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Ultraleicht Trekking

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Beliebte Inhalte

Anzeigen von Inhalten mit der höchsten Reputation auf 03.05.2023 in Beiträge

  1. Ich kenne jemanden, der in Berlin Mitte lebt und regelmäßig mit Familie Ausflüge nach Brandenburg macht. Er hat sich eine Armbrust gekauft, weil er sich und seine Familie von Wölfen bedroht fühlt. Ich bin alles andere als ein Experte in Sachen Wolf, habe ihm aber alles über die Tiere erzählt, was ich aus Interesse gelesen habe. Er ist eigentlich ein kluger Kopf mit einem guten Job, aber es stellte sich heraus, dass er quasi überhaupt nichts über Wölfe weiß. Für ihn stand einfach fest: Wolf = Lebensgefahr!
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  2. Am 10. Mai geht es bei mir auf die Insel - Dein Bericht steigert meine Freude wieder ungemein
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  3. Antonia2020

    Luberon Ende April

    @RaulDuke Klar Die Nummern 7 und 8 sind wir nicht gelaufen (der Zuhause-Notfall). Die beiden 8er sind Tageswanderungen ab dem Campingplatz in Bonnieux, eine Rundwanderung (Cedre) und eine Streckenwanderung (Fort), die wir mit Trampen angehen wollten. Viel Spaß. 01_Fontaine-Wild.gpx 02_Wild-LesChalottes.gpx 03_LesChalottes-ArcCiel.gpx 04_ArcCiel-ChennesBlanc.gpx 05_ChennesBlanc-Colorado.gpx 05_Colorado.gpx 06_Colorado-Luberon.gpx 07_Luberon-Vallon.gpx 08_Vallon-Cedre.gpx 08_Vallon-Fort.gpx
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  4. @ULgeher @El Barato Ja, das könnte ein Jäger sein, der eine Kurzwaffe für Fangschüsse dabei hat. Haben auch in Deutschland „alle“ Jäger dabei, mindestens wenn sie auf Wildschwein Jagd sind. Mein Schwiegervater war, im gegensatz zu seinen Brüdern, ein Jäger der guten Art. An erster Stelle stand für ihn Hege und Pflege, als letztes, bzw nicht vorhanden, die Jagd auf Trophäen, Er erzählte mir damals, das sich nur ein dummer Jäger einem Wildschwein nähert, das vermeintlich tot da liegt. Die sind extrem zäh und maximal angriffslustig, wenn sie verwundet sind. In USA kann das aber auch sehr gut ein Waffennarr sein, der die Waffe auf alles richtet, was sich ihm nähert. Vom Berglöwen, bis zum, einer Minderheit angehörenden Jugendlichen der im dunkeln an seiner Haustür klingelt, und um Hilfe bittet… Who knows…
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  5. Bin gerade in den USA unterwegs und hier hängen wirklich an jedem Trailhead die Verhaltensregeln für den Umgang mit Bären. Das bräuchte man dann eben auch bei uns, wenn sich Bären ansiedeln: eine Kultur des Zusammenlebens. Information für die Bevölkerung und m.E. auch den Abschuss von Bären, die sich nicht menschenverträglich verhalten - natürlich ist das traurig, aber wir töten auch jeden Tag Millionen Nutztiere. Zum Thema: Ich hänge hier jeden Abend mein Essen und Kosmetika hoch im Baum auf. Es beruhigt ungemein, zu wissen, dass sich etwaige Tiere dann damit beschäftigen und nicht mit mir im Zelt!
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  6. @Birdy: insbesondere falls der Orthopäde nichts findet und Du einen guten Osteopathen zur Hand hast, dann lass den/die auch mal drauf schauen. Wenn ich nur auf die Orthopäden gehört hätte, könnte ich wohl immer noch nicht wieder Touren unternehmen. Bei mir waren die direkten Fußschmerzen (rechter Mittelfuß ...) zwar das kleinste Problem, der Auslöser saß/sitzt aber ganz oben im Kiefer und um das rauszufinden, war eine ziemliche Odyssee notwendig, zwei Osteopathen, zwei Zahnärzte und drei Physios. Davor und dazwischen drei Orthopäden. Und nur einer von denen hatte zumindest ansatzweise eine brauchbare Idee, die zumindest eine kleine Verbesserung gebracht hat.
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  7. TGV-Bahnhof in Avignon, schon ziemlich exotic Fontaine du Vaucluse: Übernachtung bei Les Plaines: Kloster Senanque: Auf dem Weg nach Gordes: Gestaltungswillen! Camping Municipal bei Murs: Frühling in der Provence: Les Gorges de la Véroncle: Bei Roussillon: Auf dem Weg nach Gargas: Besuch: Geschäft in Saint-Saturnin-lès-Apt: Zaubersamen: Colorade bei Rustrel: Der schönste Platz der Welt in Saignon:
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  8. Da ich über die Forumssuche nichts über den Weg gefunden, dachte ich, dass ich ein bisschen was über ihn schreibe. Der Primorska Planinarska Transverzala (PPT) führt 168 km über viel Fels von Nord nach Süd durch das westliche Montenegro. Start- und Endpunkte sind die Küstenstädte Herceg Novi und Bar, die die höchsten Berge der Region Orjen (1.895 m) und Rumija (1.594 m) sowie den Nationalpark Lovćen miteinander verbinden. Auf alle hohen Gipfel kann, muss man aber nicht zwingend. Der Weg ist recht unbekannt, einsam und verhältnismäßig wild, jedoch fast durchgängig sehr gut markiert. Wir haben nicht groß geplant, sondern sind einfach los und haben uns an dem sehr guten (aber in Details nicht mehr ganz aktuellen) .pdf von hikingisgood.com sowie dem GPS Track in Gaia orientiert. Ist auf jeden Fall zu empfehlen, da es aufgrund einiger Tierpfade und überwucherten Wegen manchmal nicht ganz klar ist, wo genau der Trail nun ist.. Kein durchgängiges Bushwhacking, aber an manchen Stellen verläuft man sich recht leicht Anders als im .pdf sind wir den Weg von Nord nach Süd gelaufen, einfach aus dem Grund, dass wir der Sonne entgegen laufen wollten und der Trail ursprünglich auch so geplant war. An den vorgeschlagenen Tagesetappen haben wir uns häufig orientiert, so dass wir von Mitte bis Ende April rund zehn Tage unterwegs waren. Das hat wunderbar gepasst mit morgens rumtrödeln, mal eine längere Pause machen und abends entspannt früh ankommen. Die Anreise geht fix in zwei Stunden von Berlin in die Hauptstadt Podgorica. Zum nahen Busbahnhof kommt man vom Flughafen nur via Taxi, 12€ pro Fahrt, auch wenn manche Taxifahrer etwas anderes behaupten ;) Die Busse fahren von hier regelmäßig überall ins Land und so waren wir etwa 4,5 Stunden später, inklusive Anschieben des zwischendurch liegengebliebenen Busses, im nördlichen Herceg Novi nahe der kroatischen Grenze. Die Supermärkte Idea und Voli gibt es eigentlich in allen (Klein-)Städten und führen alles von Hafer- bis Kartoffelflocken und Gas. Nur leider keine Schraub-, sondern lediglich Stechkartuschen.. Hatten wir keinen Kocher für, also führt ein kurzer Umweg in den Baumarkt Okov in der Nachbarstadt Zelenika, der als einziger welche verkauft. Durchs Land kommt man schnell mit einem Taxi oder in einem der zahlreichen Busse unterschiedlicher Unternehmen, die einen regelmäßig, günstig, langsam und mit einem immer gestressten Busfahrer in jeden Ort bringen. Nun aber los. Von Herceg Novi geht es direkt auf den Weg, steil und karstig wie recht häufig in den nächsten Tagen. Wir wollten Sommer, Sonne, Strand und dem Berliner Aprilwetter entfliehen. Und bekommen: Schnee. Je höher wir kommen desto kälter, windiger und irgendwann verschneiter wird es. Zufälligerweise hat jedoch die Hütte „Za Vratlo“ kurz vor Mt. Subra geöffnet, da eine griechische Reisegruppe sie für drei Tage gemietet hat. Eher ungewöhnlich, genauso wie das Wetter zu dieser Jahreszeit, wie uns der Ranger mitteilt. So können wir die erste Nacht jedoch ebenfalls dort übernachten und sind vor dem Gewitter geschützt, das nachts über uns hereinbricht. Und noch mehr Schnee bringt. Da uns nun davon abgeraten wird, den Berg Subra jetzt zu besteigen, bleibt uns leider der erste Gipfel verwehrt und wir stapfen einen kleinen Umweg durch den makellosen Neuschnee um den Gipfel herum, um wieder auf den PPT zu treffen. Auf dem ganzen Weg gibt es zwei Hütten in den Bergen sowie eine Jagdhütte, die jedoch fast immer geschlossen und unbewohnt sind. In die Jagdhütte kommt man rein und man könnte auch dort schlafen, haben wir jedoch nicht gemacht und sie ist auch recht nah an einer Straße. Zudem findet man etwa auf der Hälfte ein geräumiges Shelter aus Holz sowie vereinzelt Shelter im Fels entlang des Weges. Eines mag im Inneren vielleicht Peter Zumthor für seine Bruder-Klaus-Kapelle inspiriert haben.. sehr cool. In den ersten vier Tagen haben wir Schnee, Hagel, Regen und Sonnenschein, super Campspots, Ausblicke und einen abwechslungsreichen Weg. Etwa 40km geht man nun auf dem „Mountain Highway“ entlang, immer direkt am Berg auf den über hundert Jahre alten Steinwegen der ehemaligen südlichen Österreich-Ungarischen Grenze. Wir schlafen in Ruinen mit Blick auf die Bucht von Kotor, kommen durch etliche verlassene Bergdörfer zu denen keine Straße führt, müssen uns vor einem schnaubenden Bullen zurückziehen, der den Weg blockiert und holen unser Wasser aus alten Zisternen, auf die man regelmäßig trifft. Das Wasser ist meist sehr gut und klar, ab und zu von riesigen Kröten bewohnt. Wir haben es immer gefiltert und die meisten Zisternen waren im April voll. Man ist jedoch wirklich abhängig von ihnen, da es so gut wie keine anderen Wasserquellen wie etwa Bäche auf dem Weg gibt. Resupply ist etwa auf der Hälfte des Trails möglich. In dem kleinen Ort Brajići (bekannt für seine vielen Autounfälle wie uns ein Schild erklärt) fahren täglich regelmäßig Busse nach Budva oder Cetinje, in denen man einkaufen und einen Zero einlegen kann. Nur ungünstig, dass die Bushaltestelle direkt hinter einer Kurve am Berganstieg liegt.. Also, sich bemerkbar machen, winken, schnell sein und den Busfahrer später auf jeden Fall auf den Ausstieg hinweisen Wir entscheiden uns für die ehemalige Hauptstadt Cetinje, für uns im Moment auf jeden Fall die richtige Wahl. Entspannte Kleinstadt mit bisschen Trubel, in der man sich abends auf dem Marktplatz trifft. Mit offenen Höhlen, günstigem Apartment und gutem Essen (Ugostiteljska radnja Crna Gora), auch für Vegetarier. Weiter geht’s auf die restlichen Kilometer. Die Sonne scheint nun öfter und es wird grüner. Auch wenn der Weg nicht weit vom Meer entfernt ist, sieht man es nicht immer. Oft blitzt es nur durch oder ein Berg steht davor. Und wenn, strahlt der Himmel nun so blau, dass er mit dem Meer verschmilzt. Die Sonne knallt jetzt, ein paar Steigungen stehen noch an und dass nun überall gelbe Blumen wachsen, die nach Pizza riechen, lässt die Gedanken schweifen.. Langsam hören wir auch mehr Vogelgezwitscher und alle paar Meter raschelt es links und rechts, weil ein Salamander vor uns flüchtet. Wildtiere sind in Montenegro verbreitet - Giftschlangen, Braunbären, Wölfe. Ein paar Schlangen sehen wir, Bären keine, dafür finde ich einen (vermutlichen) Wolfszahn. Generell ist der Weg sehr einsam, bis auf einen Dayhiker und einen Frankokanadier, der vor dem Schnee in Bosnien geflohen ist, treffen wir niemanden. Unser Essen hängen wir immer auf (oder über Ruinenmauern). Auch wenn natürlich nicht vergleichbar, erinnert mich der Weg teilweise landschaftlich an den AT: Fels, Berge, Wälder, hoch und runter - nur mit Ausblicken. Und europäischer Kultur. Und Geschichte. Und besserem Essen. Und günstiger. Und näher. Aber natürlich kürzer und null Community. Na ja, Europa ist jedenfalls schon ganz cool.. Als Gear hatten wir das Übliche dabei. Empfehlenswert ist eine lange Hose, da es teilweise ganz schön dornig und verwachsen zugeht und vielleicht eine abgeschnittene Plastikflasche + Seil, um Wasser aus den manchmal recht tiefen Zisternen zu holen. Der Titantopf mit Henkel eignet sich dafür aber auch. Und wer mit Gas kocht, kommt um die Stechkartuschen nicht herum. Da Montenegro nicht in der EU ist, wird es mit einem üblichen deutschen Handyvertrag schnell teuer. Wir haben auf Internet verzichtet, es gibt jedoch vor Ort zig Prepaid eSIMs mit 500GB Datenvolumen für zehn Euro. Für den letzten Tag lassen wir uns Zeit und steigen schließlich ab nach Bar. Die Stadt ist jedoch weniger schön als erwartet und so verlassen wir nach einem Kaffee in der Altstadt Stari Bar den Süden erneut in Richtung Norden, um die verbleibende Zeit in Risan am Meer zu verbringen. Uns hat es sehr gefallen, insbesondere die nördliche Hälfte mit den alten Grenzwegen und Ruinen. Wer einen einsamen, kurzen, relativ wilden und ursprünglichen Trail mit Steigungen sucht, könnte hier ne gute Zeit haben :)
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  9. Rock Front aus der Ukraine hat ein System aus Quilt und Isomatteneinschubhülle, das per Reißverschluss miteinander verbunden wird. Das hier verlinkte System wiegt laut Hersteller 676g (ohne Kompressionssack) und soll einen Komforttemperaturwert bei 4°C haben: https://www.rockfront.com.ua/en/product/rock-front-350-pro-ultralight-down-quilt/
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  10. @sja: Ich schau, was ich schaffe!
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  11. Antonia2020

    Luberon Ende April

    Mein Mann und ich waren im Luberon unterwegs, das ist eine Gegend in Südfrankreich südöstlich von Avignon. Da ich hier im Forum nichts über die Gegend gefunden habe, mache ich mal einen Faden dazu auf. Vielleicht gibt es noch weitere Reiseberichte dazu? Ein paar Facts: Der Luberon ist ein kleines "horizontal gelegenes" Gebirge (ca. 60 km lang, ca. 5km breit) in der Provence. Nördlich davon ist eine Ebene mit Hubbelhügeln und kleinen Örtchen. Diese Fläche wiederumm wird nördlich begrenzt von den Monts de Vaucluse. Das ganze hat den Status eines "Parc Naturel Regional du Luberon". Man darf hier, außer in der Hochsaison, sogar biwakieren, was kleine Zelte ausdrücklich einschließt: "Le bivouac est interdit sur l’ensemble des massifs du Luberon en période de risque feux de forêt (1er juillet au 15 septembre) ; il peut être toléré le reste de l’année. J’entends par « bivouac » le fait de passer une nuit (avec ou sans tente, ou bien sous un abri naturel), en m’installant au coucher du soleil et en quittant les lieux au petit matin. Au préalable de l’occupation des lieux, je m’assure de l’accord du propriétaire ou, à défaut, je veille à l’absence de contre-indication particulière signalée sur zone. Dans tous les cas, je laisse le site très propre et je ne piétine pas un champ en herbe ni une pelouse naturelle." Außerdem gibt es eine wirklich große Auswahl an Camingplätzen. So sah unsere Reise aus: Planung mit zwei IGN 1:25.000 Karten: Cavaillon (3142 OT) und Apt (3242 OT). Dort sind viele Wanderwege, auch regionale, eingezeichnet. Die konkrete Routenplanung erfolgte dann mit dem Online-Planner von LocusMap. Man kann ihn am PC ohne Abo nutzen und GPX-Dateien exportieren. Dann Import der Dateien in Osmand~ auf dem Mobiltelefon. Anreise mit der Bahn von Köln nach Avignon (über Mannheim). Hat für zwei Personen bei rechtzeitiger Planung nur 150 Euro gekostet (genauso zurück) und dauert so 9h. Übernachtung im Hotel am TGV-Bahnhof, dann am nächsten Morgen mit dem Regionalzug weiter nach L'Isle-sur-la-Sorgue (ca. 30 Minuten). Superentspanntes Städtchen mit tollem Markt am Sonntag. Von dort ein paar km nach Fontaine de Vaucluse getrampt (es gibt keinen Bus). Und los geht das Wandern an Tag 1: nur ca. 7 km hoch in die Berge zur Mur de Peste und Les Plaines, wo wir biwakiert haben. Tag 2: Am nächsten Tag 13 m über Gordes (Einkaufmöglichkeit) zum Camping Municipal kurz vor Murs (Les Chalottes; superruhiger und günstiger Campingplatz ohne Schnickschnack). Tag 3: 14 km zum Campingplatz Arc en Ciel bei Roussillon (ca. 2-3 km vom Ort entfernt, dort Einkaufsmöglichkeit). Der Weg führt die ersten km durch eine superschöne Schlucht "Les Gorges de Véroncle" mit kleinen Kletterpartien, die für Anfänger super zu bewältigen sind. Tag 4: 14 km zum Camping Chênes Blancs bei Gargas (Einkaufmöglichkeit) durch die bewirtschaftete Ebene. Tag 5: Ein paar km nach Saint-Saturnin-lès-Apt getrampt (Einkaufsmöglichkeit) und weiter mit dem Bus zum Camping Colorade bei Rustral. Dort noch ca. 10 km auf durch die Ocker-Hügel gewandert (viele Touris, aber total schön). Tag 6: 11 km über Hügel zum Camping Luberon bei Apt mit Zwischenstop in Saignon (Bäckerei). Dann leider Abbruch wegen eines Notfalls zu Hause. Eigentlich wären wir dann 20 km zum Camping Le Vallon bei Bonnieux gewandert, um dort ein paar Tage zu bleiben und einige Wanderungen durch die Zedernwälder zu machen. Mir hat die Region gut gefallen, weil sie so klein und überschaubar, aber gleichzeitig total vielfältig ist. Wir hätten auch jede Menge Plätze zum biwakieren gefunden, wollten allerdings lieber auf Campingplätzen bleiben, weil ich die Gegend nicht kannte und sie sehr touristisch ist, ich kein französisch kann und wir ein bisschen abschalten wollten. Ich fand die Campingplätze aber echt schön (anders als viele in Deutschland) und man konnte, was mein kleiner Traum war, abends auf Plastikstühlen sitzen und ein Bierchen oder Weinchen trinken. Vom Wetter her war es perfekt, nicht zu warm, nicht zu kalt. Einmal nachts hatten wir 5 Grad, aber ich bin mit meinem 133er Apex-Quilt, meiner 67er-Apex-Puffy und einer Gridfleece-Leggings gut zurechtgekommen. Bei den 5 Grad hatte ich über der Leggings noch die Wanderhose an, obenrum Merinoshirt, Alpha-Hoodie, Windjacke mit Kapuze. Dann über den Quilt noch den Puffy gelegt. Und es hat soooo viel geblüht. Mein absolutes Highlight: Wir haben Nachtigallen gehört, richtig viele! Zuerst hatten wir sie mit einer App (sehr cool: Birdnet) identifiziert und konnten sie am Schluss an vielen Stellen hören. Was schwierig war, ist die Wasserversorgung unterwegs aus Bächen oder Quellen. Die Bäche und Quellen, die laut Karte hätten da sein sollen, waren fast alle trocken. Die Läden haben alle über Mittag zu, klingeln hat sich irgendwie seltsam angefühlt. So haben wir meist 2 Liter Wasser durch die Gegend geschleppt. So, nun genug etwas unstrukturiert gelabert - ran an die Fotos. Wer Interesse den GPX-Datein hat, kann sich gern bei mir melden.
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  12. Ein Freund von mir lebt in Texas. Er hat, bei Touren in die Natur, immer eine Schusswaffe dabei. Scheint dort nicht unüblich zu sein und wenn ich das Video sehe, gibt es ein besseres Gefühl (mein Freund betont auch, das regelmäßiges Training mit Waffen eine Voraussetzung für das Handling ist)
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  13. Weglaufen natürlich nicht. Das ist bei nahezu jedem Predator falsch, bei Katzen sowieso. Wir kennen halt die Vorgeschichte/den Hintergrund nicht. Auf Pirsch war der Elk-Hunter (Wapiti-Jäger) eher nicht, sonst hätte er ja wohl seine Langwaffe griffbereit gehabt. Möglicherweise hatte er bereits einen Wapiti erlegt; möglicherweise hatte er ein Pferd oder Maultier dabei zum Abtransport der Beute. Beides wären Ausgangsszenarien für einen Angriff eines Puma; Rotwild ist Hauptnahrungsquelle von Pumas, und ich nehme an, ein Maultier passt auch ins Beuteschema. Menschen eigentlich nicht (ich vermute, für Pumas sind wir so eine Art komisch riechender Bär), und ein (echter) Angriff von vorn ist untypisch. Hier ein Beispiel eines echten Angriffs auf einen Jogger durch ein unerfahrenes Jungtier (etwa Größe eines europäischen Luchs, der bei uns heimisch ist) mit schlechtem Ausgang für den Puma: https://www.theguardian.com/us-news/2019/feb/14/colorado-jogger-recounts-ordeal-with-mountain-lion Gerade noch gefunden, zum Verhalten von und gegenüber Pumas: https://www.fs.usda.gov/Internet/FSE_DOCUMENTS/fseprd706878.pdf
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  14. Joe_McEntire

    Schwarzwald

    Auf der Etappe Forbach-Unterstmatt gibt es nach ca. 12km einen Campingplatz in Herrenwies (ca. 1 km vom Westweg entfernt). Auf der Etappe Unterstmatt-Schliffkopf gibt es nach ca. 2 km eine Zeltwiese am Ski- und Wanderheim Ochsenstall (direkt am Weg). Auf der Murgleiter gibt es dann auf der Etappe Schliffkopf-Baiersbronn nach ca. 15 km das Natur-Camp Tannenfeld (ca. 500m vom Weg).
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  15. Das könnte seine Fangschusswaffe sein.
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  16. Natürlich ist das furchterregend, allerdings ist die Schlussfolgerung daraus nicht so klar. Du schreibst "nur Glück, dass er eine Waffe dabei hatte". Für mich ist aber nicht klar, dass der Puma ohne Waffe den Angriff nicht auch abgebrochen hätte. Siehe z.B. diesen Film, bei dem ein Jogger überrascht wurde: Da bricht der Puma seinen Scheinangriff auch ab, und er steht dem Jogger auch frontal gegenüber. Ich will natürlich nichts verharmlosen, finde die Schlussfolgerung, dass der Jäger dank Waffer heil davon gekommen ist, etwas voreilig (überhaupt, was ist denn das für eine Jagdwaffe? Sieht für mich eher wie sonst ein Waffennarr aus).
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  17. Der Mensch ist das heftigste Raubtier, was jedes Jahr zig Millionen Wildtiere toetet und wahrscheinlich Milliarden Tiere in irgendwelchen Zuchtknaesten. Ab und zu erwischt mal ein grosses Tier einen Menschen, aber ist ja jetzt nicht so, dass die Viecher in unsere Raeume / Wohnungen eindringen, sondern wir uns in deren Lebensraum bewegen, da muss man sich halt ueberlegen, was man wo macht und was einem ein zu hohes Risiko ist. In Afrika haben wir uns halt vor Skorpionen / Schlangen geschuetzt z.B. Motorradstiefel ueber Nacht am Lenker, morgens ausgeklopft...in Spanien musste ich schon mein Zelt gegen zu neugierige junge Stiere schuetzen, in Belgien hat mal ein Bulle mein Zelt nachts auseinander genommen, bis ich wach war, beim Tourensurfen zwischen Inseln hatte ich auch schon einen grossen Hai im Schlepptau usw usw Hatte das Glueck, schon viele Wildtiere recht nah beobachten zu koennen, habe nie das Gefuehl gehabt, dass die mich angreifen wollten, aber ich habe da so meine eigenen Methoden, bei mir ist die Grenze bei grossen Reptilien, Packraften auf nem krokodilverseuchten Fluss waere nicht meins. Ich glaube dass bei vernuenftigen Verhalten das Rissiko durch Baeren und Woelfe in Europa die Nachkommastelle gegen die Anfahrt mit KFZ oder OePNV oder vorher Haushaltsunfaelle ist. Aber man muss sich wohlfuehlen, wo man unterwegs ist und Angst ist nichts Reales, irgendwo muss sie sich inkarnieren und wenn es die Angst vor Baere / Woelfen ist, nun es gibt ja genuegend Gegenden in Europa, wo sie nicht so verbreitet sind, dann rate ich dazu, halt dort zu Wandern, genauso, wie ich den Kongo beim Paddeln ausspare
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  18. Pumas sind für etwa 1 Todesfall/Jahr in USA verantwortlich, noch hinter den Bären (2-3). Schusswaffen für ca. 50.000, Verkehrsunfälle für ca. 35.000. Pumas greifen normalerweise überraschend und von hinten an, Ziel ist das Genick der Beute.
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  19. Klingt für mich nach Top bag. Gab es zB mal von Rab.
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  20. Da ich dem Karwendelgebirge bereits einige Besuche abgestattet habe, lasse ich dir mal ein paar Ideen und Anmerkungen da: Bei einer Rundtour durch das Karwendel müsst ihr zwangsläufig irgendwann die Karwendelhauptkette überschreiten. Im Endeffekt bleibt euch also nur der Weg über die Birkkarspitze oder - dann erst wieder nach den Laliderer Wänden - der Weg hinüber zur Lamsenjochhütte. Letzteren kenne ich auf der Südseite nicht, ihr könnt euch aber auf eine vergleichsweise lange Etappe einstellen, bei der ihr schlussendlich am besten über die Lamsscharte und nicht den Brudertunnel Klettersteig absteigen solltet (!). Als nächste Etappe bietet sich der Weg von der Lamsenjochhütte über die Eng zur Falkenhütte an. Einfach zu laufen, gleichzeitig aber mit schönem Blick auf die Laliderer Wände. Falls ihr eine 20km-Etappe schafft, direkt weiter bis zum Karwendelhaus (unschweres Gehgelände, vergleichsweise wenig Höhenmeter im Aufstieg), ansonsten wird das eure nächste Etappe sein. Vom Karwendelhaus müsst ihr dann noch durch das Karwendeltal hinunter nach Scharnitz (dabei erwarten euch zähe 15km im Abstieg auf Forststraßen). Samstags fährt - soweit ich weiß - kein Shuttle-Taxi zum/vom Karwendelhaus, also müsstet ihr wohl oder übel vor der Heimreise noch in den sauren Apfel beißen und marschieren. Bei den Hüttenbuchungen würde ich mich ranhalten, gerade die hoch frequentierten Hütten werden die Zwei- oder Mehrbettzimmer wahrscheinlich bereits vergeben haben, Matratzenlager sind da unproblematischer. Viel Spaß auf eurer Tour!
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  21. J_P

    Schwarzwald

    Ich würde noch folgende Routen empfehlen.. je nach Laufgeschwindigkeit gut in drei Tagen zu schaffen: - Die Murgleiter im Nordschwarzwald. - Die Ostvariante des Westweges: Tititsee bis Basel. - Von Forbach bis zum Schliffkopf auf dem Westweg und vom Schliffkopf auf der Murgleiter nach Forbach zurück. So nimmt man die schönsten Punkte des Nationalparks Schwarzwald Nord mit. - Der Renchtalsteig ist auch zu empfehlen. Ansonsten nutze ich auch gerne Hiking Waymarked Trails.com (etwas odlschool) um eigene Routen zu erstellen. Komoot u.Ä. mag ich nicht.. Anmeldung, Abo etc..
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  22. Schlurfer

    Schwarzwald

    Man könnte von Freiburg (Bhf) nach St. Peter (Zeltplatz), dann via Zweitälersteig über Simonswald (Zeltplatz) bis zum Yacher Höhenweg und runter nach Elzach (Bhf) laufen. Lässt sich natürlich beliebig erweitern. Etappen 1-3 des Zweitälersteigs wären vielleicht auch was, aber offiziell am Kandel zelten ist m.W. nicht möglich. Gibt mittlerweile auch in dieser Gegend buchbare Trekkingcamps.
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  23. Anne

    Schwarzwald

    Hallo, der Zweitälersteig ist sehr schön und abwechslungsreich. Ich bin ihn mit zelt gelaufen. Viele Grüße
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  24. Mich würde interessieren ob die 10.000 Menschen auf den Schnecken ausgerutscht sind oder sich beim Schnecken essen daran verschluckt haben. Vielleicht sollte die Abschußrate bei Mücken mal angehoben werden.
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  25. Jährliche Sterbefälle weltweit infolge einer Begegnung mit Tieren nach Tierart | Statista Fand ich ja ganz spannend. OT: Leider fehlen in der Statistik noch Bären, Wölfe und Homo Sapiens Sapiens. Eine Spezies davon würde nach ganz links, die anderen beiden ganz rechts in der Grafik gehören.
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  26. In den USA gibt es vielerorts Bären. Millionen von Menschen leben mit Bären. Trotzt teilweise fragwürdigem Vorgehen bei Begegnungen sind diese Bären eine wesentlich geringere Gefahr für persönliches Wohlbefinden als Städte etc. Das gefährlichste an einer PCT-Wanderung ist der Weg vom Flughafen zum Terminus oder leben in der "Zivilisation" allgemein. Gilt übrigens auch für den CDT und den 1000 Meilen in Grizzly Land dort. Die Gefahr "von Wölfen gerissen" zu werden ist absolut vernachlässigbar, z.B. im Vergleich zum Sterben durch Bienenstiche. Wann hat das letzte mal jemand verlangt, Bienen alle auszurotten? Oder alle Seen trocken zu legen, schliesslich kann man darin ertrinken.
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  27. Etappe 8 Haweswater Reservoire – Alter Steinbruch vor Beacon Hill Facts: 24 km. Endlich machen wir Strecke, was daran liegt, dass der Weg fast keine Steigungen enthält. Zunächst gehen wir weiter am See entlang bis zum Dorf Burn Banks. Der Lake District ist jetzt vorbei. Wir laufen durch stärker landwirtschaftlich genutztes Gebiet neben einem kleinen Flüsschen, über Weiden und ein paar Hügel bis ins Städtchen Shap. Danach queren wir eine Eisenbahnlinie und eine ziemlich große Straße und kommen dann in ein Gebiet mit größeren und kleineren Steinbrüchen. Hier beginnen schon die Yorkshire Dales, der nächste Nationalpark, mit einer ganz neuen Landschaft. Sie ist geprägt von Mooren und großen Heideflächen. Wir laufen noch ein bisschen und finden einen guten Platz zum Zelten an einer Felswand, die einen alten Steinbruch begrenzt. Tipps: Kurz vor Shap geht man an der Ruine der Shap Abbey vorbei. Sie sieht beeindruckend aus und ich könnte mir vorstellen, dass es sich lohnt, sie genauer anzuschauen. Touristen kommen extra wegen ihr dort hin. In Shap gibt es einen Supermarkt und einige Lokale. Wir waren im „abbey kitchen“, einem Café, dass auch kleinere Gerichte anbietet. Hier bekommt man sogar veganes Essen und richtig leckere Sachen, wenn man Gemüse mag (zum Beispiel einen köstlichen Brokkoli-Ananas-Smoothie). Shap selbst ist eher ein Straßenort mit relativ viel Verkehr, dafür kann man gut einkaufen. Fun: Es fühlt sich gut an, endlich mal voranzukommen und es ist cool, durch eine Landschaft zu laufen, die von ganz vielfältigen Nutzungen geprägt ist. Wir sehen zum Beispiel diese interessante Rinderrasse mit dem weißen Streifen in der Mitte und beeindruckende Steinbrüche (Kalkstein und Granit) mit entsprechender Industrie, die für die Stahlerzeugung benötigt wird. In Shap tätigen wir den ersten richtigen Re-Supply. Krass, wie schwer der Rucksack auf einmal ist. Mir scheint, dass wir es jetzt schwerer haben werden, Wasser zu filtern. Im Lake District war es easy, aber hier gibt es keine Quellen oder Bäche, die sauber genug sein könnten. Also heißt es „schleppen“, denn an genug Häusern, an denen man einfach klingeln könnte, kommt man auch nicht vorbei. Der Platz zum Zelten ist allerdings wirklich toll, auch wenn dort kein Wasser vorhanden ist. Wir sind ganz geschützt durch einen Felsen, der mit den letzten Sonnenstrahlen noch eine gute Portion Wärme aufgenommen hat und uns eine ganz entspannte Nacht bereitet. Ich freue mich allerdings schon sehr auf Kirkby Stephen, unser morgiges Ziel, wo wir eine Nacht in einem B&B verbringen wollen. Denn ich stinke und sehne mich nach frischen Klamotten und einem ordentlichen Abendessen. Ich werde so langsam auch ein bisschen wandermüde und finde es schade, dass wir so wenige Pausen machen. Wir hatten eigentlich gedacht, dass wir mehr richtige Pausentage einlegen und uns zwischendrin einfach mehr Zeit lassen. Aber irgendwie klappt es nicht und das schmeckt mir nicht. Heute ist übrigens zum ersten Mal etwas passiert, was auf dem kommenden Weg noch häufiger geschehen wird: Die Querung von Weideflächen mit neugierigen Bullen. Die oben erwähnten Rinder entpuppen sich nämlich als solche, als mein Mann ungefähr 1,5 km zurück geht, um das am Pausenplatz vergessene Oberzelt – wir hatten es zum Trocknen ausgebreitet – zu holen. Die Bullen kommen bedrohlich nahe und er versucht (was gelingt) so wenig wie möglich Aufhebens um seine Anwesenheit zu machen. Das hier ist eine typische Beschilderung, denn der Weg läuft fast ausschließlich auf "Public Footpath" oder "Public Bridleways", auf denen zusätzlich zum Gehen auch noch Reiten und Fahrradfahren erlaubt ist. Diese Arten des Wegerechts kenne ich nicht aus Deutschland. Sie machen es möglich, an sehr vielen Stellen privates Gelände zu queren. Die Eigentümer sind sogar dazu verpflichtet, Zugang zu ermöglichen, z. B. über Treppenstufen über einen Zaun. So laufen wir oft über Felder oder Weiden. Am Anfang fand ich das befremdlich, aber mit der Zeit fühlte es sich toll an. Hier sind sie noch etwas entfernt, später kamen sie dann richtig nah. Alles Bullen. So sehen die Public Footpath' häufig aus. Und dann geht's ab auf die nächste Weide: Die Landschaft ist weniger spektakulär, als im Lake District, entfaltet aber an vielen Stellen einen stillen Zauber. Es gibt für den C2C-Weg kein offizielles Zeichen und keine einheitliche Beschilderung. Oft erledigen das die Bewohner der Ortschaften selbst. Ortseingang von Shap: Leider geschlossen... Nix darf man! Richtung Yorkshire Dales: Die Heidelandschaft beginnt. Ende August gibt es sogar noch Blüten. Die Felswand ist noch warm, als wir ankommen und so haben wir ein gemütliches Abendessen.
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  28. Etappe 7 Patterdale – Haweswater Reservoire Facts: 12 km. Jetzt geht es hinauf auf den höchsten Punkt des Weges bei Rampsgill Head (792m) and Kidsty Pike. Dabei passieren wir den See Angle Tarn mit seinen zwei Mini-Inseln. Danach führt der Weg steil bergab zum Haweswater Reservoire, einem Stausee, der in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts zur Trinkwasserversorgung von Manchester aufgestaut wurde. Wir übernachten aus einer Not heraus an einer Mauer, die das Areal um den See herum absperrt. Tipps: Auf diesem Teilstück gibt es keine Einkehr. Ganz wunderbar für ein frühes Päuschen eignet sich das Gelände rund um den Angle Tarn. Dieser Ort ist wahnsinnig schön. Fun: Heute kommen wir besonders spät los, dabei wissen wir, dass es ein anstrengender Tag wird. Wir haben nicht mehr ausreichend Essen und gehen daher in den Ort ohne Supermarkt zurück, um etwas aufzutreiben. Das gelingt leicht. Bei einem kleinen Imbiss direkt am Fluss versorgen wir uns mit Chips und Bütterken. Wir trinken noch ein Käffchen, essen schon mal ein eine Vorab-Chipstüte leer, und dann machen wir uns den Hügel rauf. Wieder durch diese märchenhaften großen Farne, bis auf wir der Höhe ankommen. Hier liegt der kleine See Angle Tarn und wenn wir nicht schon zwei Pausen hinter uns hätten, hätte ich hier am liebsten Stunden verbracht. Aber schnüff, wir müssen weiter. Oben nahe des Kidsty Pike verlaufen wir uns ein bisschen, daher kommen wir heute nicht wirklich weit. Als wir schließlich auf dem Gipfel sind, tauchen plötzlich zwei Mountain Biker auf. Ich mag es meistens nicht, wenn mir Mountainbiker begegnen, denn sie sind oft so schnell und man muss zur Seite springen. Hier handelt es sich jedoch um zwei sehr nette und gesprächige junge Männer. Einer hat von seiner Frau Brownies mit Marshmallows drauf mitbekommen und diese Köstlichkeit teilt er mit uns. Und zuuuuussschhhh sind die beiden schon wieder downhill unterwegs. Wir machen uns ebenfalls an den Abstieg. Und der schmerzt. Es ist steil und meine Knie tuen richtig weh. Daher dauert es ewig. Unten wartet der Stausee auf uns, der um diese Jahreszeit (oder ist es auch der Klimawandel?) sehr wenig Wasser führt. Eigentlich wollen wir am Stausee vorbei und uns dann ein Plätzchen zum Übernachten suchen. Aber daraus wird nix, denn: Mein Mann kriegt Sonnencreme in die Augen. Klingt bekloppt, aber es entpuppt sich als ziemlich unangenehm. Innerhalb einer Stunde und mehreren Pausen inklusive Versuchen, die Augen mit Wasser auszuwaschen, wird es richtig schlimm. Mit einem zusammengekniffenem tränenden Auge stolpert mein Mann über die den felsigen Trail. Dabei machen wir auch zum ersten Mal Bekanntschaft mit den Midges. Beware!!! Irgendwann wird klar, dass wir es nicht mehr bis zum Ende des Sees schaffen. Aber hier zu übernachten ist auch schwierig. Der See ist aus gutem Grunde abgesperrt. Daneben führt der Weg entlang, auf dessen anderer Seite es bergauf geht. Schließlich finden wir ein Plätzchen an der Mauer, sind dankbar über den Windschutz und hauen uns mit schlechtem Gewissen auf die Matratzen. Angle Tarn: Rund um den Kidsty Pike: Richtung Stausee. Man kann schon sehen, dass er wenig Wasser führt. Das frühere Dorf kann man aber noch nicht sehen. Not-Camp:
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  29. Getreu dem Motto selber basteln und experimentieren, bin ich gerade noch auf diesen alten Beitrag vom Reddit UL Forum gestoßen. The logical terminus of the camp shoe arms race : Ultralight (reddit.com) Hier werden einfach die Innensohlen vom Schuh mit Shock-Cords zu Camp-Schuhen umfunktioniert. Eigentlich eine geniale Idee, wo es aber sicher auch auf das Material der Sohle auf der Unterseite ankommt und wie man sie nutzt. Für eine Hüttentour, wo man damit nur in der Hütte rumschlurft, könnte ich mir das gut vorstellen, je nach Material auch als Dusch-Schuhe. Nicht aber draußen vlt. noch im Regen wo ich sie mir dann einsaue.
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  30. Etappe 6 Irgendwo zwischen Calf Crag und Gibson Knot - Patterdale Facts: 22 km. Noch ein bisschen auf der Höhe entlang bis zu Helm Crag, dann ein relativ steiler Abstieg Richtung Grasmere. Der Weg führt nicht durch Grasmere, aber wir machen einen 1,5 km-Abstecher dorthin zum Einkaufen und Snacken. Dann geht es langsam und stetig hoch zum See Grisedale Tarn und ebenso langsam und stetig wieder runter in das Örtchen Patterdale. Hier übernachten wir ungefähr 1 km abseits des Weges auf dem Side Farm Campingplatz direkt an dem großen Ullswater-See. Tipps: Direkt am Helm Crag hätte man wirklich gut das Zelt aufschlagen können. Schade, dass wir es nicht bis dahin geschafft haben. Hierher kommen viele Ausflügler und das Gras ist eh platt. Man ist halt nur nicht einsam im Sinne von es sieht einen keiner. Grasmere ist ein wirklich netten Städtchen im Vergleich zu den anderen Orten, durch die man kommt. Ein Abstecher lohnt sich also, wenn man Bock hat, ein bisschen gepflegt Kaffee zu trinken, mal in einen Outdoor-Laden zu gehen oder überhaupt die Ausflugs-Atmosphäre des Lake Districts zu schnuppern. Es gibt auch eine öffentliche Toilette und gute Möglichkeiten zum Einkaufen – sowohl leckere Pasties als auch einen kleinen Supermarkt. Oben am Grisedale Tarn hätte man auch gut zelten können. In Patterdale gibt es keinen Shop; der Supermarkt hat seit kurzem geschlossen. Den Campingplatz finden wir beide nicht so nice. Fast alle Plätze sind abschüssig, die Anlagen zum Duschen sind ziemlich runter und nicht wirklich sauber (immerhin warm). Außerdem kann man zwar Waschen und Trocknen, aber es gibt kein Waschmittel. Wir haben welches von einer Zeltnachbarin geschenkt bekommen. Einen Aufenthaltsraum, Steckdosen, einen Mini-Shop oder eine Küche gibt es ebenfalls nicht. Aber die Lage am See ist natürlich toll und man muss sich vorher nicht anmelden. In den Ort zum Essen sind es nochmal so 1-1,5 km. Nicht unbedingt das, was man mit steifen Gliedern abends noch machen will. Fun: Obwohl der Tag lang ist, finde ich ihn ziemlich entspannt. Ich mag Grasmere (lecker Pasty mit Cheese & Onion-Chutney aus einer Bäckerei). Der Ort wirkt einfach sehr freundlich und einladend. Wir decken uns zum ersten Mal mit Fertignahrung ein, weil meine selbstgemachten dehydrierten Mahlzeiten alle sind. Ab jetzt sind Tütensuppen unsere Freunde. Außerdem ist das Wetterchen super und das macht zur Abwechslung wirklich Laune. Oben auf der Höhe am Grisedale Tarn gönnen wir uns ein weiteres schönes Päuschen und kommen abends in Patterdale erst gegen halb acht an. Irgendwie schaffen wir es nie, beizeiten im Camp zu sein. Wir beide sind keine wirklichen Frühaufsteher (aufwachen so gegen 7). Aber bis wir loskommen, ist es meistens 9 Uhr. Also nix mit „leave early“. Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass wir ständig netten Menschen begegnen? Wir werden nonstop freundlich angesprochen und quatschen dann 5-10 Minuten. Meist handelt es sich fitte „ältere Herrschaften“, die hier im Lake District Urlaub machen und in beachtlichem Tempo durch die Landschaft öschen. Aber Zeit für einen Plausch muss sein. Für mich ist das eines der besten Features des Weges. Ab und zu treffen wir auch andere Coasties, aber die sind eher nicht so gewillt zu quatschen, sondern scheinen vorankommen zu wollen. Heute merke ich zum ersten Mal meine Knie und eine gewisse Steifigkeit, die sich breitmacht. Na, kein Wunder. Wir waren ja alles andere als trainiert zu Beginn. Diese Insekten sammeln sich oft zu Dutzenden zwischen Außen- und Innenzelt. Sie machen nix und befinden sich auch überall im Gras. Sie können fast nicht fliegen und hupfen eher. Man muss echt aufpassen, dass man sie nicht aus Versehen zerquetscht, weil es so viele sind: Weg Richtung Grisdale Tarn: Grisedale Tarn. Ganz schön windig hier, aber dafür auch sehr atmosphärisch: Farn gibt es auf dem Weg überall in sehr vielen Erscheinungsformen. Manchmal geht man durch fast mannshohe Farnwälder. So eine Vegetation kenne ich aus Deutschland nicht. Abstieg Richtung Patterdale: Ein Wort zu unserem Zelt, dem BA Copper Spur HV UL2. Es hat sich absolut bewährt. Wir kommen zu zweit gut darin klar, weil es im Innenzelt so viele Taschen gibt, in denen wir beide unser Zeugs lagern können. Ansonsten hätten wir in der Enge nicht gut Ordnung halten können. Außerdem find ich gut, dass das Innenzelt bis zu einer gewissen Höhe nicht aus Mesh, sondern aus einem dünnen Stoff ist. So schützt es vor Wind. Es hat auch genug Punkte, an denen man es mit zusätzlichen Leinen abspannen kann. Das wird uns besonders in der letzten Nacht helfen, wo es ziemlich gestürmt hat. Im Vergleich zu meinem TT Rainbow, mit dem ich bisher allein unterwegs war, fühlt sich dieses Zelt wie purer Luxus an. Der Aufbau geht trotz Innenzelt schnell und ist mehr oder weniger idiotensicher. Wir nutzen es mit dem BA-Footprint, den es in einem Angebot sehr günstig dazu gab. Durch ein System mit Steckschnallen am Footprint kann man das Zelt bei Regen so auf- und abbauen, dass die Sachen trockenbleiben. Das funktioniert erstaunlich gut, allerdings nur mit einer Person im Zelt. Hier sagt man Bescheid, dass man zelten will und bezahlt. Zum Campingplatz selbst läuft man dann noch ca. 1,5 km.
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  31. Etappe 5 Slate Bothy – Irgendwo zwischen Calf Crag und Gibson Knot Facts: 14,5 km. Bis zum Honister Pass sind es nur noch wenige Meter, danach verlassen wir die Höhe und gehen runter in eine kleine Ebene durch die Örtchen Borrowdale, Longthwaite und Rosthwaite. Jetzt wird wird es wieder richtig einsam. Der Pfad führt an einem Fluss voran aufwärts und durch unzählige Moor- und Sumpfstellen, an vielen Quellen vorbei und über verschiedene „Hügel“. Am Schluss gehen wir auf der Höhe (ca. 500 HM) bis zu unserer Schlafstelle zwischen Calf Crag und Gibson Knot, wo wir das Zelt aufstellen. Tipps: In Borrowdale im Farmcafe Flock Inn kann man ganz wunderbar einen Snack einnehmen und gesittet in die Landschaft glotzen. Fun: Start bei strömenden Regen. Wir alle aus der Hütte gehen unserer Wege. Die beiden Spanier wollen möglichst schnell nach Grasmere, um dort bessere Schuhe zu besorgen. Sister Ann will sich mit einer Ordensschwester im Café in Honister Pass treffen und dann etwas mit dem Trail pausieren. Das junge Paar will zu einem der Seen runter und trotz des Wetters (es ist ziemlich kühl) schwimmen gehen. Ich will vor allem gern, dass der Regen aufhört. Mein Paar Socken ist zwar über dem Ofen trocken geworden, aber das wird nicht lange halten. Schon einmal komplett nass kommen wir kurz nach dem Start am Honister Pass vorbei, wo man zusammen mit Horden von Bustouristen Kaffee trinken und sich ein Schiefermuseum anschauen kann. Wir gehen munter weiter, schließlich wollen wir ein paar Kilometerchen schaffen nach dem gestrigen Kurztrip. Leider ist der Weg ziemlich sumpfig, sodass das Laufen langsam geht. Ich versuche, Stellen zu finden, wo ich nicht im Wasser versinke. Denn die Füße sind zwar nass, aber quietschnass ist doofer. An uns vorbei sprinten zwei UL-Trekker (sofort am Equipment und den Shorts erkannt), als wär das nix. Respekt, Mann! Richtung bergab hört endlich der Regen auf und es wird auf einmal wunderschön sonnig. Man sieht mindestens eine Million Grüntöne. Mein Mann hat heute Morgen erfahren, dass wir am letzten Tag durch die regenreichste Region Englands gewandert sind – kein Wunder, dass es überall so krass üppig ist. Unten im Tal kommen wir durch ein paar idyllische Örtchen und pausieren in einem Farmcafé bei Pasty (gesprochen: Passti) und Käffchen. Diesen Moment finde ich ein bisschen magic, weil alles so superenglisch ist, wie aus dem Bilderbuch. Der kauzige freundlich Mann, der hinter dem Tresen steht, die Terrasse und das Gärtchen wie aus der Landlust und die anderen Gäste so ausgesprochen höflich und freundlich. Ich will gar nicht weiter, aber wir sind ja sozusagen eben erst losgegangen… Der weitere Weg ist beschwerlich, denn durch den Regen sind die Wege zu Bächen geworden. Je höher wir kommen, desto sumpfiger wird es wieder. Oben auf den Kuppen sammelt sich das Wasser in großen Arealen, durch die man kaum durchkommt. Es dauert ewig. Mir wird klar, dass wir wieder nicht viele Kilometer schaffen und nicht den Alby-Spot erreichen werden, den ich am Morgen angedacht hatte. Zum ersten Mal bei dieser Reise bekomme ich ein etwas beklemmendes Gefühl, denn hier kann man sein Zelt nirgendwo aufstellen und es wird schon dämmrig. Wir gehen nun mit dem Blick darauf weiter, wo man vielleicht „notzelten“ kann. Aber alles, was wir ausgucken ist, entweder Sumpf oder abschüssig. Ich hab das Gefühl, dass die Schafe uns belustigt anschauen, die fühlen sich hier nämlich wohl. Auf den letzten Drücker findet mein Mann auf einer schmalen Kuppel einen kleinen Platz, der funktionieren wird. Ich bin so erleichtert. Es gibt eine schöne Aussicht, aber wir müssen uns beeilen und kalt wird es auch. Schnell ins Zelt, Socken auswringen, ein bisschen aneinanderkuscheln und noch eine Folge vom Podcast hören. Mein Mann schläft augenblicklich ein, ich brauche immer ein paar Minuten. Am Honister Pass: Ein supertypisches Bild für den ganzen Trail sind die Schafe mit den langen Schwänzen. Das ist eine besondere Rasse - ich glaube, es handelt sich um das Swaledale Sheep Der C2C-Trail hat keine eigene Beschilderung, es gibt alle möglichen Arten von Wegmarkierungen: Das Tal bei Borrowdale: Snacks im Flock Inn: Lammpasty, direkt vom Schaffarmer. Eins vorweg: Zuhause sind wir Veganer, mir war jedoch klar, dass wir in England nicht weit damit kommen. Allein, hier gibt es noch nicht mal Veggie, also gönnen wir uns dieses unglaublich leckere Mini-Gericht zusammen mit Onion-Chutney. Dazu gibt es Mint-Cake, da war ich neugierig drauf, seit ich ihn zum ersten mal als berühmte typische Wegzehrung in einem Shop Ennderdale Bridge gesehen haben. Er entpuppt sich jedoch als ein großer Block aus purem Zucker mit Minz-Geschmack. Wir nutzen jede Sekunde, um die Schuhe ein bisschen zu trocknen. Das sind übrigens die Evadict-Trailrunner vom Decathlon, mit denen mein Mann ziemlich zufrieden war. Ich bin froh, dass ich zum Laufen zwei Paar Socken mitgenommen habe. Eins kann ich dann tagsüber am Rucksack trocknen (bei Regen tue ich es in eine Plastiktüte) und eins wird gerade nass. Glotz glotz, snack snack... Und schon wieder losgehen: Kurz vor dieser Stelle begegnen uns ungefähr 30 schlammverschmierte Jugendliche mit zwei erwachsenen Begleitern in National Trust T-Shirt. Jetzt sehen wir, was sie gemacht haben. Auf etlichen Hundert Metern Länge wird der Weg befestigt. Der C2C ist nämlich 2022 zum National Trail ernannt worden und wird jetzt Stück für Stück besser ausgebaut und beschildert. "Gipfel"-Kaffee - hier sieht man meine gebastelte Windschutzkonstruktion aus dem Kleine-Basteleien-Faden. Ich hatte eine runde Folie mit Loch für den Brenner und dann ein langes Rechteck zum drumrumbiegen gebastelt. Das hat so weit ganz gut geklappt, war aber irgendwie eine Friemelei. Ich hätte gern was anderes. Tolle Aussicht, aber: Das ist einer der beiden Plätze, wo ich zelten zwar toll, aber irgendwie nicht korrekt fand. Wir haben sehr darauf geachtet, nix zu hinterlassen, aber immerhin haben wir an einer relativ vulnerablen Stelle das Gras plattgedrückt. Es gab zwar viele Schafe, aber es war ja auch sehr nass und da will man den Boden nicht unnötig beschädigen. Ich hatte mich vorher informiert, wie es in England mit dem Wildzelten ist: Nicht legal, wird aber toleriert. Genauso war es auch. Wir sind nie blöd angequatscht worden, obwohl viele Leute unser Zelt gesehen haben (hier allerdings nicht). Oft standen wir direkt neben einem Weg, wo es eh platt war. Aber hier... ich weiß nicht. Immerhin hab ich den ganzen Weg über nur sehr selten, fast nie, Müll herumliegen sehen und NULL Taschentücher vom Pinkeln. Das ist also ganz anders als in Südtirol, wo ich schon relativ häufig in touristischen Gebieten wandern war und oft kleine Verzweiflungsanfälle deswegen bekommen habe.
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  32. Fragen und Antworten rund um den Shvil Ist der Israel National Trails für Anfänger:innen geeignet? Als ich hier als Einsteigerin in die UL-Thematik einen Thread eröffnete und von meinem Vorhaben schrieb, meldete sich Wanderlegende @German Tourist zu Wort und riet mir davon ab, als Person mit so wenig Wandererfahrung den Trail zu gehen. Ich verstehe, woher dieser Rat kommt, aber würde ihn anderen Interessierten nicht in dieser Deutlichkeit geben. Beim Wandern von Nord nach Süd hat man viele Vorteile, die sogenannte Anfängertrails auch bieten: n den ersten Wochen hat man täglich (mehrfach) Wasser, regelmäßige Resupply-Möglichkeiten, nicht nur an Essen, sondern auch wenn man in einen Outdoor-Shop muss/will und was Gasnachschub betrifft. Es ist zivilisationsnah, man könnte, wenn man das will, jeden Tag bei trail angels übernachten oder auch in B&Bs. Auch im Norden hat der Trail ein paar herausfordernde Passagen, aber im Wesentlichen kann man auch als untrainierter Mensch, der ich zu Beginn war, bei einer gewissen Grundfitness den Weg gut meistern und dabei in Form kommen. Der Planungsaufwand ist bis Arad äußerst gering, ich habe immer nur bis zum nächsten Supermarkt (also maximal 3 Tage) vorausgedacht, trail angels in der Regel am Vortag kontaktiert und bin damit gut gefahren. Ich habe diese Flexibilität und Spontanität geliebt. In meinen ersten Wochen auf dem Trail in zivilisationsnaher Gegend habe ich all die Fehler machen können, die ich machen musste - Missmanagement, was Wasser und Essen betrifft, am Kocher verbrannt, Ausrüstung optimiert... Wenn man dann den Härten der Wüste begegnet, hat man schon etwa 600km hinter sich und ist im Flow. Für die Wüste braucht es definitiv einen gut sitzenden Rucksack, der auch höhere Lasten bequem tragen kann. Natürlich ist auch mehr Planung nötig für den Wüstenteil, da man entweder Wasser cachen oder sehr gut planen muss, wann man woher Wasser bezieht. Ich habe für 5 Wassercaches bezahlt und fand es damit gut machbar. In der Wüste habe ich den Teil zwischen Ein Bokek und Nahal Mador Nightcamp sowie zwischen Shkoret Nightcamp und Eilat als wirklich schwer empfunden, der ganze Teil dazwischen war meiner Ansicht entspannt. Wenn man sich darauf im Vorhinein mental vorbereitet, kann man das aber auch als willensstarke Anfängerin bewältigen. (Ganz generell würde ich sogar sagen: Wenn selbst ich als untrainierte Kartoffel es geschafft habe, können das auch die meisten anderen.) Würde ich den Shvil nochmal gehen, würde ich allerdings irgendwie versuchen, organisiert zu bekommen, diesen genannten Anschnitt nicht mit Essen für 6 Tagen zu gehen, sondern irgendwie dazwischen Essen aufzutreiben und sei es, 20km vom Shvil weg nach Dimona zu trampen. Aber ich weise nochmal ausdrücklich darauf hin, was auch überall sonst zu lesen ist: NoBo, also ein Start im Süden, ist keinesfalls anfängergeeignet! Ist es teuer, den INT zu wandern? Ich würde sagen, ja. Israel ist ein teures Land; das einzige, was ich als billig empfunden habe ist Datenvolumen, öffentliche Verkehrsmittel und Obst&Gemüse. Essen ist teuer, Unterkünfte sind teuer, alle Art von Hygieneartikel sind teuer (eine Packung Compeed Blasenpflaster mit 6 Stück Inhalt sind etwa 14€), Campingartikel sind abartig teuer... Was ich hingegen nicht als übermäßig teuer empfunden habe, ist der water caching service. Der, den ich gewählt habe (Yanir Yagel von Negevtrails) nimmt pro Liter 11 Schekel, was ich angesichts der Garantie, die er gibt, super finde. Ich hatte 4×6 und 1x4 Liter (nur eine gerade Anzahl ist möglich), habe also 308 Schekel (etwa 86 Euro) bezahlt, was ich für die damit gewonnene Erleichterung mehr als fair finde. Einmal waren die 6 Liter viel zu viel, sodass ich eine geschlossene Zwei-Liter-Flasche für nachfolgende Wanderer dagelassen habe, das ließe sich mit besserer Planung vermeiden. Wie viel ist los auf dem Trail, wie viele thru-hiker trifft man? Ich habe zusammengezählt, an die ich mich erinnern kann, 11 Gespanne (Einzelpersonen, Gruppen oder Paar) getroffen, bestehend aus 17 Individuen, die auf einem Thru-hike unterwegs waren. Einer hat abgebrochen nach zwei Wochen. Dazu noch 4 Menschen, die für mindestens einen Monat auf dem Shvil unterwegs waren. Kurz vor Eilat sind mir zwei Mal Shvilistim NoBo entgegengekommen. Von den Wandernden habe ich von einer Handvoll weiterer Shvilistim gehört, aber alles in allem waren es nicht viele. Das liegt aber wohl auch daran, dass ich zeitig in der Saison unterwegs war, bei mehreren trail angels war ich die erste in dieser Saison; die meisten Israelis starten erst in Richtung Mitte Oktober. In der Hochsaison kann es dann, wenn zu den Shvilistim noch Tageswanderer oder Pfadfindergruppen o.Ä. kommen, auch mal eng in den Nightcamps in der Wüste werden, habe ich gehört; das ist mir nie passiert. Trotzdem war ich nicht einsam auf dem Trail; man ist einigen Shvilistim immer wieder begegnet, dazu kamen auch nette Begegnungen mit Tages- oder Wochenendswanderern. An vielen Tagen bin ich aber auch keinen Wanderern begegnet. Alles in allem im Vergleich zu den populären Trails definitiv ein ruhigerer Trail, aber keinesfalls einsam. Wie ist die Netzabdeckung in der Wüste? Ein Thema, über das ich mir völlig zu Unrecht vorher den Kopf zerbrochen habe. Mit dem Anbieter Pelephone hatte ich an jedem Tag mindestens zwei Mal eine Internetverbindung, immer dann nämlich, wenn man auf einem Berg oder irgendeiner Anhöhe war. Wie ist die Camping-Situation? In Israel ist Wildcampen außerhalb von nature reserves und national parks gestattet. Innerhalb der Naturschutzgebiete gibt es ausgewiesene Nightcamps, an denen nördlich der Wüste auch überall ein Wasserhahn war, (in der Wüste erst ab Paran). Ich habe es im Norden vermieden, dort zu übernachten, da viele dieser Orte Treffpunkte für Jugendliche sind, die spätnachts kommen, den ganzen Campingplatz mit Autoscheinwerfern ausleuchten und laut Musik abspielen. Zudem waren viele auch dreckig und voll Müll. Ich habe daher die Unbequemlichkeit, nicht bei einer Wasserquelle in Kauf genommen und mir immer genug Wasser für die Nacht mitgenommen und dann in der Natur geschlafen. Es hat auch mein persönliches Sicherheitsempfinden erhöht, nicht irgendwo zu schlafen, wo man mich leicht sehen kann. An den Campsites gibt es immer Feuerstellen und die wanderbegeisterten Israelis kommen dort manchmal auch einfach nur für ein kleines BBQ hin. In der Wüste gibt es in den Nightcamps auch Feuerstellen, dazu kniehohe Steinmauern, die in großen Halbkreisen stehen und den Wind abhalten sollen, hier sieht man sie von Ferne: So hoch sind sie: Im nördlichen Teil der Wüste sind die Mauern viel instabiler und aus schlicht gestapelten, teils wackeligen Steinen bestehend. Ab dem Nahal Barak Nightcamp, ab dem es auch die Wassertanks gibt, waren die Mauern wie in den Bildern stabil und oftmals gab es auch Komposttoiletten. Warum gibt es hier so stark negative Berichte über den Shvil? Als ich meinen Vorbereitungsthread eröffnet habe vor einem Jahr, hat @Mars einen ausführlichen Beitrag (klick) geschrieben mit Tipps und Hinweisen basiert auf seiner Wanderung, zu der es auch einen Thread gibt. Und auch irgendwo anders hier im Forum habe ich gelesen, dass der Norden ziemlich langweilig und öde gewesen sei und nur die Wüste spektakulär war. Ich habe mir die Kommentare ziemlich zu Herzen genommen und habe eine anstrengende Durststrecke bis zur Wüste erwartet, aber so war es überhaupt nicht! Auch im Norden gab es wunderschöne und atemberaubende Landschaften, immer wieder single trail und spannende Wege. Ja, an den Campsites war Müll und an Dorfrändern auch, manchmal auch ziemlich viel (besonders um Nazareth herum, dem mMn hässlichsten Teil des Trails), aber dazwischen kaum bis gar nicht. Mars scheint einen komplett zugemüllten Trail erlebt zu haben, das war bei mir nicht der Fall. Auch meine Erfahrungen mit Dornen war wesentlich weniger tragisch, zugewuchert war der Weg nur einmal. Ich vermute aber stark, dass das mit der Jahreszeit zusammenhängt. An einigen Wegen konnte ich sehen, dass sie frisch freigeschnitten worden waren und ich vermute, dass man am Ende des Winters ein ganz anderes Bild sieht. Weder brauchte ich eine LKW-Plane als Unterlage (hatte ein ganz normales Tyvek Groundsheet, das ein einziges Löchlein bekommen hat, welches ich mit Panzertape geflickt habe), noch habe ich die stichfesten Handschuhe, die ich wegen seines Rats mitgenommen habe, ein einziges Mal angezogen. Ich brauchte keinen Baustellen-Gehörschutz, aber ja, an den Wochenenden hatte ich im Norden fast immer Oropax drinn, weil man von irgendwoher selbst beim Wildcampen Musik hörte. An den offiziellen Campsites schlief man, laut anderen Shvilistim, deswegen oft schlecht. Das ist ein Problem, wenn man darauf angewiesen ist, dort zu übernachten, aber mit minimal Flexibilität kann man das in der Regel vermeiden. Das Wasser zu filtern habe ich auch ganz schnell sein lassen, weil es in allen Wassertanks und Rastplatz-Wasserhähnen Trinkqualität hatte. Zusammengefasst finde ich es wirklich schade, dass er so eine unangenehme Zeit auf dem Trail hatte und frage mich, woran es liegt, dass unsere Berichte so unterschiedlich aufgefallen sind. Ist es sicher, allein als Frau den Shvil zu wandern? Ja. Ich habe mich immer sicher gefühlt und hatte keinerlei schlechte Erlebnisse. Das ist natürlich anekdotische Evidenz, aber ich wurde auch nur zwei Mal von Israelis auf Sicherheitsbedenken angesprochen (und da handelte es sich im Grunde um als Sorge um mich getarnte Araberfeindlichkeit), alle anderen fanden es zwar teils bewundernswert, dass ich allein unterwegs bin, aber nicht, weil sie es als unsicher einstufen. Ihnen wäre es allein einfach zu langweilig und tatsächlich beobachtet man Israelis fast ausschließlich in Gesellschaft wandern. Das einzige, was mir in meinem Sicherheitsinteresse wichtig war, war ein geschützter Schlafplatz, der von keinem Weg einsehbar ist und dass niemand mich dabei beobachtet, wie ich mein Lager aufschlage.
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  33. 7. Abschnitt: Die Wüste Teil 3 - Paran - Eilat (152km) Der letzte Abschnitt meiner Wanderung ist angebrochen. Es sind nur noch 6 Tagesetappen, bis ich am Roten Meer eintreffe. Es erfüllt mich jetzt schon mit Euphorie, daran zu denken, da ich nun merke, dass es tatsächlich realistisch ist. Es dauert eine Weile, bis ich jemanden finde, der mich als Anhalterin mitnimmt und die ca. 30km zurück zum Trail bringt. Der Trail selbst ist über weite Strecken unspektakulär, lediglich ein Abstieg ist etwas abenteuerlich. Nicht im Bild ist eine Hängeleiter, die streckenweise freischwingend, weil die Befestigung aus dem Stein gerissen war. Ohne schweren Rucksack mag das eine nette Kletterei sein, mit ca. 15kg auf dem Rücken zitterte ich ganz schön, als ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Als ich mich umdrehe, sitzt dort ein Shvilist und schaut zu mir herüber. Als ich näherkomme, fragt er: "Bist du Linkshaenderin aus Deutschland?". Im Gegensatz zu ihm habe ich noch nicht von ihm gehört, er kennt mich von Mihael, einem Shvilist, dem ich zweimal auf dem Trail begegnet bin und mit dem sich meine neue Bekanntschaft vor einer Weile zusammengetan hat. "Ich hab gehört, du bist richtig krass unterwegs und läufst richtig schnell!", sagt er mir. Habe er von Mihael gehört, der das wiederum von Shvilistim gehört hat, die ich nicht mal getroffen habe. Amüsant und ein wenig unangenehm, wie dieser Trailklatsch funktioniert. Wir wandern die restlichen 10km zum Nightcamp gemeinsam, ich lasse mir ein paar Sätze auf Hebräisch beibringen und er übt im Gegenzug unermüdlich: "Ich komme aus Israel" auf Deutsch zu sagen. Im Nightcamp treffen wir Mihael, der sich sichtlich freut, mich wiederzusehen. Auf unseren kurzen Begegnungen auf dem Trail hatten wir kaum Gelegenheit, uns kennenzulernen, sodass wir die Zeit bei unseren jeweiligen Abendessen dazu nutzen, uns auszutauschen. Später knüpft Mihael Kontakt mit einer riesigen Gruppe Israelis, die auf der anderen Seite des Nightcamps um ein Lagerfeuer sitzen und teilt uns, nachdem er zurückkommt, mit, dass wir in ein bis zwei Stunden gern zum Abendessen rüberkommen könnten. Aber eine Stunde später liege ich bereits im Zelt. Tage auf dem Trail enden früh. Ich habe beschlossen, die nächste Etappe von etwa 30km zu überspringen, da sie die ganze Zeit schnurgerade an einer Straße entlangführt. Grund dafür ist, dass ein weiträumiges Gebiet als Militärübungszone gesperrt ist, sodass der Trail nicht durch interessantere Gebiete führen kann. Als meine beiden Mitcamper davon erfahren, ziehen sie mich auf, ob ich so feige sei, den Abschnitt zu überspringen, aber ich sage, es liege eher an der begrenzten Zeit. "Wenn ich mich entscheiden kann, entweder einen Tag voll Langeweile an einer Straße entlangzulaufen, ohne etwas Spannendes zu sehen, oder stattdessen nach Ende des Trails einen kostbaren zusätzlichen Tag zu haben, den ich mit etwas Schönem verbringen kann, dann wähle ich Zweiteres." Dafür haben die beiden Verständnis und so gehen wir am nächsten Tag getrennte Wege. Als ich an einem perfekten Spot fürs Trampen stehe und auf die gähnend leere Straße schaue, auf der kilometerweit kein Auto zu sehen ist, merke ich, dass es keine sonderlich schlaue Idee war, an einem Shabbat trampen zu wollen. Aber nach weniger als einer halben Stunde werde ich mitgenommen. Es stellt sich heraus, dass ich bei einem Mitarbeiter des Save-and-Rescue-Teams der High Negev im Auto sitze, also meines ersten Wüstenabschnittes mit dem Small & Big Crater, auf dem ich so verzweifelt bin. Ich frage ihn, wie häufig sie dort Menschen retten und er sagt, 80 pro Jahr. Natürlich nicht alles Shvilistim, so sagt er, hauptsächlich Tageswanderer und BMX-Fahrer. Der Weg ist unspektakulär, aber angenehm an diesem Wandertag. Ich will gerade von meiner Mittagspause aufbrechen, als plötzlich Simon und Leah vor mir auftauchen. Ich bin völlig aus dem Häuschen, damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Wir tauschen Trailgeschichten aus, lachen und reflektieren über das nahende Ende unserer Reise, doch viel zu schnell müssen wir uns wieder verabschieden. Ich bleibe in dem Nightcamp, in dem wir angekommen sind, sie wollen noch 16km bis zum Nächsten wandern, was ich angesichts der Uhrzeit (15 Uhr jetzt, 16:30 geht die Sonne unter) sportlich finde. Aber ich freue mich auch, wieder allein in der Wüste zu sein, waren doch in den letzten Nightcamps immer Menschen gewesen. Der nächste Tag führt mich bis fast an den Rand des Timna Parks, des Abschnitts, über den mir alle Leute in den letzten Tagen, die ich getroffen habe, gesagt habe, dass er der schönste sei. Ich merke, dass ich es mittlerweile sehr schwer finde, wirklich das Hier und Jetzt zu genießen, wo das Ende in so greifbare Nähe gerückt ist. Es wird immer mehr zu einem Hinarbeiten auf das Ziel als einem Weg, der selbst das Ziel ist. An diesem drittletzten Abend in der Wüste kann ich zum ersten Mal wirklich in die Sterne schauen. In der ganzen Zeit bisher war der Mond zu hell, erst jetzt geht er spät genug auf. Und so liege ich auf meinem Rucksack vor meinem Zelt, genieße die Sterne, genieße die Stille, als ich etwas an meinem Hals krabbeln fühle. Reflexartig fasse ich hin, um es zu verscheuchen und spüre ein Tier, das größer ist als erwartet, dann ein Stich, dann ist es weg. Bis ich meine Lampe gefunden habe, ist das Tier außer Reichweite, aber mir ist klar, dass mich gerade ein Skorpion gestochen hat. Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll, ob ich überhaupt etwas tun muss, frage vergebens das Internet und rufe dann meine Gastgeberin aus Jerusalem an, die für eine Umweltorganisation arbeitet und sich auskennen sollte. Sie fragt ganz sachlich, wo ich mich genau befinde, ob Menschen um mich herum sind, wann ich gestochen wurde und wie ich mich jetzt fühle. Ich lerne, dass man bei einem giftigen Skorpion innerhalb der ersten Stunde nach Stich Symptome spürt und dann ins Krankenhaus gehen sollte. Sie gibt mir die Telefonnummer eines Freundes, der nur wenige Kilometer von meinem Nightcamp entfernt wohnt, setzt ihn über die Situation in Kenntnis und schärft mir ein, ihn sofort anzurufen, wenn ich irgendetwas merke. Sie ruft nach einer Stunde noch einmal an, aber bis auf den Schmerz an der Einstichstelle geht es mir gut. Nur mit dem Sterneschauen hat es sich für heute erledigt. Als ich aufwache, bin ich erstaunt, dass ich nichts mehr vom Stich spüre. Genau so wenig spektakulär wie am Ende der Skorpionstich ist auch die heutige Tagesetappe durch den Timna Park. Ein einziges Mal gibt es einen schönen Ausblick, ansonsten sind es langweilige dirt roads. Am Nachmittag kaufe ich Verpflegung für die letzten beiden Etappen und mache mich auf den Weg zu meinem Nightcamp, das sehr schön gelegen ist. Es ist die dritte Nacht allein in Folge und ich ahne, es wird auch die letzte dieser Art sein. Morgen, in dem Nightcamp nahe Eilat, werden sicherlich Tagesausflügler unterwegs sein. Also verabschiede ich mich innerlich bereits von dem Shvil und verbringe einen letzten, in die Stille der Wüste eingehüllten Abend, Nacht und Morgen. Es wird mir fehlen, das allein Draußenschlafen, das weiß ich jetzt schon. So bin ich also gedanklich schon überhaupt nicht mehr bei der Sache, als ich am nächsten Morgen loslaufe und merke daher erst nach 2,5km, dass ich in die falsche Richtung gelaufen bin. Verärgert gehe ich zurück und folge dem Shvil einen milden Anstieg hinauf. Die gedämpfte Laune wegen meines Abstechers ist schon verpufft, als mir zwei Österreichern entgegenkommen. Eine von ihnen ist den Shvil vor 4 Jahren gelaufen, hat dabei ihre jetzige Frau kennengelernt und ist nach Israel gezogen. Jetzt besucht sie ein österreichischer Freund und zusammen sind sie ein paar Etappen auf dem Shvil unterwegs. Wir trinken Kaffee zusammen, geduldig hören sie meine Wandergeschichten und Reflexionsgedanken über das nahende Ende meiner Reise an. Nach meiner Mittagspause bin ich schon wieder 2,5km unterwegs, als mir auffällt, dass ich mein Solarpanel bei meinem Mittagspausenplatz vergessen habe. Sowohl etwas liegen zu lassen als auch in die falsche Richtung zu gehen sind mir auf dem Shvil noch nie passiert und nun beides an einem Tag. Das Panel finde ich glücklicherweise wieder, aber ich bin ziemlich sauer auf mich selbst, als ich mich wieder auf den Weg mache, oder eher hetze. Denn mir ist klar, dass ich es durch die 10 Extrakilometer keinesfalls vor Sonnenuntergang ins Nightcamp schaffen werde. Der Trail zieht sich und wird zunehmend anspruchsvoll. Ich bin erschöpft, schon ohne diese zusätzlichen Kilometer wäre es ein anstrengender Tag gewesen, aber so ist es für mich wirklich grenzwertig. Ich hetze und hoffe und als die Sonne untergeht, klettere ich mich durch ein Wadi hindurch. Es wird immer dämmriger und mir wird klar, dass wenn ich nicht bald aus diesem Wadi herauskomme, ich hier übernachten muss, weil der Weg zu gefährlich ist, um ihn im Dunklen nur mit meiner Kopflampe zu gehen. Aber ein Prüfen meines Wasservorrates beruhigt mich, denn er ist ausreichend gefüllt, um damit durch die Nacht zu kommen. Gerade so schaffe ich es aus dem Wadi heraus und lege die letzten Kilometer bis zum Nightcamp auf einer dirt road im fast schon Dunklen zurück. Das war knapp, denke ich mir, 15 Minuten später und du hättest es nicht mehr geschafft. Im Nightcamp ist eine Gruppe Jugendlicher am Lärmen und Feiern. Ich bin froh, meine letzte Nacht allein auf dem Shvil gestern zelebriert zu haben, sodass mich das nicht allzu sehr stört. Es ist die windigste Nacht auf dem Trail, der Zeltaufbau ist mehr als schwierig, aber ich kann Eilat und Akaba 700 Höhenmeter unter mir am Roten Meer sehen und ich habe mit 33,2km einen neuen Wanderrekord aufgestellt. Die letzte Etappe bis Eilat sind nur 13km, aber sei sehr anspruchsvoll, so heißt es. Als ich loslaufe, bin ich erstmal fasziniert davon, so nah an der ägyptischen Grenze zu sein: Schnell weiß ich, warum die Etappe diesen Ruf hat, denn es ist wirklich nicht ohne; ich bin froh, sie nicht als Aufstieg bewältigen zu müssen. Aber die Schönheit! Manche Felsformationen kommen mir wie von einem anderen Planeten vor! Ich bin fasziniert und Und dann das Meer! Ich kann das Rote Meer sehen und es kommt immer näher! Und dann bin ich da. Am südlichen Punkt des Shvils. Ich habs geschafft! Gut 1000km bin ich gewandert, durch Hitze und Berge und Wüste und jetzt bin ich da. Ich bin unglaublich stolz auf mich. Und als sei das noch nicht genug, erwartet mich für den Abend noch eine Überraschung: Ein trail angel, den ich gefragt hatte, ob ich bei ihm in Eilat übernachten kann, hat das abgelehnt, weil er arbeiten müsse, aber meinte, ich könne gern zu seiner Arbeitsstelle im Hotel zum Abendessen vorbeikommen. Als ich dort ankomme, stelle ich fest, dass ich mit dem evening manager eines 5*-All-inclusive-Hotels zum Abendessen verabredet bin und mich am Buffet frei heraus bedienen darf. Nach knapp 8 Wochen auf dem Trail ist das völlig überfordernd und absolut genial. Den nächsten Tag verbringe ich entspannt in Eilat, genieße das Gefühl, es geschafft zu haben, gehe in ein Museum und schnorcheln und am Abend bin ich mit Simon und Leah verabredet. Sie sind einen Tag vor mir in Eilat angekommen und freuen sich genau so sehr wie ich, noch ein letztes Mal zusammen zu Abend zu essen. Wir holen uns Falafel, setzen uns in einen Park und essen die Falafel, gegrilltes Gemüse, Pita, Avocado und zum Nachtisch eine Pomelow. Dazu gibt es die letzten Trailgeschichten und Gedanken darüber, wie es uns jetzt geht, was der Trail mit uns gemacht hat und wie es weitergeht. Die beiden ein letztes Mal getroffen zu haben, hat die Reise für mich abgerundet und geholfen, mich vom Shvil zu verabschieden. Nichtsdestotrotz weine ich ein paar Tränen der Freude und des Abschiedes, als ich am nächsten Morgen im Bus von Eilat nach Haifa sitze. Ich bin so glücklich über all die Erlebnisse, die ich sammeln durfte, all die Begegnungen, die Großzügigkeiten, aber ich bin auch traurig, dass es vorbei ist. 8 Jahre lang habe ich vom Shvil geträumt; es fällt nicht leicht, davon loszulassen. Aber all die Geschichten, all die kleinen Begebenheiten, die man nicht in so einen Reisebericht packen kann, die haben den Shvil mit Leben gefüllt. Wie ich an einem Nachmittag, als ich mit zwei Israelis wandere, gefragt werde, ob ich nicht mal ein deutsches Wanderlied singen könne und sie mir nach meiner Gesangseinlage von "Das Wandern ist des Müllers Lust" hebräische Wanderlieder beibringen. Wie mir ein Nussverkäufer in der Jerusalemer Altstadt in einem sehr ausgeglichenen Gespräch die in seinen Augen Essenz des Islam erklärt. Das tägliche Beobachten der Ameisen. Wie ich das erste Mal einen Granatapfel direkt vom Baum esse, den mir ein trail angel geschenkt hat. Und übrigens: Nachdem ich noch zwei Tage in Haifa verbracht habe, habe ich die Frau besucht, die mir am Strand des Mittelmeeres ihre Telefonnummer gab und sagte, ich könne sie gern besuchen, falls ich nach dem Shvil noch ein paar Tage Zeit habe. So schließt sich der Kreis und so ernstgemeint sind diese gastfreundlichen Angebote. Das war meine Reise auf dem Shvil. Wenn ich demnächst noch etwas Zeit finde, schreibe ich nochmal eine Zusammenfassung und gehe auf ein paar Punkte ein, die @Mars in seinem Trailbericht hervorgehoben hat.
    1 Punkt
  34. 6. Abschnitt: Die Wüste Teil 2 - Midreshet Ben Gurion - nördlich von Paran (155,2km) Als ich frühmorgens aus Midreshet Ben Gurion aufbreche, bin ich voller Motivation und auch meine Wanderfreude ist zurückgekehrt. Es sind nur zwei Tage bis zum nächsten Resupply, daher ist mein Rucksack angenehm leicht und das erste Mal seit zwei Wochen habe ich keine Schmerzen beim Wandern, weil die Blasen an meinen Füßen aufgegangen sind. An diesem Tag sehe ich erstaunlich viel Grün, da ich eine Weile einem Rinnsal folge. Die Mittagspause verbringe ich vor unglaublicher Kulisse, ich bin glücklich, wieder in der Wüste unterwegs zu sein, frage mich aber, wie es weitergehen wird, nachdem ich in 5 Tagen in Sapir ankomme. Danach sind es 5 Tage ohne Resupply und ich weiß, dass ich nicht noch einmal so viel Essen tragen kann, zumindest nicht, wenn man noch 5 Liter Wasser mit sich herumschleppt. Das schaffe ich einfach nicht. Aber damit kann ich mich zu einem späteren Zeitpunkt beschäftigen. Nachdem Abstieg stehe ich auf einmal in einer Oase. Man kann sie auf dem obigen Foto leicht erahnen, aber plötzlich mitten in der Wüste in einem Palmenwald zu stehen, fühlt sich surreal an. Inmitten der Bäume treffe ich ein paar Israelis, die dort rasten und mir, während sie mir Pistazien anbieten, die üblichen Fragen stellen. Sie laden mich ein, zum Mittagessen zu bleiben, aber ich habe schon gegessen (kein Hinderungsgrund) und habe am Nachmittag noch einige Kilometer vor mir. Als ich am Abend im Nightcamp ankomme, stelle ich beglückt fest, dass ich allein bin. Da ich die Nächte in meinem ersten Wüsten-Drittel immer in Rufweite von Simon und Leah verbracht habe, freue ich mich, meine erste Nacht allein in der Wüste zu verbringen. Am nächsten Tag notiere ich in mein Tagebuch: "In den frühen Morgenstunden ist die Wüste am schönsten. Vom Einsetzen der Morgendämmerung bis kurz nach Sonnenaufgang ist das hier der schönste, friedlichste und stillste Ort der Welt." Derart beflügelt führt mich der Shvil an diesem Tag zunächst oberhalb eines Wadis entlang, dann durch es hindurch und am Ende kletternd wieder hinaus. Die Nacht verbringe ich in Mitzpe Ramon, einer Siedlung direkt am Rand des Ramon Craters (des größten Kraters der Negev) bei einem wortkargen trail angel. Am Morgen steige ich nach einem Besuch im Supermarkt in den Krater hinab. Auf dem Weg durch den Krater gibt es jeweils zwei Auf- und Abstiege, von deren Gipfeln man jeweils bis zum sich weiter entfernenden Mitzpe Ramon schauen kann. Bei einem der Aufstiege kommt mir eine Reisegruppe entgegen, die sich vorsichtig den Berg hinunter tastet. Der tourist guide, der vorneweg geht, spricht mich an und stellt sich als Schweizer mit einer Gruppe voller deutscher Touristen heraus. Während er mir interessierte Fragen stellt, stauen sich hinter ihm im Gänsemarsch die Absteigenden, die mein Vorhaben ganz unglaublich finden. Ich fühle mich ein bisschen wie ein Tier im Zoo und bin froh, als ich mich nach einer Verabschiedung an ihnen vorbei zwängen kann. Da das mein erster thru-hike ist, ist es noch ein neues Gefühl für mich, wie fremd man sich gegenüber Tagesausflüglern fühlen kann. Die letzten Kilometer bis zum Nightcamp lege ich im Licht der untergehenden Sonne zurück. Als ich eintreffe und beginne, mein Zelt aufzubauen, sehe ich auf einer nahen Hügelkuppe einen Jeep stehen, jemanden aussteigen, wieder einsteigen und auf mich zufahren. Als er ankommt und sich herausstellt, dass ich kein Hebräisch und er kein Englisch spricht, ruft der Soldat in Uniform einen Freund an, der seine Frage für mich übersetzt. Ob ich heute eine junge Frau in Militärkleidung gesehen habe. Nein, sage ich, ich habe heute niemanden in Uniform gesehen. Sie sei seit ein paar Stunden verschwunden, beim Wandern, erfahre ich, aber ich kann leider nicht weiterhelfen. Während ich mein Lager herrichte, meine Schuhe repariere, koche, esse und abwasche, sehe und höre ich den Jeep immer wieder ein paar hundert Meter irgendwohin fahren, hupen, rufen, lautstark telefonieren und weiterfahren. Obwohl ich die Vermisste nicht kenne, wird mir beim Gedanken an sie bange. Vielleicht ist sie gestürzt und liegt verletzt irgendwo. Ich habe die Tücken der Wüste ein wenig kennen gelernt und weiß, dass das auch ohne Selbstüberschätzung leicht passieren kann. Der Trail ist zu schwierig und das Geröll zu rutschig als dass man es auch mit der größten Umsicht verhindern kann, dass etwas passiert. Es ist schon dunkel geworden, als der Jeep wieder neben mir hält und ich durch den übersetzenden Freund am Telefon gefragt werde, ob ich möglicherweise bei der Suche nach der Vermissten helfen könne. Ich bin skeptisch, stelle eine Menge fragen und erfahre unter anderem, dass sie am frühen Nachmittag von hier losgelaufen und seitdem verschwunden ist. Die Polizei und die anderen Soldatinnen und Soldaten ihrer Einheit sind auch involviert. Als ich einen Blick auf den verzweifelten Fahrer werfe, beschließe ich, mitzufahren. Ich kann nicht wirklich helfen, denke ich, aber mir wird gesagt, dass vier Augen besser sehen als zwei und das stimmt wohl. Insgesamt sind wir eineinhalb Stunden zusammen unterwegs, während der Fahrer fast die ganze Zeit mit diversen Menschen telefoniert. Irgendwann erfahre ich, dass er unter anderem mit der vermissten Soldatin spricht. Ich bin sehr erleichtert. Sie lebt, sie ist unverletzt, kann reden und hat sogar Mobilfunkempfang! Doch deshalb will sie sich jetzt im Dunklen auch nicht mehr fortbewegen, aus Angst, den Empfang zu verlieren. Ich verstehe nicht ganz, warum sie keine GPS-Koordinaten senden kann, aber die Sprachbarriere verhindert, dass ich mehr Details von meinem Begleiter erfahre. Um die Geschichte abzukürzen: Sie wurde schließlich von einem anderen Kameraden ihrer Einheit gefunden und zu einer Art Militärbasis gebracht, wo wir sie dann auch treffen. Sie steigt zu uns ins Auto und ist dabei, als ich zur Campsite zurückgefahren werde. Sie spricht Englisch, daher versuche ich, herauszubekommen, wie sie verlorengegangen ist, aber so richtig verstehe ich es nicht. Offenbar ist sie mehrere Stunden in die falsche Richtung gegangen, wurde dann von der Dunkelheit eingeholt und ist in Panik geraten. Sie, aber besonders der Fahrer, danken mir immer wieder überschwänglich, obwohl ich genau genommen keine Hilfe war. "Die gesamten Israel Defense Forces danken dir", hält er mir als Googleübersetzung auf dem Telefon entgegen. Bei meinem Nightcamp angekommen, bedanken sie sich ein letztes Mal, dann fährt der Jeep davon und ich versuche, zu verstehen, was gerade passiert ist. Am nächsten Morgen führt mich der Shvil auf eine Bergkette, auf die ich am Vorabend zugelaufen bin und mir gedacht hatte, wie cool es wäre, dort oben zu wandern. Und tatsächlich ist die Aussicht großartig! Dieser und der nächste Tag sind gefüllt mit der Freude am Wandern, spektakulären Ausblicken und der Erhabenheit der Wüste. Sie fasziniert mich und manchmal könnte ich jubeln vor Begeisterung und Dankbarkeit, von dieser atemberaubenden Schönheit umgeben zu sein. Dazu ist der Trail angenehm zu gehen, ein ganz anderes Level als die ersten 5 Tage in der Wüste, die so technisch schwierig und auslaugend waren, dass sie mich an den Rand meiner Belastungsgrenze gebracht haben. Hier gibt es zwar auch steile Passagen, aber die Wege sind leichter. Jedes Mal, wenn ich nach einem längeren Anstieg den Gipfel erreiche, werde ich von intensiven Glücksgefühlen durchflutet, wenn sich plötzlich die Wüste vor mir ausbreitet, die wieder anders aussieht als vor dem Berg. Ich kann ihre Schönheit nicht in Worte fassen, nicht beschreiben, sie haut mich immer wieder um, nicht weniger intensiv als auf dem letzten Gipfel. Daher ist für mich mittlerweile klar: Aufgeben ist nicht. Nach Sapir sind es 5 Tagesetappen bis zum nächsten Resupply und ich beschließe, nach dem ersten dieser Tage einen Ruhetag einzulegen, da das Nightcamp nah an einer Straße liegt, von wo ich in die Zivilisation gelangen kann. Am darauffolgenden Tag werde ich mit Essen für 4 Tage, die ich definitiv tragen kann, zum Trail zurücktrampen. Als ich am frühen Nachmittag in Sapir eintreffe, will ich mich gerade zum Supermarkt aufmachen, als mir das Internet sagt, dass dieser am Dienstag schon um 13:30 Uhr schließt. Schlecht gelaunt mache ich mich auf den Weg zu meinem trail angel für diese Nacht, denn ich habe kein Essen mehr für den Abend übrig und der geschlossene Supermarkt bedeutet auch, dass ich morgen warten muss, bis 8 Uhr der Supermarkt aufmacht. Mit meinem trail angel gibt es leider Verständigungsschwierigkeiten, aber es kommt noch ein anderer Shvilist an, den ich in den letzten beiden Tagen mehrfach getroffen habe. Er kann als Übersetzer fungieren und ist nebenbei ein interessanter Gesprächspartner für mich, da er gerade eine 3-jährige Thoraschule abgeschlossen hat und nächsten Monat den Militärdienst beginnen wird. Der letzte Tag vor meinem Ruhetag führt mich für meinen Geschmack viel zu spät zurück auf den Shvil, sodass ich mich den ganzen Tag recht gestresst fühle, die gut 30km bis Sonnenuntergang zu schaffen. Allerdings gibt es nicht viel, was ich durch das Gehetze verpassen kann, denn der Weg ist eintönig und unspektakulär. Nur die letzten Kilometer, die mich auf die jordanische Grenze zuführen, gefallen mir. Als ich schon längst aufgegessen habe taucht in der Dunkelheit auf einmal eine Gruppe von 5 Wanderern auf und beginnt, ihre Zelte direkt neben meinem aufzubauen. Erst bin ich genervt davon, dann stellen sie sich aber als sehr angenehme Zeitgenossen heraus. Den Abend verbringen wir mit viel Humor, Keksen, Tee und interessanten Gesprächen. Sie wandern den Shvil abschnittsweise, immer dann, wenn sie ein Wochenende Zeit haben, allerdings hat einer von ihnen neue, uneingelaufene Wanderstiefel an und sich an diesem ersten Tragetag, der gut 30km lang war, furchtbare Blasen gelaufen. Daher werden sie morgen nicht wie geplant noch eine Etappe laufen, sondern nach Tel Aviv zurückkehren. Als ich am Morgen zusammenpacke, sind sie dementsprechend noch in Schlafkleidung. Ich unterhalte mich mit einem Ranger, der gerade dabei ist, den Wassertank des Nightcamps aufzufüllen und der mir eine Mitfahrgelegenheit zur nächsten Ortschaft anbietet, wohin ich ohnehin wollte, um einzukaufen. Nach dem ausgiebigen Supermarktbesuch nehme ich einen Bus in eine andere Ortschaft, um dort an meinem Ruhetag schön ins Restaurant zu gehen. Aber als ich dort ankomme, muss ich feststellen, dass es auf unbestimmte Zeit geschlossen ist. Die einzige andere Essmöglichkeit im Ort ist ein Imbiss am Kibbutz-Eingang. Ich gehe hin und frage - da ich die Speisekarte nicht lesen kann - was sie für vegetarisches Essen anbieten. "Nichts", sagt man mir, "nur Fleischgerichte" - "Was ist mit Pommes?", frage ich. "Haben wir nicht. Normalerweise schon, aber nicht heute." Sie schlägt mir vor, nach Tzukim zu fahren, dort habe es zahlreiche Restaurants mit vegetarischen Optionen, aber ich habe keine Lust, wieder in die entgegengesetzte Richtung meiner Unterkunft für diese Nacht zu fahren, also setze ich mich frustriert auf eine Bank am Kibbutz-Ausgang und denke nach. Ich hatte mich so auf richtiges Essen gefreut, ich habe Hunger und möchte einfach ausruhen. Da hält ein Auto neben mir an, der Fahrer fragt mich, ob er mich mit nach Sapir nehmen soll, er gehe dort schwimmen und dort starte doch der Trail? Ich bedanke mich, sage, ich mache heute einen Ruhetag. "Ah, super, das heißt, du hast alles, was du brauchst?" "Ja, an sich schon. Ich hab nur Hunger." "Hunger? Warum gehst du dann nicht zu dem Imbiss dort drüben, nur 50 Meter weg?" "Dort war ich schon, man hat mir gesagt, sie haben kein vegetarisches Essen." "Kein vegetarisches Essen? Klar haben sie das! Hummus! Shakshuka! Salat! Pommes!" "Aber mir hat man gesagt, sie hätten kein vegetarisches Essen. Und Pommes sind aus." "Nun, du kannst auch zu mir nach Hause gehen, ich habe vorhin gerade einen Topf Reis aufgesetzt, meine Frau ist Zuhause, du kannst einfach hingehen." "Hm, ich weiß nicht..." Er beginnt, mir den Weg zu seinem Haus zu beschreiben, insistiert, dass aber auch der Imbiss auf jeden Fall vegetarisches Essen habe. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, bin zu gefangen in meiner Frustration. "Are you about to cry now?", fragt er plötzlich. "Ja, ich fürchte schon", sage ich, denn tatsächlich bin ich den Tränen nahe. "Komm, steig in mein Auto, ich fahre dich jetzt nach Hause." Also fährt er mich zu sich nach Hause, stellt mich seiner Frau vor, sagt, ich solle mir einfach was zu Essen kochen und nehmen, was ich will, er gehe jetzt schwimmen. Und dann bin ich mit seiner bezaubernden Frau in der Küche, sie macht mir einen Salat, ich esse und bin unglaublich gerührt. Nachdem mein Held vom Schwimmen zurückkommt fahren er und seine Frau mich zu meiner Unterkunft für die Nacht, sodass ich nicht laufen muss. Bevor ich aussteige, bedanke ich mich. "Danke dir, dass du hungrig warst. So konnte ich heute etwas Gutes tun", sagt er, fragt, ob ich alles habe, was ich brauche, er könne mir auch Geld geben, ich verneine, ich habe alles, was ich brauche. "Oh, that's a Bob Dylan Song!", sagt er. "She's got everything she needs, she's an artist, she don't look back..." Ich verspreche, mir das Lied anzuhören und schließe die Tür. Meine Unterkunft für diese Nacht ist die sogenannte Antilope Ranch, eine Art weitläufiges Wildgehege, in dem viele verschiedene Antilopenarten, Zebras und andere Tiere friedlich leben dürfen. Als ich ankomme, mir mein Platz zum Zelten gezeigt wird und sie dann erfährt, dass ich morgen früh vor Sonnenaufgang aufbreche, sagt sie, sie werde mir die Tiere zeigen, auch wenn der Wildgehege-Teil eigentlich schon zu habe. Also fährt sie mit mir durch das Gelände (zu Fuß ist nicht gestattet, um die Tiere nicht zu stören), erklärt mir die verschiedenen Antilopenarten und wie viele der Tiere früher in Zoos gelebt haben und hier nun ein besseres Leben haben. Dann bringt sie mich zum Zeltplatz zurück und ich bin überwältigt von all der Güte und Herzlichkeit, die ich heute erlebt habe.
    1 Punkt
  35. 5. Abschnitt: Die Wüste Teil 1. Ein Bokek - Midreshet Ben Gurion (135,1km) Mein Trailbericht für die Wüste wird ausführlicher werden, da zum einen die Wanderung spektakulärer war, ich diesen Teil aber auch schlichtweg präsenter habe durch die größere zeitliche Nähe. Ich habe mich aus mehreren Gründen dazu entschieden, den etwa 40km langen Abschnitt zwischen Arad und dem Toten Meer zu überspringen. Zum einen habe ich das Highlight der Strecke, Masada, bereits gesehen bei meiner letzten Israelreise und ich hatte keine Lust, wieder in ein Meer aus Touristen zu geraten. Zum anderen wurde mir gesagt, dass der Abschnitt des Shvils landschaftlich nicht sonderlich schön sei, sodass ich beschloss, mir die 1000 Höhenmeter Abstieg und die zwei Tage zu sparen, um hintenraus noch etwas Puffer zu haben. Also steige ich in den Bus nach Ein Bokek und mache mich auf den Weg, aus dem Ort hinaus und in ein Wadi (d.h. ein trockenes Flussbett) hinein. Mein Rucksack ist schwer, zu schwer. Das Essen für 6 Tage + 5 Liter Wasser sorgen dafür, dass ich geschätzt gut 35% meines Körpergewichts mit mir herumtrage. Es ist einfach zu viel, zu schwer, es tut weh, der Rucksack, meine Blasen, die ersten Kilometer kann ich an nichts anderes denken als dieses furchtbare Gewicht. Ich wuchte mich Felsen empor, staune über die Schönheit des Weges, aber nur so weit es das Gewicht zulässt. Auf der Hälfte der Höhenmeter erhasche ich einen Blick aufs Toten Meer hinter mir: Dann sehe ich die erste Antilopen-Familie auf dem Trail und bin verzückt davon, wie neugierig und wenig scheu sie mich beobachtet. Ich werde ab heute jeden Tag verschiedene Antilopen-Arten sehen, als eine Art Begleiter durch die Wüste. Kurz darauf treffe ich drei Menschen auf dem Trail, die im Feuer Auberginen grillen. Sie stellen sich als zwei Touristinnen aus Chile mit einem israelischen Guide heraus, die mich in ein nettes Gespräch verwickeln, mir anbieten, zum Mittagessen zu bleiben, aber ich lehne ab, bin ohnehin spät dran, weil der Bus nach Ein Bokek Verspätung hatte und möchte vor der Mittagshitze noch ein paar Kilometer schaffen. Und nach der Mittagspause, als ich nichts ahnend um eine Kurve biege, treffe ich auf einmal Simon und Leah, die auch gerade von ihrer Mittagspause aufbrechen wollen. Wir hatten am Vorabend festgestellt, dass wir beide vorhaben, heute im selben Nightcamp, dem ersten, das einen Wassercache benötigt, zu nächtigen; ich freue mich sehr darüber, sie durch das Überspringen des einen Abschnitts eingeholt zu haben und meine erste Nacht in der Wüste nicht allein zu verbringen. Aber ihnen hier, auf dem Shvil zu begegnen, ist überraschend. Ich war davon ausgegangen, sie sind durch ihren zeitigen Start in Ein Bokek schon weiter voraus. Aber so tauschen wir Trailgeschichten der letzten Woche aus; sie bestätigen mich darin, dass ich (außer Masada, das ich schon kenne) nicht viel verpasst habe auf dem übersprungenen Abschnitt und gemeinsam laufen wir durch eine Landschaft, die sich für uns alle drei wie ein Filmset anfühlt. Ich kann es nicht fassen, wirklich in der Wüste zu sein. Es fühlt sich komplett surreal an, als würde ich träumen. Das Gefühl vergeht bis zum Abend nicht, den wir im Nightcamp, das wir uns mit zahlreichen Tagesauflüglern teilen, an einem Lagerfeuer verbringen. Als ich am nächsten Tag durch den Vormittag wandere, hält mein verwirrtes Gefühl von: "Bin ich wirklich in der Wüste? Ist es DAS, worauf ich so viele Jahre hingefiebert habe?" an. Nach einem steinigen Aufstieg hat man wieder einen guten Ausblick aufs Tote Meer, dort mache ich eine ausgedehnte Mittagspause, um wegen der kurzen Tagesetappe nicht zu früh im Nightcamp anzukommen. Mein Körper scheint den gestrigen initialen Schock, plötzlich so viel Gewicht tragen zu müssen, halbwegs verkraftet zu haben; mein Rucksack ist zwar immer noch unheimlich schwer, aber ich muss nicht mehr bei jedem Schritt daran denken. Und dann, am Nachmittag des zweiten Wüstentages, macht es plötzlich Klick und ich bin völlig umgehauen von der mich umgebenden Schönheit. Staunend blicke ich mich um, spüre eine Majestät, die ich nirgend sonst erlebt habe, nur vor zehn Jahren, als ich das erste Mal diese Wüste hier sah. Ich bleibe immer wieder lange Zeit stehen, um den Anblick in mich aufzusaugen, irgendwann erreiche ich dann das Nightcamp, wo ich Simon und Leah wiedertreffe, die bereits um 13 Uhr angekommen sind. Plötzlich hält ein Auto neben uns und ein Mitarbeiter der Verwaltung aller Nationalparks in Israel fragt, ob wir auf dem Shvil unterwegs sind. Auf dem vor uns liegenden Abschnitt habe es einen Erdrutsch gegeben, wodurch die Metallgriffe im Fels zerstört wurden und es zu gefährlich zum Begehen ist. Er zeigt uns auf der Karte eine Alternativroute, mit der wir den blockierten Teil umgehen können, sammelt voller Einsatz den herumliegenden Müll aus den Büschen der Campsite, setzt sich in seinen Jeep und fährt davon. Da ich bei den Erklärungen des Rangers keinen guten Blick auf die Karte hatte und nicht genau verstanden habe, wo genau wir hin müssen, bitte ich Simon und Leah, am nächsten Morgen zusammen loszugehen und so ziehen wir bei Sonnenaufgang gemeinsam los. Der Weg ist anspruchsvoll und voller steiler Auf- und Abstiege. Oft ist auch kein Weg erkennbar, nur alle paar Meter eine Trailmarkierung, zu der man sich den Weg bahnen kann. Irgendwann beschließe ich, eine Pause zu machen und meine beiden Wanderbegleiter ziehen weiter. Ich genieße es ungemein, allein in dieser wunderschönen Landschaft zu sein, auch wenn der Weg sehr anstrengend ist. Mein Rucksack ist immer noch ziemlich schwer und so schleppe ich mich eine sehr steile Passage hinauf - und plötzlich stehe ich an einem Kraterrand! Ich wusste, dass mich irgendwo mehrere Krater erwarten in der Wüste, ich hatte ihn aber nicht an diesem Punkt erwartet und bin völlig geflasht. Und das Beste ist: Der Weg führt mich am Kraterrand entlang! Nach einer Weile treffe ich Simon und Leah, die gerade Pause machen. "Ich glaube, es ist gar nicht mehr weit, bis wir den Shvil wiedertreffen und in den Krater absteigen", sagt Simon. "Was? Frage ich? Wir gehen da rein?!" - "Ja, wir gehen rein, einmal komplett hindurch und auf der anderen Seite wieder raus". Hinterher werden die beiden mir prustend von dem Gesichtsausdruck erzählen, den ich bei dieser Neuigkeit gezeigt habe. Nennt mich uninformiert, ich hatte mir natürlich den elevation graph (wie sagt man das auf Deutsch? Höhenmeter-Grafik?) für den Tag angeschaut (und das leichte Gruseln bekommen), aber dass mich der Weg durch den Krater führen würde, das hatte ich nicht gewusst. Und so lasse ich die beiden weiter Pause machen und steige in den Krater hinab und beginne, hindurchzuwandern. Das erste Mal, seit ich in der Wüste bin, finde ich es heiß. Ich mache Mittagspause und studiere noch einmal den elevation graph in der Israel Trail Appl. Laut dieser beträgt der Höhenunterschied zum Kraterrand um die 500 Höhenmeter, aber ich kann das beim Blick auf die mich umgebenden Berge kaum glauben; sie kommen mir weniger hoch vor. Hier ein Screenshot aus der App aus, auch wenn der Weg bis zum Kraterrand durch die Umleitung etwa 5km länger und mit mehr Höhenmetern ausgestattet war. Während ich Mittagspause mache, kommen Simon und Leah wieder vorbei. Sie geben mir von ihrem Wasser ab, da ich merke, dass mir die mitgenommenen 5 Liter nicht reichen werden. Wir plaudern kurz, sie wollen noch bis zum Beginn des Aufstiegs wandern vor der Mittagspause. Ich frage: "Wenn ich noch nicht im Nightcamp bin, wenn es dunkel wird, kommt ihr mich dann suchen?" - " Na klar!" Ich hatte halb im Spaß, halb im Ernst gesprochen, aber als ich eine Stunde später durch den Krater eile und merke, dass es dank der heute Nacht stattgefundenen Zeitumstellung nicht mehr viel Zeit ist, bis es dunkel wird, beruhigt es mich, dass irgendwer auf dieser Welt weiß, wo ich mich gerade befinde. Dann sehe ich den Weg aus dem Krater vor mir: Als ich den Kraterrand erreiche, ist der Ausblick atemberaubend. Ich kann überhaupt nicht fassen, dass ich tatsächlich dort auf der anderen Seite entlang gewandert, irgendwo hinabgestiegen und durch das ganze Ding hindurchgelaufen bin. Die letzten Kilometer bis zum Nightcamp geht es im Eiltempo, die Sonne ist schon untergegangen, als ich ankomme. Nach dem Aufbau sitzen wir am Lagerfeuer, kochen unsere Abendessen und reden über den Tag. Wir sind uns einig, dass das die bisher spektakulärste Etappe auf dem ganzen Shvil war. Und die erste, auf der wir keine Menschenseele getroffen und nicht mal in Form einer Siedlung gesehen haben. Ich habe 6 Liter getrunken an diesem Tag und beschließe, in Zukunft noch großzügiger Wasser einzuplanen, schließlich laufen nicht jeden Tag nette Wanderer vorbei, die mir Wasser abgeben können. Mitten in der Nacht wache ich auf, weil etwas an meinem Zelt herumreißt. Ich bin schlaftrunken, rufe lauft: "Hey" und merke, wie das Tier davonläuft. Ich schlafe weiter. Kurz darauf wache ich wieder auf, diesmal richtig und realisiere, dass ein Tier versucht, durch mein Netzzelt zu beißen, um an mein Essen zu kommen. Wieder rufe ich laut, mache Licht an und verjage damit das Tier, das ich als Stachelschwein identifiziere. Nichts wurde gestohlen, dazu ist das Loch im Netzzelt noch nicht groß genug; ich nehme meinen Essensbeutel mit in meinen Schlafsack und versuche, weiterzuschlafen, aber die ganze Nacht kommt das Stachelschwein wieder und versucht, das Loch im Zelt zu vergrößern. Auch eine Hyäne schleicht um mein Zelt herum, aber ich vermute, dass diese es eher auf das Stachelschwein abgesehen hat. Als ich am nächsten Morgen gerädert aufwache, erfahre ich von Simon und Leah, dass das Stachelschwein auch bei ihnen zu Besuch war. Es hat die elastischen Schnüre von Simons Flipflop gegessen und neben dem Zelt ausgekackt, ein skurriler Anblick. Nach meinem Frühstück gehe ich alleine los. So sehr mir das Beisammensein mit Simon und Leah auch gefällt, unsere Wander-Pause-Rhythmen passen überhaupt nicht zusammen. Die Landschaft ist wunderschön, der Trail sehr anspruchsvoll. Und dann, bei einem der sehr steilen Abstiege passiert es und ich stürze. Glücklicherweise in einer Kurve, sodass ich nicht den Hang hinunterrutsche, sondern nur hart auf meiner rechten Seite zum Liegen komme. Tagtäglich ist das Geröll auf dem Shvil irgendwann zum Rutschen gekommen, aber es ist das erste Mal, dass ich hinfalle. Nachdem ich mich hochrappel, bin ich unglaublich erleichtert, wie glimpflich das Ganze ausgegangen ist. Lediglich mein rechter Oberschenkel ist in Mitleidenschaft gezogen und wird wahrscheinlich große blaue Flecken davontragen. Noch langsamer als ohnehin schon gehe ich weiter. Es ist mehr als anstrengend, die Wege sind so steil und immer wieder steht man vor einem Berg, sieht nur die Trailzeichen vor sich und hat keine Ahnung, wie man dort hinaufkommen soll. Am späten Nachmittag, als ich den letzten Anstieg des Tages erreicht habe, breche ich dann emotional zusammen. Ich vermisse meinen Partner so sehr, meine Blasen an den Fersen schmerzen wie die Hölle, seit zwei Tagen fühle ich mich etwas erkältet, ich bin unglaublich erschöpft von den endlosen Höhenmetern in diesem Gelände mit so viel Gepäck auf dem Rücken und dem wenigen Schlaf, jetzt auch noch der schmerzende Oberschenkel. Und der Hunger, der ständige Hunger, das Gefühl, nie richtig satt zu sein, immer nur das Gleiche zu essen, was doch nie genug ist. Ich kann nicht mehr. Die Wüste ist so hart, ich glaube, sie ist zu hart für mich. Vielleicht bin ich einfach nicht stark, nicht tough, nicht trainiert genug, sie zu durchqueren. Ich kann nicht aufhören, zu weinen, alles ist mir zu viel. Nachdem ich mich beruhigt habe, mache ich mich wieder auf den Weg, aber ich breche immer wieder in Tränen aus. Ich schicke meinem Partner eine Sprachnachricht und frage ihn, ob knapp 700km nicht reichen, warum ich eigentlich noch 300km weiter wandern will. Ich frage, warum ich nicht einfach nach Hause komme. Irgendwann erreiche ich das Nightcamp, es ist an diesem Tag neben einer Art Fabrik, d.h. wir haben Wasser und sogar Steckdosen. Ich erzähle Leah von meinem "emotional breakdown" und erörtere mit ihr die Frage, ob ich - und auch sie - mir selbst oder anderen etwas beweisen will mit dieser Wanderung. "Ich will nicht, dass das meine (Haupt-)Motivation ist", sage ich, "denn ich muss mir nicht beweisen, dass ich willensstark bin und Durchhaltevermögen besitze. Das weiß ich nämlich schon." Am nächsten Morgen, meine beiden Wanderfreude sind schon aufgebrochen, will ich die Tagesration an Snacks aus meinem Essensbeutel holen, doch es sind keinerlei Nüsse mehr da. Ich hatte für jeden der 6 Tage einen Zip-Beutel mit einer großen Nuss-Portion, die gewissermaßen mein Mittagessen darstellt, vorbereitet, aber jetzt sind keine Nüsse mehr da. Und ich habe keine Ahnung, wie sie abhanden gekommen. Die Aussicht, heute und morgen kein Mittagessen zu haben, wo ich doch ohnehin schon ständig hungrig bin, lässt mir wieder die Tränen aufsteigen. Ich beiße die Zähne zusammen und wandere los. Morgen bin ich endlich in der ersten Siedlung in der Wüste, kann etwas Richtiges essen, duschen und mich ausruhen. Dann sind es 2 Tage bis zur nächsten Siedlung, dann wiederum 3 Tage bis zu einer Siedlung (Sapir), und dann... tja. Das sehe ich später. Recht schnell sehe ich meine beiden Wanderfreunde in weiter Ferne auf einem Bergkamm. Wo man da Menschen sieht, fragt ihr euch? Ich löse das Suchbild auf. Als ich selbst auf dem Kamm ankomme, darf ich feststellen, dass es wieder ein Kraterrand ist, diesmal der sogenannte "Big Crater", der vor zwei Tagen war der "Small crater". Und der heutige Tag führt fast die ganze Zeit am steilen Kraterrand entlang. Es ist unglaublich spektakulär, aber auch sehr anstrengend. Alle Israelis, die ich danach treffe, werden mir sagen, dass das als der schwierigste Abschnitt des Shvils gesehen wird. Ich kämpfe mit dem Weg und mit mir selbst, ich denke immer wieder darüber nach, ob ich nach Sapir nicht einfach aufgeben soll. Mir eine schöne Zeit in Israel machen, anstatt mich auf dem Shvil zu quälen. Denn das ist es im Moment: eine Qual. Ich will nicht mehr, aber übermorgen, übermorgen kann ich ausruhen. Beim überaus steilen Abstieg treffe ich Simon und Leah wieder, die mehr als hingerissen sind vom heutigen Abschnitt. Das Nightcamp bietet einen wunderschönen Ausblick: Doch heute wird es nach Sonnenuntergang schnell ziemlich kalt, sodass wir uns direkt nach dem Abendessen in unsere jeweiligen Zelte verkriechen. Als ich aufwache, bin ich umgeben von der perfekten Stille der Wüste. Kein Geräusch ist zu hören, nur die Morgendämmerung bricht sich ihren Weg durch die Nacht. Heute muss ich nur 18km mit sehr wenigen Höhenmetern gehen. Also bleibe ich still im Schlafsack liegen und schaue der Dämmerung zu. Es ist der schönste Morgen meiner gesamten Reise. Ich kann gar nicht fassen, wie friedlich und wunderschön der Morgen ist. Ich ziehe mich an, putze zähne und klettere auf einen nahegelegenen Hügel, um dort bei Sonnenaufgang zu frühstücken. Es ist furchtbar kalt, aber unfassbar schön. "Diese Schönheit wäre auch da, wenn niemand sie sehen könnte", geht es mir durch den Kopf. Es ist ein eigenartiger Gedanke, aber es erfüllt mich auf einmal mit tiefer Dankbarkeit, dass ich durch Zufall, durch Glück Teil dieses Naturschauspiels sein darf, das auch ohne mich in voller Pracht stattfinden würde. Später mache ich mich auf den Weg nach Midreshet Ben Gurion. Der Weg führt den Großteil des Tages dieser Bergkette im Hintergrund entgegen und an ihr entlang: Ich finde keinerlei Schatten zur Mittagspause, also spanne ich meine Isomatte mithilfe eines Dornbusches und ein paar Steinen auf: Am Nachmittag erreiche ich Midreshet Ben Gurion kaufe ich mir als allererstes etwas zu essen: Pita und Hummus, das sollte reichen, um meinen Hunger bis zum Abendessen zu überbrücken. Und als ich mich gerade auf den Weg machen will, sehe ich Simon und Leah eintreffen. Wir plaudern kurz, dann verabschieden wir uns herzlich. Heute Nacht schlafen wir bei unterschiedlichen Trail Angels, morgen werden sie weiterwandern, während ich einen Ruhetag einlege. Es war eine schöne Zeit, mit ihnen zu wandern und jeden Abend am Feuer gemeinsam den Tag zu reflektieren. Mir war nicht klar, was für einen Unterschied das macht, aber nach den ganzen Wochen allein, war es wirklich wohltuend, abends ihre Gesellschaft zu haben. But hike your own hike; und so trennen sich unsere Wege. Mein Trail Angel ist ein Student, der mir und dem anderen Shvilist, der heute dort übernachtet, seine Wohnung im Studentenwohnheim überlässt und bei einem Freund übernachtet. Doch vorher kommt er vorbei, um ein Abendessen für uns zu kochen. Nach 6 Tagen des monotonen Trailessens ohne Abwechslung ist es einfach nur fantastisch und ein unglaublich befriedigendes Gefühl, nach langem wieder satt zu sein. Ich schlafe einen tiefen und erholsamen Schlaf, den besten auf dem ganzen Trail. Als ich aufwache, ist der andere Wanderer schon gegangen. Er hat nur einen Monat für den gesamten Shvil, also steht er meistens gegen 3 Uhr auf, um jeden Tag möglichst weite Distanzen zurückzulegen. Ich hingegen genieße meinen Ruhetag in vollen Zügen. Mein Trail Angel hat mir erlaubt, ihn in seiner Wohnung zu verbringen, was ich sehr zu schätzen weiß. Ich telefoniere mit meinen Liebsten, erzähle von meiner Frustration der letzten Tagen und meinen Gedanken ans Aufgeben, kaufe Essen für die nächsten Tage, esse Falafel und endlich gehen meine Blasen an den Füßen auf und der Druckschmerz verschwindet. Wie soll es weitergehen, frage ich mich? Man wird sehen.
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  36. 4. Abschnitt: Jerusalem - Arad (170,1km) Die Landschaft nach Jerusalem ist wunderschön. Ich genieße die ersten beiden Tage sehr, fühle mich fitter denn je und stehe meine erste Gewitternacht (ungeschickter Weise auf einem Berg zeltend) im Gatewood Cape durch. Außerdem ist es äußert interessant, so nah an der Grenze zur Westbank entlang zu laufen und die politische Situation des Landes dadurch so präsent zu haben. Leider laufe ich mir aber auch Blasen. Ich hatte mir in Jerusalem neue Einlegesohlen gekauft, weil die Dämpfung meiner Altras merklich herunter war, aber an der Ferse passen mir die Sohlen nicht und verursachen Blasen. Außerdem wird die Landschaft trist - Zwei lange Tage wandere ich nur durch leere Felder. Es ist deprimierend und ich habe das Gefühl, sie hören nie wieder auf und ich komme hier nie wieder raus. Und dann sehe ich auf einmal Rauch neben dem Shvil. Während ich näher komme, realisiere ich, dass es tatsächlich brennt. Ich warte ein paar Minuten und schaue, ob nicht irgendwer in der Nähe ist, aber als niemand auftaucht, rufe ich die Feuerwehr an. Man schickt mir eine SMS mit einem Link, mithilfe dessen ich meinen Standort an die Einsatzkräfte senden kann. Die Frau am anderen Ende bedankt sich, ich lege auf, beschließe, weiterzugehen und werde nach 300m wieder von derselben Person der Notrufzentrale angerufen, ich müsse den Standort nochmal schicken. Doch so oft sie auch versucht, mir eine SMS zuzusenden, es kommt keine davon an. Auf ihre Bitte beginne ich, zu beschreiben, wo ich mich befinde (was relativ leicht ist, weil der Trail gerade eine große Straße unterquert hat), unterdessen kommt ein Jeep angefahren und zwei Männer steigen aus, die beginnen, mit irgendwelchen Geräten den Boden zu behacken. Ich beschreibe der Person am Telefon, was ich sehe, sie fragt: "Versuchen die Personen, das Feuer zu löschen?" - "Nein, es sieht nicht so aus, das Feuer brennt noch". Noch immer versucht sie vergeblich, mir die SMS zukommen zu lassen. Dann beginnen die beiden Männer, das Feuer zu löschen. Als ich das am Telefon weitergebe, werde ich gefragt, ob es Feuerwehrleute seien. "Nein", sage ich, "Zivilisten". Am Telefon heißt es, man wisse jetzt, wo ich sei und verabschiedet sich. Just in diesem Moment sehe ich aus der Ferne ein Feuerwehrauto auf dem Feldweg angefahren kommen. Ich beschließe, weiterzugehen, bekomme aber am Rande mit, dass das Auto eine ganze Weile bei der gelöschten Stelle bleibt. Während ich weiterwandere, sehe ich, dass auch andere Bereiche entlang des Weges offenbar vor kurzem verbrannt worden sind. Ich vermute eine landwirtschaftliche Maßnahme und frage mich, ob es falsch war, die Feuerwehr zu rufen, aber als das Feuerwehrauto auf dem Rückweg an mir vorbeifährt, grüßen die Insassen freundlich und ich sage mir, dass niemand da war, als ich beim Feuer ankam und nicht wissen konnte, dass es intendiert und kontrolliert ist. Ich wandere noch einige Kilometer weiter und stelle einen (vorläufig) neuen Wanderrekord mit 31km auf. Es gibt eine einzige Baumgruppe inmitten der leeren, öden Felder, dort verbringe ich die Nacht. Ich bin ziemlich motivationslos am nächsten Tag, die leeren Felder nehmen kein Ende, aber am Abend will ich in einem Kibbutz ankommen, das einen Raum für Shvilistim anbietet. Ich schreibe eine Nachricht an Simon und Leah, das Paar, das ich in meiner ersten Woche getroffen habe und mit denen ich seitdem in Kontakt stehe. Sie waren mir stets einen Tag voraus, verließen sowohl Tel Aviv als auch Jerusalem einen Tag vor mir, doch hatten sie kurz nach Jerusalem wieder einen Ruhetag eingelegt, sodass ich mich nun vor ihnen auf dem Shvil wusste. Ich frage, ob es in ihre Etappenplanung hineinpasst, auch heute Abend zu dem hiker's room ins Kibbutz zu kommen und sie sagen zu. Ich freue mich sehr, sie bald wiederzusehen und endlich wieder ein gutes, tiefes Gespräch zu führen, das über das übliche Trailgeplänkel hinausgeht. Auf den letzten Kilometern vor dem Kibbutz laufe ich auf einmal in den Kanadier und die Italienerin hinein, die ich seit Jerusalem nicht mehr gesehen hatte, da ich einen Tag eher aufgebrochen bin, sie aber einen Teil der Strecke nach Jerusalem übersprangen. Sie fragen mich, wo ich heute Nacht schlafe. Als ich es erzähle, ist ihnen die Existenz des Raumes nicht bekannt, aber sie beschließen, auch dort zu übernachten. Im Kibbutz angekommen beschließe ich, die Gelegenheit zu nutzen und das erste Mal seit Beginn der Reise zu kochen auf den zwei kleinen Kochplatten in der Küchennische. Während ich damit beschäftigt bin, tauchen, völlig erschöpft, Simon und Leah in der Dunkelheit auf. Es stellt sich heraus, dass sie an diesem Tag 42km gewandert sind, nur um mich zu treffen. Ich bin gerührt und fühle mich geehrt von dieser Wertschätzung und genieße den Abend in vollen Zügen. Wir sitzen lange draußen und reden, während uns die Mücken auffressen. Auch den nächsten Vormittag wandern wir zusammen, genießen die Landschaft, kommen der Grenze zur Westbank so nah wie noch nie und reden über die spannendsten Themen; gegen Mittag verabschieden wir uns, weil ich nicht so weit wandern möchte an diesem Tag. Am nächsten Tag erlebe ich den heftigsten Wind meines Lebens. Ich schleppe mich langsam, langsam, mühsam einen Berg hinauf und lerne dabei, dass Wind so laut sein kann, dass man seine eigenen Gedanken nicht mehr hören kann. Es ist unglaublich anstrengend, aber der Ausblick ist fantastisch und erinnert zunehmend an Wüste. Ich hatte vor, auch an diesen Tag in einem Kibbutz zu übernachten, wo man sich nicht vorher abmelden muss, sondern einfach anrufen soll, wen man am Tor ankommt. Aber als der Shvil das Kibbutz streift, stelle ich fest, dass man nicht am Haupttor herauskommt und um dorthin zu gelangen um den Zaun herum gehen muss, also mache ich mich auf den Weg entlang des Zauns. Aber er hört und hört nicht auf, ich bin so erschöpft von dem Wandern durch den Sturm und die Blasen an meinen Fersen sind furchtbar schmerzhaft und als ich das Tor endlich sehen kann, führt von dem Zaun senkrecht ein weiterer Zaun weg, der ein bewirtschaftetes Feld umgrenzt und als ich beginne, daran entlang zu gehen, merke ich, dass ich keine Kraft mehr habe. Da mein Wasser noch für die Nacht ausreicht, beschließe ich, im Wald neben dem Kibbutz zu schlafen und bin, nachdem mein Tarp steht, auch glücklich darüber, denn mir wird bewusst, dass es die letzte Nacht im Wald sein wird. Am nächsten Tag werde ich Arad erreichen und damit die Grenze zur Wüste. Da die gesamte Negev ein Nationalpark ist, darf man dort nur in offiziellen Nightcamps übernachten, also ist dies auch meine letzte Nacht allein im Nirgendwo. Viel schlafe ich allerdings nicht, da der Wind einen ziemlichen Lärm macht. Am nächsten Tag mache ich mich auf dem Weg weiter um den Zaun herum, um im Kibbutz Wasser aufzufüllen. Als ich endlich ankomme, finde ich keinen öffentlichen Wasserhahn, was für Israel sehr ungewöhnlich ist. Überall gibt es Wasserhähne, jeder Spielplatz, jeder Sportplatz hat welche, aber auch völlig "zufällige" Orte an irgendwelchen Kreuzungen. Ich spreche einen Israeli an und frage nach einem Wasserhahn, er sagt, es gäbe im Kibbutz keinen, aber ich könne in seinem Haus Wasser auffüllen. Dort angekommen fragt er, ob ich sonst irgendwas brauche und ich meinte, ehrlich gesagt habe ich keinen Akku mehr. (Es ist nämlich tatsächlich der unwahrscheinliche Fall eingetreten, dass beide meiner Ladekabel einen Wackelkontakt aufweisen und ich so aus dem letzten Ort mit Elektrizität mit leerer Powerbank loslief in dem Glauben, sie habe die ganze Nacht geladen. Durch die unzuverlässigen Kabel konnte aber auch mein Solarpanel nicht wirklich helfen und so stand ich ohne Akku da.) Er bittet mich herein, fragt, ob ich schon gefrühstückt habe und so finde ich mich kurz darauf selbstgemachtes Granola essend mit ihm und seiner Frau im Wohnzimmer wieder. Er selbst ist den Shvil vor ein paar Jahren gelaufen, sodass ich einige Fragen loswerden kann. Sie sind unglaublich herzlich, sagen, ich könne auch gerne einen Ruhetag hier verbringen oder auch nur duschen, ganz wie ich möchte. Ich ziehe aber dankbar nach dem Frühstück von dannen und wandere weiter. Wieder einmal beeindruckt mich die Landschaft ungemein und ich kann mich gar nicht satt sehen. Gegen Mittag gelange ich in eine Beduinensiedlung. Alles ist leer, bis mich zwei Menschen aus ihrer Hütte zu sich winken. Sie stellen sich als zwei Shvilistim heraus, die natürlich schon von mir gehört hatten durch den Trailklatsch. Sie erzählen mir, sie seien von einem Beduinen zum Mittag eingeladen worden, dieser sei aber bereits gegangen und hätte ihnen gesagt, sie können so lange bleiben, wie sie wollen. Sie bieten mir Tee an und so sitze ich in der dunklen Hütte, trinke süßen Tee und betrachte ein Tablett, das offenbar Reste des Mittagessens enthält. Ich kann nicht an mich halten, der hiker hunger zwingt mich, zu fragen, ob ich die Reste essen könnte. Ja natürlich, heißt es, sie hätten schon so viel gegessen und seien satt. Also fange ich an, zu essen (Arabisches Brot, frische Tomaten und eine Paste aus Olivenöl, Sesam und irgendwas Undefinierbarem), währenddessen schultern sie ihre Rucksäcke und sagen, sie ziehen schon mal weiter, ich könne einfach so lange bleiben, wie ich will. Und so sitze ich auf einmal allein in der Hütte eines mir Unbekannten und esse dessen Essen. Köstlich! Aber auch verrückt. Auf den letzten Kilometern bis Arad sieht es auf einmal sehr wüstig aus. Und auf einmal, während ich Arad schon in der Ferne erkennen kann, sehe ich eine Herde Dromedare neben mir! Kurz darauf reitet auf einmal jemand auf einem Esel neben mir und versucht, auf Hebräisch mit mir zu kommunizieren. Er spricht kein Wort Englisch, aber ich verstehe, dass er der Hüter der Kamele ist und er mich gerne zum Kaffee oder Tee einladen würde. Ich verneine, verweise auf die dunklen Wolken hinter uns und dass ich nach Arad will. Dann versucht er, mich zu überreden, dass wenigstens mein Rucksack auf seinem Esel reiten könnte, der sei doch zu schwer für mich (das verstehe ich zumindest aus seinen Gesten), aber ich lehne ab. Ich renne fast schon nach Arad, um einem Regen zu entgehen, der dann doch nicht kommt. Und wem begegne ich im Einkaufszentrum der Stadt am Wüstenrand? Dem Kanadier und der Italienerin! Sie sind bereits einen Tag vor mir eingetroffen, verbringen allerdings im Gegensatz zu mir zwei Ruhetage. Es wird das letzte Mal sein, dass wir uns sehen. Der Zero-day ist gefüllt mit Essensbeschaffung und Rationierung für den ersten Wüstenteil, der 6 Tagesetappen ohne Resupply beinhaltet. Den restlichen Tag entspanne ich in meinem wunderschönen Guesthouse, in dem ich der einzige Gast bin, und versuche, zu begreifen, dass ich morgen schon in einem Nightcamp in der Wüste sein werde. Und das war der Blick aus dem Schlafzimmerfenster:
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  37. 3. Abschnitt: Tel Aviv - Jerusalem (116,3km) Das Urlaubsfeeling meines Ruhetags in Tel Aviv verschwindet am nächsten Tag mit dem Trailalltag. Ich treffe eine Italienerin, die heute in Tel Aviv gestartet ist und bis zum Toten Meer auf dem Shvil wandern wird. Sie entschuldigt sich beim gemeinsamen Wandern, dass sie so langsam ist, aber ich beruhige sie, dass ich am Anfang auch nur kurze Distanzen gewandert bin und es erst jetzt langsam besser wird. An diesem Tag folgt der Trail 25km einem Fluss, aus Tel Aviv heraus und um Petah Tikva herum, die Schilftunnel werden irgendwann monoton, ein Glück habe ich eine gute Gesprächspartnerin, doch ich verabschiede mich am späten Nachmittag, um noch ein paar Kilometer zu machen. Der nächste Tag folgt 20km mehr oder weniger einem Highway; ich treffe die Italienerin wieder, wir wandern ein bisschen gemeinsam, aber verabschieden uns dann wegen unterschiedlicher Rhythmen. Erst am Ende des Tages wird es landschaftlich schöner, als man langsam die Jerusalem Mountains erreichte. Dort, auf diesen letzten Kilometern des Tages, treffe ich ein deutsches Paar, das als Journalisten für den NDR arbeitet und 6 Wochen auf dem Shvil unterwegs ist, um einen 3x20-Minuten-Film über junge Menschen auf dem Trail zu drehen. Da ich die erste Deutsche bin, die sie treffen, freuen sie sich sehr und flugs werde ich verkabelt und interviewt. Also, wenn nächstes Jahr der Film im NDR kommt, könnt ihr gern einschalten und Linkshaenderin in action sehen. Die nächsten beiden Tage verlaufen ruhig und entspannt, der Shvil zeigt sich von einer sehr schönen Seite und mit erstaunlich viel Nadelwald, ich bekomme viel Essen geschenkt, meine Achillessehnen tun mittlerweile nicht mehr weh, es ist nicht mehr heiß und ich schlafe unter Olivenbäumen. Aber zum ersten Mal frage ich mich während des Wanderns (und nicht am Ruhetag), was ich hier eigentlich mache. Die Euphorie des Anfangs ist gewichen, ich bin mittlerweile 3,5 Wochen auf dem Shvil unterwegs und ich merke, dass ich beginne, mich einsam zu fühlen. Es ist ein äußerst ungewohntes Gefühl für mich und ich verstehe zunächst nicht, was und warum ich so fühle, dann begreife ich, dass es mich ermüdet, ständig neue Menschen kennen zu lernen und dabei immer die selben Gespräche zu führen. In all den Gesprächen, die ich am Tag führe, muss ich mich immer wieder neu vorstellen und dieselben Fragen beantworten; es fehlt mir, mit Menschen zu reden, die mich schon kennen und denen ich erzählen kann, was mich wirklich bewegt. Und so ist dann auch der letzte Tag vor Jerusalem zwar kilometermäßig kurz, aber emotional anstrengend. Ich bekomme auf einmal große Angst vor der Wüste, von der es nach Jerusalem nicht mehr sonderlich weit ist. Warum zum Henker will ich zu Fuß eine Wüste durchqueren, frage ich mich und wie zum Henker soll ich das schaffen? Zu allem Unheil tue ich mir irgendwas mit dem Knöchel, sodass jeder Schritt schmerzt und ich quäle mich in Richtung Jerusalem. Der Shvil führt nicht direkt nach Jerusalem hinein, es sind etwa 7km von dort, wo er die Stadt berührt ins Zentrum. Während ich diese 7km entlang hinke, erstreckt sich eine gespenstische Stadt vor mir, denn es ist der letzte Tag von Sukkot und damit ein Feiertag. Die Straßen sind leergefegt, keine Autos fahren und das einzige, was man sieht, sind orthodox gekleidete jüdische Familien, die irgendwohin unterwegs sind. Ab und an hört man Gesänge, denn der letzte Tag von Sukkot ist Simchat Thora, das Freudenfest über die Thora, bei dem mit den Schriftrollen in den Straßen getanzt und gesungen wird. Ich kann mich daran allerdings nicht wirklich freuen, ich will einfach ankommen. Und irgendwann komme ich auch an, bei einer Freundin meines trail angels aus Tel Aviv, der mir den Kontakt gegeben hat. Sie ist erst am Vortag aus einem Urlaub in Montenegro zurückgekehrt, so tauschen wir Reisegeschichten aus, während sie uns ein Abendessen aus den Resten, die ihre Küche hergibt, zaubert. ich könne so lange bleiben, wie ich will und meinen Knöchel auskurieren, sagt sie mir, dann frage ich sie über die Grammatik der hebräischen Sprache aus und lasse mir von ihr die zahlreichen Parlamentswahlen der letzten Jahre erklären. Von ihrer Wohnung aus hat man einen unglaublichen Blick über die halbe Stadt; an klaren Tagen, so sagt meine Gastgeberin, könne man bis Jordanien schauen. Die beiden Ruhetage, die ich in Jerusalem einlege, sind wunderbar. Erstaunlicher Weise tut mein Knöchel schon am nächsten Tag nicht mehr weh und so staune, entdecke und genieße ich. Vor zehn Jahren war ich bereits zwei Mal hier gewesen und war fasziniert von der Stadt. Jetzt als Erwachsene ist mein Blick ein anderer und doch mit derselben kindlichen Begeisterung erfüllt. Besonders hat es mir die Redeemer-Church in der Altstadt angetan. Hier verbringe ich eine ziemlich lange Zeit, sauge die Atmosphäre auf, nehme an einer Mittagsandacht Teil und kehre am Nachmittag nochmal wieder, um das Café im Innenhof zu genießen. Am Morgen meines zweiten Ruhetages verabschiede ich mich von meinem Host und ziehe um ins Abraham Hostel, dem besten Hostel, in dem ich je war. Dort treffe ich die Italienerin wieder, die sich am Tag, nachdem wir uns zuletzt sahen, mit einem Kanadier zusammengetan hat und seitdem mit ihm unterwegs ist. Zunächst ist es schön, Trailgeschichten auszutauschen und festzustellen, dass wir beide unter der Hitze und dem Lärm, den man mitunter auf den Campsites hören konnte, gelitten haben. Aber es stellte sich bald heraus, dass dieser Mensch der einzige mir unsympathische Shvilist ist, den ich treffen werde. Hauptsächlich weil er, trotz, dass wir beide seit über 400km unterwegs sind und denselben Weg zurückgelegt haben, der Ansicht ist, mir den Shvil und das Land erklären zu müssen. Er erklärt mir, was die jüdischen Feiertage bedeuten, was man auf dem Trail beachten muss, dass mein Solarpanel überhaupt nicht funktionieren kann bei der Größe (und glaubt mir nicht, als ich ihm versichere, dass es seit 4 Wochen gut für mich funktioniert) und wie ich mich auf dem Trail zu ernähren habe. Trotz, dass er mich absolut nicht ernst nimmt, sagt er, dass er froh sei, mich getroffen zu haben, um die Wüste zusammen mit mir zu wandern, weil er sie nicht allein durchqueren will. Ich will definitiv nicht mit ihm durch die Wüste wandern, bin aber zu vermeidender Natur, um das direkt zu sagen, daher erspare ich mir eine klare Ablehnung, indem ich ihn fortan bestmöglich meide. In Jerusalem esse ich das erste Mal Falafel in einem arabischen Laden. Während in israelischen Falafel-Läden der ganze Inhalt in eine aufgeschnittene Pita reingestopft wird, servieren arabische Läden alle Bestandteile auf kleinen Tellern. Ich mag beide Varianten (und ich werde auch nicht verraten, wie oft ich Falafel gegessen habe während meiner Reise. ) Meinen letzten Abend in Jerusalem nutze ich, um endlich meine Wüstenetappen zu planen. Das zu tun hing mir wie ein schwerer Klotz im Nacken, aber ich hatte mich davor nicht dazu durchringen können, auch weil ich erst abwarten wollte, wie sich meine Kondition entwickelt, d.h. mit wie langen Etappen ich planen kann. Schon vor Beginn meiner Reise war für mich klar, dass ich nicht ohne water caches würde wandern können. Ich bin körperlich schlichtweg nicht in der Lage, Wasser für mehrere Tage zu tragen. Der water caching service, den ich mir ausgesucht habe, braucht jedoch nur 3 Tage Vorlaufzeit, sodass ich ihn nicht eher zu informieren brauchte. In Jerusalem nun verbringe ich den Abend mit denken, überlegen, recherchieren und planen. Am Ende ist klar: Es werden 18 Wüstenetappen sein (weil ich Teile überspringe, aber dazu später) und ich benötige dafür 5 water caches. Das Wissen, nun einen klaren Plan zu haben, beruhigt mich und lässt mich entspannt in den letzten Abschnitt vor der Wüste starten.
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  38. 2. Abschnitt: Tiberias - Tel Aviv (209,5km) Den ersten Tag, der spektakulär oberhalb des See Genezareths an ihm entlang nach Süden führt, wandere ich mit dem Schweizer. Aber ich merke schon nach wenigen Stunden, wie gern ich wieder allein sein möchte, daher verabschiede ich mich am Abend und schlage mein Zelt mal wieder vor einer atemberaubenden Kulisse auf. Meine Achillessehnen schmerzen fürchterlich, daher beschließe ich, als ich am nächsten Tag nach 2km eine Campsite erreiche, dort schon wieder einen Ruhetag einzulegen. Es ärgert mich, dass mein Körper nicht so mitmacht wie gewünscht. Oder vielmehr: Dass eine einzige kleine Sehne meinen ansonsten fitten Körper ausbremst. Aber ich will nicht, dass mir die Sache auf die Füße fällt und ich mir durch eine Achillessehnenentzündung den Trail ruiniere, also schließe ich mit meinem Körper den Deal, dass wenn auch nur ein Körperteil sagt, es will nicht mehr, der ganze Organismus stillsteht. So quäle ich mich einen endlosen, langweiligen Ruhetag herum, plaudere am Abend ein bisschen mit ankommenden Israelis und bin heilfroh, am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang wieder back on the road zu sein. Zum ersten Mal sehe ich Klippdachse, auf dem Foto sind insgesamt drei zu sehen. Am Ende des Tages campe ich am Fuße des Mt. Tavor, dem dritten (und letzten) Berg des Shvils, den ich den Sehnen zu Liebe auslasse und ringsherum wandere. Hier sieht man ihn in der Ferne, als ich noch auf ihn zuwandere. Ich gelange nach Nazareth, dem meines Erachtens am wenigsten schönen Gebiet des Shvils. Um Nazareth herum war unglaublich viel Müll, zerstörte Wälder und Eintönigkeit. Nach all den spektakulären Aussichten des Nordens ist das ein starker Kontrast. Jom Kippur kommt und geht; im Gegensatz zu den meisten Israelis auf dem Shvil, die während der Feiertage nach Hause fahren und ruhen, wandere ich weiter, nach wie vor erstaunt darüber, dass ich keine einzige Blase habe. Die Trailrunner und Zehensocken machen einen guten Job. In diesen Tagen begegne ich einem Vater mit zwei Söhnen immer wieder, bis ich einen halben Tag einlege und sie vorbeiziehen. Als ich ein paar Tage später den Schweizer wiedertreffe, erzählt er mir, als er ihnen begegnete, hätten sie im üblichen Trailklatsch auch über mich gesprochen. Und er habe gesagt: "Ah, Linkshaenderin, you know, she is small, but she walks like a machine". Dieses Gerücht verbreitete sich in den nächsten Wochen unter den Shvilistim und so kam es, dass ich bis zum Schluss meiner Wanderung von allen, die ich neu traf, begrüßt wurde mit: "Bist du Linkshaenderin aus Deutschland? Ich/Wir haben schon von dir gehört". Und dann kam raus, dass mir der Ruf vorauseile, ich wäre total tough und würde wahnsinnig schnell wandern. So viel dran ist da gar nicht. Also, in der Tat ist mein Gehtempo überdurchschnittlich und schneller als das fast aller anderen gewesen, aber durch viele und lange Pausen kam ich alles in allem nicht schneller voran als die anderen, im Gegenteil. Ich glaube, Grund für den "Ruhm" war eher mein Status als alleinreisende Frau. Ich bin keinem anderen weiblichen solo-thru-hiker begegnet und mir haben Israelis erzählt, sie hätten noch nie von einem weiblichen solo-shvilist gehört. Daher war mein Auftreten wohl ziemlich exotisch. Ein Highlight auf diesem Abschnitt ist für mich das Karmelgebirge. Der Aufstieg nach Isfiya, einer Siedlung auf dem Berg, in der fast ausschließlich Drusen leben, ist wunderschön. Einen Ab- und einen Aufstieg später sehe ich dann das erste Mal das Mittelmeer. Wow! Ich kann das Meer sehen, so weit habe ich es geschafft, und kann sogar bis nach Haifa gucken! Der Abstieg vom Gebirge ist atemberaubend. Isfiya auf dem Berg An diesem Tag durch das Karmelgebirge treffe ich immer wieder ein israelisches Paar, das hier eine Tageswanderung unternimmt. Sie können kaum fassen, wie schnell ich gehe und finden es fast schon demotivierend, wie viel leichter mir die Etappe fällt. Ich versuche, sie damit zu trösten, dass ich schon über 2 Wochen unterwegs bin und sich daher mein Körper schon ein wenig an die Belastung gewöhnt hat und der Tag durch das Karmelgebirge auch definitiv kein leichter ist, aber sie lassen sich nicht trösten. Am nächsten Tag merke ich aber, dass mein Körper einen Ruhetag benötigt, ich bin seit 6 Tagen unterwegs und erkenne die Zeichen. Trotzdem genieße ich den Abschnitt; er führt mich durch Ein Hod, ein Künstlerdorf (Link), bietet mir schöne Meerblicke und zeigt mir das erste Mal in meinem Leben Avocado-Bäume. Am Abend dieses Tages bin ich das erste Mal bei einem trail angel zu Hause, er zeigt mir das Haus und verabschiedet sich dann auf einen langen Spaziergang mit seiner Hündin. "Wenn du willst, kannst du ruhig schon mal was für uns kochen. Wir können das zwar auch zusammen machen, wenn ich wiederkomme, aber das ist dann schon recht spät und eigentlich kannst du dir ja was überlegen", sprachs und überließ mich der Küche. Ich erzähle diese Begebenheiten exemplarisch, um zu illustrieren, wie sehr einen trail angels wie Zuhause fühlen lassen. Am nächsten Tag kehre ich zum Shvil zurück und warte auf einer Campsite darauf, dass es Abend wird. Diese Ruhetage sind quälend. Es gibt keine Beschäftigung, ich habe kein Buch dabei, ich will wieder wandern, aber mein Körper braucht die Ruhe. Am nächsten Tag zelte ich das erste Mal aktiv verbotener Weise in einem nature park. Es gab leider keine Alternative, da ich recht spät dort ankomme und es nach dem Abstieg keine Campmöglichkeit gegeben hätte, da ich mittlerweile in das dicht besiedelte Zentrum Israels vorgedrungen bin. Der Blick von meinem Nightcamp aus aufs Meer ist wunderschön. Morgen, so sage ich mir, morgen erreiche ich endlich das Meer. Am nächsten Morgen mache ich mich sehr früh auf den Weg, um nicht beim Wildcampen erwischt zu werden und nach ein paar Minuten auf dem Trail halte ich inne, um den Sonnenaufgang anzuschauen. Es ist einer der schönsten Morgen, die ich auf dem Trail erlebe, die Sonne geht über dem Karmelgebirge auf und beleuchtet die Häuser am Meer auf der gegenüberliegenden Seite. Und während ich dieses Schauspiel betrachte, kommen zwei Israelis auf Mountainbikes vorbei, verwickeln mich in ein Gespräch und erklären mir, was man alles von hier sehen kann. Ich erreiche das Meer am Vormittag, durchwandere Caesarea und treffe am Strand auf meine Frau, die nach den üblichen Fragen zu meiner Wanderung wissen will, was ich nach den Shvil vor meinem Rückflug mache. Nichts, sage ich, ich wandere den Shvil und fliege zurück nach Deutschland. Da lädt sie mich ein, ein paar Tage bei ihr zu verbringen, falls ich noch etwas Zeit habe vor meiner Rückkehr und sie gibt mir ihre Nummer. Diese Freundlichkeit bewegt mich sehr, begegnet sie mir doch täglich in unterschiedlichen Formen. Doch am Strand entlang zu wandern ist müßig. Ich hatte von Anfang an angedacht, vermutlich einen Teil des Strand-Abschnittes zu überspringen und während ich durch die Massen an Badenden wandere, wird meine Idee bestätigt. Ich bin zwar unheimlich gern am Meer, aber nicht, um am Strand zu wandern. Alle starren einen an, wenn man in Wanderkleidung mit Rucksack vorbeizieht und man selbst würde am liebsten auch einfach im Wasser planschen. Am Abend erreiche ich Chadera, es ist der erste Tag von Sukkot, also ein Feiertag und die orthodoxe jüdische Familie, die mich an diesem Tag aufnimmt, ist bei meiner Ankunft noch dabei, den Tag ausklingen zu lassen. Wir unterhalten uns angeregt, irgendwann beginne ich zu frieren. Ich werde gefragt, ob mir kalt sei und als ich bejahe, bringt man mir eine Decke. Die Klimaanlage könne man erst ausschalten, wenn der Tag vorbei ist, fügt man ergänzend hinzu. (Im Judentum endet der Tag, wenn die ersten drei Sterne am Himmel stehen, das ist dann auch der Start des nächsten Tages.) Ich bin fasziniert, wusste ich zwar, dass religiöse Jüdinnen und Juden keine elektrischen Geräte bedienen an Feiertagen, aber so hautnah zu erleben, wie die Klimaanlage trotz Frieren anbleiben muss, bis die ersten Sterne am Himmel stehen, ist etwas ganz anderes. Ich lerne sehr viel an diesem Abend, über ihre Sicht, warum man nicht irgendwo sonst einen jüdischen Staat errichten kann, sondern es hier sein muss, über arrangierte Ehen und Thoraschulen. Eine ganz eigene Welt und ich fühle mich geehrt, Einblick darin zu bekommen. Am nächsten Tag wandere ich monoton weiter am Strand entlang, ich würde auch gerne am Strand entspannen (und natürlich war ich an diesem und auch am Vortag mal kurz im Meer), aber nein, ich wandere weiter. Am Nachmittag erreiche ich Netanya und nehme von dort einen Bus nach Tel Aviv. Es wäre von Netanya noch einmal ein Tagesmarsch nur am Strand entlang gewesen und ich habe beschlossen, mir diesen zu sparen. Warum etwas wandern, was absolut keinen Spaß macht? Von dem Anspruch, jeden Kilometer des Shvils der Vollständigkeit halber zu erwandern, habe ich mich direkt nach meiner Ankunft verabschiedet. Ich sehe darin keinen Mehrwert. Also entsteige ich einem eiskalt klimatisierten Bus und erreiche das schwül-warme Tel Aviv. Hier übernachte ich wieder bei einem Trail Angel, der mir direkt nach meiner Ankunft anbietet, ich könne ein, zwei Ruhetage hier verbringen. Das kommt mir sehr gelegen, ich hatte tatsächlich einen Ruhetag einlegen wollen, auch um ein Outdoor-Geschäft zwecks Besorgungen aufzusuchen. Ich kann es überhaupt nicht fassen, in Tel Aviv zu sein. Es ist noch nicht mal ganz drei Wochen her, dass ich hier gelandet bin und überzeugt war, es nie zu Fuß bis Tel Aviv zu schaffen, doch jetzt bin ich da! Und mir geht es gut! Aber ich bin auch überfordert. Saß ich gestern Abend noch mit der orthodoxen Familie in einer Laubhütte und habe mit ihnen das Übergangsritual vom Feiertag zum normalen Tag zelebriert, bin ich heute im pulsierenden, lärmenden Tel Aviv und gehe mit meinem Host in ein veganes Sushi-Restaurant. Es ist der Himmel, ich will ALLES essen, der hiker hunger hat langsam eingesetzt und die gesamte Speisekarte klingt köstlich. Davor hatte mich der trail angel gefragt, ob ich Lust hätte, mit ihm Acroyoga zu machen, sein Hobby seit ein paar Jahren. Ich sagte ja, noch nie probiert, aber ich bin gespannt und so hatten wir sowohl an diesem als auch am nächsten Tag lustige Stunden, in denen er mir die Kunst des AcroYoga näher brachte. Und ich bin begeistert, ich glaube, ich werde mir hier daheim auch einen Kurs suchen! Ich hatte gehofft, mich in Tel Aviv Simon und Leah wiederzutreffen, wir tauschen regelmäßig Nachrichten aus, aber sie wandern am Tag nach meiner Ankunft morgens weiter, also einen Tag vor mir, sodass es leider keine Gelegenheit gibt. An meinem Ruhetag in Tel Aviv suche ich insgesamt 5 Outdoor-Shops auf, um Zehensocken zu kaufen, doch vergebens. Immerhin finde ich in einem Radsportgeschäft Armlinge, danach schlendere ich mit einem frisch gepressten Granatapfelsaft durch die Straßen und kann nicht fassen, was ich für ein Glückspilz bin. Ich bin so glücklich, hier zu sein, hier auf dieser Reise, diesem Abenteuer. Was geht es mir gut!
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  39. Ich werde meinen Trailbericht nicht tageweise einteilen, sondern in Abschnitte, die ich auch auf dem Trail als solche empfunden habe. Die Kilometer, die ich angebe, sind die tatsächlich gewanderten Kilometer, d.h. plus zusätzliche zum Supermarkt gewanderte Kilometer und minus Strecken, die ich übersprungen habe. Netto-Distanz quasi. Zum Vokabular: Der Israel National Trail heißt auf Hebräisch Shvil Israel (was quasi Der israelische Weg bedeutet, so ähnlich wie der Camino). Ich verwende daher auch den Begriff Shvil. Ein Wanderer auf dem Shvil ist ein Shvilist, Plural Shvilistim. Der Trail ist sehr populär unter jungen Israelis, die meisten wandern ihn nach dem Militärdienst. Dadurch sind Wanderer und deren Bedürfnisse für Israelis etwas sehr Alltägliches, die Freundlichkeit und Gastfreundschaft ihnen gegenüber ist unermesslich und es gibt sehr viele trail angels. Bis zum Wüstenbeginn könnte man, wenn man will, jeden Tag bei trail angels übernachten. Wenn man als Nicht-Israeli auf dem Shvil unterwegs ist, weckt das oft besondere Begeisterung unter Menschen, denen man begegnet, ich vermute, weil einige das Wandern des Shvils als eine Art patriotischen Akt betrachten, als Ausdruck der Liebe zum Land, weil man es komplett durchwandert. 1. Abschnitt: Tel Hai - Tiberias (See Genezareth) (80,1km) 8 Jahre habe ich davon geträumt, den Shvil zu wandern, ein Jahr lang habe ich mich vorbereitet, Informationen gesammelt, meine Ausrüstung zusammengestellt und geplant. Und dann ist meine Ankunft in Tel Aviv am 22.09. völlig überfordernd. Ich hatte nicht bedacht, dass sich die Stadt an einem Donnerstagnachmittag in einen einzigen Stau verwandelt, da in Israel das Wochenende beginnt. Es dauert endlos, bis ich eine Sim-Karte und Gas-Kartusche besorgt habe und meinen Weg ins Hostel finde. Das Vorhaben, 1000km durch Israel zu wandern, kommt mir auf einmal waghalsig, ja gar unmöglich vor. Ich werde es nicht einmal bis nach Tel Aviv schaffen, denke ich mir. Also nehme ich mir vor, erst einmal bis zum See Genezareth zu wandern, das sind um die 90km und scheint mir realistisch zu sein. Am nächsten Tag geht es nach einem Einkauf für die ersten Tage auf dem Trail mit dem Bus nach Norden. Die erste Etappe des Trails (Kibbutz Dan - Tel Hai, ca. 13,2km) wurde letztes Jahr aus Sicherheitsgründen gesperrt, daher wollte ich sie auch nicht gehen. Die meisten Shvilistim, die ich getroffen habe, sind trotzdem in Dan losgewandert. Mein Startpunkt ist das Roaring Lion Monument, das vor einer unglaublichen Kulisse des Golans steht. Es ist schon 16 Uhr als ich losgehe und komme daher nur 5km bis es dämmert und ich mir einen ersten Ort zum Campen suche. In Israel ist Zelten überall außerhalb Nature Reserves/Nationalparks erlaubt, es gibt aber auch viele offizielle Campsites entlang des Trails, wo es dann auch Wasser gibt. Ich habe es aber bestmöglich vermieden, auf diesen zu übernachten, da ich lieber meine Ruhe und Stille haben wollte. Die ersten Tage sind in furchtbare Hitze und Übelkeit getaucht. Ich kann nichts essen, weil mir permanent schlecht ist; ich führe das auf das Wasser zurück, aber auch das Filtern hilft nichts. Ich bin absolut glücklich, auf dem Shvil zu Wandern, erfüllt von einem großen Gefühl der Dankbarkeit, aber diese Übelkeit und die Hitze machen mir zu schaffen. Und doch kann es nicht meine Begeisterung über die Landschaft und alles, was ich sehe, trüben. Ich bin während der holiday season in Israel, schon wenige Tage nach meiner Ankunft ist Rosh Hashana, das jüdische Neujahrsfest. Am Nachmittag wandere ich an einer Gruppe Israelis vorbei, die mich sofort ansprechen und einladen, an ihrem Picknick teilzunehmen. Es ist eine Familie mit drei Generationen, etwa 15 Leute, die beschlossen haben, dieses Jahr nicht drinnen zu feiern, sondern ins Grüne zu fahren und so komme ich in den Genuss von Pasta mit Pesto, frischem Salat, Kuchen und Tee und Keksen. Solche Begegnungen werde ich noch sehr häufig auf dem Shvil haben; überall treffe ich auf Menschen, die mir Essen anbieten, mich zu sich einladen oder mir eine Mitfahrgelegenheit anbieten. Ich kann von diesen Großzügigkeiten hier nur exemplarisch berichten. Ich muss schon in den ersten Tagen feststellen, dass meinen Achillessehnen das Gewicht meines Rucksacks nicht gut tut und das, obwohl ich nur etwa 15km pro Tag wandere. Nach einem Hilferuf im Forum und dem einstimmigen Feedback, es langsam angehen zu lassen, ist bereits mein fünfter Tag auf dem Trail ein Ruhetag. Ich bleibe bei einem trail angel, der in einem an sein Kibbutz angrenzenden Wald eine Art Oase für Shvilistim gebaut hat. Es gibt dort mitten im Wald eine Küchenzeile, Outdoor-Dusche, Sofas, Hängematte und Komposttoilette. Es ist ein Paradies, unglaublich idyllisch und das Gefühl der ersten Dusche auf dem Trail ist unbeschreiblich. Aber an diesem ersten Ruhetag, an dem ich so gar nichts zu tun habe, frage ich mich das erste Mal, was ich hier überhaupt tue. Ich bekomme durch das Nichtstun furchtbares Heimweh und finde meine ganze Reise sinnlos. Doch sobald ich am nächsten Tag wieder auf dem Shvil bin, weiß ich wieder, warum ich da bin: Weil es mich unglaublich glücklich macht. Ich bin aber auch froh über die Entscheidung, den Mt. Meron übersprungen zu haben, um meine Achillessehnen nicht mit zu vielen Höhenmetern zu belasten. Hier ein Bild des Berges, dem höchsten Punkt des Trails, auf dem sich eine air defence Militärbasis befindet, da man von dort bis in den Libanon schauen kann. Nachdem ich also aus dem Bus steige, der mich um den Berg herumgefahren hat, und ich zum Shvil zurückkehre, folgt eine der spektakulärsten Etappen der ganzen Reise für mich. Sie folgt erst dem trockenen Bachbett des Amud Rivers, dann dem richtigen Gewässer und schließlich entlang eines cliffs durch das Flusstal hindurch. Mein Zelt stelle ich wieder mal auf einer Wildschweinfährte auf, da es sonst keinen ebenen Platz finde. Es ist die erste Nacht, in der ich das Tarp weglasse und nur im Netzzelt schlafe, danach werde ich es immer so handhaben (außer in einer Regennacht und drei sehr windigen Nächten). Die Wildschweingeräusche nachts vor dem Zelt ängstigen mich nicht mehr und an das allnächtliche Jaulen der Schakale habe ich mich gewöhnt. Auch Kühe trifft man überall auf dem Trail. Mittlerweile verträgt mein Magen endlich wieder Nahrung, zumindest in kleinen Mengen und ich bin sehr froh darum. Alle europäischen Shvilistim, die ich treffe, werden mir später von ihren Problemen mit dem Wasser in den ersten Tagen erzählen. Ein Israeli meinte zu mir, es liege an den je nach Land/Kontinent unterschiedlichen Mineralien, an die sich der Körper erst anpassen muss. Ich hatte damit auf jeden Fall nicht gerechnet und würde auf jeden Fall empfehlen, es mit einzukalkulieren. Am folgenden Tag, der mich nach Tiberias führen wird, mache ich die Bekanntschaft von Simon und Leah, einem deutschen Paar, mit dem ich mich sofort gut verstehe. Nach dem gemeinsam durchwanderten Vormittag machen wir eine sehr lange Mittagspause zusammen, am Fuße des Mt. Arbels, es sind 37 Grad und kaum auszuhalten. Gegen 15 Uhr packen wir zusammen und schweren Herzens entscheide ich mich, den Berg nicht mit zu besteigen, sondern außen herum nach Tiberias zu gehen. Meine Achillessehnen sind noch immer nicht gut und ich habe Angst, ihnen mit dem sehr steilen Anstieg zu schaden. In Tiberias wartet ein Schweizer Wanderer auf mich, mit dem ich durch das Shvil-Forum in Kontakt gekommen bin. Er hat ein paar Ruhetage in einem gemieteten Apartment in Tiberias gemacht und lädt mich ein, die Nacht dort auf dem Sofa zu schlafen. Das erste Mal seit fast einer Woche sehe ich mich wieder im Spiegel und bin erschrocken, wie furchtbar dünn ich durch die ersten Tage geworden bin, an denen ich kaum essen konnte. Wir gehen an dem Abend in ein Restaurant und das erste Mal erlebe ich, wie unglaublich glücklich richtiges Essen während einer Fernwanderung machen kann. Aber nicht nur das Essen beseelt mich, sondern auch das Gefühl, es bis zum See Genezareth geschafft zu haben. Ein erster Meilenstein ist geschafft! Und wenn ich es bis hierhin geschafft habe, dann komme ich doch bestimmt auch ans Meer, oder?
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