phantasie und laufen mit erhöhtem Speichelfluss durch die Neubau- und Baustellenvororte von Meitar bis wir endlich im gelobten Land des Hikertrashs stehen: Supermarkt! Und Halleluja: ein großer Supermarkt!

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120 Schekel später und sehr viel glücklicher, ist der Rucksack dann doch deutlich schwerer und es ist dann doch mehr geworden als geplant. Pastrami-Käse-Sandwich ist es geworden und es war köstlich! Danach improvisieren wir uns durch ältere Neubaugebiete und die kleinstädtische Naherholung in Form von Grill- und Picknickplätzen, wieder durch einen lichten Wald gen Trail. Als wir diesen erreichen, erreichen wir auch recht bald das Ende des Waldes.

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Wir laufen über karge Hügel, die Sonne senkt sich im Südwesten bereits und lässt die ein wogendes Meer aus Hügeln im Dunst verschwinden. Eine karge Schönheit und Ruhe strahlen sie aus, wir befinden uns im Übergang Richtung Wüste. Die Vorfreude steigt. Im Osten weitere Hügel, wir immagnieren, dass schon bald hinter diesen, die weite Ebene des Toten Meeres und des Jordantales auftauchen – blanke Illusion, wir sind noch nicht mal in Arad... aber die Euphorie, verzerrt die Vorstellung von Raum und Zeit. Wir sind bisher am heutigen Tage auch Kilometermäßig recht gut voran gekommen, A.s Ferse hat der gestrige kurze Tag gut getan und bedankt sich mit weniger Schmerzen. Die Wege sind gefällig gut zu laufen und die Aussichten sind wunderbar – Negev wir kommen!

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Zunächst stehen wir aber im sprichwörtlichen Wald. Am späten Nachmittag passieren wir die Ausgrabungsstätte Jattir, schon in der Bibel erwähnt und stehen in Israels größten aufgeforsteten Wald. Eine 30 Quadratkilometer große lichte Anpflanzung von einer Millionen, vornehmlich, Aleppo-Kiefern und Mittelmeer-Zypressen. Im ersten Moment sind wir etwas enttäuscht, hatten wir uns schon vorgestellt auf einer der kahlen Höhen unser Zelt aufschlagen zu können und dabei zu sehen können wie die Sonne im Westen hinterm Horizont verschwindet. Hoffnungslos naturromatisch arrangieren wir uns damit, dass wir gegebenenfalls keinen Sonnenuntergang vor dem Zelt genießen können. Wir erhöhen das Tempo etwas und finden eine geeignete Stelle. Eine nach einer Seite offene Senke, flach, und tatsächlich recht sonnenuntergang-guck-freundlich. Als wir gerade dabei sind die Gegebenheiten zu sondieren hält ein Militärjeep neben uns und fünf Augenpaare mustern uns freundlich und neugierig. Wir werden auf hebräisch angesprochen. „Sorry, we don't understand“, kurze Rücksprache im Fond, „Do you need help“, „No, Thanks, we are fine“, „Do you have everything do you need? Water?“ „Yes. Thank you“ „Okay. Enjoy your stay in Israel“ wir reiben uns den Staub und die Verwunderung aus den Augen. War das gerade real?

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Mit einem breiten Lächeln ob der Surrealität des eben erfahrenen bauen wir das Zelt auf, entdecken sogar eine Feuerstelle, was meine Freundin in helle Aufregung versetzt. Also verfolgen wir die Arbeitsteilung wie schon zuvor, wenn es die Möglichkeit zum Feuer machen gibt: Ich kümmere mich um Haus und Herd und sie sammelt Holz sowie brennbaren Müll und macht Feuer. Der Wind trägt die Rufe des Muezzin zu uns, wir wähnten uns tiefer im waldigen Nirgendwo. Entweder der Muezzin oder unsere Anwesenheit wird eifrig von Schakalen kommentiert, ein Exemplar ist sogar sehr neugierig und läuft in einer halben Ellipse in vielleicht 20, 30 Metern Entfernung um uns herum, die Augen des Schakals schimmern grünlich in der Dunkelheit, mich macht seine Nähe und scheinbare Neugierde etwas nervös, meine Freundin juckt das nicht. Ich plädiere dafür heute das Essen und alles auf jeden Fall im Zelt zu lagern -als ob wir das nicht jede Nacht so gemacht haben, ich spreche aber auch vornehmlich mit mir selber. Tiefflieger jagen zum Einschlafen über den Wald.

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Mit einem schmunzeln erinnere ich mich an meine ersten drei Wochen auf dem E1E5-Thru, als ich gefühlt jeden Insta-Post mit „Die Nacht war saukalt...“ begann und so wollte ich auch diesen Absatz so beginnen, bis mir diese Volte kam – aus meinen Schmunzeln wird ein feistes Grinsen, aber ich sitze ja jetzt auch im warmen. Diese Nacht kratzte haarscharf an unteren Temperaturlimit unserer Ausrüstung, das wir recht großzügig mit so um die 4 Grad bemessen haben. Auf dem späteren Weg sehen wir in schattigen Senken Pflanzen mit Frostschäden – während ich ein Landkind bin, ist A. Großstädterin mit elterlicher Schrebergarten-Sozialisation und entsprechenden Blick für sowas – es war sehr kalt heute Nacht, der Kondens ist aber weiterhin flüssig an der Zeltdecke, also nicht sooo kalt. Kalt genug um schlecht zu schlafen, irgendwo an den Rändern des Komfortbereichs.Wach macht mich aber der Muezzin. Ich öffnen den Zelteingang. Eine Gruppe Soldaten joggt vorbei. Guten Morgen. Kaffee. Schnell Packen. Bewegung hilft gegen die Kälte.

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Die restlichen acht Kilometer des Yatir-Waldes, sind weiterhin lichtes Nadelgehölz und ein dichter, sattgrüner Grasteppich, einzelne florale Farbtupfer am Wegesrand – wir verlieren den Trail bzw. die Traimarkierungen und laufen freestyle weiter bis wir wieder Markierungen finden – auf einer Anhöhe stehend eröffnen sich Blicke gen Norden Richtung Westbank und im Süden der Judäischen Wüste – unwirklich im Welt zu stehen und auf braue, karge Hügel zu schauen, die sich im Dunst des Horizonts verlieren. Genau so unwirklich erscheint der Hügelrücken dem wir nun folgen, auf der einen Seite noch Wald, auf der anderen bereits die Andeutungen der scheinbaren Unwirtlichkeit dessen was uns demnächst erwartet.

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So plötzlich wie der Wald anfing, hörte er auch auf. Wie ein Finger ragt dieses letzte Stück in die Judäische Wüste. Wir stehen in Schotter, Steinen, Sand bedeckt mit niedriger staubiger Vegetation. Der Weg beschriebt eine Kurve gen Süden und einen Aufstieg auf einen weiteren Hügelrücken – oben angekommen, empfängt uns ein grimmig kalter Wind, der mit aller Kraft an uns zerrt und ab und an die Balance von uns beiden auf die Probe stellt.

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Wir steigen den Hügel Richtung Drijat – einer Beduinen-Siedlung – ab und treffen auf der Höhe des nahen Steinbruchs M. -sie ist Shvil-Thruhikerin, sie hat ebenso wie wir im Norden angefangen, in Tiberias aufgesteckt ist nach Eilat und Flipflopt nun NoBo nach Tiberias, wir haben uns über Insta connected und hielten uns über Trail-Klatsch und Tratsch, Befindlichkeiten, Wetter und Trailbedingungen auf dem laufenden – wir schnacken eine Weile. Sie warnt uns noch vor den berühmt-berüchtigten Hunden bei Drijat, die sie angegangen haben und sie sich nur mit Steine schmeißen vom Leibe halten konnte – die Saison auf den Shvil hat noch gar nicht richtig angefagen und es sind bereits zwei Hiker*innen gebissen worden. Ja, wir haben von ihnen gelesen und sondieren beim weiteren Abstieg das Gelände – den taktischen Vorteil der Fernsicht ausnutzend. An dem Dorf angekommen, gibt es eine Gruppe Hunde, die gelangweilt im Müll wühlt und sich nicht für uns interessiert. Bei der nahen Siedlung sieht es anders aus. Wir beobachten die Hunde, zwei, drei, alle in Wegnähe – Okay, da müssen wir durch. Die Hunde -zumindest, diejenigen welche wir sehen können – nehmen zunächst keine Notiz von uns. Bis einer anschlägt – der Rest ist Rudelverhalten, wir sehen uns auf einmal von fünf, sechs Hunden umringt, die aggressiv uns stellen. (es gibt ja einen thread hierzu, was tun bei solchen hunde attacken, hier unser Beitrag zu dieser Debatte:) Wir machen uns groß, schreien laut Hey! Was!? Verpisst Euch! Ey! Werfen Steine, tun so als ob, das schüchtert sie ein Beide Parteien haben ihre Grenzen klar gezogen und wir können umsichtig an den Viechern vorbei ziehen. Bis... naja, zur nächsten, locker ein Dutzend Tiere zählende Gruppe. Pffff. Wir gucken ihnen dabei zu, wie die Rüden ihre Rangkämpfe auskämpfen (wir deuten dies so, weil der Sieger, dann die nächstbeste Hündin besteigt – wir sind Gesellschaftswissenschftler*innen), die Stimmung ist aggressiv, aber sie sind mich sich selber beschäftigt. Wir können sie im großen Bogen umlaufen... Das lief alles in allem ganz gut. Meine Freundin hat Angst vor Hunden, seit ihrer Kindheit, ein fucking Trauma und das hier war nichts anderes als Konfrontationstherapie im Doom-Mode – danach konnten wir in der Reflexion der Situation konstatieren, dass sie es nicht nur erfolgreich geschafft hat sich dieser Meute zustellen, sondern auch das ermächtigende Gefühl von Handlungsfähigkeit hat sich eingestellt – irgendwie hat alles immer dann doch seinen Sinn.

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Stumpfisinnige Pace-Strecke durch öde, verstaubte Äcker mit eingepfügtem Müll, vorbei an Janabib, einer traurigen Ansammlung von Trailern und Wellblechhütten und Autowracks, den Ruinen Tel Arads, durch Obstplantagen durch die Gazellen jagen, vorbei an verlassenend Autorennstrecken, an Zäunen voller Plastiktüten an denen der Wind reißt, bleigrau drückt sich der Himmel flach über die Landschaft – die letzten Kilometer nach Arad sind steinige Schotterhügel, Parkplätze und Müll der sich in den Senken der Wadis sammelt – neben der Nationalstraße 31, in den Wind mischt sich das Dröhnen der LKW's und Busse, eine Schießanlage ist in Hörweite, MG-Salven werden vom Wind verwischt. A.'s Ferse kapituliert auf den letzten Kilometern Schotter und sie humpelt gen Stadtrand. Also Superpharm. Bandage zur Unterstützung und neue Schmerzmittel. Kaufen noch schnell Abendessen und ein Feierabendbier und machen uns auf die Suche nach dem Wohnort unseres Trail Angels. Dieser wohnt am Stadtrand und wir bekommen eine recht günstige City-Tour, das der Bus wirklich einmal durch alle Stadtteile fährt...

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Abends hängen wir bei Hagit auf dem Sofa, gucken mit ihr Fernsehen und unterhalten uns via google Translate. Die USA haben Soleimani liquidiert und bei seiner Beerdigung sterben 40 Menschen; Jahrhundertregen hat zwei Menschenleben in Tel Aviv gekostet, der Schnee bzw. seine Mengen im Golan, sind so außergewöhnlich, dass auch sie es in die Nachrichten schaffen... Mittendrin, statt nur dabei

Der Tag beginnt mit den großen gesellschaftlichen Bruch- und Konfliktlinien der israelischen Gesellschaft im alltäglichen Kleinklein: Wir wollen den Bus Richtung Innenstadt nehmen und A. wird der Zutritt verweigert – weil sie Frau ist „No! Charidim! No! Charidim!“ - vielleicht hätte sie auch hinten einsteigen können, wir wissen es nicht, die Tür geht zu der Bus fährt weg – uns fällt auf es sitzen nur Männer drin. Konstaniert warten wir auf den nächsten. Mittlerweile haben gewohnheitsrechtlich – unter Missachtung der israelischen Verfassung und der 50% säkularen Israelis - ultraorthodoxe Charidim in vielen Buslinien eine Geschlechtersegregation durchgesetzt, der sich gegeben falls auch unter Missachtung der körperlichen und psychischen Integrität der Frauen Nachdruck verleihen – die israelischen Medien, sind voll mit Berichten von Strafverfahren gegen Charidim, die Frauen, die sich nicht in den hinteren Busteil gesetzt haben, beschimpft, bespuckt und/oder körperlich angegriffen haben. Willkommen, auch das ist Israel.

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In den nächsten Bus dürfen wir beide einsteigen. In der Innenstadt kaufen wir noch schnell ein kleines Frühstück und Abendessen – heute recht entspannte 24 Kilometer bis zum Masada Nightcamp. In einer Bäckerei decken wir uns mit süßen Perversitäten ein, frühstücken noch in der Wärme der Shopping Mall, es ist unglaublich kalt heute.

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Als wir Arad verlassen empfängt uns ein scharfer Wind, der den Maschinengewehrsound des nahen Schießplatzes herüberweht, flächig verteilt sich ein auf und abschwellenden TACK-TACK-TACK-TACK über die kargen Hügel der Judäischen Wüste. Der Himmel bietet ein unglaubliches Schauspiel – der Wind schiebt Wolken zu grauen, dichten, mal bleigrauen, Flächen zusammen, reißt sie wieder und taucht die Wüste in ein intensives leuchtendes Gold, um kurz darauf die Wolken wieder zu vertreiben und große strahlend blaue Löcher sich zeigen, durchsetzt von Wolkenfetzen, die durch den Wind wieder zu dunklen Flächen zusammengeschoben werden, die die Hügel in ein diffuses, staubiges Licht tauchen – wunderschön. Wir kommen sehr langsam voran, der Weg ist sehr geröllig, ein Alptraum für A.'s Ferse. Nach sieben Kilometern müssen wir auf die Straße nach Kfar Hanokdim wechseln, sie kann nicht mehr, zwei Ibus und der roadwalk ist gesichert. Wir beschließen, nur bis zur Oase und dem dort angesiedelten Hotel zu laufen, statt nach Masada, Neroday, Fuss hoch und planen was mir mit dieser Situation anfangen.

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Roadwalks, wenn sie durch eine ansprechende Landschaft verlaufen können ja auch was gutes – etwas kontemplatives haben – dem ist hier so. Wir werden von Militärkonvois überholt, Touristenbussen und verbeulten Pick-Ups. Als Wir Kfar Hanokdim erreichen und fragen ob sie etwas frei haben - „Yes, sure!“: 100 NIS für den Campingplatz für uns beide oder 400NIS pro Person für das Hotelzimmer – Aha! Wir erbitten Bedenkzeit. Wir werden erst einmal in ein großes Zelt gesetzt – windgeschützt, aber unbeheizt, bekommen einen Tee und werden dann erst einmal vergessen. An der Rezeption sitzt auch niemand. Naja, der Spielraum ist recht begrenzt bis Alizah vor uns steht: Für 50NIS pro Nase können wir in eines der großen Gruppenbeduinen Zelte und wenn wir wollen können wir am all-you-can- eat Büfett für 50NIS p.P. teilhaben. Okay Deal- machen wir. Kfar Hanokdim macht als Desert Ressort, damit Werbung, dass es nur drei Tage im Jahr regnet. Es regnet gerade. Was unsere Entscheidung maßgeblich beeinflusst – wie richtig sie war zeigt sich die Nacht, in der es noch einmal ordentlich runterkommt und die Temperaturen noch einmal empfindlich abstürzen (wieder in den Grenzbereich unseres Set-Ups). Wir gammeln also den rest des Tages in diesem fussballfeldgroßen Beduinen-Zelt, hören Podcasts, dösen, versuchen Zeit totzuschlagen bis zum Abendessen um 18 Uhr.

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Natürlich machen wir noch sinnhaftes und entwerfen einen Plan wie es weitergehen soll unter dem Umständen der körperlichen Versehrtheit und zu allem Überfluss hat die National-Parkverwaltung, sowie der israelische Wetterdienst wieder Flashflood-Warnung für den nördlichen Negev ausgerufen. Wir improvisieren seit wir auf dem Trail sind entweder ums Wetter oder körperliche Gebrechen herum – gefühlt kaum ein normaler Tag. Naja, das ist der Plan: Morgen via Masada, nach En Bokek am Toten Meer, da ist ein Camp Ground mit Wasser und leidlich Infrastruktur; bis Masada auf der Straße, Masada 6 Km Schotter, kann gehen -muss gehen, danach roadwalk nach En Bokek, mit der Möchlichkeit zu hitchhiken, ungefähr so sollten sich 16 Kilometer ab Masada bewerkstelligen lassen und die 11 Kilometer nach Masada selber... müssen halt auch. In En Bokek, ein oder zwei Tage Zero für die Ferse. Danach 7 Kilometer bis Neve Zohar testen ob die Ferse hält, weil wenn sie das nicht tut, werden wir nicht durch den Negev laufen – die Planungen bezüglich des Wassers basieren darauf, dass wir an manchen Tagen einfach Strecke machen müssen... also wir hadern mit dem Tourabbruch. A. ist zuversichtlich, ich beginne mit der Trauerarbeit und dem Abschied.

Das Abendessen präsentiert sich dann doch nicht als all-you-can-eat sondern als Drei-Gang-Menü, dass so reichhaltig bemessen ist, dass es einem all-you-can-eat in nichts nachsteht. Zum „Glück“ schmeckt der Basbousa und das Kadaif nicht sooo lecker, sonst hätten wir platzen müssen. Wir rollen satt und glücklich in unser Nachtlager.

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Wir haben mollig warm geschlafen und starten in den verregneten Morgen. Hieß es in dem Werbeprospekt des Hotels/ Camps drei Tage Regen im Jahr? Tag zwei. Es ist natürlich auch „unseasonable cold“, die Standardphrase des israelischen Wetterberichts seit wir da sind, neben den Stichwörtern „windy“ und diversen Regenabstufungen – wir würden diesen morgen als leichten Nieselregen, durchsetzt mit einzelnen Schauern bezeichnen.

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Grau und schwer liegt der Himmel über uns, im Süden und Osten durchsetzt von blauen Löchern, die die ganze Szenerie in ein eigentümliches Licht taucht; dumpf, diffus, im Norden verwaschen dunstig, im Süden zeichnet sich der nahe Horizont scharf gegen den bleiernen Himmel; kräftige, warme Farbtupfer aus Sonnenlicht im wogenden Hügelmeer und ein Regenbogen. In der Ferne erhaschen wir unsere ersten Blicke auf eine tiefe bleifarbene Senke, begrenzt von einer Wolkenwand in der sich das ostjordanische Bergland erahnen lässt, in der in unterschiedlichen Azur- und Türkistönen, die Karrees der Salzbassins des südlichen Toten Meeres – bis wir endlich an der Abbruchkante zum Jordangraben stehen und sich vor uns in einer schieren unendlichen Weite der tiefste Punkt der Welt erstreckt. Das nördliche dunkele Tote Meer verschmilzt gen Norden mit dem Horizont zu einem diffusen grau; im Süden bricht gerade der Himmel auf und gleißendes Sonnenlicht ergießt sich in die Ebene und lässt die Salzbassins strahlend leuchten, zeichnet den Vordergrund des trockengefallenen Toten Meeres in scharfen Strichen während der östlichen Hintergrund in graues Nichts diffundiert. Es ist schier unbeschreiblich, was wir hier sehen.

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Durch die Szenerie rollen nun auch die Myriaden von Reisebusse mit Tagestouristen aus Tel Aviv und Jerusalem, auf dem Weg zum Welterbe Masada – eine auf einem Tafelberg von Herodes I. erbaute Festung, die im jüdischen Krieg gegen die römische Besatzung eine bis heute zumindest nachhallende symbolpolitische Bedeutung für jüdisch-israelische Identität besitzt, steht sie doch für den Widerstandwillen, Unbeugsamkeit und des Freiheitswillen des jüdischen Volkes: vor die Wahl gestellt, nach zwei Jahren Belagerung und in Erwartung eines römischen Strumangriffs, entweder in Gefangeschaft zu gehen oder als freie Menschen zu sterben, entschieden sich alle zum kollektiven Freitod. Erst 1991 hat die IDF ihre militärische Abschlusszeremonie für die Rekrut*innen der Grundausbildung hier abgeschafft, „Masada darf nie wieder fallen!“ mag zwar für die Widerstandsfähigkeit des Judentums symbolpolitisch dienlich sein, der Fanatismus, der sektenähnlichen Sikarier und kollektiver Freitod vielleicht nicht. Das tut den Bussen, die uns ab nun bis Masada begleiten keinen Abbruch, da gehetes ja auch um was anderes: Bucket-Lists, Insta-Stories, Kultur als Massenware, Drehorte der Bibel besuchen, Geschichte hautnah oder wie wir, der Shvil läuft nunmal dran vorbei.

Vorbei? Nee, ja doch nicht. Am Eingang wird uns vom Parkranger wird uns mitgeteilt, dass der Weg wetterbedingt unpassierbar sei, wir können aber über die Festung laufen und auf der anderen Seite absteigen und dann über die Nationaroute 90 Richtung Süden. Kostet 62 NIS. Wir sind Shvilis und müssen drüber, weil es keinen anderen Weg gibt, wird würden ja, wenn der Weg nicht gesperrt wäre. Kostet trotzdem 62 NIS! Pfff. Okay. (Ich reg mich drüber auf, wenn du den E5 durch die Bletterbachschlucht läufst, sagst du am Counter, das Zauberwort ich bin E5-Thruhiker und du bekommst einen Helm und Zahlst keinen Eintritt, weil du nunmal keine Wahl hast als da lang zu laufen – zahlen kannst du ja der fairnesshalber trotzdem... egal) Wir laufen genervt, die alte römische Belagerungsrampe zur Westmauer hoch, australische Bibletouristen, die sich mit dem Bus haben bequem herkarren lassen, lachen „Are you climbing the Mt. Everest“... „Nein, tun wir fucking nochmal nicht! 1000Km durch heilige Land und du so!?“... wir stapfen weiter.

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Oben angekommen, Schokoriegel, ein paar Fotos und die Frage wie geht es runter. Über den Schlangenpfad, der ist offen. Juchee, ein kniefreundlicher Abstieg beginnt und wir sind am Besucher*innenzentrum. Nochmal Schokolade. A.'s Ferse geht es dank, der meisten Zeit auf der Straße laufen den Umständen entsprechend gut. Jetzt noch mal 16Km roadwalk nach En Bokek. Nun denn? Wir gucken uns den Himmel an, der Wetterbericht, sagt es sieht wilder aus als es ist, kein Regen.

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Wir laufen los und wissen aus Erfahrung, im Regen hat uns noch niemand stehen gelassen, also kann sich der Wetterbericht auch irren... nach einer Stunde an der 90 entlang hält ein Taxibus random neben uns, wollt ihr nach „Wo wollt ihr hin“, nach En Bokek „20 NIS“, wir gucken uns an, zucken mit geschürzten Lippen mit den Schultern, nachdem wir noch einmal die Straße entlang geschaut haben und steigen ein.

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In En Bokek stehen wir vor einem trostlosen Schotterparkplatz, auf dem Paletten mit Verbundpflastersteinen sorglos mit rot-weißem Ansperrband gesichert, das lose im Wind flattert, Plastikmüll wird über den Platz getrieben, dazwischen verteilen sich eine handvoll Wohnwagen, zwischen die wiederum drei, vier Zelte eingstreut sind, sowie ein paar Autos, die hier wirklich parken. Hm. Google-Maps hat ja bekanntlich immer recht und somit ist das wirklich En Bokek Night Camp und fließend Wasser gibt es auch. Okay. Wir setzen uns auf die nächste Bank, nachdem wir die nächstgelegende öffentliche Strandtoilette aufgesucht haben – und wir danach wussten, dass wir sie nicht wieder aufsuchen werden – und essen Stulle. Naja, es ist hier wirklich schonmal deutlich wärmer, als in Kfar Hanokdim, es soll nicht regnen, auch wenn es beständig so aussieht und es gibt sage uns schreibe, vier Shopping Malls, zwei verfügen über freies WLAN, in der einen sind die Toiletten sauberer als unsere eigenen (und dass will was heißen), eine leidliche große Auswahl an unterschiedlichen Gastronomien mit freizugänglichen Steckdosen – hier können wir es durchaus aushalten (zwangsläufig).

Auch wenn es eine steoretype Darstellung ist, aber es gibt ja Menschen, vornehmlich Teenager, die wirklich in viel Zeit in Malls ruimhängen, wir sind schon vom Nachmittag des ersten Tages so weichgespült in der Birne, dass wir entschließen, dass A.'s Ferse nur einen Tag Ruhe bekommt, wir die Flashflood-Warnungen für die Judäische Wüste und das Jordantal einem Realitätscheck vor Ort unterziehen – also, wir sie vorsichtig ignorieren... Auf Insta berichteten andere Shvil Thru's, dass sie wegen eben jener Flashflood-Warnungen fünf – noch einmal FÜNF! - Tage in En Bokek festhingen – Chapeau! Ich wäre durchgedreht... A. wäre durchgedreht... Ergo ein Zero. Morgen geht’s weiter. A. sagt ihre Ferse kriegt das morgen hin. Inshallah!

Die Beschaffenheit des Trails hat da ja noch ein Wörtchen mitzureden...

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...to be continued...

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...weiter geht's...

 

Der Negev. Wüste, Wadis und bunter Sand

 

Mit En Bokek fängt die Wüste geographisch gesehen nicht an, ihr Beginn orientiert sich an der Linie Gaza-Be‘er Sheva-Arad. Für uns beginnt sie hier jedoch aus dem simplen Grund, da wir ein stereotypes Bild von Wüste haben: Lebensfeindlich. Und ab spätestens En Bokek stellt sich die Versorgungslage ungefähr so ähnlich dar: Wasser – und Lebensmittelversorgungsmöglichkeiten schrumpfen auf ein Minimum zusammen bzw. vor allem Ersteres, sind nur mit erheblichen zeitlichen, organisatorischen und/ oder finanziellem Aufwand verbunden. Die gängigen Etappenplanungen gehen von recht geringen Kilometerleistung am Tag aus (max. in den mittleren 20ern), so wird für die Wüste in allen Ratgebern und Foren geraten mit Wasserlagern zu arbeiten. Wir haben einen Plan entwickelt wie wir ohne diese so genannte Water-Caches durchkommen, was immens viel Geld spart - so ein sechs Liter Cache kann durchaus schon mal 120 NIS kosten (eingedenk des Aufwandes für die Anbieter*innen immer noch recht günstig). Der Plan legt uns jedoch auf einen recht engen und strikten Zeit- und Kilometerplan fest, den es einzuhalten gilt. Was die Sache etwas tricky macht: Wir sind davon ausgegangen mit einem Trainings- und Fitnessstand von 600Trailkilometern in die Wüste zu gehen und natürlich ohne Blessuren: Stand der Dinge beim Eintritt in die Wüste: Eine lädierte Ferse, ein Trainingsrückstand von etwa 300 Kilometern und Wetterbedingungen, die bisweilen zu Pausen und/ oder improvisierten Wegänderungen zwingen. Somit fehlt uns eine wesentliche Sicherheitsreserve: Wenn schon nicht die Fähigkeit Strecke, also Tage von 30km+, zu machen, so doch zumindest das Wissen darum es zu können - das Spiel wird bekanntlich so oft im Kopf entschieden. Und wo wir schon im Kopf sind: Es ist unser erstes Mal durch die Wüste wandern.

Der entworfene Plan bis Midreshet Ben Gurion – also etwas 150 Kilometer - hat all das mit einkalkuliert. Ob er funktioniert werden wir sehen (und nein: Scheitern, kalkuliert nicht sterben mit ein). Wir werden sehen ob A:'s Ferse mitspielt, wir werden sehen ob das Wetter mitspielt... bis auf all diese Faktoren, und weitere, die wir gar nicht auf dem Schirm haben – ein Abenteuer! Und die Erkenntnis, dass die Wüste eben gar nicht so Lebensfeindlich ist, sondern, wie eben jeder Naturraum, uns seine Spielregeln aufzwingt und nicht umgekehrt (Das Gattungswesen Mensch – vor allem seine männlichen Exemplare – vergessen, dies ja gerne Mal) und da wir versuchen wollen die Spielregeln der Negev mitzuspielen, ist das Durchlaufen der Negev eben auch eine Anpassungsleistung an diese.

Die Parkverwaltung hat die seit mehreren Tagen bestehende Warnungen vor spontanen Wadi-Flutungen nicht aufgehoben, der nationale Wetterdienst Israels schon... Also laufen wir mit einem etwas mulmigen Gefühl los. Tja, es muss ja alles auch spannend sein, nicht dass es schon abenteuerlich genug wäre.

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Wir verlassen En Bokek, seine Tourist*innen begleiten uns noch verschwitzt in Joggingdresses die ersten zwei, drei Kilometer auf der Strasse nach Neve Zohar durch die Baustellen neuer Investitionsprojekte der Tourismusindustrie entlang der Salzbassins des Toten Meer, welche in der noch tiefstehenden Sonne des Morgens magisch funkeln. Ein Fotograph steht auf den verkrusteten Salzinseln und versucht die Magie des Moments einzufangen.

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Recht unvermittelt zeigt die Trailmarkierung an, dass wir durch eben eine solche Baustelle laufen sollen. Ratloses Schulterzucken. Recht bald stehen wir vor einen riesigen aufgeschüttetem Damm mit einem Betontunnel. Wie ein Transitionsraum in eine andere Welt laufen wir durch und stehen recht unvermittelt in einem schönen Wadi, der mit jedem Schritt sich zusehends verjüngt, dessen Flanken schroffer und steiler aufragen, dessen ausgetrockneten Kaskaden tiefer und steiler sich in den Fels gegraben haben. Es ist eine ziemliche Kraxelei. Teilweise sind über zwei Meter hohe Stufen zu überwinden.

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Um dann auf einmal auf einer sanft geschwungenen Ebene zu stehen, rechts und links flankiert von Hügeln - erstere als klare Linie gegen den strahlend blauen Himmel gezeichnet, letztere verlieren ihre Konturen im Morgendunst des hinter ihnen liegenden Toten Meeres. Es ist unglaublich warm heute. Unsere Wasserplanung ist nicht davon ausgegangen, dass wir so ins Schwitzen geraten würden. Damit scheint die Bedrohung von Wasser am heutigen Tage eher in seinem Mangel, denn in seinem flutenden Überfluss zu bestehen - der Wadi durch den wir kraxelten war trocken und wies keine Spuren von näher zurückliegenden Flutungen auf.

Die näxte und letzte sichere on trail-Wasserzapfmöglichkeit des Tages und für die nächsten 55 Kilometer ist eine Tankstelle, danach ist das nächste Wasser entweder im Wadi Peres aufzufinden oder an einer weiteren Tankstelle fünf Kilometer von diesen entfernt. Wir wollen und müssen zu der Tankstelle bei Neve Zohar, da wir morgens darauf verzichtet haben bereits für anderthalb Tage Wasser mit zunehmen, sondern dies erst dort tun wollen. Zumal wir die Tanke als jenen Ort ausgewählt haben, an dem wir überprüfen ob A.‘s Ferse mitspielt, diese hatte bis dato sieben Kilometer raus und runter durch Schotter und Geröll hinter sich, dass sollte als Test reichen ob sie weiter durch den Negev hält. Somit haben wir auch beschlossen unsere Vorräte im wesentlichen auf der Tanke aufzufrischen - preislich macht das zu den Touri-Nepp-Shops in En Bokek keinen Unterschied, die Auswahl ist auch nicht besser und das Personal ist in beiden Fällen auch nicht das freundlichste -wobei der junge Typ an der Tanke ein ausgesprochenes Arschloch war, der A. das verschlossene Frauenklo nicht aufschließen wollte mit der schulterzuckenden Begründung heute sei nur das Männerklo auf und uns auch kein Trinkwasser zapfen ließ (auf dem Klo gabs keins) und mit einem gleichen schulterzucken auf die acht NIS teuren 1.5 Literflaschen in der Kühlung verwies.

Naja dafür gab es abgepacktes Süßes Teilchen und Kaffee für 16NIS zum Aktionspreis - nicht schlecht für ne Tanke.

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Aber bevor wir in diesen Genuss kommen müssen wir erst einmal noch durch den Wadi Rum. Weisse Sandsteintürme bilden flankieren das Tal in das immer wieder Arkazien eingestreut stehen. Die Felsformationen sind beeindruckend. Bis sie sich zu einem engen Canyon zusammenschieben und wir plötzlich vor einer drei, vier Meter tiefen engen Kaskade stehen, rechts und links exponiert aufragende Felswände. Die nächste Wegmarkierung die wir sehen ist unten im Canyon. Nur wie wir runterkommen sollen ist uns schleierhaft. Rechterhand sind ein paar Tritte recht roh in den Felsen geschlagen, da gehts runter - beziehungsweise weiter, ausgesetzt an der Feldwand entlang, unversichert. Also drei Mal tief durchatmen und kraxeln. In letzter Konsequenz sind es nur vier, fünf Schritte, aber ausgesetzt in der Wand, drei, vier Meter freier Fall - da wird die Adrenalinproduktion durchaus mal angeworfen. Unten kommen wir über vier, fünf grosse Felsstufen an. Und stehen direkt vor der nächsten Kaskade - diesmal mit Felsblöcken die den Abstieg erleichtern, der rest des Weges zur Schokoschnecke und Kaffee ist Kieselschotter durch einen beeindruckenden Canyon, der sich zum Toten Meer hin wieder öffnet...

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Wir machen eine gute Stunde Pause an der Tankstelle. Betrachteten Männer und ihre Motorräder; ein paar Spatzen, die sich an die Krümel unserer Schokoteilchen ran wagten und sinnierten über das was nun kommen würde.

Ziel ist das Amiaz Plateau Nightcamp, 12 Kilometer. Es ist knapp 13 Uhr, es ist hell bis ca 16.30 Uhr. Das passt.

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Nach dem wir eine flache Schotterebene überquert haben, betreten wir recht bald den Midbar Yehuda Nationalpark und folgen einer ausladenden Sandpiste Richtung Wadi Pratsim. Das Tal ergießt sich breit in die Senke des Toten Meeres, da beginnt in unserem Rücken in seiner markanten weißen Dunstglocke zu verschwinden, rechter Hand schichtet weißer Sandstein in beeindruckenden Erosionsformationen auf, links von uns goldbeige leuchtender Fels. Rasch schieben sich die Felsen enger zusammen und wir laufen durch ein Tal flankiert von weißen Kliffkanten, immer tiefer zieht uns der Weg in ein scheinbar endloses Gewirr aus Tälern, Erosionsrinnen, das Tal wird immer enger, die Felsen immer höher – wir laufen über Stunden durch Wadi Pratsim und haben das gefühl das es nicht aufhört. Die immer tiefer stehende Sonne zeichnet in warmen Tönen scharfe Schattenkanten an den weißen Sandstein. Die Wahrnehmung von Raum und Zeit haben wir irgendwo in dem Wadi verloren, für die 6 Kilometer brauchen wir etwas weniger als 1,5 Stunden – aber alles fühlte sich nach mehr und länger an, viel mehr und viel länger.

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Recht unprätentiös endet der Wadi und führt uns auf das Amiaz Plateau, welches uns in seiner schieren unendlichen Weite zunächst erschlägt. Unwirklich klar ist das ostjordanische Bergland von einem leichten blauen Dunstschleier überzogen, dass das rotbraun der Berge noch deutlicher und detaillierter zeigt – Fototapeten-Feeling in XXXL. Auch wenn ich Begriffe wie Nature-Porn nicht so mag... als die Berge von der untergehenden Sonne angestrahlt werden und rotleuchten... Naja,: GEIL war das schon...

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Am Night Camp finden wir Holzreste und anderthalb Europaletten Arbeitsteilung wie gehabt, ich kümmere mich um Heim und Herd, meine Freundin macht Feuer. Hin und her gerissen zwischen meinen häuslichen Pflichten und dem was sich da um herum abspielt, lasse ich hin und wieder meine Arbeit ruhen und staune einfach nur glücklich gen Osten.

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Der nächste Morgen schenkt uns einen Sonnenaufgang, der spektakulär anfängt sich aber in Wolken verliert und den Bergen erst einmal hängenbleibt, wir lästern. Kaum laufen wir los, den Sonnenaufgang im Rücken, werden wir eines besseren belehrt – kann doch was. Das sollte aber auch für etwas länger, so halb Zehn, das einzige Highlight sein.

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Schnurgrade geht es auf einer Schotterpiste gen Süden, etwas oberhalb des Toten Meeres und der Salzgewinnungsindustrie, liegt immer ein leicht schwefeliger Geruch in der Luft und über die Ebene verteilt sich flächig diffuser Insdustrielärm – Soundscapes und Mad Max. Als es droht so langweilig zu werden, dass es auf die Stimmung schlägt, zeigt die Trailmarkierung nach rechts.

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Wir sehen nur groben Schotter und eine Wand, die sich so etwa 300 Meter vor uns auftürmt. Recht steil auftürmt. Und da sollen wir hoch? Meine Freundin flucht – sie mag sowas nicht. Ich schon. Bestes Team. Also machen wir uns auf den Weg nach oben. Der Weg ist eine Markierung durch ein zunächst sanft ansteigendes Schotterfeld, dass uns dann steiler werdend, bis an schroffe Felsklippen führt, durch die der Weg sich, mal ausgesetzt, mal über steile Stufen, schlängelt.

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Oben angekommen – kurze Pause – Snack und Aussicht genießen. Auf einem dem Mt. Zurim vorgelagerten Plateau geht’s weiter Wadi Peres. Dieser ist von beinah schwarzen Bergen im Süden flankiert. Mehr noch von einer ganzen Ebene aus schwarzen, wie verrosteten Steinen.

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Die möglichen Wasserstellen selber, sind weiße platte Ebenen, die von braunen, steilen Felsen eingefasst sind. Sie sehen spektakulär aus, aber wir können keine Wasserlöcher erspähen. Also, erst einmal zum Parkplatz des Ausflugsziels und dann wohl oder über zur 5 Kilometer entfernten Tanke wegen Wasser. Es ist ein beliebtes Ausflugsziel: Bei unserem Aufstieg kommen uns vier Busladungen mit Teenagern entgegen. Auf halber Strecke kurz vor einer leicht augsetzten Engstelle an der Kliffkante, fragt uns ein Guide, der zwei weitere Gruppen begleitet, was wir machen „Den Shvil“, zwei Daumen hoch und ein breites Grinsen, beeilt Euch beim Aufstieg, da kommen gleich noch fünf Gruppen runter... „Oha“. Oben auf dem Parkplatz stehen 8,9,10 Reisebusse, die ihren Inhalt bereits ins Tal gekübelt haben oder der Rest etwas gelangweilt den Instruktionen der Parkranger zuhört – ebenfalls gelangweilt stehen die bewaffneten Securities herum und gucken in der Gegend rum, oder auf ihr Handy.

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Also, kein Wasser hier, dann greift Plan B: Auf zur Tanke. Die Straße ist zum Glück viel befahren, also laufen wir los und stellen den Daumen raus. Nach ein, zwei Kilometern, finden wir es etwas doof, dass die Straße so viel befahren ist, vor allem die LKW's donnern recht nah an uns vorbei... eeeendlich, nimmt uns jemand mit. Zwei Jungs in ihrem verbeulten Subaru. Sie wollen auf den Sinai, ein bisschen rumfahren. Kool. Cool finden sie auch was wir machen. Danke. Tschüß. Viel Spass. Wir sind an der Tanke. Meine Freundin hat schlechte Laune – ernsthaft wg. f*cking 4 Litern Wasser 10Km Umweg – that's Thru-Hiking, ich zucke mit den Schultern, sie grummelt in ihren Kaffee und ihr Sandwich. Wir laufen zur nächstgelegenen Straßenkreuzung um wieder zurück zutrampen, da wir nicht an der Tanke bleiben wollen. Recht schnell nimmt uns ein junger Mann mit, er ist aus Polen sagt er, komme Grad aus Jordanien, wo er Freunde besucht habe und sei auf dem Weg nach Tel Aviv morgen früh geht sein Flieger...

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Er schmeißt uns am Parkplatz wieder raus, die Busse sind schon wieder weg. Wir orientieren uns kurz. Und Sind guter Dinge, dass wir trotz der Unterbrechung, trotzdem noch das Night Camp am Little Crater erreichen können. Wir machen Tempo, der Weg gibt es her. Bis wir Tsafit Tal einbiegen... zugegeben, Das Tal ist wunderschön, pinkfarbener Sandstein, leuchtendes Orange, kräftiges Lila – felsige Farbtupfer in weichen Rundungen geschliffenen Stein. Der Trail ist das ausgetrocknete Flussbett, ist ein gemeines Kies-Sand-Gemisch, mit jedem Schritt verpufft Kraft im losen Untergrund, wir mäandern zwischen Schotter, Felsplatten und kleinen Pfaden um jenes Bett herum – wir kommen nur langsam voran, das schlägt aufs Gemüt, die Bänder und Sehnen applaudieren ob der Anstrengung, was auch nicht die Stimmung hebt. Mächtige orange-braue Felsen türmen sich neben uns auf – dann in der Distanz auch vor uns. Aha.

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Wir versuchen, an den Flanken bereits Wege zu erkennen, oder aber auch Leitern und Tritte an der 10,15 Meter hohen Felsstufe – sicherlich ein beeindruckender Wasserfall, wenn denn Wasser da wäre. Wir entdecken den Weg der uns links leicht ansteigend die Bergflanke traversieren lässt. Es wird ausgesetzter, der Pfad schmaler, bis wir vor einem riesigen Grünen irgendwas, aus Baum, Gras und Busch stehen. Hier geht die Talflanke in die Felsstufe über, der Pad ist rutschig, eng – und da wir wirklich nur 2 Meter weit sehen können wissen wir nicht wo die Abbruch kante ist, bzw. wir ahnen es nur. Als wir das Gestrüpp verlassen, stehen wir direkt an der Kante vor dem 10,15 Meter Abgrund... Das ist er! Wir tasten uns für die nächhsten 10 Meter zwischen Bruchkante und dem dichten Grün weiter bis wir auf einer weiß ausgewaschenen Platte, mit organisch Anmutenden Löchern und Auswaschungen stehen und weiter dem Bachbett folgen.

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Schnell verjüngt sich das Tal, das Bachbett ist nun an vielen Stellen von Felsblöcken durchsetzt, in den Senken und nun leeren Gumpen mit Arkadien und Buschwerk durchsetzt – meist dornig. Das gibt den Kraxelpassagen etwas mehr Pepp. Je eiter wir dem Tal folgen um so beschwerlicher wird es – und so langsam steht die Sonne sehr tief. Wir verlassen wieder über eine Traverse der Bergflanke langsam das Tal vor uns Blicken wir auf einen mächtigen Felsvorsprung, der in der Abendsonnen verheißungsvoll goldgelb leuchtet, eine mögliche Wegführung aber nur erahnen lässt, und die Ahnung heißt ausgesetzt, nicht versichert und ziemlich steil runter... pff. Naja, gucken wir uns das ganze mal direkt vor Ort an.

Das schöne an Bestandsaufnahmen aus der Distanz ist, dass sie meist schlimmer aussehen, als in realiter. Je näher wir kamen, desto mehr stellten wir fest, dass das was sich als angeschrägter, in hockgang zu laufender Steig, roh in den Felsen gehauen mit 30 Metern steil runter, als recht einfach zugehender versicherter Steig entpuppte.

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Wir umkraxelten die Kante noch in das Bachbett hinein und standen auf einmal vor einer Gruppe Steinböcke, die uns dabei zusehen wie wir ihren Maßstäben entsprechend recht unbeholfen uns in der Steilwand abmühten – wohlwissend, dass wir weniger Gefahr, als den Amüsement darstellen.

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Uhrzeit Check: 16.30 in einer halben Stunde ist es Stockdunkel. Wir sind noch sieben Kilometer vom Night Camp entfernt. Der Trail sieht auch nicht so aus als ob wir ihn im Dunkeln laufen wollen (zur Erinnerung: Ich habe meine Taschenlampe am ersten Trail Tag verloren) bzw. es wäre schlicht zu gefährlich. Also müssen wir Illegales Tun: Wildcampen. Wir finden eine Felsplatte die leidlich gerade ist und beginnen mit dem Aufbau. An zwei stellen können wir in Risse und den Schotter Heringe treiben, den Rest fixieren wir mit Steinen, vielen Steinen. Es ist sehr windig. Abendessen und Podcast's im Bett.

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Um 8 Uhr morgens stehen wir am Makhtesh Katan, dem kleinen Krater – einer Erosionsformation, wie es sie nur siebenmal auf der Welt gibt, der Shvil führt durch drei von ihnen und mit dem Makthesh Ramon auch noch durch den größten. Der Krater liegt Richtung Süden in einem Dunstschleier, der nördliche Kraterrand wird von Sonne, Wolken und Dunst eindrucksvoll in Szene gesetzt.

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Der Abstieg ist eine nervenaufreibende Geröllpiste, ,meine Kniee schreinen aufhören, A's Ferse ebenso. Unten angekommen geht es auf und ab und kreuz und quer durch pinke Canyony, lila Hügel, Abbruchkanten aus oxidiertem Grün, sanften Hügeln aus grellem Orange, lila Erosionsrinnen... so eindrücklich, die Landschaft ist – man kann sich die Tageslaune nicht immer aussuchen und auf Trail rettet nicht immer das drumherum vor schlechter Laune – wir blaffen uns an, wir schweigen uns an, nähern uns wieder an, vertragen uns wieder und dennoch bleibt die Laune gedämpft – wir lassen es nur eben nicht mehr an uns aus, das haben wir geklärt. Der Himmel ist mittlerweile auch sehr trübseelig, eine grauer Deckel auf dem Krater. Immer wieder durchbrechende Sonne fleckt die Landschaft eigentümlich. Wir nähern uns einer steilen Felsrampe auf die meine Freundin sarkastisch deutet und meint, dass sei unser Weg hier raus. Abwarten. Sie behält recht. Am Fuße des Ganzen machen wir eine kurze Pause und machen uns hoch – und weil die Sonne mit uns ist kommt sie just in dem Moment wo wir sie nicht gebrauchen können raus, bestrahlt uns heiß, mir läuft die Soße und pünktlich wo wir oben ankommen ist sie wieder weg, dafür ein schneidiger Wind – och je... also keine Pause, sondern weiter zum Wassertank am Militärposten, ober halb des zweiten Makhtesh Katan Night Camps -das wird gerade ausgebaut und bekommt neue Zeltplätze.

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Wir zapfen Wasser und scherzen über die Szenerie, die aussieht wie das Set für einen Zombie-Apocalypsen-Film. Neues Wasser, besser Laune.

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Der Trail ist ab hier erst einmal Schotterpiste und geht aber recht bald wieder in einen schmucken Single Trail über, der zumeist auf Hügelrücken oder leicht unterhalb von ihnen verläuft, kaum Höhenmeter, gut zu laufen, wir machen Tempo. Das Wetter kann sich derweil nicht so richtig entscheiden. Niesel, Schauer, Regen – Wind und Kalt, dass hat es schon mal klar. An der Ausgrabungstätte Metsad Tsafir entscheiden wir uns für Regenklamotten anziehen. Regen in der Wüste! Aha!? 100ml im Jahr und ganze Jahre auch mal gerne ohne, sagt Wikipedia. Tja, na und?! Positive Mental Attitude: Es blüht!Es gibt unglaublich viel Blumen, es ist unglaublich grün und es ist unglaublich bunt – wir laufen an Hügeln entlang, der staubig, felsige Oberfläche von einem hauchzarten Schleier eines hellen Lila überzogen sind – blühende Blumen. Wir sind begeistert, eben jener Regen ermöglicht es, dass wir dieses Schauspiel sehen dürfen.

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Auf einmal tut sich vor uns der Nahal Hatira auf. Groß! Majestätisch! Wir stehen an einer 200 Meter tiefen Abbruchkante und vor uns eröffnet sich ein riesiges Canyon. Wow! Wir sind beeindruckt und sprachlos und folgen ehrfürchtig, langsam dem Weg nach unten.

Auf halber Strecke hören wir Rufen, Gröhlen, lautes Lachen. Eine Gruppe Schüler (kein generisches Maskulinum – wirklich nur Jungs). Die ersten kommen uns bereits entgegen, andere betreten erst diesen Seitenarm des Nahal Hatira. Aha!? Wo wollen die denn noch hin? Die Frage bekommen wir von jenem Jugendleiter beantwortet, den wir unten Fragen was, dass den hier sei, Klassenfahrt. Sie wollen noch 4 Kilometer weiter, zu einem Night Camp, wir auch – nur in die andere Richtung. Er sagt, dass in in etwa 2 Kilometern Palmach Pass komme, eine Kletterpassage, die etwa 150 Höhenmeter wieder aus dem Canyon rausführe. Ok, danke. Hm, dass könnte zeitlich knapp werden mit dem erreichen des Night Camps vor Dunkelheit. Wir erhöhen das Tempo und versuchen im Schnelldurchlauf die unglaubliche Schönheit zu begreifen und zu genießen, die uns umgibt (und gleichzeitig basteln wir mit einer etwaigen Pennplatzsuche an einem Plan B).

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Wir kommen bis kurz vor die Leitern des Palmach Pass, als meine Freundin, die Notbremse zieht, nach 30 Kilometern munterem auf und ab und der Aussicht auf Kletterei im Fels unter Zeitdruck, weil ob wir das wirklich schaffen bevor es dunkel werden würde, ist nicht ausgemacht. Sie kann nicht mehr und drapiert sich völlig ausgepumpt auf ihren Pack und lehnt gegen einen Felsen... ich baue unser Haus und kümmere mich ums Essen. Aber vorher genießen wir gemeinsam, diesen unglaublich schönen Ort in dem wir einfach nur schweigen und gucken -ab und an unterbrochen von einem dahin geseufzten „Wie schööön“...

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Der Aufstieg morgens über den Palmach Pass ist eine lange Leiter (vielleicht 20 Sprossen) und danach etwas gekraxel – zuvor gab es noch einen steileren Anstieg. Nicht so dramatisch, aber vor Beginn der Dunkelheit wären wir wahrscheinlich mit der Kraxelage noch nicht ganz durch gewesen – zudem hätten wir diese ganz grandiosen Aussichten verpasst und das wunderschöne En Yorke'Am.

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Recht unspekatulär geht’s zunächst weiter, bis wir vor einem großen Damm stehen und wieder führt ein Betontunel hindurch. Ein sehr niedriger. Halber Entengang. Der Tunnel ist erstaunlich lang. Auf halber Strecke brennen die Oberschenkel, dass ich mich dem Reflex des Streckens nur so halb erwehren kann und Kopf sowie Schultern mir sehr schnell die Grenzen meines Vorhabens aufzeigen. Im Gegensatz zu mir, hat A. ihren Rucksack nicht einmal abgesetzt mit einem keuchenden und erleichterten „Fuuuck“ kriechen wir ans Tageslicht. Es geht hoch. Es geht hoch, es geht hoch auf einem Grat. Kartencheck. Der Rand von Makhtesh Gadol, dem großen Krater. A. flucht sich den Grat hoch, ich laufe ihn hoch – oben wissen wir wofür: Der Ausblick ist wunderschön.

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Auch wenn die Wegführung es zunächst andeutet, wir laufen nicht runter, sondern auf dem Kraterrand entlang. Wir sehen die nächsten Steinböcke. Zwei Gruppen. Immer wieder eröffnen sich atemberaubende Blicke in den Krater und der Kraterrand entlang – wir sind verzückt.

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Der Weg führt uns dann noch einmal vom Kraterrand weg, damit er in die Nähe von Oron Quarry, die Möglichkeit, des Abzweigs hier bietet. An der Phosphatmine gibt es ein Night Camp, es gibt Wasser und – Geheimtipp (der nicht so geheim ist): Es kann am Tor nachgefragt werden ob es Reste von der Werkskantine gibt. Wir füllen unser Wasser auf, machen Frühstück, nutzen die Gelegenheit jene Körperstellen zu waschen, die wir der Öffentlichkeit präsentieren wollen – und ich stelle fest, dass eine Frau in kurzer Hose und Bra reicht um aus den einen Pförtern, der vor dem Pförtnerhäuschen rumhängt, vier zu machen – Manchmal bin ich wirklich verwundert wie stumpf meine Geschlechtsgenossen sind – egal wo. Damit haben die vier Jungs unfreiwillig zu unserem Frühstücksthema beigetragen: „toxische Männlichkeit“. Zugegeben haben wir das relativ abgeharkt, der Trail hat Vorrang. Das was uns erwartet sind nochh einmal 18 Kilometer bis zum nächsten Nightcamp.

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Im nach hinein haben wir uns beide die Frage gestellt, wie es sein konnte, dass wir so vermessen waren und glaubten, dass wir ab 12 Uhr in der Kürze der Zeit es schaffen würden, diese Strecke zurückzulegen – klar, 18km in viereinhalb, fünf Stunden ist überhaupt nicht abwegig, unter entsprechenden Bedingungen. Um es kurz zu machen, sie herrschten hier nicht vor, dies wurde uns relativ schnell bewusst. Also improvisierten wir uns querfeldein vom Kraterrand wieder herunter und liefen dumpf 10 Kilometer auf einer wirklich schnurgeraden Schotterpiste zum Night Camp. Anfänglich feierten wir noch, dass wir nun den Krater von außen betrachten können und er aus dieser Perspektive aussieht, wie eine Eierschale, der etwas wahrlich Riesiges entschlüpft ist – wir beide müssen an Alien denken. Dies erheitert uns aber nicht wirklich lange, irgendwann hat uns der Weg weichgespült. Wir hören Podcasts zu diversen biblischen und kabbalistischen Themen. Schonwaschgang oder Schleuderprogramm und Abpumpen fürs Hirn – wir wissens nicht genau, die letzten 2 Kilometer zählen wir sprichwörtlich runter: Ein ewiger Countdown.

Angekommen, aufbauen, Abendessen. Es ist kalt, es gibt kein gutes Feuerholz. Wir verkriechen uns recht schnell ins Zelt. Nachts schreckt A. hoch. Infernalisches Donnern und Dröhnen über uns. Meine Oropax sind scheinbar besser, ich werde erst wach, als sich das Ganze wiederholt. Eine Staffel Kampfjets, donnert im Tiefflug dreimal über uns Hinweg. A. sagte am nächsten Morgen so, tief, das sie die einzelnen Positionslichter zählen konnte. Nightynight, Israel.

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Die Nacht war nicht nur infernalisch, sie war auch kalt. Wir wurden jedoch mit einem grandiosen Sonnenaufgang belohnt. Der Kraterrand, die Berge drumherum und des Zik Valleys leuchteten in den verschiedensten Rottönen. Beeindruckend.

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Von Nahal Mador Night Camp bis zu der Kreuzung nach Midreshet Ben Gurion sind es etwa 12 Kilometer, ab dort noch einmal 9 Kilometer bis zum Ort selber- vielleicht auch 7,8. Wir starten um 6.45 und die Lust auf eine heiße Dusche, auf geilen Kaffee, frisches Essen treiben uns voran. Um Viertel vor 11 sind wir in Midreshet Ben Gurion. Okay. Krass. Wir orientieren uns und finden ein nettes Cafe. Dort werden unsere Gourmet-Gaumen mit geräucherter Entenbrust; Gruyere, Ziegenkäse vom Nahen Kibbutz Sede Boker und mehreren Cappuchini aus einer Siebträgermaschine, verwöhnt. A.'s Gesichtsausdruck als sie in ihr Sachwich biß – unbezahlbar!

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Der Weg durchs Zik Valley war ein breites, flaches Nirgendwo – in dessen schier unendlicher Weite wir uns verloren glaubten. Wir fanden einen wildblühenden Grünstreifen im grellen Weiß des Sandes und die Berge im Hintergrund sahen leicht rosa getüncht aus. Es war wunderschön.

In Midreshet Ben Gurion – wo David und Paula Ben Gurion beerdigt sind – haben wir uns im Vorfeld einen Schlafplatz bei einem Trail Angel organisiert. Und da wir so früh da waren, wollten wir sie nicht so früh belästigen und außerdem auch mal wieder so pärchenmäßig off-trail rumgammeln wie zuhause, bei lecker Essen und Kaffee, sich ab und an tief in die Augen schauen und ansonsten unglaublich viel erzählen.

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Neben dem planen wir noch die nächsten 49 Trailkilometer bis Mitzpe Ramon (genauer 55,56 oder so, weil die 9km von Midreshet Ben Gurion auch auch bewältigt werden müssen). Dabei kommt folgendes raus. Wir kürzen um den Ausstieg möglichen Kraxelausstieg aus dem En Akev zu umlaufen und weil wir uns davon versprechen schneller unterwegs zu sein. Wir wollen nur für zwei komplette Tage Wasser mit nehmen und sind darauf angewiesen, dass wir das auch in dem Zeitraum schaffen – es gibt hier keine großartigen Optionen Wasser zu zapfen und wir haben den Trail ja an ein paar Stellen auch wirklich unterschätzt. Also so die Idee... wie tauglich sie ist werden wir morgen sehen. Die Ferse hält, die Stimmung auch und wir sind eh ein altes Ehepaar - läuft bei uns.

 

...stay tuned... to be continued...

 

 

Bearbeitet von effwee
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vor 3 Stunden schrieb masui_:

Ich frag mich, ob A. nochmal Thruhiken wird :grin:

Ganz sicher, sie ist längst absolut süchtig danach, auch wenn sie es jetzt noch gar nicht weiss.

Sie hat ihre Karriere auf einem Extremtrail angefangen, es gibt sehr viele Trails, auch in Europa, die deutlich gemässigter, aber im Endeffekt halt eher schöner sind. 1 Overnighter in Israel = 1 Woche Westweg im Schnee. 

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Wüstes Finale – und wir als Protagonist*innen und Kollateralschäden

 

Unser Trail Angel war ein herzlicher Chaos-Haushalt. Meine Sauberkeitshemmschwelle forderte es heraus, A. verschob erfolgreich ihren Fokus und freute sich über die heiße Dusche sowie frisch gewaschene Wäsche. Wir wurden zu riesigen Portionen Essen, einem Bier eingeladen, woraus sich ein netter Schnack über Leben in der Wüste und in Israel im Allgemeinen entsponn. - Wieder sehr spannend. Wir rollen uns in einer der etxra für uns freigeräumten Betten – das des kleineren der beiden Jungs (10 J.) war. Danke! Er hat keinen Bock auf englisch (-das er sehr sicher spricht). Anyway, Todah!

Am nächsten morgen füllen wir den inneren Wasserspeicher auf und packen die schweren Rucksäcke auf. Ich fluche, A. sagt sie kann mir noch was abnehmen – was ich ritterlich anerkenne und dennoch verneine. Morgens motzen und als ULer über das Rucksack-Gewicht – direkt nach dem ausstehen ist nicht meine Tageszeit.

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Wir laufen los, auf dem Plateau, auf dem Midreshet Ben Gurion liegt pfeift ein eisiger Wind. Wir laufen schnell zur gestrigen Kreuzung und stehen recht bald auf der schnurgeraden Piste, die uns zum unteren Ende von En Zik führt. Wieder durch das weite ausladende Zik Valley, dessen offenes Ende gen Jordangraben sich im morgendlichen Dunst des Toten Meeres verliert, die Berge sind wieder eigentümlich rosa getüncht. Wir erreichen En Zik. Ein Oasenband in einem Bachtal, Palmen, dichtes Grün und Wasser, klares, fließendes Wasser. Leider sehr salzig.

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Die gerade Piste ist genau so gerade in einen steilen Berg gehauen worden, statt sanfte Serpentinen mindestens 25% Prozent Steigung. Nun denn. Wir fluchen uns gemeinsam das steile Ungetüm hoch, der Blick zurück in die Weite des Tals bis zum Kraterrand ist beeindruckend, mein Hemd kann ich wieder auswringen.

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Oben angekommen preisen wir den Allmighty Universal Trail... zu früh, eine flache Stufe und es geht noch weiter. A.'s Tempo verlangsamt sich beängstigend, ihre Ferse ist wieder durchgeknallt. Sie schmerzt pochend von dem steilen Anstieg. Wir machen oben Pause, mit Fuß hochlegen, Voltaren drauf und Vitamin IBU-Kur... Geht's? Ja, muss ja! Sie ist einfach die Härteste, die ich kenne. Aber etwas langsamer erstmal. Okay. Es dauert etwas bis wir uns Tempomäßig eingegrooved haben, A. taxiert ihren Wohlfühlbereich. Wir laufen, wie wir es nicht anders wollten, weiterhin schnurgerade Piste auf einem hügeligen Plateau.

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Wir laufen bis Nachal Hava Night Camp um dort unsere Sandwiches zu verzehren. Und mit Blick auf Uhr und Karte und dem Umstand, dass die Ferse wieder rumflippt, entscheiden wir uns statt dem Shivl zu folgen, die schnurgerade Piste einfach weiter zu laufen, topographisch sieht es etwas fersenfreundlicher aus, außerdem können wir somit vielleicht etwas Zeit sparen... wir steigen auf einer steilen Grobschotter Piste langsam in eine Senke. Plötzlich höre ich einen Schlag.

Als ich mich umdrehe, liegt A. auf dem Boden. Sie ist auf dem losen Untergrund weggerutscht und der Rucksack-Schwerpunkt hat ihr seine eigenen Gravitationskräfte aufgezwungen und haut sie der Länge nach nach vorne. Voll auf die rechte Schulter. Mehr Schock als Schmerz sagt sie. Trotzdem zittert sie erst einmal. Die Hand ist an mehreren Stellen blutig aufgerissen, die Schulter hat ein paar Macken, ist knallrot und hat ein paar Kratzer. Ich versorge ihre Hand, wir gucken uns die Schulter an, Schulter, Arm, Handgelenk – alles kann noch bewegt werden. Soviel Glück im Unglück muss man haben. Die Frage ist ob der Rucksack tragbar ist oder ob er unangenehm auf die Stelle drückt. Wir scherzen schon wieder, dass A. auf diesem Thru wirklich alles geboten bekommt, was einem dieses Hobby verleiden kann. Sie lacht, wischt sich noch den Rotz aus der Nase und sagt „Ja, was fehlt noch...?“, „Pleite“ sage ich... wir gehen tatsächlich nocheinmal unsere Armada von Kredit-/ und Debitkarten durch... „Nein,“ sagt sie „dass kann gar nicht passieren – ich habs schnell überschlagen“ - Na wenigstens davon bleiben wir verschont.

Alte Schulemäßig helfe ich ihr in den Rucksack, sie kann den Arm nicht wirklich hochheben – zumindest wenn sie nicht muss. Eine Gruppe Jeeps voller Männer quält sich langsam den Hang runter - also die Jeeps. Die ersten rollen an uns vorbei, steigen aus, machen ein paar Fotos und begutachten uns mit einem süffisanten Grinsen „Did we disturbed you?“, Nein, ich bin nur hingefallen gibt A. trocken zurück. Das Grinsen weicht einen besorgten „Do you need Help?“. Alles Okay! Vielleicht noch ein paar Schmerzmittel. Alle suchen in ihren Autos und alle kommen aus ihren 4x4 gekrabbelt und erkundigen sich bei A. ob's ihr gut gehe, ob der Arm oder die Schulter gebrochen sei und ob sie etwas brauche. Sie fragen uns wo wir hinwollen. Nach Mitzpe Ramon. Sie können uns ein Stück in die Richtung mitnehmen. Klar, gerne. Also kriechen wir in den umgebauten Grand Cherokee und cruisen durch den Negev, hören die Ibiza Chill Lounge Playlist, gucken aus dem Fenster unseres schaukelnden Vehikels und sind mal wieder sprachlos ob der Hilfsbereitschaft.

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Wir ruckeln weiter und unterhalten uns mit den beiden Jungs, sie kennen sie alle seit über vierzig Jahren noch von der Schule, kommen alle aus dem Großraum Tel Aviv und machen seit 40 Jahren, 2,3 Tage zusammen irgendwas mit Autos und Outdoor – Jeeptouren durch den Negev, die Judäische Wüste oder auch mal in den Norden. Wir lernen alle dann kennen, als die beiden einen Platz gefunden haben und über Funk (ja wirklich) durchgaben, wir haben einen schönen Picknickplatz. Also Picknick in der Wüste, wir sind herzlich eingeladen. Es werden Tische, Stühle und ein ansehnliches Arsenal an Essen aufgetischt – vor allem Berge von frischem Gemüse und bis auf Eier und etwas Pastrami erstaunlich vegan, danach gibt es eine Runde Tee und Kekse. Alle fragen noch einmal A. wie es ihr und ihrer Schulter geht. Alle sind begeistert, dass wir den Shvil wandern und alle finden es toll, dass wir aus Deutschland sind, der eine erzählt uns, dass er eine Mercedes Benz Maschine unter der Haube hat, der andere bestellt seine Drum-Computer in Deutschland, weil es da besten gibt, einer war auch schon mal in Frankfurt – wir kommen uns dabei jedes mal etwas seltsam vor, unsere Großeltern haben in unterschiedlichem Maße von der Shoa profitiert oder haben ihren Beitrag zu ihrer Umsetzung geleistet, sie waren Nazis und Mitläufer, Täter eben. Damit müssen wir beiden klar kommen. Einer von den Jungs lässt seine Drohne fliegen. Ein anderer lacht und sagt zu A. „Always look on the bright side of life...“ wärst du nicht hingefallen, dann wärst du nicht hier und hättest lecker Essen und eine Gute Zeit mit uns... wohl wahr.

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Alles wird wieder zusammengepackt und wir rumpeln über Schotterpisten weiter gen Süden. An einer Kreuzung etwas 20 Kilometer vor Mitzpe Ramon lassen sie uns raus. Erklären uns noch einmal den Weg und wünschen uns alles liebe und wir sollen aufpassen. Wir laufen noch bis zur Beginnenden Dämmerung am Kraterrand des Makhtesh Ramon entlang und nähern uns Mitzpe bis aus 12 Kilometer. Die Sonne geht spektakulär über dem Kraterrand unter. Wir finden eine gute Stelle für unser Zelt und genießen die Aussicht. Es ist kalt und Feuer machen verboten. Nachdem Feast Picknick reicht uns eine Brühe zum Abendessen.

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A.'s Schulter schmerzt. Wir beschließen in Mitzpe Ramon einen Nero zu machen und erst am Samstag wieder weiter zulaufen bzw. wollen sehen was ihre Schulter sagt und ggf hängen wir noch einen Zero dran. Wir hören unseren obligatorischen Podcast zum einschlafen. Ich dämmere weg und werde von A.'s Geruschel wieder wach. Ihre Matte hat ein Loch – ziemlich plötzlich und so groß, dass die Luft binnen von fünf Minuten vollständig entweicht. „Ah, dass hatten wir in den Worst Case Szenarien vergessen“... also machen wir uns auf die Suche nach dem Loch, erst einmal wir der Zeltboden abgesucht ob sich irgendwas durchgedrückt hat und damit auch den Boden kaputt gemacht hat, erstaunlicherweise, werden mir nicht fündig. Seltsam. Okay. Also Mattencheck. Ich finde ein wirklich ziemlich großen Riss (0,5cm) im unteren Teil der Matte – vollkommen unklar, was dafür verantwortlich war. Wir reinigen den Boden unter A's Matte grob und kleiden ihn mit ihren Regenklamotten aus. Safety first – und zwei solcher Ereignisse am Tag sind wirklich genug. - Aber das dicke Ende kommt ja noch...

Mitzpe Ramon liegt etwa 800 Meter hoch und gehört zu einer der eher kälteren Ecken in Israel. Die Nacht zeigte wieder einmal die Grenzen meines Equipments auf – vor allem der Isowerte der Z Lite, dann wäre es wahrscheinlich gegangen, A. hat gut geschlafen, ihre Nasenspitze ist kalt... wir packen schnell ein und lassen uns von einem unglaublichen Sonnenaufgang beglücken, der den Makhtesh Ramon in ein mystisches Licht taucht. Grandios.

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Aber das war's heute auch schon. Die 12 Kilometer bis Mitzpe Ramon sind unspektakulär; Kamelfarm, Klärwerk, Solaranlage, Skulpturenpark. Mitze Ramon, obgleich recht beschaulich, ist im wuseligen Prä-Shabbat-Stress, zumindest nehmen wir nach 200 Kilometern Wüste und ihrer Leere und Weite, dies so wahr. Und unsere Erledigungsliste ist recht umfänglich. Ersteinmal Kaffee gegen die Müdigkeit und gegen die Kommunikationsmissverständnisse, die diese Müdigkeit zu produzieren vermag. Als dies erledigt ist und wir wieder in der Lage miteinander zureden satt aneinandervorbei, nächster Punkt: Neue IBU's. Dann Resupply. Und auch noch sehr Wichtig: Neues Gas. Ich muss sagen, dass ich seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr mit Gaskochern unterwegs war und dementsprechend verunsichert bin ob, das noch für den letzten Rest reicht – A. insitiert auf safety first, sie braucht morgens Kaffee. Verstehe ich. Der Supermarkt ist der Wahnsinn: enge Gänge, vollgestopft mit Menschen. Nach 10 Minuten fühle ich mich so als hätte man mit meinem Frontallappen den Boden gewischt – unkonzentriert, dumpfes Dröhnen im Kopf und völlig Fahrig – nach so ein paar Tagen off überfordern mich Supermärkte immer, aber dass hier ist die moderne Variante von Dantes Inferno. A. übernimmt den Einkauf, ich nicke nur noch ab. Bleibt nur noch eine Gaskartusche. Puh. Im Supermarkt gabs keine, an der Tanke nicht, den Markt an dem es sie laut www geben soll, gibt es laut www gar nicht – zumindest nicht in Mitze Ramon. Planungsfail. Wir versuchen den Supermarkt in Sapir zu erreichen, 60 Trailkilometer von Mitzpe Ramon entfernt – der ist schon im Wochenende. Okay. Ich habe grad keinen Bock mehr. Erstmal im Hostel unseren Krempel abwerfen und dann gucken wir nach Lösungen in einem Rahmen der eh mit Shabbat immer enger wird... Wir laufen ins Spice Quarter, einer ehemaligen Industriebrache, die nun von Künstler*innen, Start-Ups und anderen Gewerbetreibenden bespielt wird... Bemalte Wände und Industriecharme, Hippiesk und Verhipstert, Hausbesetzer*innen-Charme und gekehrte Gehwege - Wir fühlen uns direkt wohl ob der offensichtlichen Widersprüche. Unser Hostel ist das Spice Quarter Inn. In die Lagerhalle sind kleine Kabuffs gebaut worden und im Innenhof gibt es Zelte. Es waren nur die Zelte frei. Ganz nice.

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Auslage einer Bäckerei in der wir noch einen Kaffee trinken bevor an Shabbat alles zu macht - yummi und shabbat shalom.

Nachdem ich mich kurz ausgeruht habe und A. sich Kaffee und Zigarette gönnte, machen wir uns los zu unserer letzten Tagesaufgabe: Gaskartusche! Es gibt hier in der Nachbarschaft noch eine Tanke. Hier sind wir erfolglos. Etwas weiter erspäht A. noch eine, ich habe schon keinen Bock mehr. Ihre Beharrlichkeit aber ist es, die uns zu einer neuen Gaskartusche bringt. Wir belohnen uns mit Schokoriegeln und schlappen zurück.

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Zimmer-Chaos

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Zeroday: Kraterrand-Besuch

Wir eruieren unser weiteres Vorgehen: Auf die nächsten etwa 110 Kilometer kommen noch einmal drei Kraxelpassagen, eine davon sicher mit Leitern. A. möchte keine Garantie dafür geben, dass ihr Arm, das mitmacht. Es ist zwar besser, aber ihre Schulter leuchtet etwa in der Größe von zwei Handflächen in verschiedenen Gelb- und Grüntönen, ihre Ferse ist auch noch angezählt, obgleich ihr der kurze Tag gut getan haben. Bleibt noch das Wetter: Für den morgigen Samstag, Regen und Gewitter, inklusive der obligatorischen Flashflood Warnungen für den kompletten Negev. Entscheidung gefällt. Wir machen noch einen Zero und wir skippen bis Zohar Junction und steigen bei Trailkilometer 931 wieder ein. Ab da sind es noch 125 Kilometer bis Eilat.

 

Wir starten am Sonntagfrüh, kaufen noch Frühstück im Supermarkt und warten auf den Bus, der uns zur Straßenkreuzung bringen soll, von dort aus laufen wir 2 Kilometer noch zum Trail. So die Idee. Im Bus gesellt sich David zu uns. Anfang 20, nach seinem Militärdienst auf Sinnsuche ist er auf dem Weg nach Neot Semadar, einem berühmt-berüchtigten Kibbutz, in den späten 1980ern von einem Osho gegründet, der sich ein riesiges phallisches Kulturzentrum in die Mitte des Kibbutz bauen ließ; nachdem der Guru den Kibbutz wieder verließ blieben seine Ideen und sein Vibe, der nun um biologische Landwirtschaft noch ergänzt wurde – dafür räumt auch der Kibbutz noch immer Preise ab. Aber wir sollten Neot Semadar noch kennen lernen...

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Wir unterhielten uns mit David, die Zeit bis zu unserer Kreuzung verging wie im Flug und weil der Busfahrer sich unserer erinnerte, hielt er und schmiss uns raus. Wir verabschiedeten uns. Bis vielleicht später.

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Die Sonne scheint, ein großen Blumenfleck mitten im Wüstenschotter. Raodwalk back on Trail. Und dann für 26 Kilometer durch eine platte Schotterhalde – wir hatten es geahnt, genauer wir hatten es gewusst, haben es aber ignoriert. Irritierendes Highlight, waren zwei Kampfpanzer, die unseren Weg kreuzten. Ansonsten Trail Langeweile - bis so 15 Uhr...

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Dann errreichen wir Pundak Neot Semadar – das www sagt ein Restaurant und Bioladen, was aber erst beim betreten erkenntlich wird, von außen sieht es eher aus wie eine Raststätte... vielleicht liegt es nur an dem Schotterparkplatz davor und dass es an einer Straßenkreuzung liegt und es damit einfach Assoziationsketten lostritt, denen ich mich nicht erwehren kann. Wir gehen rein und es riecht wohlig bekannt nach Reformhaus an der nächsten Straßenecke. Neot Semadar ist landesweit bekannt für seinen Ziegenkäse. Also vorneweg eine Platte Ziegenkäse, ich nehme, in einem Anflug von Hiker Hunger, ein Ziegenkäse-Lasagne, A. einen Salat mit Ziegenkäse. Eigentlich sind wir nach der Käseplatte schon satt. Ich quäle mich durch meine Lasagne, die wirklich nur Lasagneplatten, Tomate und Berge von Käse sind, A. hilft mir.

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Von hier aus sind es noch einmal 10 Kilometer zu einem Night Camp, weiter durch plattes Land des Uvda Tals und viel Roadwalk – unser Plan sieht vor, da noch hin zu laufen – es ist kurz vor 4. Es wird in etwas mehr als einer Stunden Dunkel. Einen nicht unbeträchtlichen Teil könnten wir im Hellen zurücklegen, wenn die Mitarbeiterin nicht zwei verhägnisvolle Fragen gestellt hätte: Schlaft ihr im Kibbutz und wollt ihr noch Nachtisch. Ersteres, beantworten wir mit „Wir haben keinen Schlafplatz da“, „Soll ich mal anrufen?“ unser Zögern deutet sie als Ja und klemmt sich an ihr Handy, der Käsekuchen ist aus Kuhmilch, also entscheiden wir uns für das Eis aus Ziegenmilch, mit Dattelsirup und Granola. Nach etwas hin und her und wir schon unsere Sachen gepackt haben und das Angebot ausschlagen und in der beginnenden Dämmerung aufbrechen wollen, drückt sie mir ihr Telefon in die Hand. Ich spreche mit unserem Trail Angel, der der den Shvil Schlafplatz im Kibbutz verwaltet. Wir laufen hin, er lädt uns zum gemeinsamen Abendessen mit allen Kibbutzim um 19h ein. Wir sagen zu nicht, weil Hunger haben, sondern weil wir neugierig sind.

Dort angekommen stehen wir in einem Gebäude, dass den Charme eines ländlichen Dorgemeinschaftshauses und eine Grundschulturnhalle ausstrahlt, schnell entdecken wir unseren Trail Angel, der uns bedeutungsschwer und rhetorisch mit einem sanften Lächeln fragt ob wir wissen, was das für ein Ort sei? Nur, dass was im Netz steht. Sein Lächeln wird zu einem sanften, leisen Lachen „Ah ja“ und dann fängt er an zu erzählen. Sehr häufig kommt, dass Wort „Community“ vor, gefolgt von den Wörtern „Spiritual“, „Special Place“ und „Volunteer“ - wie gesagt, ein Guru hat es gegründet, er glaube aber nicht daran dass es ein Guru sei. Und wieder die Buzz-Words Community und Special Place und Spiritual, daran gekopplet, direkt die Frage ob wir nicht freiwillig hier arbeiten wollen, wir müssten nur am nächsten Tag um 5.30 Uhr beim Morgentreffen sein, eine Mischung aus Meditationsstunde und Plenum, dann geht es für anderthalb Stunden zur Arbeit, danach das „Breakfest in Silence“, wieder arbeiten und dann „Lunch in Silence“ danach Feierabend und später Abendessen. Wenn wir Volonteeren wollten und teil der Community, an dieses special Place werden wollen und sicherlich fiel auch noch einmal, das Wort spiritual. Wir verabschieden uns, beim herausgehen treffen wir David wieder, er hat bereits Volonteered und hat nun eine Art Aufnahemgespräch mit einem älteren, weißen Mann – viel Glück und Erfolg.

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Verwirrt und mit dem dumpfen Gefühl in irgendetwas sektenähnlichem gelandet zu sein, verlaufen wir uns erst einmal auf dem Weg zurück zu unserem Schlafplatz. Wir finden ihn, weil wir Menschen fragen, die vor ihrem Haus stehen.

Konstaniert liegen wir auf der Matte unter einem Strohdach, das offen über einer halb hohen Mauer liegt, es ist kalt. Was war das denn?! Ich bin schon fast weg gedämmert, als A. noch folgende Sequenz mitbekam. In der Nachbarjurte war es nach 22 Uhr noch etwas lauter, eine ältere Frauenstimme forderte nach dem Klopfen an der Tür, die Bewohner*innen der Jurte auf leise zu sein und mit dem Hinweis, dass es nach 22 Uhr sei, das Licht auszumachen. Nachts donnern wieder Kampfjets über unsere Köpfe.


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Der nächste Morgen ist saukalt, der Wind ist eisig und ich werde nicht warm, wir skippen A.'s geliebten Morgenkaffee um uns erst einmal warm zu laufen – Nach den ersten sechs Kilometern, steifen Gegenwind und grauem Himmel, sowie der Erkenntnis, egal was ich mache und was ich anhabe – alles was ich dabei habe - , dass wir dann auch frühstücken können und das mit mir körperlich was nicht stimmt – Erkältung? Hm. Unklar. Prophylaktisch trete ich A's IBU-Club bei und fahre mir zum Kaffee welche ein. Die ersten 20 Kilometer bis Shaharud Nomad Camp sind epische langweile aus Roadwalks und platter Landschaft und in die Knochenkriechender Kälte – bei mir zumindest.Ab 9 Uhr lockert, der Himmel auf um 10Uhr ist er Wolkenlos und die Sonne brennt, ich fühle mich ziemlich schlapp, und schwitze kalt... och nö. Um 11 Uhr erreichen wir das Nomad Camp. 20 Kilometer sind nicht ohne, ich fühle mich wie nach 40. Wir gammeln in der Sonne ich fröstel, A. rollt ihre Hose hoch. Zum Mittagessen gönnen wir uns beide Datteln- weil lecker – und IBU's – weil nötig. Was'n Trail, lachen wir. „Na, neues Hobby gefunden?“ frage ich lachend und huste dabei. Ich bekomme einen sorgenvollen Blick ob meines Gesundheitszustandes und ein „Ja, schon“ als Antwort. Beeindruckend. Wir zapfen uns Wassser, der Camp besitzer, der ein bisschen schnuffig aussieht, als ob er in den 80ern hängen geblieben ist – erinnert mich an meine Urlaube mit meinen Eltern in den frühen 80ern nach Marokko und die Niederlande, ihre Freunde sahen irgendwie alle so aus; okay, etwas sauberer, aber dieses hageren Typen, braun gebrannt, mit verdreckter, unförmiger Jeans, Rauschebart, zersausten, längeren Haaren, nikotingelben Fingern und kleinen, rotleuchteten Augen und jedes Wort ging sehr langsam und behände über die Lippen – so auch er. Bis Timna Park und seinem Besucherzentrum brauche man schon Wasser für zwei Tage. Aha, dass sind 39 Kilometer. Angeschlagen wir wir beide sind, unseren Größenwahn haben wir nicht verloren, wir zapfen Wasser für etwa einen Tag, wir wollen am nächsten Vormittag dort sein.

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17 Kilometer weiter liegt das Be'er Milcha Night Camp, mitten in den Eilat Mountains, die wir mit Neot Semadar offiziell betreten haben, die sich aber erst hier wirklich bemerkbar machen. Was nun folgt ist für uns eine der wirklich schönsten Streckenabschnitte des Shvil, vor allem, als wir obene auf den Bergrücken parallel zum Jordangraben liefen mit wirklich atemberaubenden Aussichten. Wir sehen zum ersten mal in der Ferne den Golf von Akabar im grauen Dunst gleißendweiß leuchten – das Ziel! 60 Kilometer! Zwei Tage! Freude und Trauer. Es ist dann vorbei. Wir sehen uns schon in Eilat auf einer Sonnenliege anstoßen, A. mit Bier, ich mit Ingwertee.

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Wir sind beide ziemlich fertig. An einer windgeschützten Stelle ruhen wir uns kurz aus und versichern uns, dass wir noch weiter machen wollen, können und müssen -hier gibt es keinen Pennplatz und es ist verboten. Zugegeben, die letzten Meter ziehen sich. Und dennoch, die Blicke verändern sich mit jedem Wadi, mit jeder Kurve und Anhöhe jedes Mal. Es treibt uns an – und natürlich, dass Wissen, dass wir einfach danach halbtot in unsere Schlafsäcke kriechen können.

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Die letzten beiden Wadis fungieren als Windkanäle, er zerrt an uns und treibt die mühsam produzierte Wärme aus unseren Körpern. Ich fröstel. Endlich am Night Camp angekommen, checken wir die Lage. Alles ist windexponiert, bis auf die vermüllteste Stelle hinter einer flachen Arkadie und Büschen – schöner Wohnen gilt heute nicht, ich baue Zelt auf, A. baut den Windschutz und geht danach Feuerholz sammeln... Doch Feuer machen wir keins, es ist, als dann die Sonne endgültig verschwunden ist, so kalt, dass wir uns in unseren Sturmbunker verziehen und uns was Heißes kochen. Ich wickel mich in alles ein was A. entbehren kann.  A. bittet noch, dass wir das Wasser aus dem Nomad Camp entkeimen, da stimmt was nicht - sagt ihr Magen, meiner sagt nichts, aber, weil es nun wirklich dass Letzte ist was gebrauchen können, tue ich wir mir geheißen. (Stimmt, Durchfall auch so ein Thru-Szenario...). Gemütlich noch Podcasts zum einschlafen. Mein Hals schmerzt und ich muss trocken Husten. Die Nacht verbringe ich in einer Art Fieberdelirium. Als ich morgens aufwache fühle ich mich wie durchgekaut und ausgekotzt. Wir bauen ab und ringen dem Boden zwei Heringe ab, die er partout nicht hergeben will.

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Das Tempo ist gemächlich, ich bin fahrig und schlapp, jeder Schritt ist unglaublich anstrengend. A. sagt wir können ja auch erstmal bis Timna laufen und dann gucken wir noch mal. Ich bin stur, 50 Kilometer vor Ende, dass kann doch nicht wahr sein... Die Landschaft ist atemberaubend. Karg und majestätisch. Wir laufen auf 600 Meter und vor uns breitet sich Timna Valley in rostbraun Tönen, einem verwaschenen Schwarz, durchzogen von weißen Erosionsablagerungen aus Sand und Kies, drüber ein Himmel durch den immer wieder die Sonne bricht. Es ist wunderschön. War gestern nicht schon der schönsten Trailabschnitt, die 12,13 Kilometer bis Timna Park spielen mit um den Platz 1.

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An einem windgeschützten Punkt machen wir Pause und ich sage, es sei besser wenn wir in Timna rausdroppen, für zwei, drei Tage nach Eilat fahren, mich wieder so herstellen, dass ich weitermachen kann. Klar, sagt A., es sei wahrscheinlich das Beste und ergänzt, dass sie mich dann betüddeln kann und lauter frisches und gesundes Essen kochen kann. Geilo! Ohne Kranksein, hätten wir uns um den Platz am Herd „streiten“ müssen (da sie es beruflich macht, kann ich ihr den Herd gerade immer wieder abluchsen, mit dem Verweis, sie solle sich einfach mal bekochen lassen - und freilich kochen wir die meiste Zeit gemeinsam). Die Vorstellung beflügelt. Die letzten beeindruckenden Kilometer nach Timna vergehen sehr schnell – und da wir beide Wissen, dass es hier wieder weitergeht, gibt es keine Trauer oder ähnliches. Ich ärgere mich trotzdem, weil ich mich fast immer ärgere wenn ich krank bin; A. nimmts gelassen "Isso"

Im Besucher*innenzentrum angekommen. Tee, Kaffee, Internet und ein Zimmer mit Küche und TV gebucht. Mein Hals brennt - ich ahne eine Angina... mal schauen.

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Der Bus fährt nicht ab Timna Visitor Center, sondern unten an der National Road 90, drei Kilometer. Wir laufen los und peilen einen 12 Uhr irgendwas Bus an. Kurz bevor wir die Straße erreichen, hält neben uns ein verbeulter VW Bulli „Need a Lift, I am going to Eilat“ - Klar, da müssen wir auch hin. Er ist aus Neot Semadar ein „special place“ und eine ganz besondere „Community“ und irgendwie „spiritual“, da können auch „volonteered“ werden – Neot Semadar! Aha. Ja kennen wir. Wir glauben nicht das wir, da Volonteeren wollen, wir sind beide Selbtsständig, aber der Käse ist lecker... kommunikationspsychologisch gewieft, sagt A. Nein und lenkt die Aufmehrksamkeit direkt auf etwas Positives. Die Fahrt ist gerettet ohne unangenehm zu sein. Er schmeißt uns am Stadtrand raus, wir laufen zu unserem Pensionszimmer und ich knalle mich erstmal total fertig ins Bett und traue mich ein paar Stunden später in meinen Hals zu gucken: Kanllrot und vereitert. Angina, meine Freundin, dich kenne ich doch.

Ich will nicht mehr abends in die Notaufnahme ich bin zu schlapp, am nächsten Tag. Das sieht nämlich nach Antibiotika aus und auch wenn die Drogerie Superpharm, an die angelsächsischen Ketten mit durchaus freiverkäuflichem Antibiotika, erinnert, mitnichten bekommt A. heraus. Also Notaufnahme – die gehört wohl bei meinen Thru-Hikes dazu. Ich schlucke, als ich 1410 NIS gebühren bezahle (380 Eus oder so überschlage ich schnell) und ich weiß nicht was mehr weh tut. Aber dafür bekomme ich eine Eins A Mitmach-Emergency-Room-Folge, mit diversen Diagnosestufen, Blutbild, Röntgen usw. . Am Ende bin ich vollends vom israelischen Gesundheitssystem überzeugt, obgleich es nie angezweifelt habe.

Ach ja, Diagnose: Lungenentzündung. Haha, HustHust, Aua... Aha. 10 Tage Antibiotika. Byebye Shvil, dann wohl doch. Wir nehmen es hin, weil wir es nicht ändern können und weil es nur folgerichtig schien - nach der Story, die uns der Trail bot konnte er gar nicht am Trailhead in einem ikonographischen Bild, mit Füßen im Meer enden,  sondern im Bett mit 200 Fernsehkanälen und literweise Ingwertee.

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Epilog

Dieser Thru Attempt hatte es in sich. Wir haben alles mitgenommen was geht: Um es zu vervollständigen: Sieben Tage hingen wir Eilat um mich auszukurieren und A. Krank zu machen – meine Keime setzten sich bei ihr in die Bronchien und die Nebenhöhlen; was wiederum dazu führte, dass bis zum Schluss unklar war, ob sie überhaupt den Flieger nehmen kann – konnte sie; Der hatte aber auch drei Stunden Verspätung – das besserte zwar die Reisekasse auf, kostete aber Nerven und verpasste Anschlusszüge in Nürnberg, Fehlbuchungen mit der Bahnapp, weil diese im Buchungsvorgang abstürzte und beim Neustart mir nicht angezeigt wurde, dass meine App zwar abgestürzt sei, aber nicht der Buchungsvorgang- Doppelbuchung. Ende vom Lied war, dass wir am Montag landeten und am Dienstag gemeinsam im Wartezimmer der Ärztin saßen... sie bekam nun auch Antibiotika, ich warme Worte. Mein Konto ist erst zu Hause kollabiert – zählt das dann? Zwischendrin schlurften wir noch ein paar Tage durch Tel Aviv, an jeder Bank pausierend, die sich uns bot und guckten viel aufs Meer, die Seeluft verwöhnte unsere malträtierten Lungen – eingepackt in die sanfte Watte aus Pseudoephedrin; Es ist ja schließlich Urlaub, A.'s erster seit drei Jahren, den lässt sie sich nicht vermiesen – weil eine gute Beziehung ausmacht Dinge gemeinsam zu tun, futter ich die pinken Pillen mit, es milder immerhin die Symptome.

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Die Dramaturgie, der Tramödie gebietet es das Tragische mit dem Komischen zu verbinden und damit manchmal den Eindruck zu erwecken, es sei ein Horrorurlaub gewesen, das war es mitnichten. Wir hatten ein unglaubliche Zeit auf dem Trail, dem Halben. Was mir ein wenig fehlt, ist kein richtiges Ende gehabt zu haben – aber ich kommen drüber weg. Wir haben unglaublich nette Menschen kennengelernt, das Land in vielen, ausdrucksreichen Snippets, die extrem vielfältig, widersprüchlich und sehr spannend waren. Wir haben unglaublich leckeres Essen gegessen. Wir haben ein Land in seiner unglaublichen Vielfalt erfahren dürfen und wir wissen, dass uns noch etwa, zerstückelt zwar, 500 Kilometer des Israel National Trail fehlen. Und ja, die Aufmerksamen unter Euch lesen das „Wir“ richtig. A. ist angefixt, sie war es schon recht schnell, trotz dem was sie hat alles ein- und wegstecken müssen. Ich glaube mich hätte all das als erste Langstreckenwanderung eher abgeschreckt. Sie hat Bock auf mehr. Dann werden wir wohl auch auf dieser Ebenen nun gemeinsam durchs Leben laufen – sehr schön; ich freu mich drauf. Vorgestern meinte A., wenn sie dieses Jahr schon die Selbstständigkeit abgewickelt bekommt können wir schon 2021 den PCT machen – sagte ich angefixed, sie ist druff! Willkommen, meine Liebe!

 

- - fin - -

 

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Bearbeitet von effwee
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vor 40 Minuten schrieb effwee:

Alle sind begeistert, dass wir den Shvil wandern und alle finden es toll, dass wir aus Deutschland sind

Die Erfahrung haben wir letzte Woche, als wir in der West Bank unterwegs waren, auch gemacht. Wir haben da verschiedene Siedler*innen besucht. Von deren Energie und Lebenseinstellung war ich echt beeindruckt , (auch wenn man einiges sicher auch kritisch sehen kann). Die waren jedenfalls begeistert, dass wir auch an den hotspots (Gegend um Nablus und Hebron) unterwegs waren: "otherwise only a few dare to come here". Vorbehalte gegen Deutsche hatte ich erwartet, aber nie erlebt. Leider ist es uns aber nicht gelungen, mit arabs in Kontakt zu kommen, lag wohl vor allem an den fehlenden Englisch-Skills.

War jedenfalls eine tolle Erfahren, outdoor-mäßig natürlich kein Vergleich mit Eurer Tour.

Toller Bericht, die Tour war ja echter Hardcore! Mein Respekt für E. und A.

vor 51 Minuten schrieb effwee:

Dann werden wir wohl auch auf dieser Ebenen nun gemeinsam durch leben laufen – sehr schön.

:x:-D

 

 

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...Abspann...

 

Und final für alle, die keine großen Worte mögen, sondern verwertbares:

 

  • Israel National Trail seit Oktober 2019 1057 Kilometer lang, 18000 irgendwas Höhenmeter
    • Davon sind wir ca. 550km gewandert
    • Von Dan nach Tiberias
    • Von Jerusalem nach Mitze Ramon
    • Von Zihor Junction zum Timna Visitor Centre
  • Seit Oktober 2019gibt es in der Judäischen Wüste eine Neue Strreckenführung, diese verlängert den Trail um 100 Kilometer, die sind wir gelaufen. Infos hierzu: klickklick
  • 27 Tage vom  26.12. -21.1.
  • 23 Tage on Trail
  • 5 Neros/ 4 Zeros
  • Max Kilometer 37km/ Min Kilometer 11Km (?) am Tag
  • Base Weight: Ich 3600g/ A. 4000g
  • Navigation: (1) Google Maps (2) OSM (3) Komoot
  • GPX und alle relevanten Informationen hier :wub: 
  • :wub:Trail Angels:wub:HIER
  • Wassermanagement in der Wüste I: HIER
  • Wassermanegement in der Wüste II: HIER
  • Wetter: HIER  (wir fanden, die beste Wettervorhersage vor Ort)
  • National Parksverwaltung: Passierbarkeit der Wanderwege (klickklick)
  • Prepaid-Karte: 80 NIS, für 30 Tage, mehr als ausreichendes Datenvolumen (Pelephone.co.il)
  • Liste mit vielen Supermärkten on trail: klickklick (nicht alle, aber wahrscheinlich den meisten)
    • Hier findet sich auch das Vorwort des roten Buchs, DEM Shvil Wanderungsführer! (kostenloser Download)

 

  • IBU's: über 30 vielleicht, wir haben irgendwann aufgehört zu zählen
  • Eine Tube Voltaren
  • 1,5 Meter Bandage
  • Blasen: Ich: Keine / A.: 4

 

  • keine Schlangen, Skorpione und ähnliches
  • 1 Hyäne (oder ein Wolf mit sehr individueller Gangart  - es war recht Dunkel)
  • 4 Schakale
  • gutes Dutzend Wildschweine
  • 25 Steinböcke
  • irgendeine Kreuzung aus Hamster und Murmeltier: 4 (wir wissen bis heute nicht was das ist...)

 

  • wahrscheinlich ca 30 Pitabrote - eher mehr
  • 8 oder 10 Sandwiches
  • wahrscheinlich 1,5 Kilo Hummus
  • 2,5 Kilo Nuss Schokomischung
  • ungezählte Schokoriegel
  • 10 Zimtschnecken :P
  • 5 Packungen Cracker
  • 8 Packungen Fertig-Nudeln
  • 3 Avocados
  • 500gr Porridge
  • und noch viel mehr

 

  • Dinge verloren: eine Taschenlampe und ein Stift (ich war's)
  • Dinge Beschädigt:
    • Neuer Cut im meinem Pack (am Rücken...)
    • Netz von A.'s Pack: Loch
    • A's Matte, vor Ort geflickt
    • Abriebstelle am Zeltsaum
  • Dinge Kaputt:
    • nada!

 

In diesem Sinne...

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Bearbeitet von effwee
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vor 22 Stunden schrieb effwee:

können wir schon 2021 den PCT machen – sagte ich angefixed, sie ist druff!

Sag ich ja!!!

Ich werde wirklich alles geben in diesem Jahr, so dass ich nächstes Jahr ein prall gefülltes Bankkonto habe, ein nettes Visum, sehr gut getestetes Material (natürlich das Beste und sonst nichts), ein super Ess-Konzept, einfach, damit ich am Tag meine 30 Meilen fressen kann, natürlich in bestem Komfort und äusserst geschmacksvoll.

Werde euch gerne Hallo sagen, wenn man sich auf dem PCT trifft.   

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vor 24 Minuten schrieb Mars:

damit ich am Tag meine 30 Meilen fressen kann

...ich glaube wir werden dann deinen staub fressen... :D 

 

wir schauen mal was 2021 so bringt

...aber wenn ja, dann sehr gerne #pctclassof2021 galore, oder so...

Bearbeitet von effwee
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vor 21 Stunden schrieb masui_:

Ein eher melancholisches Ende. Das tat selbst mir als Außenstehendem weh.

>es berührt mich ja immer, wenn meine Schreibe Menschen berührt...Danke dafür!

vor 22 Stunden schrieb masui_:

Dafür habt ihr beide nun eine neue gemeinsame Leidenschaft. Auch schön.

Ja, faszinierend. je länger wir zusammen sind, desto mehr werden es. (ich dachte, dass nach über 13 Jahren sich umgekehrt verhält :D)

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Ich sitze gerade in Tel Aviv und resümiere meine Wanderung von eilat bis nach En bokek. Eure Erfahrung dabei zu lesen hilft meine eigenen zu sortieren.

Der INT ist ein ganz besonderer Trail. Die Wüste abwechslungsreicher und lebendiger als man denkt. Er war zugeich schwerer als auch leichter als andere trails.

Schwerer, da es einige sehr steile Anstiege gibt und des öfteren sehr exponierte Stellen gibt, die Amerikaner unter class 3/4 scrambling einstufen würden. Ich habe leichter Höhenangst und in der Tat bin ich zweimal auf dem Trail mit einem lauten "fuck this" umgekehrt und habe mir eine alternativ Route gesucht. Einmal der Anstieg zum Timna Plateau und einmal der Abstieg am Palmach Pass (Tut gut zu lesen was mich da noch erwartet hätte, so als Entscheidungsbestätigung).

Der Trail war leichter als erwartet, da die Wassersituation völlig übertrieben dargestellt wird. Ich hab keine watercaches genutzt oder gebraucht. Einmal habe ich aufgrund der ganzen Panikmache 9liter! für 60km und 2 Nächte von Zofar bis Mitzpe Ramon mitgeschleppt. Es gibt auf halber Strecke ein Nomaden Camp und eine natürliche Quelle. 5 Liter hätten gereicht. Bei ca. 25°C und keinen Schatten. Ich hatte dann "Glück" mit dem Wetter von Mitzpe Ramon bis Oron Quarry. Bewölkt und Regen bei 17 grad. Da haben die 6 Liter die ich dabei hatte für 2 Tage und 80km gereicht. Ich habe allerdings auch ein Akev auf Grund von akuter flash flood warning und nächtlichem Gewitter umgangen. Midreshet Ben Gurion hab ich einfach ausgelassen.

Für mich war der Februar ein perfekter Monat für die Negev. Nicht zu warm, nicht zu viel Regen und Nachts auch nicht so bitter kalt wie mir angedroht wurde. Mein 10F quilt wahr deutlich zu warm.

Ich habe ein paar Videos gemacht, Mal gucken wann ich es schaffe diese zu sortieren und zu schneiden.

@effwee ich empfehle euch nach günstigen Flügen nach eilat Ausschau zu halten, für mich ist der Abschnitt Eilat bis Timna der schönste vom ganzen Trail gewesen und locker an einem langen Wochenende zu bewältigen.

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Interessanterweise habe ich in der Nacht vor Mitzpe Ramon auch einen ca. 5mm grossen Riss in meiner Luftmatratze entdeckt. Das war der Moment an dem ich feststellte, dass ich zwar das Repeaturset dabei hatte der Kleber aber bereits ausgehärtet war.

 

(Sorry für die katastrophale Formatierung und Rechtschreibung. Auf dem Handy schreiben ist blöde.)span Steuerelement

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