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Ultraleicht Trekking

Chaski

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Alle erstellten Inhalte von Chaski

  1. Ja, das stimmt. Aber es steht natürlich unter der Voraussetzung, dass ein Bußgeld (und auch schon eine kontroverse Diskussion mit jemandem vor Ort, die ja ebenfalls annoying wäre) unwahrscheinlich ist. Wenn es häufig vorkäme, würde ich mein Verhalten ändern. Die zunächst angelesene und später selbst gemachte Erfahrung ist die, dass solche Konflikte eigentlich nicht vorkommen. Im Schwarzwald habe ich schon in einer kommunalen Tourismus-Information gesessen und durfte am dortigen Computer die in Frage kommenden Schutzhütten recherchieren. Diese sind dort auch oft übernachtungstauglich ausgestattet, so dass man von vornherein annehmen muss, dass das Übernachten erlaubt ist. In Nationalparks gehe ich hingegen davon aus, dass das Übernachten generell verboten ist, also vermeide ich das und setze mich insofern auch keinem Bußgeldrisiko aus. Völlige Verhaltenssicherheit gibt es bei diesen Praktiken aber nicht. Das Auffüllen von Wasserflaschen auf Friedhöfen ist ein ähnliches Thema. Das ist eine allgemein akzeptierte Praxis, aber es ist in Thüringen schon vorgekommen, dass jemand einen Wanderer davon abhalten wollte, da es ja nicht sein Wasser sei. Bei ODS wurde das dann als Straftat diskutiert. Wenn das mögliche Gegenüber meine Nasenspitze nicht mag, wie zopiclon oben schrieb, kann man sich also unerwartet in einer Konfliktsituation wiederfinden, die man nach der bisherigen Erfahrung nicht erwartet hat. Aber meistens ist es doch anders. Die Nasenspitze des Wanderers wird häufig mit Wohlwollen betrachtet, wenn er zahlenmäßig nicht überhandnimmt und sich zu benehmen weiß. Der Jagdpächter, den es ja immerhin etwas angeht, ist womöglich zufrieden, wenn jemand in der Schutzhütte schläft, statt sich zum Schlafen im dichten Wald zu verstecken. Die Einheimischen empfehlen oft irgendwelche Schutzhütten oder auch geeignete Stellen zum Wildzelten, wenn man unterwegs oder beim Einkehren ein Gespräch darüber anzettelt. Insgesamt gibt es viel mehr Solidarität als Ablehnung, wenn auch mit regionalen Unterschieden. Ich rate einfach zu etwas mehr Vertrauen. Wer sich als Gast verhält, wird zumeist auch gastfreundlich behandelt.
  2. Gerne Es gibt aber keinen richtigen Grund, das Gesagte so zu verzerren. Das positive Recht ist nicht heilig. Es ist dazu da, diejenigen Handlungskonflikte zu lösen, die der Gesetzgeber auf dem Schirm hatte. Die Kenntnis des Gesetzes ist daher in manchen sozialen Situationen, die der Gesetzgeber nicht auf dem Schirm hatte (und auch nicht unbedingt haben musste), weder notwendige noch hinreichende Bedingung für situationsangemessenes Verhalten. Häufig bedeutet das, dass man etwas selbst entscheiden kann und muss, und manchmal bedeutet es, dass man mit anderen etwas aushandeln muss. Und wenn sie gerade nicht da sind, muss man manchmal überlegen, zu welchem Ergebnis die Aushandlung wohl führen würde. Und dass das Übernachten in Schutzhütten vielerorts toleriert wird, liegt ja nicht nur daran, dass jemand es nicht auf die Reihe bekommen hat, die irgendwo eventuell vorhandenen Gesetze auch durchzusetzen, sondern daran, dass dieses Übernachten regional als eine unkritische Praxis betrachtet wird, die nicht unbedingt restlos reguliert werden muss. Es genügt, wenn das eventuelle Gesetz so beschaffen ist, dass man im Zweifel eine Handhabe gegen Exzesse hat. Diese Art von Toleranz ist übrigens im Ordnungsrecht nichts Besonderes.
  3. Das ist ja mal wieder ein umwerfender Thread. Eigentlich gehört das Übernachten in Schutzhütten zu den wenig problematischen Praktiken. Es wird eben meistens toleriert, weil es jedenfalls aus Sicht der zuständigen und unzuständigen Stellen (Gemeinden, Forstämter, Jäger:innen, Ranger:innen usw.) eine relativ geringe Störung darstellt. Die Relevanz der Rechtslage wird in abstrakt diskutierenden Foren üblicherweise überschätzt; denn außer dass das vielleicht Verbotene oder nicht wirklich Geregelte toleriert wird (was häufig der Fall ist), kommt beim Übernachten auch noch der seltenere Fall vor, dass das wahrscheinlich rechtlich Erlaubte trotzdem unerwünscht und ggf. unangemessen ist. Eigener Verstand und vorauseilendes Arrangement mit anderen Naturnutzer:innen ist also wichtiger als genaue Prüfung der Rechtslage. Ich habe selbst sehr oft in Schutzhütten übernachtet (meist in nur mäßig frequentierten Wandergebieten, aber selbstverständlich z.B. auch am Westweg, wo es völlig akzeptiert ist) und musste mich dafür noch nie rechtfertigen. Freilich würde ich Nationalparks und Naturschutzgebiete (im Unterschied zu Naturparks) immer meiden, weil hier das Verbot in der Regel explizit und auch naturschutzfachlich unzweifelhaft ist.
  4. Ich teile alle genannten Bedenken, insofern bist du nicht der Einzige. Hier ein paar teilweise undurchdachte Vermutungen: (1) Für einen modernen Outdoor-Touristen ist Spontaneität vor allem ein Mangel an Planung. Spontaneität birgt auch die Gefahr, dass das zeitknapp geplante Erlebnis ganz anders ausfällt als gewünscht, man zum Beispiel bei schlechtem Wetter viel länger als erwartet laufen muss, um am Ende einen irgendwie uncharmanten Schlafplatz zu finden. Im Zweifel ist also programmiertes Erlebnis vorzuziehen: Man bucht frühzeitig und stellt die dann immer noch fehlende Kontrolle über das Wetter her, indem man es sich zumindest vorhersagen lässt. Planung ist überhaupt der schönste Teil der Freiheit. (2) Der Naturraum, um den es Nutzungskonflikte gibt, ist zunehmend aufgeteilt und organisiert. Man trifft also bei dem Versuch, draußen zu schlafen, nicht etwa zufällig den Jagdpächter und verständigt sich mit ihm darüber, wo man jetzt mal schlafen könnte, ohne ihn zu stören – diese Art von Konfliktbewältigung ist eine Überforderung. Es muss also im Vorhinein geregelt sein, wer was wann wo darf. Alle anderen Waldnutzer (Forstbetrieb, Jäger, Naturschutzbehörde) können sich dann darauf verlassen, dass nächtliche Besucher nur in bestimmter Höchstzahl an bestimmten Punkten anzutreffen sind. (3) Gäbe es für diese Gegebenheiten keine Notwendigkeit, so könnten sie trotzdem dadurch zustande kommen, dass sie der Logik der Digitalisierung entsprechen. Nicht weil es nötig ist, sondern weil es möglich ist, wird das Übernachten im Wald zu einem Gegenstand sorgfältiger Datenverarbeitung, und die Gefühle, die die Nutzer der Systeme dabei haben, beginnen sich den Gefühlen der Datenverarbeitungsmaschinen anzuverwandeln, das heißt: Der Aufenthalt in der Natur fühlt sich erfolgreich an, weil er fehlerfrei programmiert war. (4) Etwas ernsthafter: Das Gefühl der Unsicherheit, das man manchmal hat, wenn man in einem Land ohne Jedermannsrecht allmählich die Nacht hereinbrechen sieht, könnte doch stark gemildert werden, wenn man vorher einen unmissverständlichen Rechtstitel erworben hat. Dann kann man sich unbeschwerter aufs Wandern konzentrieren. Jede Unfreiheit, auf die man sich einlässt, hat auch einen Aspekt von Entlastung.
  5. Der Satz "Geistes- und Sozialwissenschaftler haben meistens keine Zeit zum Wandern" hat im Kontext der Website, von der er stammt, einen ironischen Unterton, und der Kontextsinn ist der folgende: Da die meisten Geistes- und Sozialwissenschaftler im Zuge ihrer Karriere kaum noch Zeit für eigene leibliche Naturerfahrung haben, behelfen sie sich (wie bei vielen anderen Themen auch) mit "Diskursen", mit Bibliotheksinhalten, zum Beispiel mit Äußerungen verstorbener Philosophen und Schriftsteller, die man nachplappern und analysieren kann. Interessanter wäre aber die Reflexion von Erfahrungen, die man selbst gemacht hat. Und zwar ohne dabei in bloß gemeinschaftsbildende Schemata zu verfallen. Dass man wandert, um sich zu beweisen, mit wie wenig man auskommt, ist ja zum Beispiel auch eine Behauptung, die schon oft wiederholt worden ist; Christine Thürmer hat das bestimmt auch schon hundertmal öffentlich gesagt. In Wirklichkeit ist das aber kein Grund, ausgerechnet zu gehen. Man müsste ja sozusagen erklären (wenn man überhaupt irgendetwas erklären will, was man natürlich nicht muss), welcher "Thrill" denn im Gehen selbst liegt.
  6. Ich habe das Video in der Tat nicht vollständig gesehen. Falls es da explizite Aussagen gegeben hat, würden mich die natürlich interessieren. EDIT: Und bei näherer Betrachtung bleiben die Argumente (zwischen min. 18 und 21 des Videos) eben relativ subjektiv bzw. persönlich. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, wenn es sich um ein eigenes, privates Wanderprojekt handelt. Nur wenn der Anspruch der eines geographischen Deutschland-Wanderwegs wäre, würde man hier eben konstatieren, dass es sich bei der vorgeschlagenen Route sozusagen willkürlich um eine ausgeprägte Westvariante handelt.
  7. Es ist gewissermaßen ein Problem der mentalen Geographie. Das Land ist eben durch die Wiedervereinigung unförmig geworden, nachdem die frühere BRD eine klare Bananenform hatte. Dieser Bananenform folgt der Nord-Süd-Trail mehr oder weniger, wobei aber die Wanderstrecke mehr als dreimal so lang ist wie die Luftlinie. Der Erfinder (dessen Beiträge ich ansonsten gerne ansehe und dessen Redestil ich angenehm finde), wohnt eben weit im Westen. Als Berliner würde ich bei sonst gleicher Konstruktionsmethode eher eine Route von Kap Arkona ins Allgäu entwickeln, wobei ich gern zugebe, dass es in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt mitunter Schwierigkeiten geben wird, etablierte Fernwanderwege einzubeziehen. Einen Wanderweg der Deutschen Einheit von Görlitz nach Aachen gibt es schon, aber der wäre mir gewissermaßen zu sehr Themenwanderweg, ähnlich wie das Grüne Band. Rein geographisch betrachtet würde einiges für eine Nordost-Südwest-Diagonale sprechen, aber auch eine Nordwest-Südost-Diagonale (Sylt-Passau) wäre denkbar und nach der vorgeschlagenen Methodik konstruierbar. Im Hinblick auf die Realisierbarkeit als Thruhike könnte man ferner überlegen, ob eine 2000-km-Route (also etwa doppelte Luftlinie ohne exzessive Umwege) nicht gewissermaßen attraktiver ist.
  8. Der Nord-Süd-Trail ist ja nun fast ein BRD-Nostalgietrail. Als Postillon-Leser würde man sich fragen, wie denn bei dem ultrakurzen Abstecher nach Mecklenburg-Vorpommern die Grenzsperranlagen überwunden werden sollen.
  9. OT: Was man sich hier alles anhören muss ... Wie Du weißt, bin ich ein Anhänger magischen Denkens. Ich hoffe also, eine Botschaft zu haben und schneller zu laufen, wenn ich diesen Namen sozusagen als Uniform trage. Ja klar, Smiley:
  10. Ich habe persönlich keinen Schaden von diesem Verdacht; aber da er nicht zutrifft, wäre es vielleicht Serdar gegenüber unanständig gewesen, euch in dieser Frage nicht wenigstens widersprochen zu haben. Beweispflichten sehe ich da jetzt keine, und die Diskussion in der Sache ist auch unter der Annahme möglich, ich sei Serdar.
  11. Es stimmt natürlich, dass manches von dem, was ich hier geschrieben habe, auch von Serdar hätte geschrieben werden können. Aber ich nehme mal zu seinen Gunsten an, dass er sich hier, wenn überhaupt, dann nicht verdeckt zu Wort melden würde; auch könnte man sonst angesichts des allerersten Satzes der Meinung sein, er nehme beim Eigenlob den Mund etwas zu voll.
  12. Ich habe mir das angeschaut und bin so weit einverstanden. Bei den meisten politischen Themen wäre es vermutlich ein Desaster, wenn die Moderatorin (m/w/d) unvorbereitet wäre. Ich finde aber, dass man bei einem solchen Thema wie dem Fernwandern journalistisch durchaus verschieden vorgehen kann. Wenn der Interviewer unvorbereitet ist, beginnt das Gespräch eben an einer Stelle, wo sich auch der von außen kommende Zuhörer befindet, wenn er vom Fernwandern keine Ahnung hat. Das kann, wie mir scheint, produktiv sein. Serdar hat zwar zum Teil irgendwie merkwürdige Fragen gestellt und auch skurrile Dinge gesagt, aber trotzdem war das Gespräch insgesamt inhaltsreich. Dass die gesamte thematische Strecke von der Unterwäschepragmatik bis zu religiösen Fragen durchlaufen wurde, ist zunächst einmal eine Leistung, die auch in Fachforen wie ODS und ULT nicht jeden Tag erbracht wird. Und ganz allgemein kann man ja von so einer Sendung, die sich an ein externes Publikum richtet, nicht erwarten, dass ein perfekt vorbereiteter »Sekundärauskenner« gemeinsam mit einem Fernwanderer (m/w/d) der Idee des Fernwanderns huldigt, also sozusagen milieuspezifisches Gruppenselbstmarketing betreibt. Solche Interviews gibt es ja in Outdoor-Magazinen und im Marketing der Ausrüster zuhauf und ich kann das nur noch überfliegen, weil ich mich sonst eventuell dabei zu Tode langweile. Von außen betrachtet ist das Fernwandern nun einmal etwas Befremdliches oder kann es zumindest sein, und bei der Annäherung daran muss diese Befremdung sich thematisch irgendwie artikulieren können – zum Beispiel so, wie es in Serdars Frageweise geschieht.
  13. Ich finde deine Erläuterung ganz einleuchtend. Habe ja nicht behauptet, dass an dem, was du zu diesem Thema eventuell sagen könntest, auf jeden Fall etwas problematisch sein wird. Jetzt bin ich nur neugierig geworden, wie sich denn der Moderator/Interviewer idealerweise verhalten sollte. Denn in manchen anderen Interviews passiert ja zum Nachteil derjenigen, die deine Bücher schon gelesen haben, das Umgekehrte: Die Interviewer stellen allerlei Fragen, zu denen die Antworten schon gedruckt vorliegen.
  14. Habe nichts dergleichen behauptet. Nach 47.000 Kilometern gibt es natürlich so etwas wie schlechthin bewährte Praxis und entsprechendes implizites und explizites Wissen. Allerdings sind wir hier ja nicht bei Facebook, sondern in einem Fachforum; man darf also mal über die Bewunderung (die der Interviewer immerhin teilte) hinausdenken. In Serdars Bemühungen klingt unter anderem die Frage an, ob das Bewährte immer auch normativ ist. Oder anders formuliert: Wie plausibel ist der Gedanke einer »best practice« beim Fernwandern? Konvergiert das, was sich bewährt hat, zu einem Muster, wie man es machen muss? Und diese Frage ist doch offen.
  15. Wobei man ja auch ohne zu lästern festhalten könnte, dass in diesem Gespräch Christine diejenige war, die auf der Gültigkeit ihres Wissens bestanden hat.
  16. Unter allen Interviews mit Christine, die ich in den letzten Jahren gehört oder gesehen habe, ist dies mit Abstand das beste, finde ich. »Oberflächlich« wird so ein Fragespiel ja dann, wenn auf vorgefertigte und erwartbare Fragen vorgefertigte Antworten gegeben werden, die man genauso gut auch in den Büchern nachlesen könnte. Das war hier nur teilweise der Fall, und persönlich bemerke ich den Unterschied daran, dass mich die aufgeworfenen Fragen nachher noch eine Weile beschäftigt haben. Es könnte einem einerseits zu denken geben, dass schon der Romantiker Seume auf dem Weg nach Syrakus im Rahmen seiner technologischen Möglichkeiten ähnlich unterwegs war wie Christine, also mit einem festen Ziel, connecting footsteps (soweit ich weiß), dezidiertem Ausrüstungskonzept und dergleichen. Andererseits kann man natürlich jederzeit die Frage aufwerfen, ob Fernwandern auch anders ginge, und die kulturgeschichtliche Standardantwort darauf kann nur sein: Ja klar, es geht immer auch anders und ist auch anders gemacht worden. Um überhaupt irgendwie voranzukommen und den Begriff des Fernwanderns zu erfüllen, bedarf es natürlich irgendwelcher Arten von Disziplin. Aber vieles daran bleibt kontingent, könnte also so oder anders gemacht werden. Der geographische End- und Zielpunkt muss zum Beispiel nicht präzise definiert sein, man könnte etwa irgendwo in Nordfrankreich aus dem Zug aussteigen, nach den ersten Etappen Paris mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchqueren und dann nach Südfrankreich weiterlaufen, bis man irgendwo das Mittelmeer erreicht. Auch Linearität ist nicht schlechthin geboten. Das Vorhaben als ganzes muss nur irgendeine Form und insoweit auch gewisse Regeln haben, aber viel mehr darüber zu sagen, könnte auf eine unzweckmäßige Verallgemeinerung der jeweils eigenen Praxis hinauslaufen. Wenn die meisten real existierenden Fernwanderer und Fernwanderinnen das anders sehen und zum Beispiel enge Konzepte von Challenge, Accomplishment und dergleichen verfolgen, dann kann das auch daran liegen, dass die Vorstellung davon, was ein Vorhaben ist, in gewisser Weise jeweils zeittypischen Handlungsmustern folgt, die zum Beispiel der Arbeitswelt entnommen sein können. Von daher macht es auch Sinn, dass Christine ihre Wanderpraxis als eine Art Berufstätigkeit erläutert, und die Sinnfrage ist damit entweder beantwortet oder erst recht aufgeworfen. Jedenfalls stellt sie sich hier im Grunde nicht dringender als bei anderen Berufstätigkeiten. Christine könnte also sagen: Das ist einfach mein derzeitiger Beruf, und der hat gewisse befriedigende Eigenschaften, so dass ich einstweilen an ihm festhalte. Das ist nämlich eigentlich eine Selbstzweckdimension des Lebens. Christine hat allerdings im Interview noch etwas anderes – wiederum Zeittypisches – getan, indem sie nämlich versucht hat, die befriedigenden Eigenschaften ihrer Berufstätigkeit als ein gutes Training des Selbstvertrauens (und des glücksrelevanten Bedürfnisminimalismus) zu erklären. Das klingt ein bisschen so, als wäre es anstößig, das Wandern als Selbstzweck zu deklarieren, und als müsste jede Tätigkeit, die man intensiv betreibt, zumindest irgendeine Dimension der Selbstoptimierung oder der Persönlichkeitsentwicklung haben. Tatsächlich ist es unvermeidlich, dass beim Fernwandern auch Kompetenzen entstehen, aber es wäre ja denkbar, dass die eigentlich nur ein Nebeneffekt sind. Die Sinnfrage ließe sich eben mit etwas Ironie auch so beantworten, dass für ein endliches Lebewesen, das physisch zum Gehen disponiert ist, das Weitwandern als »Gehen und Sehen« ein ebenso würdiger Selbstzweck sein kann wie viele andere »müßige«, z.B. künstlerische Tätigkeiten auch. (Chaski heiße ich natürlich deshalb, weil ich selbst immer nur 15 bis 25 Kilometer wandere und mich dann ausruhe.)
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