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Ultraleicht Trekking

Erster Rucksack; aus Cordura, rahmenlos, mit Hüft-/Schulterpolster, ~55l Volumen, 650g, für 12-14 kg


Tao

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Werte Gemeinde,

Ich stelle euch heute mal meinen Rucksack vor und wie und warum es dazu gekommen ist. Der Text ist zu eurer Inspiration und Unterhaltung gedacht, aber auch für mich, einfach um es los zu werden.

Es ging vor wenigen Wochen los, als mich mein Billigschlafsack auf einem Festival so genervt hat, dass ich schon auf der Rücktour über eine MYOG Variante nachdachte. Es wurde ein einfacher Deckenschlafsack (APEX 100, 650g) ohne Kapuze und da die Nähmaschine eh noch warm war, nähte ich noch ein paar Packsäcke. Das reichte noch nicht aus, aber da ExTex glücklicherweise 10 Gehminuten von mir entfernt ist, wurde schnell noch Ripstop SilPoly geholt und ein 3m*3m Flat Tarp (30 den, 450g) genäht. Nun war der Wahnsinn erreicht und ich konnte nicht anders, als eine schon lange in mir brodelnde Idee umzusetzen, einen Rucksack der die Vorteile vieler meiner anderen besitzt.

Basis ist der Zpacks Nero, von dem ich die Grundkostrunktion des Korpus mit Netz und die Aufnahme einer CCF Matte als Rückenpolster/versteifung übernahm. Dazu kommen die Hüft- und Schultergurte inkl. Aufhängungen und Load Lifter von einem Granite Gear Virga 2. Geborgt sind auch die Ideen vom Rolltop eines Huckepacks Phoenix lite und eine Bodentasche von z.B. Atompacks.

Konzeptionell soll der Rucksack hauptsächlich 35cm lange Ausrüstungsgegenstände (MYOG Schlafsack s.o. und Tarptent Aeon Li) quer aufnehmen können, da dies meine stark bevorzugte Packweise ist. Weiterhin sollten die Materialen eher günstig, etwas robuster und damit auch nicht super duper ultra ultraleicht sein, weil der Einsatzzweck eher Festivals/Reisen sein soll. Dem entsprechend sind auch die Maße gewählt: 35cm breit, 18cm tief und 70-80cm hoch und damit 44-50l Volumen im Korpus. Die Netztasche ist bei mir auch immer voll, also wurde sie auch etwas größer geplant mit 35cm*45cm.

Das Material sollte Cordura werden, da mir das Aussehen und die Haptik einfach gefallen. Explizit ist es das unbeschichtete 330den in schwarz und in blau (je 50 cm reichten). Als Polsterung ist klassisches 3D Netzgewebe mit 3mm (50xm*50cm) doppelt gelegt zum Einsatz gekommen. Für die Netztasche ist robuster Polyester Netzstoff (175g/m²) vernäht worden und die Seiten- sowie die Bodentasche schwarzes elastisches Dyneema/Nylon mit 230g/m². Netztasche, Mattenbefestigung und Rolltopfixierung bekamen allesamt schwarzes elastisches Band mit 3mm Durchmesser. An die Materialien der Gurte kann ich mich nicht mehr erinnern, wahrscheinlich meistens "Sicherheitsgurtband" aus Polyester, 25mm für die Hüfte, 20mm für die Schulterpolster und 15mm für die Load Lifter. Ganz normale Schnallen und Verschlüsse aus Plastik kamen entsprechend dazu, sowie zwei Plastikstreifen mit 31cm*1.5cm.

Da mir keine Anleitung so richtig gefallen hat und ich keine Lust auf stundenlange Konzeption hatte, wurde (wie meist bei mir) einfach drauf losgenäht, ist ja kein Hexenwerk und ich habe schon vorher häufig viel drüber gelesen.

Zuerst die Schulterpolster zuschneiden, wobei ich das 3D-Netz mit etwas Cordura verlängern musste. Dann alles auf links vernähen und mit ZickZack versäubern. Umstülpen, Gurtband mit Schnalle aufnähen und fertig. Die Load-Lifter habe ich erst spät aufgenäht, da ich die Positionierung erst am fast fertigen Objekt machen wollte. Ob oder wie Sternum Strap habe ich mich noch nicht entschieden, aber die Option ist ja noch da. Die Hüftgurte wurden ebenso wie die Schultergurte gefertigt.

Als nächstes waren die Taschen dran. Diese wurden für den Seiten ~20% breiter zugeschnitten um besser einhändig Dinge reinzustecken, die Bodentasche ist so breit/lang, wie der Rucksack selbst. Den elastischen Dyneema/Nylon Stoff mit meiner normalen Stoffschere zu schneiden war nicht so spaßig, aber die Schere ist immer noch scharf und die paar Fäden wurden dann mit einem Cutter getrennt. Netzgewebe ist ja zum Glück gar kein Problem. Dazu kam noch Kleinkram wie Schlaufen oder Trägerstoffzuschnitte für Loadlifter und Gummiband der Netztasche. 

Damit blieben nur noch das Zuschneiden und vorbereiten aller fünf Korpusteile. Beim Anzeichnen und Zuschnitt des Stoffes ist Geduld und Präzision ein Muss. Bei jedem Schritt habe ich auch mehrfach überlegt, was wann verbunden werden muss. Spoiler: ging alles gut. Für die Nahtzugabe aller Korpusteile habe ich mich für 2cm entschieden, da unbeschichtetes Cordura wie sonstwas franst. Die Idee dabei war, nachdem alles genäht war die Überstände auf 1 oder 1.5cm zu stutzen und dann mit Band einzufassen.

Zuerst waren also die Seiten dran, heißt zuschneiden, elastische Tasche ran und die noch nicht erwähnten Kompressionsgurte bei 50cm. Die Art der Fixierung des Rolltops mittels Schlaufen und Kordel+Blitzverschluss wollte ich erst am Schluss entscheiden. Das Bodenteil mit nur der Tasche war natürlich noch simpler. Bei dem Netz der Fronttasche hat zum erstem Mal etwas nicht geklappt. Meine Idee, gestrecktes elastisches Band auf den Netzstoff zu nähen sah einfach nicht schön genug aus, also fix beim Nero abgeschaut und einen einfachen Kanal umgenäht. Die elastische Kordel wurde natürlich auch gut und fest auf einen Trägerstoff aufgebracht vor dem Festnähen. Direkt daneben kamen die Schlaufen für meine Rolltopfixierung. Für dieses wurden dann auch noch die 15mm breiten Plastiksteifen ganz oben angebracht, indem ein 2cm Kanal genäht wurde, die Streifen eingeschoben und rund um sie Vernäht wurde. Die Lösung hat gut geklappt, aber ich hätte noch festeres Plastik oder gar Metall nehmen sollen, es wabbelt ein wenig.

Das Rückenteil ist natürlich von enormer Bedeutung, weil es mich ja mit dem Rucksack verbindet und die Last damit überträgt. Daher wurde es auch so spät wie möglich im Prozess bearbeitet und ich konnte meine Erfahrungen einfließen lassen. Für die Verbindung habe beim Virga geschaut und das versucht irgendwie nachzunähen. Also den Stoff umgeschlafen und 18cm Überstand vernäht (auf 50cm Höhe/Rückenlänge) das Trapez abgenommen und die Schultergurte, zwei Schlaufen und einen große Aufhängeschlaufe reingewurschtelt. Das war alles ein bisschen wild, im Nachhinein hätte ich durchaus mehr Zeit und Überlegungen da rein stecken können. Aber ein paar Extraläufe von Nadel und Faden sichern alles ausreichend. Auch der Hüftgurt war nicht ganz einfach, da ich zwar den Virga kopiere, aber 6cm mehr Breite habe, waren sie nach dem ersten Annähen viel zu lang und nicht korrekt auf dem Hüftknochen positioniert. Also wurden sie jeweils 3cm verlegt, aber dazu später noch eine Anmerkung. Drei weitere Schlaufen für die Mattenaufnahme mussten noch ran und auch der Abschluss oben für's Rolltop wurde wie vorher gefertigt.

Zum Schluss wurde alles verbunden, erst Front+Boden, dann beide Seiten ran und zum Schluss das Rückenteil und die übrigen Nähte unten. Die ordentlich verfranste 2cm Nahtzugabe wurde gestutzt und sofort mit etwas dickerem Einfassband eingefasst. Für die Ecken/Übergänge unten habe ich leider keine wirkliche Lösung gefunden und mal versucht im 45° Winkel aufeinander zu treffen, einfach doppelt einzufassen oder stupide mit ZickZack irgendwas zu dingsen. Keine Augenweide, aber es hält und wird in der Tiefe des Rucksacks (104cm!) eh von niemandem gesehen werden. Fehlten noch die Load Lifter, die einfach mit ZickZack aufgebracht wurden und zwei kurze Gurtbänder, die flach auf die Seiten oben genäht wurden. Damit waren die Näharbeiten durch und nur noch drei elastische Kordeln mussten eingefädelt werden, fertig. 

Ich finde ich wirklich schick, minimalistisch und an "Vintage" erinnernd. Der Rucksack trägt sich so gut, wie ich mir es erhofft habe. Kleine Bedenken hatte ich wegen der Überbreite und Armbewegungen, aber da sollte nichts stören. Was mir bei ersten Packen auffiel, ist dass man ein Minimalvolumen von 38l bzw. 60cm zwingend notwendig ist, etwas mehr Kompressionsmöglichkeiten wären schön gewesen, ABER Nero und Virga wollen ja auch eine Existensberechtigung haben. Außerdem hat sich die Kombination aus Mattenaufnahme und Hüftgurt nicht bewährt. Schon eine Z-lite in Torsolänge sorgt dafür, dass die Gurte nicht mehr optimal auf der Hüfte liegen. Die oben erwähnten 3cm hätten es rumgerissen, oder ein noch größerer Hüftgurt, oder etwas verstellbares. So kann halt nur ein Sitzkissen oder der ultradünne z-lite Klon in Torsolänge da rein, was voll okay ist.

Zeitlich war der Aufwand eigentlich noch Überschaubar, vier Abende mit je 3-4 Stunden haben ausgereicht. Gleiches gilt für die Materialkosten von ca. 90€, wenn man die 4 (!) geschrotteten Microtex Nadeln und das obligatorische Nähbier nicht dazu zählt. Der Spaß war durch meinen "einfach drauf los" Ansatz schon ziemlich groß und könnte kleine Ärgerlichkeiten perfekt ausgleichen. Zum Einsatz kommt der Rucksack (Codename "Porter") schon morgen bei einer Zugreise und vielleicht finde ich noch irgendwo ein spätsommerliches Festival.

PS. Die Hoffnung, dass mein aktueller MYOG Wahnsinn durch dieses etwas komplexere Projekt beendet werden konnte ist übrigens gescheitert. Die Stoffreste reichen noch für eine Bauchtasche und als ich Einfassband bei ExTex holte entschied ich mich spontan Material für ein 2p Netzzelt für's Tarp mitzunehmen.

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  • 2 Wochen später...

@adventurer_from_bghDanke, genau so wird's gemacht! Funktioniert in der Praxis auch ausreichend gut, wenn man entsprechend gut packt. Schwere Sachen kann man damit aber nicht oben fixieren, aber eine Doublemat Evazote z.B. geht.

Zwei Reisen mit den ~12kg hat der Rucksack schon hinter sich und hat sich gut geschlagen. Lediglich die Hüftpolsterung von  2*3mm 3D Mesh ist für das Gewicht zu knapp, sodass ich noch zusätzlich 1*8mm in etwas größer anbringe.

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Am 29.9.2023 um 10:09 schrieb icefreak:

Fachfrage: warum unbeschichtetes Cordura? Weil Du dann ohnehin mit Inliner arbeitest?

Ja so ungefähr. Bei Regen nutze ich eh einen Poncho. Rahmenlose Rucksäcke mag ich einfach und habe da eine gewisse Ordnung mit Packsäcken, die dann den Tragekomfort erhöhen und noch eine Nässebarriere bilden. Außerdem ist der Stoff leichter, günstiger und man muss sich keine Gedanken um ablösende Beschichtung (Verbleib, Reparatur) machen. Zu guter Letzt war der Rucksack eh eher als Schönwetteroption gedacht und weniger für ambitioniertes Trekking.

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