Zum Inhalt springen
Ultraleicht Trekking

Entlang dem Nordalpenweg - Von Perchtoldsdorf nach Kufstein


doast

Empfohlene Beiträge

Im Forum findet man bisher nicht besonders viel zum Nordalpenweg. Deswegen erlaube ich mir ein Fazit, basierend auf meiner letzten Weitwanderung, hier zu posten.

Der Bericht ist eine Kopie meines Berichts von meinem Blog: https://www.wegalsziel.at/nordalpenweg-2021/

Wer mag findet dort auch noch die genaue GPS-Aufzeichnung meiner Route. Unterwegs war ich von Perchtoldsdorf (bei Wien) bis Kufstein zwischen 4- und 15. Juli 2021.

Unterwegs habe ich zufällig auch Mr. Hiking Bear getroffen der gerade von Aachen über Österreich bis Richtung Via Adriatica unterwegs ist. Ansonsten habe ich unterwegs nur eine andere Weitwanderin (Sophie von www.weitwanderin.de) getroffen. 

Den Rest des Nordalpenweges bzw. ein Lückenschluss zwischen Kufstein und meinem Heimatbundesland ist für die kommenden Wochen angedacht (sofern es Zeit, Muse und andere Faktoren hergeben).

Sollte es Fragen zum Nordalpenweg generell bzw. im speziellen zu meiner Tour geben, immer gerne her damit.

Meine Weitwanderung entlang des Nordalpenweges

Mein Vorhaben

Die Begehung des Nordalpenweges war in mehrerlei Hinsicht eine logische Wahl. Der Nordalpenweg verbindet einerseits meine Geburtsstadt und derzeitigen Wohnsitz (Bregenz) mit meinem langjährigen und liebgewonnenen Herzenswohnsitz (Wien). Andererseits lässt sich durch die Begehung des Nordalpenweges über kurz oder lang eine konsequente Route von Wien bis ans Mittelmeer verwirklichen. Den Entschluss irgendwann eine durchgängige Linie über die Alpen erwandert zu haben, habe ich zum Ende meiner letztjährigen Alpenüberquerung in Frankreich gefasst.

Aktuell konnte bzw. wollte ich mir nur maximal zwei Wochen Zeit für das Projekt Nordalpenweg geben. Eine komplette Begehung des Nordalpenweges über 1.000 Kilometer bzw. die rund 50 offiziellen Etappen in dieser Zeit war unrealistisch. Als starker Geher habe ich mir deswegen das realistische Ziel Kufstein, mit Start ab Perchtoldsdorf, gesetzt. Je nach Routenvariante sollte das einer Strecke von 550 bis 600 Kilometern entsprechen.

Der Nordalpenweg ist in einigen Abschnitten durchaus etwas anspruchsvoller. Speziell die Gebiete um den Dachstein, den Hochkönig oder die Zugspitze sind solche. Meistens gibt es einfachere Varianten zur Umgehung der schweren Abschnitte. Bei kritischer Selbsteinschätzung bin ich kein Weitwanderer, der die größten technischen Schwierigkeiten sucht. Mein persönlicher Fokus liegt auf fast & light. Also schnell gehen, weit wandern, mit möglichst geringem Gewicht im Rucksack. Um möglichst wenig Risiken einzugehen erlaube ich mir durchaus auf die einfacheren Varianten zurückzugreifen. Außerdem halte ich mich nicht starr an die vorgegebene Wegführung. Trotzdem hat sich meine Weitwanderung überwiegend am Nordalpenweg orientiert.

The Good & The Bad

Der Nordalpenweg bietet auf dem Papier viele Eigenschaften welche ich für meine Weitwanderungen bevorzuge. Bergiges Gelände, tolle Panoramen, abwechslungsreiche Abschnitte. Dazu kommt eine einfache An- und Abreise. Eine gute Versorgungssituation entlang des Weges. Möglichkeiten eines vorzeitigen Abbruchs (z.B. bei Verletzung o.ä.) gibt es ebenfalls genügend.

Einige für mich wichtige Punkte erfüllt der Nordalpenweg allerdings nicht. Die Möglichkeiten zu biwakieren bzw. über Nacht zu campieren sind stark eingeschränkt. Einerseits ist die rechtliche Situation in Österreich eine sehr strenge. Andererseits war die Platzsuche, mit Ausnahme über der Baumgrenze, schwerer als von mir erwartet. Besiedelte Flächen, bewirtschaftete Almen und undurchdringliche, zugewucherte oder verwüstete, unebene Forste wechseln sich häufig ab. Hier haben sich meine Befürchtungen leider Bewahrheitet und meine Vorurteile gegenüber dem Weitwandern in Österreich erfüllt. Im Endeffekt blieben lediglich zwei Nächte die ich wild campiert habe, eine Nacht am Campingplatz und eine Nacht in einem kleinen, geschlossenen Unterschlupf. Zwei Nächte verbrachte ich in günstigen Gästehäusern und die restlichen Nächte in bewirtschafteten Hütten.

Campieren am Nordalpenweg

Campieren am Nordalpenweg ist nicht immer leicht.

Eine Möglichkeit zu schlafen habe ich immer ohne langes Vorbuchen gefunden. Trotzdem sei erwähnt, dass insbesondere an Wochenenden und vorallem in der Hauptsaison beliebte Hütten teilweise lange im Vorhinein ausgebucht sind. Die aktuellen Regeln um Corona (begrenzte Schlafplätze, etc.) verschärfen die Situation. Wer kommunikativ und freundlich ist, findet vermutlich auch Personen am Weg die einen z.B. im Garten oder hinter der Hütte schlafen lassen würden. Da ich den ganzen Tag über gehe und somit wenig in Kontakt mit Personen am Weg komme, hat sich für mich diese Situation allerdings nie ergeben.

Hütten am Nordalpenweg

Hütten und Almen bieten sich für Nächtigungen an. Wie hier alleine im Lager auf der Rotsohlalm am Fuße der Hohen Veitsch.

Retrospektiv hat sich für mich auch bewahrheitet, dass Österreich ein dicht besiedeltes Land ist und intakte Natur (entgegen vieler Werbeslogans) selten geworden ist. Bewirtschaftete Forste und verwüstete Wälder sind keine Seltenheit entlang des Weges. Größere Menschenmengen an schönen Tagen bzw. vor allem an Wochenenden und an Hotspots sind vorprogrammiert. Der Alpentourismus kann nicht verleugnet werden. Österreich verfügt über ein schier endloses Netz an Forststraßen. Der Nordalpenweg bedient sich auch großzügig an diesen. Mit Forststraßen und gar längeren Asphaltabschnitten muss man umgehen können.

Österreich ist dicht besiedelt

Österreich ist dicht besiedelt. Z.B. auch hier in der Gegend rund um Saalfelden am Steinernen Meer.

Forststraßen am Nordalpenweg

Forststraßen sind keine Seltenheit in Österreich. Manchmal bieten sie wenigstens auch nette Aussichten, wie hier auf dem Weg nach Radmer an der Stuben.

Vermutlich sind einige Abschnitte entlang der originalen Routenführung lohnenswerter als die Varianten die ich gegangen bin. Das kann ich allerdings nicht mit Sicherheit sagen. Positiv überrascht war ich insbesondere von der östlichen, ersten Hälfte meiner Weitwanderung entlang des Nordalpenweges. Die Gebirgsmassive werden Richtung Westen höher, felsiger, karger und imposanter. Im Osten herrschte (zumindest in meinem Fall) jedoch mehr Ruhe und Abgeschiedenheit. Nicht umsonst sind die Verpflegungsmöglichkeiten im östlichsten Teilabschnitt am seltensten bzw. die Distanzen zwischen Supermärkten am größten. So war ich durchaus positiv angetan von Schneeberg, Rax, Veitsch und Hochschwab. Insbesondere die Rax und das Hochschwab haben mir gut gefallen. An einem sonnigen Sommerwochenende kann die Ruhe aber sicher auch schnell verschwunden sein. Auch die Überschreitung des Toten Gebirge (in einer eigenen Variante) hat mir gut gefallen (lediglich das Verbindungsstück zurück zur Originalroute hätte ich besser ausarbeiten müssen).

Im Hochschwab

Im Hochschwab, ein Highlight der Tour.

Im Hochschwab

Ebenfalls im Hochschwab.

Durchquerung des Toten Gebirges

Die Durchquerung des Toten Gebirges. Ein Highlight auf einer eigenen Variante entlang des Nordalpenwegs.

Wildbach am Hochkönig-Massiv

Wildbach am Hochkönig-Massiv.

Abstieg vom Rax-Plateau

Abstieg vom Rax-Plateau.

Wunderbarer Pfad im Hochschwab.

Wunderbarer Pfad im Hochschwab.

Markierungen und Wegfindung

Wanderwege in Österreich sind ausnahmslos hervorragend markiert. An Kreuzungspunkten geben Tafeln ausreichend Hinweise. Meist gibt es auch einen direkten Hinweis auf den Verlauf des Nordalpenwegs, in dem die jeweilige Nummer 01 angeführt ist. Je nach Bundesland kann auch mal eine Zahl vorgestellt sein (z.B. 401). Wer die groben Wegpunkte kennt (z.B. nächste Hütte entlang des Weges), kann sich eigentlich nicht verlaufen.

Wegweiser am Nordalpenweg

Wegweiser am Nordalpenweg

Zur Navigation habe ich wie gewohnt mein Smartphone inkl. Offline-Karten verwendet. Zusätzlich habe diesmal auch die GPS-Tracks auf meine GPS-Uhr geladen und zur Navigation verwendet. Das hat sich als überaus praktisch herausgestellt. Eine ständige Kontrolle am Smartphone erübrigt sich und ein Blick auf das Handgelenk genügt.

Wetter

Mit dem Wetter hatte ich absolut Glück. Während es im Westen Österreichs überwiegend kühl und nass war, war der Osten geprägt von warmen Temperaturen. An den meisten Tagen war es warm bis heiß. Schutz vor der Sonne und ausreichende Flüssigkeitszufuhr hatten also Priorität. Erst gegen Ende meiner Tour hat sich das Wetter verschlechtert. Am vorletzten Tag durfte ich ab Nachmittag in dichten Wolken und starkem Regen wandern. Der letzte Tag hat dann nochmals den ein oder anderen Schauer mit sich gebracht. Jedenfalls bin ich pünktlich zu Beginn einer ausgedehnten Schlechtwetterperiode ins Ziel gelaufen.

Schlechtwetter am Nordalpenweg

Schlechtwetter am Nordalpenweg

Verpflegung und Ortschaften

Die dichte an Ortschaften entlang des Nordalpenweges ist hoch. Da ich autark unterwegs bin, sind Supermärkte zur Selbstversorung ein Maß für die Verpflegungssituation. Die längsten Abschnitte zwischen potentiellen Einkaufsmöglichkeiten finden sich im östlichsten Abschnitt meiner Route. Maximal rund 90 Kilometer liegen zwischen zwei Supermärkten.

Supermarkt am Nordalpenweg

Einer der zahlreichen Supermärkte am Nordalpenweg (hier in Gosau)

Unterwegs gibt es immer wieder andere Möglichkeiten sich zu verpflegen. Gasthäuser, bewirtete Hütten oder Almen. Wer auf dem Nordalpenweg verhungert, dem kann nicht geholfen werden. Ich habe mich vorwiegend selbst versorgt. In Hütten konsumiert habe ich lediglich im Zuge meiner Übernachtungen auf diesen (Abendessen). Aufgrund meines frühen Tagesbeginns (Abmarsch um 5:45) hatte ich nie Frühstück auf den Hütten.

Goiserer Hütte am Nordalpenweg

Goiserer Hütte am Nordalpenweg

Etwas überrascht hat mich die Wassersituation im östlichen Teil. Wenig Brunnen, kaum Rinnsale.  Wo ich mir eigentlich in den Alpen nie Gedanken um die nächste Wasserquelle mache, bin ich doch das ein oder anderemal froh gewesen eine Wasserquelle zu finden. Selbst in den Dörfern gab es selten öffentliche Brunnen. Bei der Hitze waren die Gärten meist leer und ich konnte kaum jemanden um Wasser bitten.

Wasser am Nordalpenweg

Wasser am Nordalpenweg – Der Osten ist trocken, Brunnen eher selten.

Fazit

Die 560 Kilometer entlang des Nordalpenwegs von Perchtoldsdorf nach Kufstein waren eine tolle Erfahrung. Das eigene Land besser kennenzulernen ist eine interessante Sache. Bereits die Umrundung meines Heimatbundeslandes Vorarlberg im letzten Jahr hat mich einige Dinge mit anderen Augen sehen lassen.

Mein Körper und Geist haben trotz intensiver Belastung hervorragend mitgespielt. Das viele Training und die Jahre des Weitwanderns haben sich auch auf dieser Tour bewährt.

Anstiege am Nordalpenweg

Viele Anstiege sind lang und steil. Hier eine sehr steile Passage am Gosaukamm.

Jede Weitwanderung ist eine Erfahrung und ein Erlebnis für sich. Trotzdem messen wir mit unserem eigenen Maßstab. Der Nordalpenweg muss sich dementsprechend auch an meinen vergangenen Touren messen. Meine Erwartungshaltung war vielleicht etwas zu hoch gesteckt. Szenerie, Landschaft, Abgeschiedenheit, Naturerlebnis und weitere Faktoren reichen nicht an vergangene Erfahrungen heran. Das ist natürlich Jammern auf hohem Niveau.

Steiermark am Nordalpenweg

Der Osten ist ruhiger und einsamer, hier z.B. in der Steiermark.

Würde ich den Nordalpenweg von Perchtoldsdorf nach Kufstein ein zweites Mal gehen? Nein. Einmal ist in diesem Fall genug für mich. Eher würde ich einzelne Bereiche auswählen und diese z.B. in einem Kurzurlaub genauer erkunden (z.B. Totes Gebirge, Hochschwab, Hochkönig bzw. Steinernes Meer). Trotzdem bereue ich es natürlich nicht mich für diese Wanderung entschieden zu haben.

Tennengebirge am Nordalpenweg

Viele Regionen, wie hier z.B. das Tennengebirge, eignen sich zum weiteren Erkunden.

Eines steht jedenfalls fest. Ich werde auch noch die Lücke zwischen Kufstein und Vorarlberg schließen. Ob zwingend am Nordalpenweg oder in einer eigenen Variante bzw. auf einem Mix aus existierenden Weitwanderwegen sei dahingestellt.

Ich werde nun ein bisschen entspannen, ehe es in den nächsten Wochen auf weitere Abenteuer geht.

Statistiken für die gesamte Strecke zwischen Perchtoldsdorf und Kufstein

Distanz: 560 Kilometer

Höhenmeter im Aufstieg: 24.500 hm+

Dauer: 11 Tage, 6 Stunden, 24 Minuten

Tageskilometer im Durchschnitt: 46,7 Kilometer

Durchschnittliche Höhenmeter im Aufstieg pro Tag: 2.040 hm+

Längster Tag: 54 Kilometer

Kürzester Tag: 33 Kilometer

Pausentage: 0

Tatsächlich zurückgelegte Strecke (aus eigener GPS-Aufzeichnung) siehe: https://www.wegalsziel.at/nordalpenweg-2021/

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Erstmal: Respekt vor deiner Tagesleistung!

Am 19.7.2021 um 15:00 schrieb doast:

Etwas überrascht hat mich die Wassersituation im östlichen Teil. Wenig Brunnen, kaum Rinnsale. 

Das liegt daran, dass es sich um ein Karstgebirge handelt und alles Wasser sofort versickert. Von dort stammt das Wiener Leitungswasser, das schon seit über 100 Jahren aus unterirdischen Stollen unter Ausnutzung des Gefälles nach Wien geleitet wird. Habe dazu eine interessante Doku in einer Mediathek gesehen, die ich aber auf die Schnelle nicht finde.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor einer Stunde schrieb berghutze:

Erstmal: Respekt vor deiner Tagesleistung!

Das liegt daran, dass es sich um ein Karstgebirge handelt und alles Wasser sofort versickert. Von dort stammt das Wiener Leitungswasser, das schon seit über 100 Jahren aus unterirdischen Stollen unter Ausnutzung des Gefälles nach Wien geleitet wird. Habe dazu eine interessante Doku in einer Mediathek gesehen, die ich aber auf die Schnelle nicht finde.

Ja die Wiener beziehen ihr Wasser über die 1. Und 2. Hochquellleitung. Eine kommt aus dem Hochschwab und eine ais dem Gebiet Rax/Schneeberg. Klar im Karst gobt es kein/kaum (Oberflächen-)Wasser. Aber auch Abseits dieser Regionen war es trockener als ich es erwartet habe. Das ist bereits im Wienerwald losgegangen. Dort gab es oft nichtmal in den Ortschaften sowas wie nen zentralen Brunnen an dem man vorbeigekommen ist.

Aber gut heuer war es in der Osthälfte Österreichs auch sehr warm und trocken.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am 19.7.2021 um 15:00 schrieb doast:

Zusätzlich habe diesmal auch die GPS-Tracks auf meine GPS-Uhr geladen und zur Navigation verwendet. Das hat sich als überaus praktisch herausgestellt. Eine ständige Kontrolle am Smartphone erübrigt sich und ein Blick auf das Handgelenk genügt.

Welche GPS Uhr, welches Kartenmaterial hast Du verwendet?

Ich war jetzt zum ersten Mal mit einer neu erworbenen Garmin Fenix 6 Pro unterwegs.  Die hatte ich mir angeschaft, um meine alte Garmin 310XT, die ich die vergangenen 8 oder so Jahre fürs Laufen verwendete, und das Garmin etrex 30x, das ich zum Navigieren benutzte, zu ersetzen.  Allerdings war ich mit der Uhr als Navigationsgerät noch nicht so ganz zurecht gekommen.  Das mag zum Einen daran liegen, dass es auf der Uhr so viele Funktionen und Einstellmöglichkeiten gibt, dass ich sicherlich noch nicht die optimalen Einstellungen gefunden habe.  Zum Anderen aber habe ich den Eindruck, dass die Leute bei Garmin sich nicht wirklich bemüht haben, die Navigationsfunktionen auch für extremere Anwendungsfälle (z.B. Wanderungen, die über mehrere 100 Km gehen) auszurichten.  Insb. störte mich, dass ich während der Navigation, wobei ich hauptsächlich die Karte anzeigte, in dieser nicht rein- und rauszoomen konnte.  

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 27 Minuten schrieb StephanV:

Welche GPS Uhr, welches Kartenmaterial hast Du verwendet?

Ich war jetzt zum ersten Mal mit einer neu erworbenen Garmin Fenix 6 Pro unterwegs.  Die hatte ich mir angeschaft, um meine alte Garmin 310XT, die ich die vergangenen 8 oder so Jahre fürs Laufen verwendete, und das Garmin etrex 30x, das ich zum Navigieren benutzte, zu ersetzen.  Allerdings war ich mit der Uhr als Navigationsgerät noch nicht so ganz zurecht gekommen.  Das mag zum Einen daran liegen, dass es auf der Uhr so viele Funktionen und Einstellmöglichkeiten gibt, dass ich sicherlich noch nicht die optimalen Einstellungen gefunden habe.  Zum Anderen aber habe ich den Eindruck, dass die Leute bei Garmin sich nicht wirklich bemüht haben, die Navigationsfunktionen auch für extremere Anwendungsfälle (z.B. Wanderungen, die über mehrere 100 Km gehen) auszurichten.  Insb. störte mich, dass ich während der Navigation, wobei ich hauptsächlich die Karte anzeigte, in dieser nicht rein- und rauszoomen konnte.  

Ich verwende die Garmin Fenix 6. Imho bringt das Kartenmaterial das auf den kartenfähigen Modellen (Fenix 6 Pro, Forerunner 945, etc.) läuft recht wenig. Wie du sagst ist die Bedienung der Karten auf der Uhr (Zoomen, Ausschnitt verschieben, etc.) sehr mühsam, andererseits ist die Karte sehr klein und unübersichtlich (für meinen Geschmack).

D.h. bei der Navigation mittels Garmin Fenix 6 habe ich lediglich die einzelnen GPX-Tracks auf die Uhr geladen und zu Beginn jeder Etappe geladen (wie sich die Uhr mit GPX-Tracks die z.B. mehrere Hundert Kilometer lang sind verhält, habe ich noch nicht getestet. Zu lange Tracks sind mir immer etwas zu heikel, weil anfälliger, langsamer in der Bedienung, etc.). Ich habe dann die Navigationsansicht verwendet in der du den Track als Linie siehst und darüber gelegt den eigenen gegangenen Weg (ebenfalls als Linie). So fällt einem rasch auf falls man vom Track abweicht und man kann agieren (man kann z.B. auch Abweichungswarnungen etc. auf der Uhr einstellen, dass habe ich aber nicht weil dass auch Dauer nervt). Sofern ich die Umgebung bzw. das Wegenetz "richtig überprüfen" wollte habe ich wie bisher auf mein Smartphone inkl. Oruxmaps-App und Openandromaps der Region Ostalpen zurückgegriffen. Der Unterschied war aber jener, dass ich somit viel, viel seltener das Smartphone verwenden musste, seltener das GPS auf dem Smartphone aktivieren musste und so in Summe sicher auch deutlich Akku (=potentielles Gewicht im Rucksack z.B. durch kleinere Powerbank, etc.) am Smartphone gespart habe.

Ich würde an deiner Stelle die sehr langen Tracks (mehrere 100 km) einfach stückeln, z.B. auf max. 50 km. Im Grunde müsste die Uhr aber auch mit längeren Tracks umgehen können. Sie ist ja speziell eine Multisport Uhr und z.B. auch für sehr lange Ultratrails gut anwendbar. Das rein- und rauszoomen auf der Karte während der Navigation müsste meines Wissens nach schon funktionieren. Du musst nur die richtigen Knöpfe drücken, weiß jetzt aber nicht auswendig welche...

Ein zusätzlich nettes Feature bei der Navigation mit der Uhr war jenes, dass mir die Uhr genau angibt wieviele km und Höhenmeter ich noch bis zum Ende des GPX-Tracks zu absolvieren habe (inkl. einer Abschätzung der ETA, estimated time of arrival). Darüberhinaus sieht man das Höhenprofil des GPX-Tracks. Das alles war sehr genau und hat gut geholfen vorab zu planen bis wann man in etwa wo sein wird.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 55 Minuten schrieb StephanV:

 Insb. störte mich, dass ich während der Navigation, wobei ich hauptsächlich die Karte anzeigte, in dieser nicht rein- und rauszoomen konnte.  

Knopf links in der Mitte gedrückt halten -> Pan/Zoom wählen -> links +/- via den entspr. Tasten drücken

generell zoomt die Karten Ansicht mit, solltest du vollkommen vom Weg abgekommen sein, während des normalen Routings bleibt die Ansicht in der Zoomstufe, die du ausgewählt hast.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am 23.7.2021 um 10:40 schrieb doast:

Ich würde an deiner Stelle die sehr langen Tracks (mehrere 100 km) einfach stückeln, z.B. auf max. 50 km. Im Grunde müsste die Uhr aber auch mit längeren Tracks umgehen können. Sie ist ja speziell eine Multisport Uhr und z.B. auch für sehr lange Ultratrails gut anwendbar.

Hatte ich in diesem Fall auch so gemacht.  Meine Teilstücke waren 50-80km lang.  Aber ja, Ultras können ja deutlich länger sein.  Z.B. der 320km lange WiBoLT, und das ist ja nicht einmal der längeste Ultra.
Demnächst steht der TDS an.  Mal sehen, ob ich bis dahin kompetenter in der Navigation mit der Fenix geworden bin.  Ansonsten benutze ich da doch wieder das etrex30.

Mit dem Höhenprofil anzeigen hapert es bei mir auch noch.  Das Gesamtprofil einer langen Tour ist nur begrenzt nütlich.  Eigentlich möchte ich die nächsten 1 oder 5km sehen.  Einmal hatte ich (zufällig?) eine Anzeige, bei der ich den jeweils aktuellen Anstieg, bzw. den nächsten Abstieg sehen konnte.  Aber als ich ClimbPro aktivierte, waren immer nur die Anstiege zu sehen, auch wenn die noch km weit entfernt waren und erst einmal 1000Hm bergab anstanden.  Als wären steile Abstiege vernächlassigbar.  Mag vielleicht beim Radfahren ok, sein, beim Wandern oder Trail-Lauf macht es keinen Sinn.  Das Handbuch hat mir da bisher auch nicht weitergeholfen.

Ich schätze mal, wenn ich treu und brav jedes 2. Jahr für viel Geld eine neue Uhr gekauft hätte, wäre ich mit der Entwicklung all dieser Features mitgewachsen.  Von einer 310XT auf die Fenix6 ist natürlich ein gewaltiger Sprung.  

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 4 Wochen später...

Mittlerweile habe ich meine Wanderung entlang des Nordalpenwegs fortgesetzt bzw. mein Vorhaben zum Abschluss gebracht. Der Vollständigkeit wegen hänge ich auch diesen Teil hier an. Dieser Bericht ist eine 1:1 Kopie von meinem Blog (siehe https://www.wegalsziel.at/nordalpenweg-fortsetzung-2021/).

@Mod-Team Vielleicht kann einer der Moderatoren den Titel des Thread bitte umbenennen in "Entlang dem Nordalpenweg - Von Wien nach Kufstein"? Der Titel wäre dann nun passender. Danke!

Zweiter Teil meiner Österreichdurchquerung

Im Juli bin ich bereits den ersten Teil des Nordalpenwegs von Perchtoldsdorf nach Kufstein gewandert. Nach 12 intensiven Tagen quer durch Österreich habe ich mir eine kurze Auszeit genommen. Eine Arbeitswoche sowie ein Kurzurlaub gemeinsam mit meiner Freundin und unserem Hund folgten. Dann sollte es wieder auf große Tour gehen.

Um mein Ziel, eine zusammenhängende Route über die Alpen von Wien bis ans Mittelmeer zu Fuß, zu erreichen fehlen mir noch zwei Puzzlestücke. Die Durchquerung der Schweiz und das Stück entlang des Nordalpenwegs zwischen Kufstein und Vorarlberg. Die Wetterkapriolen der letzten Wochen inkl. extremer Niederschläge und kalter Sommertemperaturen haben meine Planung stark beeinflusst. Die Lust in kalte, nasse Gebirgszüge aufzubrechen war relativ gering. Immer wieder schob ich den Starttermin vor mir her in der Hoffnung auf Wetterbesserung.

Vor dem Start

Anfang August waren die Wettervorhersagen weiterhin bescheiden. Ich wollte jedoch keine Zeit verlieren und entschloss mich den zweiten Teil des Nordalpenwegs in Angriff zu nehmen. Die Durchquerung der Schweiz entlang der Via Alpina Grün führt in größere Höhen als sie auf den verbleibenden Etappen des Nordalpenwegs vorkommen. Außerdem war das für die Schweiz prognostizierte Wetter noch miserabler als jenes für Österreich. Ich gab also dem Abschluss meiner Nordalpenwegwanderung den Vorzug.

Weiter geht es auf dem Nordalpenweg - Wegweiser

Weiter geht es auf dem Nordalpenweg – Wegweiser

Ein neuer Stil

Aufgrund des miserablen, prognostizierten Wetters und der suboptimalen Campingsituation welche ich auf dem ersten Teil meines Nordalpenwegs erfahren habe, entschließe ich mich zum ersten Mal auf die Mitnahme eines Zeltes zu verzichten. Den Weg von Kufstein bis nach Vorarlberg plane ich also als Hüttenvariante. Das ist ein Novum für mich. Die kurze Dauer dieser Wanderung ermöglicht mir jedoch eine relativ exakte Planung und so kann ich absehen wann ich wo nächtigen werde. Ich informiere mich also vorab über die Hütten und Unterkünfte am Weg. Am Ende sollte ich in vier Hütten und einem Hostel (Mountain Mellow in Ehrwald, absolut zu empfehlen) genächtigt haben.

Los geht es

Am 2.8.2021 reise ich frühmorgens per Zug nach Kufstein um trotz Anreise einen möglichst langen Wandertag einlegen zu können. Bereits um kurz nach 8:00 geht es in Kufstein los. Das Wetter ist kühl und feucht. Es soll auch für den Rest meiner Tour nicht besser werden, im Gegenteil. Der erste Teil des Tages bis zum Kaiserhaus verläuft unspektakulär und wenig spannend auf breiten Forsttraßen. Dann geht es hoch ins Rofangebirge, der Weg wird schöner.

Zireinersee im Rofangebirge

Zireinersee im Rofangebirge

Um mein Tagesziel, die Bayreuther Hütte, zu erreichen weiche ich von der Originalroute ab. Der Weg wäre ansonsten zu lange geworden, die Zeit bei einem verspäteten Start zu knapp. Immer wieder regnet es. Meine neu für diese Tour gewählten Schuhe Hoka One One Torrent 2 (mein Review dazu) zeigen ihre Schwächen, eingeschränkter Grip bei Nässe.

Unterwegs im Rofangebirge

Unterwegs im Rofangebirge

Im Karwendel

Der nächste Tag beginnt mit einem steilen Abstieg Richtung Achensee. In Maurach gibt es ein kleines Frühstück und Proviant für den Tag wird gekauft. Noch nie war ich am Achensee. Ein wahrer Touristenmagnet soll er sein. Heute zeigt sich alles grau in grau, die Sicht auf die umliegenden Berge kann ich mir lediglich ausmalen. Ich vermute, dass die Gegend bei gutem Wetter doch ganz ansehnlich sein muss. Über Pertisau geht es hoch Richtung Lamsenjoch. Die Landschaft wird schöner und schöner, das Wetter zeigt Gnade mit mir und erlaubt schöne Aussichten.

Blick zurück im Karwendel - Aufstieg Richtung Lamsenjoch

Blick zurück im Karwendel – Aufstieg Richtung Lamsenjoch

Im Karwendel - Aufstieg zum Lamsenjoch

Im Karwendel – Aufstieg zum Lamsenjoch

Ich steige ab Richtung Eng Alm. Ein mir unsympathischer Ort. Ein überfüllter Touristenhotspot. Kaum auszumalen wie es hier an einem richtig schönen Wochenende zugehen muss. Außerdem stoße ich auf Plakate die den Abschuss und die Ausrottung des Wolfes im Tirol fordern. „Unserem Vieh die Almen, dem Wolf die Wildnis!“ wird darauf gefordert. Diesen Slogans werde ich noch öfters begegnen. Meine Nackenhaare sträuben sich. Gerne würde ich die Verantwortlichen, all die Obmänner, Präsidenten und alle anderen fadenscheinige, scheinheilige Individuen raus aus ihren Villen und riesen Gehöften zerren und selbst in die Wildnis schicken. Es gilt Wut und Ärger abzubauen und den nächsten Anstieg hochzujagen. Die Laliderwände bieten ein hervorragendes Panorama. Langsam beginnt sich der Himmel zu verdunkeln. Starker Regen und Gewitter sind prognostiziert.

An den Laliderwänden staut sich das Wetter

An den Laliderwänden staut sich das Wetter

Vor dem Regen erreiche ich die Falkenhütte. Hier habe ich ursprünglich geplant zu übernachten. Es ist noch zu früh. Morgen soll es ganztags regnen. Ich habe noch ausreichend Energie im Tank. Alles Gründe dafür die heutige Etappe auszudehnen und die morgige Etappe zu verkürzen. Da soll es nach Ehrwald gehen, dass wären von der Falkenhütte etwa 60 Kilometer (in der Talvariante). Machbar aber bei Regen eher unangenehm. Ich wandere also weiter zur Karwendelhütte. Eine scheinbar sehr beliebte Hütte. Die Gerüchte stimmen. Die Karwendelhütte ist sehr gut besucht. Dank des schlechten Wetters gibt es trotzdem Stornos und Platz für mich. Bald erfahre ich, dass der Traumpfad München – Venedig hier vorbeiführt. Nun ist alles klar. Einer der beliebtesten und überlaufensten Pfade über die Alpen zieht natürlich eine entsprechende Buchungslage nach sich. Ein zum Bersten voller Gastraum ist ein Anblick den ich nicht mehr gewohnt bin. Unzählige Wanderer beim Abendessen. Das gab es zuletzt vor Beginn der weltumspannenden Pandemie. In den Bergen kennt die Hysterie scheinbar Grenzen. Und sind wir uns mal ehrlich, lieber Corona als erfroren im Fichtenforst.

Zugspitzmelancholie

Wie üblich verlasse ich als erster die schützende Hütte. Die ersten Stunden des Tages sollen trocken verlaufen ehe eine Kaltfront mit starkem Regen über das Tirol ziehen soll. Diese Zeit will ich nutzen. Richtung Scharnitz geht es auf Forststraße. Aussicht spielt sich heute nicht wirklich. Die Wolken hängen tief. Weiter geht es über Ahrn und Leutasch. Höhenmeter mache ich heute nicht viele. Ich nehme die Talvariante, umgehe die Zugspitze im Süden durchs Gaistal und entlang der Leutascher Ache. Die umliegenden Gipfel liegen melancholisch in grauen Wasserdampfmolekülen. Irgendwie hätte ich schon gerne einen Blick auf die Zugspitze erhascht. Das wird es nicht spielen. Heute nicht und auch morgen nicht. Die Leutascher Ache gefällt mir gut. Das Tal durch welches ich wandere hätte Potential. Leider führt wieder eine gut ausgebaute und befestigte Forststraße hindurch. Immer wieder schießen Biker an mir vorbei. Dann folgt was unabwendbar war. Die Kaltfront zieht über mich hinweg und bringt kaltes Nass von oben mit. In voller Regenmontur wandere ich Richtung Ehrwald. Ein Abstieg durchs Schigebiet und weiterhin starker Regen in Ehrwald tragen meinem Gemüt nicht bei. Letzte Versorgungen in Ehrwald und ab ins Hostel. Mountain Mellow Hostel, da klingelt was. In South Lake Tahoe steht ebenfalls ein Namensvetter, ein beliebtes Hostel bei Wanderern am Pacific Crest Trail. Die Verwandschaft ist nur zufällig. Das Hostel ist trotzdem eine willkommene Abwechslung im Tiroler Hoteleinerlei. Gutes Konzept, gutes Publikum, guter Preis, einfach gelungen. Bitte mehr von solchen Etablissements im Alpenraum und weg mit einigen Hotelburgen.

Gaistal im Wettersteingebirge

Gaistal im Wettersteingebirge

Auf in die Lechtaler Alpen

Bevor ich Vorarlberg erreiche gilt es ein letztes Gebirge entlang des Weges zu durchqueren. Zwischen mir und Vorarlberg liegen noch die Lechtaler Alpen. Ein Sahnestück entlang des Nordalpenwegs. Die Lechtaler Alpen sind in ihrem westlichsten Teil auch mit der anspruchsvollste Teil der gesamten Strecke zwischen Wien und Bregenz. Für mich, jemand der hohe technische Raffinesse nicht im Portfolio hat, ist der Normalweg nicht die Route der Wahl. Bereits von Beginn an habe ich eine alternative Route durch die Lechtaler Alpen geplant, welche eher zu mir passt.

Doch zuerst geht es von Ehrwald über den Fernpaß weiter Richtung Westen. Den Aufstieg zur Loreahütte spare ich mir. Es regnet stark. Der Abstecher zur Loreahütte führt über einen anspruchsvollen Weg, vertikal (zumindest im Profil) knapp 1.000 Höhenmeter nach oben, ehe er die selbe Höhe umgehend nach unten vernichtet. Bei einstelligen Temperaturen über 2.000m Höhe, dem starken Regen und der mangelnden Sicht spricht nichts für diese Route. Dieser Umweg kann im Tal auf einer kurzen Strecke von ca. 4 Kilometer einfach umgangen werden. Das tue ich auch. Richtung Anhalterhütte werden ohnehin noch Höhenmeter gemacht. Im Regen stapfe ich durch schöner werdende Landschaft. Der gesättigte Boden ist rutschig. Steil geht es hoch. Ein Joch und ein weiterer Sattel wollen erklommen werden bevor die Anhalterhütte den Wanderer empfängt. Der Abstieg über das Joch ist extrem rutschig. Vorsichtig arbeite ich mich bei peitschendem Gegenwind hinab.

Auf dem Weg zur Anhalterhütte

Auf dem Weg zur Anhalterhütte

Auf dem Weg zur Anhalterhütte

Auf dem Weg zur Anhalterhütte

Ich erreiche die Anhalterhütte. Hier schlägt das Wetter um. Es ist deutlich trockener, sogar die Sonne zeigt sich phasenweise. Gegen meine Erwartung herrscht in der Hütte reger Betrieb. Zahlreiche Tagesgäste machen sich Richtung Abstieg. Das tue ich auch. Ich steige ab Richtung Bundesstraße und der kleinen Ortschaft Pfafflar. Die Sonne zeigt sich nun vermehrt. Das tut gut. Trotzdem bilden sich auf den Wegen kleine Bäche und Ströme. Zu intensiv war der Regen in den letzten Tagen und Wochen. Meine Schuhe sind nass und schwer. Ich spüre wie sich mehr und mehr ein ziehender Schmerz in meinem linken, unteren Schienbeinbereich entwickelt. Bereits in den letzten Tagen hatte ich das Gefühl „zu tief“ im Schuh zu stehen. Die Einlegesohle des Hoka One One Torrent 2 ist sehr dünn. Auf meiner Tour im Jahr 2020 verwendete ich dieses Modell ebenfalls, jedoch mit einer Einlegesohle der Marke Superfeet. Auf Grund des tiefen Standes im Schuh, hat der Schaft immer wieder schmerzhaft im Bereich unter meinem Knöchel gedrückt. Ob sich diese Belastung nun auf mein Schienbein auswirkt? Spielen die nassen und kalten Füße eine Rolle? Ich kenne die Art von Schmerzen die sich gerade in meinem Schienbein ausbreiten. Es sind nicht die üblichen Schienbeinprobleme die ich beim Laufsport entwickle. Diese habe ich an der Schienbeininnenkante. Diese Schmerzen hatte ich zuletzt im Jahr 2016 als ich den Bibbulmun Track in Australien aufgrund von Schmerzen aufgeben musste. Böse Erinnerungen werden wach als ich die letzten Kilometer in Richtung Hanauer Hütte in Angriff nehme. Nur noch ein Tag, etwa 50 Kilometer und 2.500 Höhen trennen mich von meinem Ziel, Vorarlberg. Eine Strecke die auch unter Schmerzen machbar ist, doch ist mir auch der potentielle Preis dafür bekannt.

Ein Finale mit Beigeschmack

Eigentlich ist für heute endlich wieder gutes Wetter vorhergesagt. Die Morgentemperaturen auf über 2.000 m Höhe sind trotzdem noch verhalten. Außerdem hält sich das Wetter einfach nicht an die Vorhersagen. Der Himmel öffnet kurz nach Abmarsch seine Schleusen. Kalt und nass gestaltet sich die Situation als ich die ersten Pässe und Scharten nehme. Das war es mit trockenen Füßen.

In den Lechtaler Alpen - Immer wieder regnet es

In den Lechtaler Alpen – Immer wieder regnet es

In den Lechtaler Alpen komme ich langsamer vorwärts als erhofft

In den Lechtaler Alpen komme ich langsamer vorwärts als erhofft

Die Bedingungen lassen rasch meine Entzündung im Schienbein hochflammen. Eigentlich soll der heutige Tag mich durch die Lechtaler Alpen nach Madau, hinab ins Lechtal und anschließend wieder hoch nach Lech in Vorarlberg führen. Diese Variante habe ich lediglich überschlagsmäßig geplant. Ich war etwas zu optimistisch in der Planung. Zu euphorisch am letzten Tag nochmals richtig Gas geben zu können. Ich stelle bald fest, dass die Etappe länger werden würde als ich annahm. Der einsame Pfad in den Lechtaler Alpen verlangsamte meine Gangart. Nicht schwer aber mühsamer als erwartet gestaltete sich der Pfad. Die zunehmenden Schmerzen im Schienbein verlangsamten mich spürbar.

Meine Entzündung verlangsamt mich

Meine Entzündung verlangsamt mich

Besonders bergab ging nur im Schongang. Das Erreichen der letzten Busverbindung ab Lech nach Hause war bereits früh in Gefahr. Es gab zwei Alternativen. Die eine bedeutete per Bus aus dem Lechtal (Steeg) nach Hause zu fahren und somit etwa 15 Kilometer vor meinem Ziel Vorarlberg die Segel zu streichen. Die zweite Möglichkeit war die Route etwas zu vereinfachen und einzukürzen und nach Warth in Vorarlberg zu wandern und dort hoffentlich den letzten Bus rechtzeitig zu erreichen. Somit hätte ich mein Ziel Vorarlberg erreicht. Nicht wie geplant in Lech, sondern in der Nachbargemeinde Warth.

Option eins wäre aus gesundheitlicher Sicht die richtige Wahl gewesen. Allerdings wollte ich nach knapp 800 Kilometern durch Österreich nicht an den letzten 15 Kilometern scheitern. Ich entschied mich gegen die Vernunft und folgte meinem Herzen. Humpelnd ging es bergab ins Lechtal, entlang des Lechwegs nach Steeg und weiter bis nach Warth in Vorarlberg. Auf den letzten Kilometern griff ich in die Trickkiste und erlaubte mir ausnahmsweise eine Schmerztablette während des Gehens. Gerade rechtzeitig erreichte ich Warth. Mit ausreichend Zeit für eine Belohnung in Form eines kalten Getränks und gerade pünktlich vor Abfahrt des letzten Busses.

Am Ende meiner Reise

Am Ende meiner Reise. Leider mit Beigeschmack. Ein (aufgesetzter) Grinser für das Foto geht sich aber noch aus.

Zu meiner Freude über die erfolgreiche Durchquerung Österreichs auf meiner Variante entlang des Nordalpenwegs gesellte sich das Wissen über eine bevorstehende Zwangspause. Die geplante Wanderung auf der Via Alpina scheint vorerst, ebenso wie meine anderen Vorhaben, warten zu müssen.

Fazit

Meine letzten Tage auf dem Nordalpenweg haben gemischte Gefühle hinterlassen. Einerseits Freude über die erfolgreiche Absolvierung meines Vorhabens und die gute körperliche Verfassung während der Zeit auf dem Weg. Andererseits habe ich während der letzten beiden Tagen einen hohen Preis gezahlt. Unter anderen Voraussetzungen hätte ich in dieser Situation, sinnvollerweise, eine Pause eingelegt. So knapp vor dem Ziel ist die Versuchung allerdings zu groß gewesen direkt ins Ziel zu marschieren. Nach ärztlicher Abklärung (ich wollte für mich eine Stressfraktur ausschließen) wurde eine Knochenhautentzündung diagnostiziert. Ich rechne mit 10-14 Tagen Bewegungspause. Danach muss ich für mich selbst die weitere Belastbarkeit einschätzen und überlegen ob ich mir eine ähnliche Belastung wie am Nordalpenweg auch auf der Via Alpina Grün zutraue.

Die letzten fünf Tage auf dem Nordalpenweg waren leider von schlechtem Wetter und oftmals mangelnder Fernsicht geprägt. Die Lechtaler Alpen habe ich aber trotzdem als extrem reizvolles Gebirge wahrgenommen. Das Wettersteingebirge mit der Zugspitze möchte ich jedenfalls auch noch bei gutem Wetter erkunden. Der Ansatz nur auf Hütten zu setzen war neu für mich. Dadurch konnte ich mit noch leichterem Gepäck gehen. Nach nur wenigen, auch immer wieder schlechten Hüttenerfahrungen in der Vergangenheit, hat sich mein Bild etwas gewandelt. Ich schließe für mich Hüttentouren nun nicht mehr per se aus. Während der Hauptsaison und insbesondere an Wochenenden ist man relativ unflexibel unterwegs und muss viel vorausplanen und immer wieder anpassen. In der Nebensaison, unter der Woche oder bei Schlechtwetter (Stornierungen von anderen Gästen) und insbesondere als Einzelperson sollte die Verfügbarkeit eines Übernachtungsplatzes aber kein größeres Problem darstellen. Gerade im heimischen Alpenraum werde ich in Zukunft auch Hütten in meine Planung miteinbeziehen.

Statistiken für die gesamte Strecke zwischen Kufstein und Warth

Distanz: 233 Kilometer

Höhenmeter im Aufstieg: 10.300 hm+

Dauer: 4 Tage, 8 Stunden, 59 Minuten

Tageskilometer im Durchschnitt: 46,6 Kilometer

Durchschnittliche Höhenmeter im Aufstieg pro Tag: 2.050 hm+

Längster Tag: 51 Kilometer

Kürzester Tag: 43 Kilometer

Pausentage: 0

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Deine Meinung

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Benutzerkonto hast, melde Dich bitte an, um mit Deinem Konto zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

×
×
  • Neu erstellen...