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Ultraleicht Trekking

Zwei leichte Viertausender im Wallis: Weissmies und Lagginhorn


JanF

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Hier mein Bericht von meinen ersten beiden Hochtouren, ohne Fotos.

 

Tag 1: Aufstieg zur Almagellerhütte

Google-Earth-Track: Almageller.kml

 

Nach dem Ende der Wanderung im Val Grande und der Nacht in Trontano breche ich morgens auf, um über die Grenze ins Wallis zu fahren. In Saas-Almagell kann man für 5 Franken pro Tag parken, was ich für schweizerische Verhältnisse ganz in Ordnung finde. Am Parkplatz packe ich den Rucksack um und ziehe die dicken Stiefel an. Es ist natürlich wieder schweineheiß, weshalb ich anfangs sogar ohne Shirt loslaufe, nachdem ich aus dem Wald bin, ist die Sonnenbrandgefahr aber zu groß, weshalb ich voll bekleidet, dafür aber gut durchnässt, sowohl vom Schweiß als auch von kühlem Bachwasser, weiterlaufe. Schnell ist man an der Almageller Alm, danach wird das Gelände alpin und man steigt auf schönem Pfad immer höher. Der Wind pfeift hier oben ordentlich, gelegentlich muss ich meine Mütze festhalten. Nach knapp 3 Stunden und 1200 Höhenmetern komme ich an der Hütte an, hier ist es jetzt so richtig windig und unter 20 Grad. Draußen muss ich sogar die Daunenjacke anziehen, um nicht zu frieren, nach den letzten brütend heißen Tagen eine Wohltat! Den Nachmittag verbringe ich mit einem Hörbuch, dann gibt es das „Nachtessen“. Anschließend setze ich mich in einen Nebenraum, dort scheint aber ein englischer Führer seiner Gruppe was erklären zu wollen und ich bin wohl nicht allzu erwünscht. Nach kurzem Bilder- und Kartenstudium ziehe ich mich deshalb ins Lager zurück.

 

Tag 2:

GE-Track Besteigung Weissmies (4017 m): Weissmies.kml

GE-Track Wanderung zur Weissmieshütte: Weissmieshütte.kml

 

Um kurz vor 4 werden wir geweckt, beim Frühstück geht es recht hektisch zu, und auch das Zusammenpacken wirkt eher so, als würden die Leute in eine Schlacht ziehen, als ihrem Hobby nachzugehen.

Im Schein der Stirnlampe mache ich mich um kurz vor 5 auf, überhole eine kurz vor mir losgelaufene Gruppe und schließe dann zu der fünfköpfigen englischen Gruppe auf. Nachdem ich einige Zeit hinter ihnen das Schneefeld hochgegangen bin, sagt ihr Führer, ich könne auch überholen. Auf meine Entgegnung, dass ich gerade ganz gerne hinter ihnen gehen würde, fragt er, ob ich sie dann auch dafür bezahlen wolle. Er sagt das in unernstem Ton, aber irgendwie hab ich das Gefühl, dass er das in gewisser Weise genau so meint. Kurz darauf überhole ich tatsächlich, am Zwischenbergenpass schließen sie aber wieder auf und ich frage den Führer, wo er das vor uns liegende Schneefeld verlassen würde, um auf den Grat zu steigen. Er antwortet nur „I don’t know“, irgendwie scheint der gute Mann wirklich zu fürchten, dass ich ihm seine wertvollen Dienste gratis aus der Tasche ziehe.

Nun ja, so schwer ist das vor mir liegende Gelände auch nicht, deshalb nehme ich den Pickel vom Rucksack, ziehe die Steigeisen an und gehe erstmals in meinem Leben mit ihnen über Schnee. Letzten Endes ja eine ziemlich intuitive Sache, und auch die „Spitzkehren“ funktionieren ganz gut. Nach ca. einer halben Stunde geht es dann auf den Grat, ich verstaue Steigeisen und Pickel wieder am/im Rucksack und mache mich an den weiteren Aufstieg. Der besteht aus leichter, unausgesetzter Kletterei, die richtig Spaß macht. Ich suche mir meinen eigenen Weg, der sicher nicht immer ideal ist, aber letzten Endes ist doch jedes Hindernis vor mir erkletterbar. Zudem tun sich tolle Blicke auf die umliegenden Berge und Täler auf. Irgendwann geht es dann wieder durch Schnee, also wieder die Steigeisen an, und bald stehe ich auf dem Vorgipfel. Beim Anblick des Weiterwegs zum Hauptgipfel muss ich dann schon ein wenig schlucken: Ein recht scharfer, verschneiter Grat, zwar sieht man ein Paar Fußspuren, aber noch lange keine eingetretene Spur. Nun ja, hilft ja nichts, ich werde jetzt nicht umkehren, also setze ich sehr langsam und voll konzentriert einen Fuß vor den anderen, den Blick stur auf den Boden gerichtet. Irgendwann weitet sich der Grat wieder, vor mir liegt ein kleiner Hubbel, um diesen herum geht es nur bergab. Ein Blick auf den Höhenmesser der Uhr bestätigt: Ich bin auf dem Gipfel. Der Himmel ist klar und die Aussicht großartig, allerdings geht ein ziemlich starker Wind.

Von hier würde ich gerne auf der anderen Seite absteigen, da gibt es nur ein Problem: einen Gletscher. Ich habe Gurt und die übliche Gletscherausrüstung bis aufs Seil dabei und habe vor, hier Leute zu fragen, ob sie mich mit sich runternehmen würden. Ich ziehe also den Gurt an und warte. Nach einer Viertelstunde kommen die Engländer, die sind aber nun mal eine geführte Gruppe und gleichzeitig irgendwie ein Lehrgang und nehmen mich verständlicherweise nicht mit. Die anderen Leute, die mit mir aufgebrochen sind, lassen lange auf sich warten, mir wird im Wind richtig kalt und ich ziehe meine Daunenjacke an. Zwischendurch kommt noch ein Paar von der anderen Seite hoch, die steigen aber auf der für mich falschen Seite ab, und sind darüber hinaus wohl auch Führer + Kundin, wenn ich das extrem kurze Seil im ungefährlichen Gelände richtig deute.

Irgendwann kommen dann die anderen beiden Gruppen zum Gipfel, leider sind auch die geführt. Der niederländische Bergführer reagiert recht patzig auf meine Frage, ob sie mich mit runternehmen, der Franzose sagt, er könne nicht mehr Leute am Seil mitnehmen. Nun gut, also geht es wieder den gleichen Weg runter zur Almagellerhütte, wieder den schmalen Schneegrat entlang, wieder entspannte Kletterei bis zum Schneefeld. Nur hier unterscheidet sich der Abstieg deutlich vom Aufstieg: Der Schnee ist um 10 Uhr schon ordentlich aufgeweicht und ich versinke regelmäßig hüfttief. Das macht das Ganze ziemlich unangenehm, hin und wieder finde ich aber auch gut tragende Abschnitte und gelange deshalb einigermaßen zügig zurück zum Zwischenbergenpass. Von hier ist der weitere Weg bis zur Hütte unschwierig, ich berichte dem Hüttenwirt kurz von meinem Teilerfolg, trinke noch eine Apfelschorle und mache mich auf den Weg: Die Weissmieshütte, die vom Gipfel aus direkt zu erreichen gewesen wäre, muss ich jetzt über einen 10 km langen Wanderweg mit 800 Höhenmetern Aufstieg ansteuern. Die Sonne brennt, der Wind pfeift, das bin ich ja mittlerweile gewöhnt. Der Wanderweg ist auf ein paar Metern noch schneebedeckt, ein Ausrutscher würde einen hier so weit nach unten befördern, dass ich kurz überlege, dafür die Steigeisen anzuziehen. Am Ende geht es aber auch so, und nach knapp vier Stunden bin ich endlich an der Weissmieshütte. Schattenplatz suchen , Rivella trinken, Hörbuch hören, dann wieder Nachtessen und zeitig ins Matratzenlager.

 

Tag 3: Besteigung Lagginhorn (4010 m)

GE-Track: Lagginhorn.kml

 

Heute geht es noch früher los, um 2:45 Uhr klingelt der Wecker und ich begebe mich in den Speisesaal. Wir sind nur 3 Tourengänger um die Uhrzeit, die anderen beiden gehen aber aufs Weissmies, weshalb ich alleine starte.

Von der Hütte aus war mir der Weg eher unklar, weil eine Moräne die Sicht versperrt, der Hüttenwirt erklärt mir aber noch einmal die ersten Meter, außerdem habe ich ja den Track auf der Uhr. Zunächst geht es auf einen Pistenfahrweg, von dem zweigt dann ein Pfad ab, dem ich bis zu einem Schneefeld folge. Hier sehe ich Fußspuren, die das Schneefeld queren, die gehen dann aber in Richtung Jegihorn, weshalb ich dem Schneefeld entlang eines Baches folge. Mein GPX-Track verläuft einige Meter weiter rechts, und als das Schneefeld aufhört, merke ich, dass die ganze Zeit über ein gut ausgebauter Pfad auf der Moräne neben mir verlief. Nun ja, jetzt bin ich ja immerhin auf dem Weg und komme gut voran, bis ich schließlich den Beginn des Gletschers erreiche. Dieser ist übrigens so spaltenarm, dass man ihn guten Gewissens solo betreten kann. Nun sehe ich ein gutes Stück vor mir auch die Stirnlampen zweier Gruppen leuchten, die vier Leute sind vom Tal aus aufgestiegen. Ich ziehe mir jetzt meine Steigeisen an und nehme den Pickel zur Hand, anfangs geht es in milder Steigung nach oben, dann wird es aber deutlich steiler. Mein GPX-Track biegt hier schon nach links auf den Grat, die Stelle sieht mir aber irgendwie komisch aus, auch die anderen beiden Gruppen folgen weiter dem Gletscher bis zu dessen höchsten Punkt. Die letzten Höhenmeter bis dahin lege ich auf den Frontzacken zurück, dann schließe ich zu den anderen auf, die gerade ihre Steigeisen verstauen. Weiter geht es auf dem Felsgrat, in schöner Kletterei, an zwei bis drei Stellen vielleicht etwas schwieriger als gestern, aber meist unausgesetzt. Die erste Gruppe habe ich bald überholt, zur zweiten schließe ich beim Überwinden einer abschüssigen Platte auf. Wir kommen ins Gespräch und gehen den Rest des Aufstiegs gemeinsam an. Das eine oder andere kurze Schneefeld muss überquert werden, die hart gefrorenen Abdrücke von Schuhen und Eispickeln machen die paar Schritte aber recht leicht. Weiter oben wird der Fels dann leider recht brüchig, ziemlich unangenehm, jetzt wo wir zu dritt unterwegs sind. Dann ist aber auch bald schon der Gipfel in Sichtweite und die letzten Höhenmeter dorthin sind noch einmal nette Kraxelei. Zu dritt ist es recht eng auf dem Gipfel, der im Gegensatz zum Weissmies immerhin ein Kreuz hat. Wieder ein toller Blick auf die umliegenden Berge, mein einer Begleiter hat auch einigermaßen Ahnung von der Gegend und kann einige Gipfel identifizieren. Nach ca. einer Viertelstunde mache ich mich an den Abstieg. Der geht einigermaßen zügig vonstatten, nur bei den kleinen Schneefeldern stutze ich kurz. Ich hatte beim Aufstieg gar nicht bemerkt, wie schnell man hier bei einem Ausrutscher im freien Fall wäre, nach ca. drei Metern enden die Felder nämlich an einer Wand. Ich überlege kurz, ob ich den Pickel hervorkrame, aber am Ende ist der Schnee noch hart und die Spuren klar genug, deshalb gehe ich dann doch einfach so drüber. Zurück am Gletscher kommen mir die ersten geführten Gruppen entgegen, die an der Bergbahn Hohsaas gestartet sind. Auch deren Führer scheinen mir irgendwie nicht allzu freundlich, Berufskrankheit? Der weitere Weg den Gletscher runter geht schnell, heute ist der Schnee auch noch nicht so sehr aufgeweicht, dass ich einsinke, obwohl es schon wieder ziemlich heiß ist. An der Hütte mache ich mir noch mal meine Kleidung nass, dann geht es weiter nach unten zur Bergbahnstation Kreuzboden, wo ich nach insgesamt sieben Stunden ankomme. Ich nehme die Seilbahn nach Saas-Grund, trampe zurück zu meinem Auto und fahre dann noch neun Stunden nach Hause, mit freundlicher Unterstützung von Cola und Koffeintabletten.

 

Fazit: Für meine ersten Hochtouren ist das doch ganz gut gelaufen: zwei Viertausender bestiegen! Auch wenn ich den Abstieg über den Gletscher gerne gemacht hätte. Aus sportlicher Sicht hätte ich einen direkten Aufstieg vom Tal aus interessanter gefunden, wäre aber letzten Endes doof gewesen: heißer, teurer, schlechtere Aussicht.

 

Packliste: https://www.geargrams.com/list?id=52053

Letzten Endes habe ich die ganze Gletscherausrüstung (Gurt, Bandschlinge, Karabiner, Schnüre, Eisschraube) nicht gebraucht.

Vermisst habe ich eigentlich nichts, größere Teller an den Stöcken wären hin und wieder ganz nett gewesen. Die Gamaschen haben das 2 kleine Löcher bekommen, war aber mit Cubentape schnell geflickt. Wie nötig die Gamaschen sind, muss ich mir auch noch mal durch den Kopf gehen lassen.

Mit einer robusteren Hose hätte ich mich vielleicht getraut, das Schneefeld am Weissmies auf dem Hintern runterzurutschen. Vielleicht aber auch nicht, gehend hat man ja definitiv mehr Kontrolle.

 

 

 

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Danke!

Nein, eine "echte" Akklimatisation gab es nicht, aber ich war im Val Grande ja schon regelmäßig auf über 2.000 m, dann eine Nacht auf der Almagellerhütte auf 2.800. In der Nähe des ersten Gipfels hatte ich leichte Kopfschmerzen, aber letzten Ende ist man ja auch schnell wieder unten.

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