Westweg mit Wintereinbruch (2019)
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Von Harakiri
Hallo zusammen!
Da sich die Tour ungewöhnlich in die Länge gezogen hat, gibt es ziemlich viel zu erzählen. Lange habe ich es aufgeschoben, mich an den Bericht zu setzen, doch weil ich es euch schuldig bin, veröffentliche ich ihn nun stückweise hier. Vorab könnt ihr bereits eine Testversion des Reisevideos sehen, die allerdings noch nicht ordentlich vertont ist.
[Im Video sieht man nur den Teil aus Norwegen. Dass die Welt ein weiteres Video von der Strecke Abisko-Nikkaluokta braucht, bezweifele ich. Da ich meine Zweifel daran habe, kommt es nur, wenn ich in der Stimmung dazu bin.]
Teil 1: Anreise
Ach, wäre die Rückreise nur so einfach gewesen! Leider verlaufen die Geschichten, die das Leben schreibt, selten so gradlinig.
25. Februar 2020: Nachdem ich morgens die letzten Wegpunkte ins Navi eintrug, die letzten Karten ausdruckte und meine Sachen für den Flieger packte, ging es am Nachmittag im Auto Richtung Flughafen Düsseldorf.
Erstaunt über mein Vorhaben entschied sich das Personal dazu, meinen Rucksack zum Sondergepäck zu verfrachten. Nachdem ich penibel kontrolliert wurde, machte ich mich mit der dicken EVA-Matte im Handgepäck auf zum Terminal. Sich durch das Gedränge wühlen zu müssen ging mir ordentlich auf die Nerven. Immerhin war das Gate leer. Ich war früh dran. Und der Flieger hatte Verspätung. So saß ich also mit Plastiktüten an den Füßen am Düsseldorfer Flughafen und schrieb gelangweilt den ersten Absatz im Tagebuch.
In Oslo angekommen hastete ich eilig durch den Flughafen, um noch rechtzeitig die Maschine nach Tromsø zu erreichen, Zum Glück war auch dieser Flieger spät dran und konnte erst gegen Mitternacht beladen werden. Leider wurde ich diesmal wie eine Sardine zwischen zwei großen, übel riechenden Männern eingequetscht, die während des Fluges fürchterlich schnarchten. Ich versuchte vergeblich, einzuschlafen und starrte stattdessen mit müden Augen auf die Sitzreihe vor mir, in der Hoffnung, der unrasierte Mann neben mir würde wenigstens seine überdimensionierte Daunenjacke ausziehen. Rückblickend ist es vielleicht doch ganz erfreulich gewesen, dass er die Jacke anließ. Schließlich hatte ich keine Nasenklammer im Handgepäck und wollte mir meine erste MYOG-Erfahrung für einen besseren Zeitpunkt aufheben!
Zu meiner Überraschung wurde die Meute, zu der ich mich in Tromsø gesellte, nicht aus dem Flughafen geworfen. In jede Ecke kuschelte sich irgendein Gast, der dazu verdonnert war, hier die Nacht zu verbringen. Unter einer Treppe lag eine größere Gruppe, die es sich neben ihren Ski gemütlich gemacht hatte. Ein Pariser Schlitten lag nahe der Gepäckannahme herum. Wach war kaum jemand. Sogar die Leute, die sich auf den Gepäckbändern ein Plätzchen gesucht haben, schienen Schlaf gefunden zu haben. Obwohl ich eine Matte dabei hatte, brauchte ich sehr lange dafür und wechselte mehrfach mein Plätzchen.
Von Tromsø aus ging es dann in einem kleinen Flieger in den richtig hohen Norden. In der Maschine hätte man nicht einmal eine Schulklasse unterbringen können. Wir hatten freie Platzwahl. Ich guckte den ganzen Morgen lang aus dem Fenster und verfolgte mit den Augen die Sonne, die schüchtern am Horizont ihre Bahnen zog. Hinter Hammerfest wurde es dann richtig hell und beim Anflug von Berlevåg konnte ich bereits mein Ziel aus der Vogelperspektive betrachten. Die Insel war ein einziges weißes Schild, das sich erhaben aus dem von Eisschollen übersäten Beringmeer hervorhob.
Die kleine Dash 8-100 erreichte nur geringe Höhe zwischen den Stopps. Unter mir sah ich zwei dicke Wale, die nach Luft schnappten. Wenig später erreichten wir meinen Startort, Vardø. Der Flieger schlitterte über die eisige Landebahn und wir liefen in das kleine Häuschen, in dem auf vielleicht 50m² alles von Check-In bis Gepäckannahme erledigt wurde. Wir bekamen unser Gepäck direkt aus dem Bauch des Flugzeuges gebracht. Als letzte Person verließ ich das Gebäude und verstaute in der kleinen angebauten Laube, die als unbeheizten Verschlag für Raucher diente, mein Gepäck im Rucksack. Draußen wartete die Sonne auf mich. Ich schnallte die Spikes unter meine Stiefel und machte mich auf zum Unterseetunnel, den ich durchqueren musste, um in den Ort zu gelangen. Er war der älteste Tunnel seiner Art in Norwegen und etwa drei Kilometer lang.
Nachdem ich etwa einen Kilometer über die vereiste Straße schleppte, spannte ich meine orange Daunenjacke auf den Rucksack, um im nasskalten Tunnel gut sichtbar zu sein, und stapfte gemächlich in die Tiefe. Was anfangs noch wenig störend war, wurde mit zunehmender Tiefe immer unangenehmer. Ich erreichte den tiefsten Punkt des Tunnels und begann den Aufstieg.
Nach einigen Metern hielt neben mir ein alter Geländewagen an. Die alte Frau gestikulierte unmissverständlich und ich verfrachtete meinen Rucksack neben ihrem Hund, bevor ich auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Tommen (?) fuhr sprach nur Finnisch und Norwegisch. Sie setzte mich direkt am Dorfladen ab und verabschiedete sich von mir.
Da ich keinen brauchbaren Brennstoff im Laden fand, zapfte ich etwa zwei Liter Benzin an der Tankstelle ab und füllte großzügig meine Brennstoffflaschen. Immerhin gab es eine Menge kalorienreiches Futter, mit dem ich meinen Rucksack vollstopfen konnte.
Ich erkundete etwas den verschneiten Fischerort, besichtigte die Insel mit ihren Sehenswürdigkeiten und näherte mich erneut dem Tunnel. Diesmal durchschritt ich ihn komplett. Nun lag nur noch verschneite Tundra zwischen mir und meinem Ziel! Ich schnallte mir die Schneeschuhe unter die Füße und lief in Richtung meines ersten Wegpunktes. Die Sonne blendete. Alles war weiß, der Himmel war strahlend blau. Eine frische Brise fegte über die verschneite Landschaft.
Nach etwa 5km stelle ich mein Zelt auf, als ich das erste Hochplateau erreichte. Die Sonne blinzelte verlegen hinter den Schneefeldern. Ihre Strahlen wärmten kaum noch. So legte ich mich also am frühen Nachmittag hin. Nun konnte ich endlich den Schlaf nachholen, den ich in der vorherigen Nacht vermisste.
Trotz -10°C schlummerte ich wie ein Baby. Genauer gesagt wurde ich ständig wach und musste immer wieder dem Ruf der Natur folgen. Der Schlafsack war ziemlich warm und ich öffnete ihn ein Stück weit. Beim nächtlichen Blick aus dem Zelt staunte ich nicht schlecht. Grüne Lichter flackerten schwach am Himmel. Leider war die Aurora Borealis wenig fotogen. Trotzdem war das Schauspiel unvergesslich.
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Von Mars
Meine Assets drehen ins Plus, ich habe erst am Montag wieder einen Termin. Die Bahn braucht 3,5 Stunden nach Pforzheim.
Auch sollte man nicht nur hier in diesem Forum ‘s Maul aufreissen und flapsige Sprüche klopfen, hin und wieder sollten auch echte Trails besucht und diese tatsächlich erwandert werden. Es besteht immerhin eine klitzekleine Chance, den ganzen Trail bis am Montag zu schaffen. 70 km wären dafür am Tag notwendig. Technisch gesehen ist es jedoch Winter. Wie sehr mich der Schnee bremsen wird, werden wir schnell herausfinden.
Ich hätte gerne neue Schuhe. In einem Laden werde ich geholfen - ich besuche die örtliche Vivo Barefoot Verkaufsstelle. Der Laden ist sogar parfümiert, die Verkäuferin nett. Sie empfiehlt mir den “Primus Trail Firm”, der “Trail Soft” nutze sich zu schnell ab. Natürlich erst, als ich ihr gesagt hatte, ich suche Trailrunner zum Wandern. Dieser Schuh scheint leider wie Blei im Regal zu liegen, eigentliche Trekking Schuhe in wasserdicht und gefüttert sind hingegen fast ausverkauft.
Es gibt Sportgeschäfte, die empfehlen ernsthaft, die Schuhe vor einer Marathondistanz vorsichtig einzutragen. Die Zeit zerrinnt mir zwischen den Fingern, sorry, ich werte halt die ersten 20 km als Eintragen.
Um sechs Uhr morgens sitze ich im Zug, schüchterne Schweizer Damen fragen, ob dies die zweite Klasse im ICE sei. Sieht halt schöner aus, als in den Schweizer Zügen die Erste. Mit den Beschwerden über die Deutsche Bahn könnte man ein separates Forum füllen, aber ich komme pünktlich in Pforzheim an.
In Pforzheim wandere ich durch die Stadt und komme an einem “Platz des 23. Februars” vorbei. 18’000 Tote, die Stadt sieht ziemlich gesichtslos aus, alles ist neuer. Kurzer Blick auf Wikipedia sagt, die Stadt sei eigentlich zu römischen Zeiten gegründet worden, aber im 1945 sei die Innenstadt dem Erdboden gleichgemacht worden. Krieg muss offenbar eine ganz tolle Sache sein. Ich habe die Memoiren von einem gewissen Winston Leonard Spencer-Churchill gelesen, dennoch deprimieren mich Städte wie eben Pforzheim oder Warschau.
Der Grund, weshalb ich am Montag wieder in meiner Residenzstadt sein muss, ist übrigens pazifistischer Natur. Vor ein paar Jahren haben Freunde und ich die Beschaffung neuer Kampfjets in der Schweiz verhindert. Die tapfere Schweizer Luftwaffe besitzt derzeit keine “Erdkampffähigkeit”, d.h. sie können keinerlei Bomben abwerfen (und dies seit 1994). Sehr zum Bedauern unserer hohen Militärs, die Wiedererlangung dieser Fähigkeit steht hoch oben auf ihrer Wunschliste. Und neue Jets wollen sie auch schon wieder, wir halt nicht.
Nachdem ich die Stadt durchquert habe, stehe ich vor dem ersten Tor des Westwegs, der goldenen Pforte. Das Tor hat nur einen kleinen Fehler: Es führt nirgendwo hin, der eigentliche Westweg startet daneben.
Der Westweg wurde vom Schwarzwaldverein vor über 100 Jahren eingerichtet, Ortsgruppen unterhalten auch Hütten und ganze Türme entlang dem Weg. Leider hat der Schwarzwaldverein offenbar Angst vor dem Wolf und dadurch ausbleibenden Touristen. Nach meiner streng objektiven Erfahrung erscheinen die Touristen aber nicht trotzt dem Wolf, sondern wegen ihm. Natürlich geht es auch um Viehhaltung, es gibt sogenannte “Grinde”, d.h. beweidete Hochmore, die dauerhaft vor Verwaldung geschützt werden sollen.
Der Sturm Sabine hat ganze Arbeit geleistet, der Weg ist mit Tannenästen bedeckt, abgesehen davon aber vorerst nicht spektakulär. Mit herkömmlichen Trailrunnern könnte ich jetzt ziemlich schnell vorwärts gehen, meine Barfussschuhe verlangen aber nach einem wohl überlegten Schreiten. Der Vorderfussbereich ist mindestens so breit wie beim Altra Timp. Der Schuh ist schwerer als der Salomon Sense Ride. Dies liegt wohl vor allem an der Sohle. Die ist zwar dünn, hat aber etwas von einem Gummistiefel. Die Sohle ist auch superflexibel, man spürt jedes noch so kleines Ästchen auf dem Weg.
Immerhin ist die Innensohle perforiert.
Legendäre Ultraleicht-Experten wie der Herr Stromfahrer empfehlen solche Innensohlen für einen schnellen Feuchtigkeitsabtransport, man steht so weniger im Wasser, falls der Schuh nass geworden sein sollte. Herr Stromfahrer nutzt derartige Sohlen eines Drittanbieters, es ist natürlich praktischer, wenn diese bereits mit den Schuhen geliefert werden. Ich trage darn tough Wollsocken, habe aber zwei Paar Sealskinz im Rucksack.
Meine Zeltstangen habe ich in einem Leki Beutel getarnt, leider verrät eine dicke Rolle mit der Matte meine wahren Absichten. Ausserdem trage ich engere Hosen. Diese sind mit Gore Windstopper ausgestattet und für kühleres Wetter ideal.
Es dauert nicht lange und ein älterer Herr spricht mich an: “Sie wollen aber nicht nach Basel?”. Ich antworte “Doch”. “Haben sie ausklappbare Skier dabei für den Schnee?”. Nun ja, mit dem Winter ist es eben so eine Sache. Ich bin in der Lage, auf Webcams die Schneehöhe einzuschätzen. Angeblich war der Januar der wärmste seit Messbeginn. Die Temperaturen sprechen nicht für sehr viel Schnee, eher für viel Wasser infolge des Tauens des Schnees.
Das Wetter ist nicht sehr angenehm, es regnet eigentlich immer. Ein offenes Dach bietet sich als Rastplatz an, es gibt sogar eine kleine Bibliothek darunter. Bald bedeckt eine dünne Schneeschicht den Weg. Ich treffe einen Mann, der fröhlich vor sich hin plaudert, er habe jetzt seine Scheune kontrollieren müssen, sein Schwager sei gerade in Australien, er sei auch bei der Feuerwehr, der Sturm und so weiter.
An einem weiteren Rastplatz erklärt er mir, es sei geplant das Dach dieses Rastplatzes als Dach eines noch zu erstellenden Turmes zu verwenden. Es muss ein massiver Turm werden, das Dach ist riesig. In der Schweiz haben wir zwar keine so monströsen Dächer auf den Aussichtstürmen, dafür stehen diese halt seit Jahr und Tag. Besser den Spatz im Teller als den Schwan auf Grundeis oder so ähnlich.
Das Wetter wird nicht besser, es zieht ungemein und es schneit.
Durch die malerische Ortschaft Dobel hindurch erreiche ich wieder den Wald. Zur allgemeinen Erheiterung beginnt es zu hageln. Meine Hosen werden nass. Normalerweise trocknen sie nach einem Schauer schnell wieder, der Wind bläst jedoch den Regen dagegen. Es stürmt. Ein kleiner Aussichtspavilon kommt nun wie gerufen - es ist die Weithäuslehütte. Ich rüste auf mit Regenhosen und Sealskinzsocken. Von Aussicht kann keine Rede sein. Kaum laufe ich wieder los, geschieht ein kleines Wunder - es klart auf.
Meine Handschuhe sind nass. Um ein Haar wäre dies problematisch geworden. Zwar wärmen sie auch in nassem Zustand, aber ich muss sie regelmässig auswringen. Wasserdichte Handschuhe stehen zuoberst auf meiner persönlichen Wunschliste, jedoch aus ästhetischen Gründen keine Bauhandschuhe, wie sie von Herr Skurka vorgeschlagen und von Frau Dixie bereits erfolgreich getestet wurden.
Schliesslich gehe ich weiter bis nach Kaltenbronn. Gaia GPS sagt, es seien 50 km, dies kann jedoch gar nicht sein. Gaia oder mein iPhone haben grosse Probleme, die Position zu bestimmen. In Kaltenbronn hüpft die Position wild umher und sammelt virtuelle Kilometer. Bis nach Forbach wären es 48 km, jedoch müsste dazu noch ein Hügel mehr überquert werden. Nächstes Mal nehme ich wieder den Garmin Mini mit, der sieht ohnehin richtig abenteuertriefend aus und darauf kommts ja wohl an. Er zeigt aber auch die gelaufenen Km oder Meilen vernünftig an.
Das Hotel Saarbacher ist ein gemütliches Haus. Am Nachbartisch geht es hoch zu, Einheimische haben sich zum Dorfklatsch zusammengefunden. Der Mitarbeiter der örtlichen Sparkasse war schon zum zweiten Mal im Vaterschaftsurlaub. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. “Das verstehen wir hier nicht” sagt eine Dame in meine Richtung. In der Schweiz haben Rechtskonservative das Referendum gegen die Gesetzesvorlage ergriffen, irgendwann wird es eine Volksabstimmung dazu geben.
Dann ist Vodafone an der Reihe. Die wollen offenbar 680’000 Euro, um Kaltenbronn mit Glasfaser zu versorgen. Dann die Scheiss-EU, die Idee der Bonpflicht käme von dort. Es gibt wenig gefreutes, sie lassen sich auch über die Gäste des Hotels aus, was ich jedoch gut nachvollziehen kann.
An den Wänden hängen kapitale Hirschgeweihe. Ein Förster erklärt, weshalb umgefallene Tannen mühsam von Hand gesägt werden müssen und diese nicht einfach mit dem Vollernter zusammengepackt werden können. Der Dreck verschleisse die Ketten. Diese würden nur noch dreimal neu geschliffen, dann wandern sie auf den Müll. Eine neue Kette koste 16 Euro, früher waren die teurer.
Die Ausstattung des Zimmers ist schon älter, ich mag es so aber viel besser, als wenn Hotels mit Ikea-Möbel ausgestattet werden, die mitten in der ersten Saison entsorgt werden müssen. Es ist unglaublich, an was man nach einem Tag im Regen alles denken muss: Sämtliche Kleider müssen irgendwo aufgehängt werden, in einem Hotel muss man jeweils alles elektronische laden. Am nächsten Tag sollte man fairerweise das Zimmer in einem akzeptablen Zustand hinterlassen usw.
Am nächsten Tag geht es zunächst nach Forbach. Der Wald von Kaltenbronn nach Forbach ist wilder und alpiner als der bisherige. Der Wald hier ist wirklich sehr schön, ungefähr wie der Stazerwald in St. Moritz, nur viel weitläufiger.
Bald komme ich an einem massiven Turm vorbei. In der Hütte darunter sind Menschen. Sie sind mit dem Wagen hier hoch gefahren. Vielleicht handelt es sich um Mitglieder dieses Forums, welche die neusten Unterdruck-Schlafsäcke getestet haben, in dem Fall vielen Dank.
Umgestürzter Hochsitz, wohl aufgrund einer Kommandoaktion der Hirschianischen Selbstverteidigungsarmee.
Nach Forbach geht es ein wenig weit hinunter, dies hat den Nachteil, dass es auf der anderen Seite eben wieder hochgeht, ca. 700 Meter. Forbach ist die grösste Waldgemeinde der Region und ausserdem gibt es eine Holzbrücke, die im 1954 originalgetreu nach einem Bau aus dem 17. Jahrhundert neu errichtet wurde.
Nach Forbach steigt der Weg die ganze Zeit, bis zur badischen Höhe hinauf.
Ungefähr der John Muir des Westwegs.
Der Weg ist schneebedeckt, hier hat es nun so viel Schnee, dass die Steine darunter nicht mehr sichtbar sind und unter dem Schnee hat es oftmals Pfützen. Schön ist anders, aber was will man machen. Ich wandere eigentlich den ganzen Tag im Schnee.
Die Strassen sind nun durch umgeknickte Bäume gesperrt, kurz nach der Talsperre hat sich ein Telefonkabel gelöst. Der Weg ist bisweilen sehr steinig, mein Ziel von 70 km kann ich vergessen. Wer schwache Bänder hat, benötigt hier massive Stabilitätsschuhe, sonst ist schnell Schluss mit lustig. Hin und wieder gibt es einige Abschnitte auf Naturstrassen. Ich komme in Sand vorbei, das Naturfreundehaus zuvor hat geschlossen.
Im Restaurant Sand bestelle ich mir ein fettes Schnitzel und ein Paulaner. Am Nebentisch eine Geburtstagsgesellschaft, alle deutlich angeheitert, sie saufen wie die Löcher. Ein Mann spricht mich an, woher ich komme, wohin ich gehe. Ich erkläre ihnen, ich könne überall übernachten, nur nicht auf Schnee. Wiederholt werde ich eingeladen, mit ihnen zu kommen, sie hätten eine Hütte in der Nähe, zu trinken gäbe es auch.
Ein Mann steht auf und unterhält sich mit mir, es gäbe Wölfe hier, sein Schwager habe vor zwei Wochen einen Wolf mit fünf Welpen gesehen. Komisch, denke ich, andere sehen weisse Elefanten, wenn sie hinreichend getrunken haben. Erst vor ein paar Wochen hätten sie zwei Wanderer gefunden, die wohl im letzten Jahr erfroren sein müssen. Luchse habe er auch schon gesehen und gerade eben habe er den Auerhahn rufen gehört.
Auch erzählt er wilde Dinge von der Bergwacht. “Wie entspannt muss man wohl sein, um aus der Schweiz in den Schwarzwald zu reisen und alleine so weit zu wandern” entfährt es einem andern. Immer wieder weisen sie auf die bald einbrechende Dunkelheit hin. Danke, aber es wurde auch gestern schon Dunkel, sehr wahrscheinlich auch morgen wieder.
Sorry liebe Leute, aber saufen kann ich auch zu Hause ausreichend, mein Mitbewohner hat immer ein paar edle Tropfen an Lager. Einer der munteren Truppe sagt tatsächlich immer wieder “Deutschland erwache” und er versucht, dies möglichst eindeutig zu betonen. Na dann Prost, es ist immer wieder schön zu sehen, was reichlich Alkohol mit erwachsenen Männern anstellt. Das mit dem Erwachen würde ich mir ernsthaft überlegen, am besten in nüchternem Zustand. In Pforzheim hat das letzte Erwachen gemäss Wikipedia den Tod von 31.4 % der Stadt-Bevölkerung herbeigeführt. Ein solches Erwachen mag ich niemandem wünschen.
Hier wäre eine sanfte Pinselrenovation nötig - wahrscheinlich geschlossenes Hotel in Sand.
Für mich geht es jetzt weiter auf die Hornisgrinde. Bis 1999 Sperrgebiet der französischen Luftwaffe, die Deutschen durften den Standort aber später im Rahmen der NATO mitnutzen. Die Windmühlen kann ich nur erahnen, ebenso den Mummelsee. Ein schickes Hotel haben die dort, ich muss aber weiter. Die Darmstädter Hütte hat abends um halb Elf schon zu, ich bin jedoch bald wieder im Nationalpark. In Ruhestein sind die Strassen spiegelglatt gefroren. Der weitere Weg ist nichts für schwache Nerven. Er besteht zu dieser Jahreszeit vor allem aus Tümpeln und umgeknickten Tannen.
Mein Ziel ist ein Ort, der Ettlinger Hütte heisst. Vielleicht ist es wegen der Nacht, aber ich finde nur einen Wegweiser. Die Hütte gibt es zwar, sie liegt aber tief im Wald, wie mir Google Maps nachträglich sagt. Und dann wäre nicht mal sicher, dass die Hütte offen gewesen wäre.
Gaia GPS meldet einen kleinen Holzverhau bei einer weiteren Hütte, schaue ich mir mal an. Leider ist er so klein, dass ich darin keinen Platz hätte. Ausserdem müsste ich das Holz umschichten, wozu ich nun wirklich keine Lust habe.
Aus legalen Erwägungen muss dieser Bericht nun ein wenig unklar werden.
Kurz nach Forbach hatte ich eine ideale Hütte gesehen: Zweistöckig, das Schlafquartier oben und winddicht. Natürlich schwebt mir eine solche Hütte auch jetzt vor. Die Nacht ist kalt, mein Schlafsack wird für Temperaturen bis +5 Grad empfohlen. Am nächsten Morgen sehe ich auch eine kleine Plakette, Lagern und Übernachten eher nicht erwünscht.
Dumm gelaufen. Der ökologische Mehrwert eines Kiesbodens in einer Hütte ist aber bestimmt nicht der Grund für das Bestehen eines Nationalparks. Der Park wurde im 2014 gegründet und erfreut sich mässiger Unterstützung durch die Bewohnenden der umliegenden Dörfer. Es ist wohl vor allem eine Marketing-Frage. Zum Wald Sorge getragen wurde schon vorher.
Ich stellte mein Zelt in einer Hütte auf. Niemand stört mich und ich bin sicher, dass ich niemand gestört habe. Weder schlurft ein missmutiger Hirsch vorbei, noch werde ich von aggressiven Auerhähnen aus dem Schlaf gerissen. Von der Kälte hingegen schon. Ich weiss, dass meine Ausrüstung nicht ideal ist. Vorsichtshalber habe ich viele Kleider dabei. Eine ausreichend dicke Matte wäre auch kein Blödsinn, meine vier mm dicke Schaumstoffmatte hält die Kälte nur dann ab, wenn ich sie vierfach zusammenfalte. Dann ist sie jedoch zu kurz. Ich bin zu faul, um aus dem Zelt zu steigen, meinen Rucksack zu leeren und ihn unter die Füsse zu klemmen. Immerhin habe ich am zweiten Tag 67 km zurückgelegt, fast ausnahmslos im Schnee und mit doch eher speziellen Schuhen.
Sie bieten endlosen Grip, aber auf Natur- und festen Strassen muss man wirklich aufpassen. Sonst knallen die Schuhe auf dem Asphalt. Mit bequemem Rollen ist da nix, die Schuhe verhalten sich wie ein Brett. Ich habe keine Ahnung, wie sich das auf meine Knie auswirken wird - ich muss meine gesamte Lauftechnik umstellen. Meine Füsse reagieren und schwellen ziemlich an. Aber es ist gerade das Ziel dieser Schuhe, den gesamten Fuss zu aktivieren und nichts wegzudämpfen. Auf lange Sicht sollte sich das lohnen. Durch das endlose Wasser werden meine Füsse trotz Sealskinz Socken nass und dadurch folgen Blasen.
Das Schnürsystem der Schuhe ist wenig durchdacht. Die harten Schnürsenkel drücken auf mein Rist. Wenigstens rutsche ich in den Schuhen nicht umher, sonst wäre bald Feierabend gewesen. Das Gehen mit diesen Schuhen ist einfach anders als alles bisherige.
Glücklicherweise gab es einen Weg weiter unten.
Dass Schnee liegt, ist Fluch und Segen zugleich. Natürlich rutscht man im Schnee, aber er dämpft eben auch. Dies hat wahrscheinlich meine Wanderung gerettet. Dennoch breche ich am folgenden Tag ab: Es ist zu viel Wasser in den Wegen und ich ertappe mich dabei, wie ich neben dem Weg gehe. Dies sollte man tunlichst vermeiden.
Gerne lasse ich auch den Forstbetrieben den Vortritt, damit diese die umgestürzten Tannen beseitigen können. Ich werde bald zur Alexanderschanze zurückkehren und den Rest des Weges in Angriff nehmen. Von der Alexanderschanze gehe ich nach Freudenstadt.
Insgesamt hat mir der Schwarzwald sehr gut gefallen. Die Leute waren nett, die Landschaft ist grandios. Die Aussicht war wetterbedingt alles andere als grossartig, aber ich konnte die Vogesen ein paar Male sehen.
Vom Schliffkopf aus sieht man gar unsere schönen Schweizer Alpen.
Vom Jura aus sieht man immer wieder in den Schwarzwald und ich fragte mich seit ca. 30 Jahren wie es dort wohl aussehen würde. Nun habe ich einen ersten Eindruck davon.
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Von doman
Ich habe mir am letzten Wochenende einen lange gehegten Traum erfüllt und eine viertägige Tour durch die Alpen bis an die Baumgrenze unternommen, auf der ich mit Rucksack und Schneeschuhen völlig autark unterwegs war. Dieses Projekt möchte ich hier in mehreren Teilen vorstellen. Beginnen wir mit der
Ausrüstung
Mir war von vornherein klar, dass ich bei dem geplanten Unterfangen streng genommen nicht im UL-Gewichtsbereich würde bleiben können, aber mehr als 15 kg sollten es nicht sein - und wurden es auch nicht. Mitgenommen habe ich (in Leserichtung zeilenweise aufgeführt):
Ein Sirui-Carbon-Stativ (knapp 1 kg), ein DIY-DCF (Cuben Fiber) Tarp für meine Cross Hammock Querhängematte (118 g), ein DIY-DCF Hot Tent, soweit ich sehe das erste seiner Art (269 g), einen Titanium Wood-Stove von Seek-Outside, mit Klappsäge, stabilem Messer für Batoning und anderem Feuerequipment (2 kg), einen DIY-DCF-Rucksack von 42 Litern mit äußeren Netztaschen an drei Seiten (299 g),
einen gelben Sack mit Lebensmitteln, einen 2-Liter Titankochtopf zum Schnee schmelzen, darin befinden sich weitere Lebensmittel, ein oranger Sack mit DIY-Merino Unterwäsche lang und ein zusätzliches Paar Merino-Socken, eine Thermoskanne 0,5
meine Lumix GH4-Kamera mit Olympus 12-40 2.8 Objektiv (1 kg), Go Pro 7 Black, einen dunkelgrünen Sack mit Kabeln, Akkus und Stirnlampe, eine Daunenjacke von Arcteryx (300 g), eine Cross Hammock Standard in robustem Stoff (350 g), zwei kleine Säckchen mit Schnüren fürs Tarp und die Hängematte und anderem Krimskrams, einen 750 ml Titanbecher mit 100 ml Gaskartusche und Soto-Gasbrenner, einen DIY-Daunenschlafsack mit 750 g 850 Cuin Daunenfüllung (950 g),
schwere Leki Makalu Stöcke (die aber auf 145 cm ausgezogen werden können), 2 Schneeteller
eine Termarest Neo-Air X-Therm Max Large mit (blödem) Speed Valve, ein No-Name Gorilla-Pod Stativ für die Go Pro und meine MSR lightning Ascent Schneeschuhe (1,77 kg)
Das Herzstück der Ausrüstung ist das DCF-Zelt mit Stove Jack für das Ofenrohr. In dem habe ich mich abends und morgens aufwärmen, Schnee schmelzen und Essen zubereiten können.
Der aufgebaute Ofen mit den Töpfen. Wie ihr seht, habe ich keine Aufstellstange (und auch keine Heringe) mitgenommen, sondern mir immer einen Holzstab und Stöcke zum Abspannen gesucht.
Der Rucksack hat von der Größe her gerade so gereicht, sogar die Schneeschuhe konnten außen für den An- und Abtransport noch angebracht werden.
Geschlafen habe ich aus Komfortgründen nicht im Zelt, sondern immer in der Hängematte, das Tarp habe ich nur in einer Nacht aufgespannt.
Und auf diese Weise konnte ich mit immer noch überschaubarem Gewicht bis an die Baumgrenze 4 Tage völlig unabhängig unterwegs sein. Am Leib getragen habe ich Kleidung aus Wolle und als äußerer Schicht eine DIY-Jacke und Hose aus Etaproof.
Die Beschreibung der Tour selbst folgt demnächst!
Siehe auch:
Teil 2: Die Strecke hier. Teil 3: Die Erfahrungen hier. -
Von doman
Die Strecke der Tour habe ich so gewählt, dass neben öffentlichen Verkehrsmitteln nur die eigene Muskelkraft zur Fortbewegung eingesetzt wurde. Start- und Zielpunkt war der Bahnhof von Garmisch-Partenkirchen. Mit dem ersten Zug von Berlin über München kann man 13:00 Uhr dort sein. Anschließend bin ich, vorbei am Olympiagelände, zum Eckbauer aufgestiegen (Bildmitte), und dort war dann auch der erste Übernachtungsplatz.
Bei leichten Plusgraden und später einsetzendem Schneefall habe ich dort am einzig geeigneten Baum die Hängematte aufgehängt und auf einem Plateau oberhalb das Zelt errichtet. Über die Erfahrungen beim Lagerbau und Schneeschmelzen berichte ich im nächsten Teil.
Der zweite Tag führte bis Mittag über eine relativ leicht zu bewältigende Wegstrecke bis zur Elmauer Alm (links), die auch noch von vereinzelten Winterwanderern frequentiert wird. Ab dem König-Ludwig-Weg habe ich in den folgenden zwei Tagen nur noch drei Leute getroffen.
Von der Lawinengefahr im ersten Abschnitt wusste ich, aber da in den letzten 10 Tagen kein Schnee mehr gefallen war, habe ich dieses Risiko gering eingeschätzt.
Die kurzen steilen Hänge hatten ihre Schneelast schon vor Tagen abgeworfen.
Über die Wettersteinalm bin ich dann bei inzwischen deutlichen Minusgraden zum Schachensee aufgestiegen und habe dort an der Baumgrenze auf etwa 1800 m das zweite Lager errichtet.
Nach Einbruch der Dämmerung gingen die Temperaturen bis zum nächsten Morgen auf -15 Grad in den Keller. Den sternklaren Himmel hatte ich am einzig geeigneten Baumpaar (Beschreibung im nächsten Teil) beim Einschlafen und Aufwachen immer im Blick, weil ich kein Tarp aufgespannt hatte.
Der Rückweg am dritten Tag sollte eigentlich pures Genusswandern sein, aber es kam - leider - anders.
Nach Empfehlung von zwei Tourengehern, die am Vormittag schwer bepackt den Lagerplatz passierten und über meine Anwesenheit und die Größe meines Rucksacks ziemlich perplex waren, bin ich rückzu links auf den Kälbersteig abgebogen, der bis ins Partnachtal führt. Leider ist es mir an der Schlüsselstelle in Ermangelung jeglicher Wegzeichen und Spuren nicht gelungen, den richtigen Weg zu finden.
Ich musste deshalb über zum Teil gefrorene Wasserfälle in äußerst heiklem Gelände ins Tal absteigen und dann dort einen knietiefen Bach durchwaten. Mit einbrechender Dunkelheit bin ich auf der anderen Talseite wieder in Richtung Partnachalm aufgestiegen und habe dort das dritte Lager errichtet.
Der letzte Tag bestand aus dem unproblematischen Rückweg zum Bahnhof von Garmisch-Partenkirchen.
Teil 1: Das Equipment hier. Teil 3: Die Erfahrungen hier.
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Von Marko
Hallo zusammen,
nachdem ich von euch viel Hilfe während meiner Vorbereitungen bekommen habe, möchte ich nun auch meine Erfahrung teilen.
Ich wollte schon länger einen Fernwanderweg gehen, und für den Einstieg bot sich der Westweg an. Beginnt ja direkt vor meiner Haustüre.
Hier ein Link, zu meiner Packliste https://www.geargrams.com/list?id=45364.
Es ist nicht alles UL und ich hätte vermutlich ein paar "dicke Brummer" weg lassen können. Aber dazu später mehr.
Ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen.
Tag 1
20.04.2018
Heute nochmal arbeiten und dann heim, zusammen packen und los. Pforzheim Hauptbahnhof um 16.34Uhr ist Abfahrt über Karlsruhe nach Basel. Ankunft etwa 18.30Uhr.
Hauptbahnhof Pforzheim, Gleis 4. Ich komme aus der Unterführung zum Gleis, und Steige in die S5 nach Karlsruhe. Es ist übelst warm in der Bahn. An diesem Tag sind ca. 27 grad. Sollte das nicht eigentlich ein Inter Regio sein? Ich schau nochmal in meiner App.Tatsächlich steht da IR2066. In dem Moment ertönt eine Durchsage: "Am Gleis 4 fährt ein der IR 2066, Karlsruhe Hauptbahnhof..." Shit, ich bin an Gleis 5 eingestiegen. Die Bahn steht noch. Schnell raus und ab in den Inter Regio.Hier gibt es eine Klimaanlage, die leider nicht allzuviel bringt. Aber besser als in der S-Bahn. Und durchgeschwitzt bin ich eh. Ruckzuck sind wir in Karlsruhe. Dort steig ich um in den ICE nach Basel. Total überfüllt und ich muss stehn. Später setze ich mich in den Gang. Nach ca. 1,5h fahrt komme ich um 18.42Uhr am badischen Bahnhof an. Nach ein wenig Sucherei finde ich das Symbol, dem ich folgen muss. In der Schweiz ist das etwas schwieriger. Der Westweg führt durch einen Tierpark, der aber geschlossen ist. Nachdem ich ihn umgangen habe, führt mich mein Weg an einem Flussufer entlang. Es ist herrliches Wetter. Menschen sitzen hier am Feuer, hören Musik oder liegen einfach auf der Wiese und lesen ein Buch. Gerne würde ich mich hier auch ein wenig hinsetzen und die Sonne genießen. Keine Zeit. Um halb 9 wird es dunkel, und ich muss an der Daur-Hütte sein, wo ich plane zu übernachten.
An dem Flussufer laufe ich gefühlt Stunden entlang. Irgendwann geht es linksab über eine Brücke. Dann erstmal bergauf. Dem Markgräfler Wiiwegli folgend. Zuerst bin ich mir unsicher, ob das richtig ist, doch dann seh ich wieder das Symbol des Westweges, und bin auch schon an der Grenze zu Deutschland. Weiter bergauf und immer wieder Treppen. Oben auf dem Tullinger Berg haben sich einige Leute versammelt, um einen wunderschönen Sonnenuntergang zu genießen. Und ich bin auch dabei.Ich mache ein paar Bilder und gehe gleich weiter. "Daur-Hütte 2,2km" steht auf einem Schild. Das könnte genau reichen, bevor es richtig dunkel wird. Und so ist es auch. Es dämmert schon ziemlich, als ich ankomme.
Während ich im Wald nach Feuerholz für die Grillstelle suche, kommt ein Auto mit lauter Musik angefahren. "Oh nein!" denke ich. Ein junger Mann, gerade 18 geworden wie er mir später sagt, fragt mich: "Wollen sie auch heute hier grillen?" "Ich will hier heute schlafen", antworte ich. Man arrangiert sich, und Timo und Melanie bieten mir sogar ein Steak und ein Bier an, was ich dankend annehme. Eigentlich ist es ein ganz lustiger Abend, bis eine weitere Gruppe Jugendlicher auftaucht, und mir klar wird, dass ich später in der Nacht weiter ziehen muss, und mir einen anderen Schlafplatz suchen. Irgendwann läuft auch noch ein nackter Mann, um die 60, mit einer Taschenlampe vorbei. Leute gibts...
Um ca. halb 12 laufe ich los. Soweit zurück in den Wald, bis ich nichts mehr von der Geräuschkulisse am Grillplatz höre. Dann errichte ich mir im Wald mein Nachtlager.
Tag 2
21.04.2018
Um ca. halb 7 werde ich wach. Als ich aus dem Schlafsack steige, ist es recht kühl, obwohl ich die ganze Nacht geschwitzt habe. Erstmal packe ich alles zusammen, und gehe zurück zur Daur-Hütte. Da sollte ja noch etwas Glut in der Feuerstelle sein zum aufwärmen, und vielleicht sind die Jugendlichen ja weg. Es ist wirklich niemand mehr hier. Die Asche in der Feuerstelle qualmt noch. Leider ist der Platz komplett zugemüllt. Obwohl dort 5 Mülltonnen stehen. Ich sammle den Müll auf und werfe ihn weg. Außer den in der Hütte. Das wird mir dann doch zu blöd.
Ein wunderschöner Sonnenaufgang versüßt mir meine Stimmung. Ich mache ein paar Fotos. Zähne putzen, Frühstück und weiter geht es. Ich bin etwa bei Kilometer 10. Heute will ich mindestens 25 km schaffen. Recht zügig trete ich den Weg an. Leider fehlen teilweise Beschilderungen. Kurz nach Egisholz gehe ich etwa 1km in die falsche Richtung. Also wieder zurück. Es ist verdammt heiss, und ich schwitze wie blöd. Mein T-Shirt ist total durchnässt.Immer wieder muss ich Rast machen.Nachdem es einige Kilometer über Feldwege ging, komme ich an das erste Portal bei einer Burg. Ich glaube Röttler-Burg. Das gibt mir wieder Motivation. Die brauche ich auch, denn heute wird es noch sehr anstrengend. Es geht auf den Blauen. Also fast durchgehend bergauf. Um mein Ziel zu erreichen gebe ich etwas Gas. An der Sausenburg gehe ich zuerst vorbei, dann sage ich mir: "Da hat man bestimmt ne schöne Aussicht." Und so ist es auch. Die etlichen Treppenstufen zum Turm lohnen sich. In Kandern gehe ich Einkaufen. Morgen ist Sonntag, und ich brauche außerdem dringend Wasser. Als ich aus Kandern herauslaufe, kommt mir Ben Tüxen entgegen (EinMannImWald). Er hat schweres Gepäck dabei. Ich grüße nur kurz, traue mich nicht ihn anzusprechen. Später in der Hütte am Hexenplatz, einer sehr gemütlichen Hütte mit Ofen, Bänken und Tisch, lese ich im Hüttenbuch seinen Eintrag von gestern. Er geht auch den Westweg Richtung Basel.
Auf einer Bank im Schatten mache ich um ca. 13Uhr eine Pause. Zu Hause anrufen, essen und trinken, und ich gönne mir einen Energydrink. Zu dem Zeitpunkt bin ich eigentlich schon am Ende meiner Kräfte. So kommt es mir zumindest vor. Aber die Pause tut mir gut. Ich muss einfach nur einen Gang runter schalten. Es ist 14 Uhr als ich weiter gehe. Noch 6h bis es dunkel wird. Also eigentlich noch genug Zeit. Ich gehe jetzt viel langsamer bergauf. Immernoch anstrengend, aber auszuhalten. Ab und zu muss ich trotzdem Pausen machen. Ich bin sowas von glücklich, als ich am Parkplatz auf dem Blauen ankomme. Ich gehe in das Restaurant und esse eine Currywurst mit Pommes, dazu eine Cola. Nachdem ich noch auf der Toilette war, wandere ich weiter. Es geht jetzt schön bergab. Bei der Egerten Hütte treffe ich 2 Wanderer, mit denen ich mich kurz unterhalte. Ich bekomme den Tipp, dass in ca. 3km eine schöne Hütte mit Türe und Grillstelle kommt. Im Vergleich zu meinem letzten Nachtquartier ein echter Luxus. Bis dort hin gehe ich noch, mache mir ein Feuer an, und koche ein Süppchen. Um ca. 22Uhr gehe ich schlafen.
Heute habe ich ungefähr 28km gemacht. Als ich wieder zuhause in der Karte nachschaue, fällt mir auf, dass es etwas mehr als 1000 Höhenmeter waren.
Tag 3
22.04.2018
Heute Nacht bin ich mehrmals wach geworden, weil mir übelst warm war. Ich habe meinen Schlafsack dieses Mal offen gelassen. Immer wenn ich wach wurde, habe ich ihn etwas angehoben. Das half aber nur kurz. Um ca. 7 Uhr stehe ich auf. Es ist schon lange hell. Nach dem Zähneputzen und Frühstücken telefoniere ich lange mit meiner Freundin. Erst um 8 Uhr habe ich alles zusammen gepackt und gehe los. Heute geht es über den Belchen. Durch viele Wiesen und Kuhweiden laufe ich in der prallen Sonne. Endlich wieder im kühleren Wald, geht es steil bergauf. Sehr anstrengend das Ganze. Insgeheim hoffte ich, meine Tageskilometer von gestern noch zu toppen. Aber jetzt glaube ich nicht mehr daran. Irgendwann laufe ich wieder über Wiesen. Der Ausblick ist herrlich. Oben auf dem Belchen angekommen, setze ich mich erstmal in einen Liegestuhl. Aber die Sonne scheint mir zu stark, und ich muss mich in den Schatten setzen. Ich spüre auch schon ein Brennen im Nacken. Hier oben sehe ich das erste Mal Schne auf meiner Tour. Beim Abstieg wird es sogar noch mehr. Immer wieder muss ich über Schnee gehen. Es wird recht steil und felsig. An einem Bach fülle ich meine Wasserflaschen auf, filtere das Wasser aber vorsichtshalber. Auf dem Weg komme ich immer wieder an Stellen vorbei, an denen ich meine Flaschen auffüllen könnte. Deshalb ärgere ich mich, weil ich das Gewicht umsonst mit mir rum schleppe. In Notschrei setze ich mich im Außenbereich eines Restaurants an einen Tisch. So weit wie möglich weg von den anderen Gästen. Ich möchte niemanden mit meinem Geruch belästigen. Badische Käsknöpfle und dazu eine große Cola gibt es. Von hier wären es noch knapp 10km auf den Feldberg, und es ist 16 Uhr. Ich könnte dort einkehren, mal duschen etc. Aber schaffe ich heute noch 10 km? Es wird steil bergauif gehen, und dort liegt sicher einiges an Schnee. Ich bezahle meine Rechnung. Beim Aufstehen bemerke ich, dass meine Beine nicht mehr so wollen. Sie fühlen sich richtig schwer an. Alles klar. Heute gehe ich nicht mehr auf den Feldberg. Die beste Option, vorher noch zu übernachten, ist die Auerhahnhütte. Dort gehe ich hin. Um ca. 17 Uhr komme ich an, nachdem ich durch tiefen Schnee waten musste. Es ist noch früh, aber egal. Ich habe heute ca. 25km gemacht. Das muss reichen. Ich mache mir Holz zurecht für ein kleines Feuer und fülle meine Edelstahlflasche mit Schnee, den ich später am Feuer schmelzen will. Beim Ausziehen der Schuhe bemerke ich eine Blase am Zeigezeh. Sie ist noch zu und tut zum Glück nicht weh. Mit dem geschmlzenen Schnee wasche ich meine Socken und meine Unterhose, hänge sie zum Trocknen ans Feuer. Zum Essen mache ich mir Couscous mit Gemüsebrühe. Mit Wasser muss ich hier nicht sparen. Überall liegt Schnee. Wie gestern schon, gehe ich um 22 Uhr schlafen. Morgen will ich früh raus, um viele Kilometer zu schaffen.
Tag 4
23.04.2018
Im Gegensatz zu meinem Plan früh aufzustehn, wache ich erst um 20 nach 7 auf. Ich lasse mir Zeit, und gönne mir heute sogar das erste Mal einen Kaffee zum Frühstück. Es ist bereits halb 9 als ich los gehe. Es geht gar nicht so steil bergauf, wie ich erwartet hatte. Auch der Schnee stört mich wenig. Das Laufen ist sogar richtig angenehm. Endlich ist es auch nicht mehr so heiss. Auf meinem Weg Richtung Gipfel, habe ich auf dem Feldberg eine herrliche Aussicht. Es herrscht zwar nicht ganz so klare Sicht, aber es könnte schlimmer sein. Immerhin sagt meine Wetterapp für heuteRegen an. Durch den Schnee erkennt man den Weg schlecht, und ich schaue ab und zu auf dem Handy nach, ob ich noch richtig bin. Zum Glück entdecke ich auch Fußspuren. Irgendjemand hatte hier wohl Zehenschuhe an. Dieser Spur folge ich in umgekehrter Richtung. Oben auf dem Feldberg gibt es eine kleine Aussichtsplattform. Bis in die Alpen kann man heute leider nicht sehen. Ein Mann mit seiner ca. 3-jährigen Tochter erzählt mir, dass er hier oben einen allinclusiv Urlaub mit seiner hochschwangeren Frau und seiner Tochter macht. Sowas muss auch mal sein. Nach einer kleinen Plauderei beginne ich den Abstieg. Hier wird es mit dem Orientieren immer schwieriger, aber dank der Fußspuren verlaufe ich mich nicht. Den Berg hinab fließen überall Bäche aus geschmolzenem Schnee. Ich breche im Schnee immer wieder ein. Einmal sogar bis zur Hüfte, und stehe dann in einem Bach. Über mehrere gestürzte Bäume muss ich steigen. Irgendwann geht es nicht mehr so steil bergab, und es liegt auch kein Schnee mehr. Jetzt kann ich etwas Gas geben. Als es anfängt zu nieseln, ziehe ich sofort meinen Poncho über. Ich möchte nicht, dass die Sachen in meinem Rucksack nass werden. Die Regenhose lasse ich erstmal weg. Nach einer Weile fängt es an, wie aus Eimern zu schütten. Da komme ich an einer Hütte vorbei. Es ist 12 Uhr. Wenn ich erstmal eine Mittagspause mache, regnet es vielleicht nicht mehr so stark, wenn ich weiter gehe. Also gehe ich in die offene Hütte und lege den nassen Poncho zum Trocknen hin. Dann packe ich mein Kochzeug aus, und bereite mir Couscous zu. Leider nimmt meine Tour hier eine Wendung. Ich erfahre, dass meine Freundin ernsthaft krank ist, und ich muss die Tour abbrechen. Ich laufe noch die 8 km bis Hinterzarten, wo ich um 15 Uhr ankomme, und fahre dann mit Bus und Bahn nach Hause.
Insgesamt bin ich ca. 85 km gewandert.
Fazit
Ich war gut vorbereitet. Habe mir im Vorfeld viele Gedanken gemacht, und hatte eigentlich zu viele Sorgen. Ich glaube nicht, dass es noch viel kälter geworden wäre, von daher hätte ich die Steppjacke zuhause lassen können. Mein Schlafsack war für knapp 0 Grad ausgelegt. Viel zu viel. Der 10 Euro Rucksack hat sehr gute Dienste geleistet. Ich hatte fast durchgehend meine Daumen in den Daumenschlaufen eingehängt, und so hatte ich kaum Gewicht auf den Schultern. Meine Z-Lite, die ich geteilt und übereinander gelegt habe zum Schlafen, und den Rucksack unter die Füsse, war ausreichend bequem. Ich hatte keine Rückenschmerzen oder sonst was. In meine Schuhe habe ich mich verliebt. Ich hatte vor, meine Lowa Wendelstein anzuziehen für die Tour. Aber diese musste ich an Lowa senden wegen einer Reklamation. Sie haben mir kostenfrei ein komplett neues Paar geschickt. Eine Woche vor dem Westweg...Mit nagelneuen Schuhen wollte ich den Westweg nicht gehen. Die Adidas Trail Running Schuhe haben sich dann sogar als die bessere Wahl herausgestellt. Die Edelstahlflasche ist relativ schwer, aber ich würde sie wieder mitnehmen.
Von meiner körperlichen Fitness war ich selbst ein wenig positiv überrascht muss ich sagen.
Wo ich noch sehr dran arbeiten muss ist die Ernährung auf Tour. Mir hat viel gefehlt wie Fette und Kohlenhydrate. ch habe viele Fitnessriegel gegessen, hätte aber mehr richtige Mahlzeiten zu mir nehmen müssen.
Ich hoffe, dass ich gerade Einsteigern ein wenig die Nervosität nehmen kann, und gebt mir gerne Tipps, was ich bei einem nächsten Reisebericht besser machen könnte.
Die Bilder sind leider nicht ganz in der richtigen Reihenfolge.
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