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Ultraleicht Trekking

Tobias P.

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Beiträge erstellt von Tobias P.

  1. Zu guter Letzt noch ein paar Takte zu den Bedingungen in Island generell.

    Ich habe das ganze jetzt von der Warte betrachtet, das wir übers Wandern auf den etablierten Wanderrouten reden. Auch auf den nicht nach der großen Reykjavíker Einkaufsstraße benannten Wegen ist die Zivilisation im Grunde nie fern. Sollte das Wetter tatsächlich übel werden ist die nächste Hütte oder der Bus zur nächsten Stadt fix zu erreichen. In einer anderen Ecke der Insel ist das Wetter gerade bestimmt besser ...

    Insbesondere unter UL-Bedingungen verlängern sich zudem ja die machbaren Distanzen. Während sich die meisten Leute für Landmanna-Skogar sechs Tage Zeit nehmen ist es von der Strecke und dem Schwierigkeitsgrad her auch durchaus in zwei zu schaffen sollte es wetterbedingt notwendig sein (nicht dass das erstrebenswert wäre, an der spektakulären Landschaft vorbeizurennen). Und auf eben dieser Strecke hat man nun noch dreimal die Möglichkeit einkaufen zu gehen. Einen weiteren hilfreichen Part spielt die Mitternachtssonne (die nota bene auch eine Taschenlampe zum Luxusgegenstand fürs Lesen im Zelt macht): man muss im Hochsommer nie fürchten, von der Dunkelheit überrascht zu werden. In Landmanna regnet es morgens? Abwarten bis es trocken wird, im Laufe des Nachmittags losziehen und ganz gemütlich nach 22 Uhr in Álftavatn eintrudeln.

    Wer einen konsequenten UL-Gedanken verfolgen will, sollte in meinen Augen auch erwägen, in Hütten zu übernachten (bzw. das Shelter vorauszuschicken für die wenigen Routen ohne diese Möglichkeit). Das spart ja nicht nur das Shelter, sondern auch einiges an warmen Klamotten, man kann beim Schlafsack eine Nummer dünner wählen ...

    Und nun noch zu den gefürchteten Wetterbedingungen: bis auf die Windstärken ist das isländische Wetter ja eigentlich recht mild. Klar, innert eines Tages kann man das ganze Spektrum dabeihaben, aber wie man so schön sagt: dir gefällt das Wetter nicht? Warte 15 Minuten.

    Als Mitteleuropäer jagt einem Schnee im Hochsommer natürlich Angst ein. Aber wenn bei uns mal Schnee fällt ist das ja zumeist mit einer wochenlangen Kaltfront und erheblichen Minusgraden verbunden. Im Sommer ist der Schnee auf der Insel jedoch so schnell weg wie er gekommen ist, und selbst im Winter fällt das Thermometer nahe der Südküste dank des Golfstroms nie groß unter Null. Als Referenz sei dazu noch die Wetterstatistik von Isafold.de verlinkt. Schnee hatte der Mann an 2 von 100 Tagen, wenn es an den beiden Tagen tatsächlich ungemütlich ist übernachtet man halt in einer Hütte oder steigt in den Bus und legt einen Museumstag ein.

    Die Gruselgeschichten und Ausrüstungsempfehlungen die man für Island allerseits bekommt sind sicher nicht verkehrt, aber auch in Relation zu setzen. Was die Einheimischen angeht ist meiner Meinung nach die skandinavische Outdoormentalität zu berücksichtigen: wenn der Rucksack unter 30 Kilo wiegt ist es kein ernstzunehmendes Trekking. Das schlägt in die selbe Kerbe, wie das jeder dritte Reykjavíker für die Stadt einen Hummer oder ein noch monströseres Auto benötigt. Dasselbe empfehlen sie natürlich den Touristen. Und das nicht ohne Grund, denn jedes Jahr müssen ja etliche Wanderer aus dem Hochland ausgeflogen werden, weil sie sich übernommen haben. Aber das sind dann halt auch Leute, die in den Klamotten, die sie sonst für den sommerlichen Stadtbummel tragen, ins Hochland losgezogen sind (mit Grauen denke ich an die junge kalifornische Familie zurück, die mit einem nur in einen dünnen Strampler gekleideten schreienden Säugling vom Hrafntinnusker kam, weil der Wind ihr Supermarktzelt geschrottet hatte). Die Toten des Laugavegur hatten weder warme Kleidung noch ein Zelt dabei.

    Umgekehrt lässt sich freilich auch die Psychologie der Leute nachvollziehen, die dann eben einen knappen Tausender in ihr Hilleberg versenkt haben; wenn man das Geld einmal ausgegeben hat, benötigt man das Teil natürlich auch ganz dringend (und hier spricht nicht der Neid, ich hab selbst ein Nammatj, das seines Einsatzes unter wirklichen Expeditionsbedingungen harrt). So ziemlich alle isländischen Zeltplätze, auf denen ich war, sind ja aber ganz gut vor den Unbilden des Wetters geschützt. Wo es die Zelte regelmäßig wegweht sind halt die Camps auf dem Hrafntinnusker und dem Fimmvörðuháls. UL unterwegs gibt es aber keinen vernünftigen Grund auf einem Berggipfel auszuharren - runter da und im geschützten Tal übernachten.

    Soweit also meine eigenen Erfahrungswerte - auf dass mich das isländische Wetter nicht eines Tages eines besseren belehrt. ;-)

  2. Zu den Optimierungsmöglichkeiten, die ich bei dir sehe:

    • diverse Packsäcke: nice to have, ich halt auch lieber Ordnung, aber klarer Luxus
    • Wassersack Playtyplus 2L +  1l Flasche: hier evtl. verwogen? meine 2-L-Platypus, in die aber fast 2,5 passen (und die in erster Linie als Wärmflasche und Kissen dient), wiegt einen Bruchteil davon und genausoviel wie die 1,25er PETs, die wir ansonsten dabei haben
    • Firestarter: halte ich generell für ein Große-Jungens-Spielzeug, ob man Mini-Bics kaputt kriegt scheint eine Glaubenssache zu sein, mir reicht eins
    • Waschtasche: ist es die Tasche selbst, die bei dir soviel wiegt? Desinfektionsmittel hält in Island selbst meine reinlichkeitsversessene bessere Hälfte für Unsinn. Schweres Deo (hab ich auch dabei, in ein Nasenspray umgefüllt)? Generell ließe sich hier sicher noch die Schere ansetzen, und selbst wenn man all die Sachen dabei hat die du auflistest kriegt man das zu einem Viertel des Gewichts hin
    • Toilettenpapier: hab ich in Island bisher exakt keinmal gebraucht, das Land hat die vorbildlichsten Toiletten der Welt, selbst auf Campingplätzen. Also meinetwegen ein Tempo falls man doch mal unterwegs muss. PS: Fürs Naseputzen hab ich in Island ein Stofftaschentuch dabei (für Damen fünf Gramm oder so), das ich abends im Fluss wasche und über Nacht trocknen lasse (bei dem Wind in Island läuft mir die Nase ohne Unterlass)
    • Regenjacke: 450 Gramm haben Einsparpotential, vermutlich halt dabei weil vorhanden
    • Rest der Kleidung: bin jetzt zu faul, das aufzudröseln, aber hier sehe ich eine Mischung aus Redundanz (Thermohose, Regenhose und dann nochmal schwere Softshellhose?), Luxusitems (Badesachen 162 g? Eine knappe Badehose wiegt sicher einen Bruchteil. Teva-Latschen zum Waten? Wenn man Watschuhe braucht gibt es Surfschuhe, die die Hälfte wiegen) und genereller Neigung zu schwerer als nötig (Island ist doch das ideale Land für die ganze fragile UL-Kleidung, da nirgendwo Vegetation im Weg ist, die einem den Kram kaputt macht)
    • speziell zu den Schuhen: solang man auf den Wegen bleibt, seh ich keinen Grund für schweres Schuhwerk. Und das sollte man der Natur zuliebe eh tun
    • Erstehilfeset: ist das eine Vorratspackung Tape um über 100 Gramm zu kommen? Immodium würd ich im reinlichsten Land der Welt daheim lassen
    • 9 Akkus: hast du die annähernd gebraucht? Man schafft es doch schwerlich mehr als 3 Tage ohne Aufladegelegenheit unterwegs zu sein
    • Wanderführer: 105 g sind mehr als die benötigten Seiten, oder? Ich persönlich scanne benötigte Seiten ein, kürze sie um irrelevante Passagen, drucke sie in kleinerem Format aus und schmeiße die Seiten weg, die ich hinter mir habe
    • Wanderstöcke: Fizan Compact wiegen 200 weniger, ich fand Wanderstöcke auf den Pferdetrampelpfaden des Kjalvegur und bei der auf den Weg wachsenden Vegetation an der Jökulsà aber eher hinderlich
    • Iphone ist zweimal gelistet, da blick ich nicht ganz durch. Hast du auf den von dir gegangenen Wegen tatsächlich das GPS angeschmissen? Smartphone tendiert für mich zum Luxusartikel
    • Gas: hattest du nicht weiter oben was von Esbit geschrieben? Auf dem Laugavegur und in Reykjavik braucht man kein eigenes Gas sondern kann die liegen gelassenen Kartuschen aufbrauchen
    • Wasser: auf den von dir begangenen Wegen fällt mir nur eine Stelle ein, an der es nicht an jeder Ecke Wasser gibt. Wenn man sich in der Hinsicht vorher informiert ist es meiner Erfahrung nach in Island 90 Prozent der Zeit nicht nötig, mehr als einen halben Liter Wasser mit sich zu tragen
    • Proviant: zwar wollen sie am BSI mittlerweile ein stattliches Sümmchen dafür, Pakete zu versenden, und schicken wenn ich mich recht erinnere nur nach Landmanna und Mývatn, aber mit vorausschauender Planung und dank der stets netten Hochlandbusfahrer, die es gewohnt sind, Essenspakete vorauszufahren und bei einer der nächsten Stationen zu hinterlegen, ist es eigentlich nicht nötig für allzu viele Tage Nahrungsmittel zu schleppen

    Alles in allem gibt es meines Erachtens "deutliche Optimierungmöglichkeiten" also im Sinne von 'Kleinvieh macht auch Mist' und einer besseren Nutzung der Infrastruktur, die die von dir begangenen Wanderwege bieten. Das ist natürlich ein Erfahrungswert, den man erstmal machen muss. Wie gesagt, mein erstens Mal Island begann mit 20 Kilo auf dem Buckel, mit dem dabei gemachten Know-how (und deutlich gründlicherer Recherche) war es im Folgejahr aber nicht mal mehr die Hälfte.

  3. vor 8 Stunden schrieb smileqcf:

    Hallo Tobias,

    was meinst du denn genau. Kamera, Akkus, 2 Feuerzeuge und Feuerstarter, Powerpack?

    Gib mir mal einen Tipp wo du noch deutliche Optimierungsmöglichkeiten siehst.

     

     

    Vorweg, mir geht es in keinem Fall darum zu kritisieren, was du dabei hast. Einzig die Pauschalisierung, dass man es in Island nicht unter fünfeinhalb Kilo schaffe, möchte ich in Abrede stellen. Ich selbst bin in Island (noch) nicht ultraleicht unterwegs, vor allem, da ich existierendes schweres Equipment weiternutze und Luxusartikel wie Wechselklamotten es mir wert sind, etwas mehr zu schultern. Aber am gefürchteten isländischen Wetter soll es meiner Erfahrung nach nicht scheitern (darauf werde ich in einem weiteren Beitrag etwas ausführlicher eingehen).

    Vorab mal meine eigene Packliste, die sich in dieser Form bei (brandenburgischen) Minustemperaturen bewährt hat und in Island in Sachen Wärmereserve bisher eher mit Kanonen auf Spatzen geschossen war. Das Zelt und der Rucksack sind hierbei Fantasie (wie gesagt, hier wird erstmal existierendes aufgebraucht).

    https://www.geargrams.com/list?id=42087

    Zu 5,44 Kilo ist da noch ein gutes Kilo Luft, ich spar mir die Mühe da jetzt diversen Kleinkram einzutragen, der in der Praxis noch dazukäme. Als Rucksack könnte man auch ein deutlich kleineres Modell wählen, wenn man Nahrungsdepots anlegt, was sich bei mir bewährt hat.

  4. Ultralight heißt nach Definition weniger als 12 pounds (5,44 kg) Basisgewicht. Das bekommt man in Island für Mehrtagestouren, wenn man für alle Wetterlagen zuverlässig gewappnet sein möchte, nicht hin.

    Für mich geht es dieses Jahr das dritte mal in Folge nach Island, und obwohl ich 2015 noch mit knappen 20 Kilo losgezogen bin (und seitdem einen kaputten Rücken habe) kann ich mittlerweile aus eigener Erfahrung sagen, dass man auch in Island komfortabel und sicher mit um die fünf Kilo unterwegs ist. Ein Blick auf deine Packliste erweckt bei mir den Eindruck, dass das Gewicht auch weniger dem Wetterschutz als vielmehr zahlreichen Gadgets und redundantem Kram geschuldet ist.

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