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Ultraleicht Trekking

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Geschrieben

Der Rothaarsteig hat ja einen gewissen Ruf als selbsternannter "TopTrail of Germany" und viele hier im Forum sind ihn wahrscheinlich auch schon gelaufen - als der Wald noch da war!

Da ich in Nordrhein-Westfalen wohne, stand er auch für mich schon lange auf dem Programm. Dieses Jahr sollte es also endlich soweit sein - mein Mann und ich haben uns vor zwei Wochen auf den Weg gemacht und ich möchte Euch nun über unsere Erfahrungen berichten:

Wir starten unsere Tour in Marsberg, weil wir dort im letzten Jahr die Hermannshöhen (unbedingte Empfehlung!) beendet haben. Ein knackiger Anstieg führt uns zunächst hinauf ins historische Obermarsberg. Anschließend folgen wir der Waldroute zum Diemelsee. Das lässt sich ebenfalls recht sportlich an, denn die Waldroute nimmt jeden Hügel im direkten Anstieg mit! Nachdem wir die imposante Staumauer des Diemelsees bewundert haben, folgen wir Doppelbalken nach Brilon. Das ist leider überwiegend Asphalt, aber immerhin recht direkt.

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Die ersten Kilometer nach Brilon sind gute bevölkert, denn es ist Wochenende. Es geht auch schon gleich ansprechend los mit einigen schönen Pfaden und viel Grün. So richtig begeistern uns die fast alpinen Pfade über den "Ginsterkopf-Kamm". Die Bruchhauser Steine schaffen wir leider nicht, da wir aufgrund von Gewittergefahr den Campingplatz in Bruchhausen erreichen wollen. 
 
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Der Aufstieg auf den Langenberg weiß durch schöne Pfade und Nebel zu begeistern. Endlich sind wir auf dem höchsten Gipfel von NRW! 
 
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Wunderbar ist auch der Weg über den Clemensberg, durch die Hochheide und über den Hillekopf. Kurz vor Winterberg überrascht uns die kleine aber feine Schlucht, die wir bislang nicht kannten. 
 
Der Aufstieg auf den Kahlen Asten ist angenehm und oben bewundern wir wieder die Heide. Der anschließende Weg nach Langewiese ist trotz Asphalt ganz schön, teilweise kann man neben der Straße gehen. Ein Kneippbecken erfrischt unsere Füße. Nach Langewiese weiter Asphalt und die ersten unangenehmen Kilometer auf Schotterpiste an den Weihnachtsbaumplantagen vorbei. Nach dem Heidenstock wird der Weg wieder etwas naturnaher und nach einer weiteren Forstautobahn erreichen wir den langezogenen Bergrücken der Kammvariante (Großer Kopf). Hier gibt es auch noch recht viel Wald. Nach der Millionenbank erreichen wir Jagdhaus, wo der Weg eine alberne Schleife drum rum macht (man läuft dabei mehr Asphalt als wenn man den winzigen Ort direkt durchquert hätte!). Nach Jagdhaus folgt großflächiger Kahlschlag (insgesamt ca 10 km am Stück), der sich bis zum Margarethenstein zieht. 
 
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Hier auch schon mal ein Wort zu den Forstautobahnen: ich konnte es mir ja im Vorfeld nicht vorstellen, wie schlimm das ist. Ich dachte mir: naja, auf Schotter kommt man doch gut voran und wenn die Umgebung schön ist, dann macht das ja nix. Allerdings sind die Schotterwege hier im Rothaargebirge erstens brandneu (nach den großflächigen Abholungen der letzten Jahre mussten natürlich auch die zerstörten Wege - für die Forstwirtschaft! - wieder hergestellt werden), und zweitens mit wirklich riesigen, spitzen Schottersteinen versehen. Gut für die schweren Forstmaschinen, wirklich schlimm zu Wandern. Und es werden noch viele, viele Kilometer darauf folgen...
 
Zwischen Margarethenstein und Rhein-Weser-Turm keimt Hoffnung auf, es gibt Wald und Naturpfade. Danach folgt der Anstieg ins Schwarzwassertal. Was sich idyllisch anhört könnte langweiler nicht sein. Ein kurzes Highlight ist die Überquerung des Bachs, in dem man prima wieder die Füße erfrischen kann.
Weiter geht es auf Forstautobahnen, dann wieder durch Kahlschlag am Dreiherrnstein vorbei, bis wir an der Ferndorfquelle wieder Wald und Schatten erreichen. 
Die Ginsburg lassen wir aus Zeitgründen aus, der Gillerturm bietet schöne Aussicht. 
 
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Auch ins Edertal führt eine Schotterpiste, hier immerhin etwas feinerer Schotter, der besser zu gehen ist. Richtig schön wird es im Ederbruch.
 
Die Strecke bis zum Lahnhof führt an weiteren Quellen vorbei und endlich gibt es wieder Pfade und auch einiges an Wald! 
Nach dem Lahnhof wird es dann richtig schlimm, da hilft auch die grüne Oase an der Ilsequelle nix. Fast nur Kahlschlag auf Forstautobahnen in praller Sonne bis man die Tiefenrother Höhe erreicht! Das sind gut 25km!! 
 
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Ab der Tiefenrother Höhe gibt es wieder Wald und Pfade. Man hat auch den Weg umgelegt, so dass er nicht mehr über den Radweg am Forsthaus Steinbach vorbei führt, sondern angenehm durch den Wald.
 
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Die letzten 12km nach Dillenburg haben es dann nochmal in sich: nach zwei Hügeln geht es noch ein drittes Mal dann so richtig fies und lang bergauf, bis man am Bismarcktempel vorbei endlich nach Brilon absteigt.
 
Im Hofgarten von Dillenburg gibt es eine große Holz-Stele, an der man ein Abschlussfoto machen kann. Achtung: sie steht etwas versteckt hinter dem Biergarten. 
 
Mein Fazit des Rothaarsteigs:
 
Bis zum Kahlen Asten finde ich den Weg geradezu großartig. Danach hat er seine Momente, aber auch mit Wald sind die Forstautobahnen einfach eine Zumutung. Mir ist ein Rätsel, wie der Rothaarsteig so einen guten Ruf erwerben konnte. 
 
Der Weg war unglaublich einsam, wir haben auf der gesamten Tour nur eine Handvoll Tageswanderer und einiges an E-Bikern (alle sehr entspannt) gesehen.
Wann wanderen denn die vermuteten vielen anderen Leute den Weg?!
 
Die zahlreichen Quellen sind ein Hit - allerdings sind sie vor allem im zweiten, nicht so schönen Teil zu finden.
Nutzbar waren für uns: Ruhrquelle, Lennequelle (beide aber nur kleine Rinnsaale), Sombornquelle, Ferndorfquelle, Siegquelle, die heilige Ilsequelle und die Dillquelle. 
Geschrieben

Hatte vor einiger Zeit mal ein Video gesehen, wo einer den Weg gelaufen ist...das hat mich damals echt schockiert. Ich bin den Weg ungefähr 2013 gewandert, da hatte man teilweise das Gefühl, man wäre in Kanada oder so. Wald so weit das Auge reichte und ganz viel naturbelassener Weg. Das war richtig wild. Hab damals kaum einen anderen Menschen gesehen und jede Nacht draußen geschlafen und das Wasser aus den Quellen genommen. Die Dillquelle zB war mitten in dichtem Wald und in dem Video stand ringsum kaum ein Baum mehr...echt heftig. Also der Weg war definitiv mal einer der schönsten Wege Deutschlands...aber heute nicht mehr. Naja, immerhin habt ihr ihn jetzt von der Liste abgehakt!

Geschrieben

Ich lese das hier gerade - und freue mich, dass ich den Weg mit meiner Traumfrau 2014 gegangen bin. Da war der echt schön...

Schade, dass so viel geschottert wurde. Und das so viel Wald weg ist. Zum Glück bleiben ja die Erinnerungen 😊

Geschrieben (bearbeitet)

Ich bin den Rothaarsteig im Juni 2019 gelaufen und der Wald stand noch zum größten Teil..
Im Oktober 2022 war der Wald großflächig verschwunden (bspw. an der Dill-Quelle).

Durch den Kahlschlag bieten sich jetzt allerdings an vielen Stellen schöne Weitblicke..

Den Titel: "Toptrail of Germany" hatte er m.E. allerdings nie verdient. Man darf auch nicht vergessen, dass diese Titel reines Marketing sind und die Wege ansich nur anhand ihrer "Infrastruktur" als Toptrail bewertet und bezeichnet werden. Eine Infrastruktur die unsere Community hier eigentlich nicht sucht.. wir suchen doch eher natürliche Wege ohne Schutzhütten und Liegebänke.

Es gibt seehr viele schönere Wege in Deutschland, die diesen Titel nicht tragen!

Vielen Dank trotzdem für euren schönen Bericht!

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Bearbeitet von J_P
Geschrieben (bearbeitet)

@waldhummel Als jemand, der quasi genau auf der Hälfte des Steigs wohnt, kann ich dein dauerhafte unterschwellige Kritik absolut verstehen... Ich bin ihn nach meinem Umzug damals in zwei Etappen gelaufen, zuerst die Südhälfte bis Jagdhaus im Wintereinbruch Anfang April mit Zeltübernachtung bei Tiefsttemperatur bei Minus 12 Grad auf der Lahnquelle (!), dann im nächsten Sommer die Nordhälfte ab Brilon bei Temperaturen von nachts 20 Grad und höher.

 

Das Problem liegt leider woanders. Und das muss man vorher wissen, akzeptieren und vielleicht auch zum Positiven umdeuten.

 

Viele Top Trails of Germany - ich bin gerade letzte Woche den Ederhöhenweg von der Haustür bis zum Ederstausee gelaufen, der diesen Status aus meiner Sicht auch nicht mehr verdient hat, davor den Westerwaldsteig, davor den Ahrsteig - alle diese Landschaften leiden in ihrer früheren Waldwahrnehmung einfach extrem unter dem Klimawandel.

 

Dazu kommt, dass insbesondere der Rothaarkamm in der historischen Betrachtung extrem waldwirtschaftlich malträtiert wurde - geplante Reparaturzahlungen und die anschließende Aufforstung mit schnellwachsenden, eigentlich nicht heimischen Fichten, die den steigenden Temperaturen nichts entgegensetzen konnten, tun ihr übriges. 

 

Als jemand, der hier lebt, der täglich wandern geht, los läuft und mit dem MTB unterwegs ist, als jemand, der genauso von der schotterlastigen "Weg-Ertüchtigung" für Holz-LKW und Rückwagen und dergleichen betroffen ist -  also aus meiner Sicht gibt es daher zu deinem traurigen Eindruck nur einen positiven Aspekt zu berichten: Durch die großflächige Abholzung hat man mittlerweile Blickachsen, von denen man vor 20 Jahren nicht mal träumen konnte.

 

Bin damals im Harz groß geworden, aber auch der wird in den nächsten 130 Jahren nicht so aussehen, wie ich es lieben gelernt habe.

 

Die Frage ist für mich im Abschluss also, was man selbst aus dem Weg und seiner Einstellung zu den Umständen macht. Ja, man kann sich über die Kalimitätsflächen und den groben Schotter unter der Sohle aufregen. Man kann aber auch die Möglichkeiten der Weitsicht akzeptieren und dem Umstand, dass eben auch diese Flächen wieder grünes Leben ermöglichen, willkommen heißen. 

 

 

 

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Rothaarsteig-Heide mit Blick in Richtung Winterberg, 2024.

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Ederhöhenweg im Bereich Holzhausen, 2025.

Bearbeitet von sirm3rl1n
Beschreibung der Bilder
Geschrieben

@sirm3rl1n Mein Bericht sollte gar nicht so negativ klingen... ich kann auch den Kahlschlagflächen einiges abgewinnen. Da wachsen spannende Pflanzen und natürlich hat man großartige Aussichten. 

Die Egge letztes Jahr zu durchwandern war ein tolles Erlebnis: alles pink voller Fingerhut, Farndschungel und Pfade, die sich durch Grasland schlängeln.

Für mich persönlich waren die groben Schotterwege schwer zu gehen und die Monotonie war mental anstrengend. Das trotzdem zu schaffen, dem kann ich durchaus auch was abgewinnen!

Ich freue mich auf jeden Fall zu lesen und anhand der Fotos zu sehen, wie die Gegend mal ausgesehen hat!

Mir war es einfach wichtig, mal einen aktuellen Eindruck zu geben, wie der Weg jetzt aussieht, da ich mir im Vorfeld kein genaues Bild davon machen konnte. 

 

 

Geschrieben (bearbeitet)

Danke für den Bericht. Bin den Weg vergangenen Mai gelaufen und mir ist er abgesehen von den Waldautobahnen sehr positiv in Erinnerung geblieben. Da ich gern Northbound laufe, war ich auch hier in diese Richtung unterwegs.

Was ich damals festgehalten habe:

  • Wegbeschaffenheit: Wie so oft viele Waldautobahnen, sonst aber mehr Singletrails als Asphalt
  • Natur: Berichte zum Kahlschlag hatten mich unnötig negativ gestimmt. Er eröffnet viele schöne weite Sichten. Tolles Gras- und Buschland, wo die Stürme und Borkenkäfer Schneisen hinterlassen haben gespickt von teilweise schönen Wäldchen.
  • Abgeschiedenheit: Viel Ruhe und Einsamkeit, vor Allem in der Ecke um Jagdhaus. Über einen halben Tag habe ich hier keine Menschenseele getroffen. Wo es Anbindung an die Öffis gibt, ist es voller. Vor allem um den Kahlen Asten und Winterberg war viel los und mehr Straßenlärm (unterwegs von Samstag-Dienstag)
  • Beschilderung: Zu 99 Prozent ohne Karte / Navi möglich
  • Wasser: Quellen über Quellen


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Interessant, dass du die Hermannshöhen im Vergleich so lobst. Bin sie wenige Wochen vor dem Rothaarsteig gelaufen und getrennt betrachtet hätte ich den ersten Teil (Hermannsweg) auf meiner Liste niedriger eingestuft als den RHS, den zweiten (Eggeweg) aber höher. 

Bearbeitet von paff
Geschrieben

Also ich bin vorletztes Jahr den Wittekindsweg in deutschlands nördlichstem Mittelgebirge, dem Wiehengebirge, gelaufen, im Frühjahr, wo nach den Winterstürmen, noch reichlich „Baummikado“ auf den Wegen herumlag.

Das war teilweise echt abenteuerlich. Aber ich fand den Kahlschlag, mit seinen dadurch entstandenen Blickachsen, sehr schön, da ich ansonsten bei vielen Wegen durch Mittelgebirge die schönen Ausblicke vermisse, die da wären, würden nicht überall verdammte Bäume im Weg stehen!

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