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Ultraleicht Trekking

Tschechien: Stezka Českem (Nordtrail) - 1000km vom westlichsten zum östlichsten Punkt der tschechischen Republik


Kemma

Empfohlene Beiträge

Link zum Planungs- /Vorbereitungsthread: 

 

OT:

Disclaimer: Es handelte sich um meine allererste weite Wanderung (maximal 90km hatte ich einmal schon testweise gemacht); daher vermischt sich der Bericht natürlich etwas mit den Eindrücken eines Erst-Täters, und sind gar nicht unbedingt spezifisch auf diesen Trail

Vermutlich sind die Wege, verglichen mit anderen Trails, gar nicht so schön; jetzt, wo ich mit dem Hexatrek liebäugele, bin ich überrascht von den Resupply-Möglichkeiten, dem offiziellen Biwak-Erlaubnis, der Menge der Menschen, die auf den Wegen unterwegs ist, und der geringen Asphaltdichte dort…

Mir fehlen schon viele Erinnerungen and die Reise. Vielleicht sollte ich das nächste Mal doch Tagebuch führen.

Oder weniger Instagram – irgendwann sieht man die Landschaft nur noch durch die „ist das post-würdig?“-Brille. Das ist mehr als schade. Eigentlich soll die Reise doch für mich sein. Ob ich das beim nächsten Mal durchhalte – nichts posten, nicht nach Likes schielen?

Im Nachhinein habe ich das Gefühl, wieder mal viel Lärm um nichts gemacht zu haben. Meine erste lange Wanderung. Ich hatte so große Bedenken, dass ich abbrechen muss – aus gesundheitlichen Gründen, aus mentalen Gründen, weil meine Ausrüstung nicht passt, warum auch immer. Total überplant – die Ausrüstung wieder und wieder optimiert, obwohl ich noch keinen Schritt vom Sofa weg bin. Und jetzt – das ganze war nicht mehr als ein Spaziergang. So fühlt es sich an. Ich glaube, es war noch nicht mal irgendwann besonders anstrengend. Ans Aufhören habe ich kein einziges Mal gedacht. Großartig Schmerzen hatte ich auch nicht. Das ist doch komisch, oder?

 

Wenn ich detaillierter zurückdenke, gab es schon ein paar Situationen, die ich im Nachhinein vielleicht beeindruckend finde.

Zweimal war ich krank, oder so ähnlich – angefangen mit einer schlaflosen Nacht, einem Übelkeitsgefühl, das bis zum nächsten Morgen so heftig wurde, dass ich keinen Kaffee trinken konnte, und schlückchenweise lauwarmes Wasser zu mir nehmen musste – an dem Tag bin ich dann 20km im Mittelgebirge bis zu einer Hütte gewandert, ohne weitere Flüssigkeit oder gar Nahrung zu mir zu nehmen; dort haben dann zwei, drei Salzstangen hineingepasst (und blieben zum Glück auch dort); ich habe bis zum Abend geschlafen, und dann wieder eine halbe Portion Gulasch gegessen. Der Tag zuvor war eigentlich normal, der davor jedoch extrem anstrengend aufgrund sehr heißer Temperaturen, einem sehr steilen Anstieg und schwerem Gepäck.

Ein zweites Mal, nach einigen sehr anstrengenden Tagen, drei Bier am Abend und einer unruhigen Nacht, war ich am nächsten Tag irgendwie total down – eher deprimiert als körperlich, weil ich schon km 850 überschritten hatte – und habe aber im Laufe des Vormittags wieder eine leichte Übelkeit entwickelt. Auf die habe ich einen knoblauchlastigen Reibekuchen geworfen, und leider kein Wasser mehr gefunden; woraufhin im Laufe des Nachmittags immer panischer wurde, es war brennend heiß, mir war unglaublich schlecht, kein Wasser, und ich fand keinen Schlafplatz. Zweimal habe ich mich übergeben, natürlich mit herzlich wenig Substanz; Wasser habe ich aus einem brackigen Waldbach geschöpft und bin dann noch zehn Kilometer auf Asphalt, stadtnah, umhergeirrt auf der Suche nach einem Schlafplatz. Irgendwann war mir alles egal, ich bin direkt an der Stadt einen steilen Anstieg im Wald hoch, der nach Jugendlichen-Treff aussah. Nachdem ich das Steilstück hoch bin, ist mir schwarz vor Augen geworden; ich habe mit letzer Kraft mein Zelt irgendwie an den Hang gestellt und mir den Wecker auf Mitternacht gestellt, damit ich da wieder langsam anfange Wasser zu trinken. Das war wohl der körperliche Tiefpunkt.

Am nächsten Tag habe ich all meine Essensvorräte in den nächsten Mülleimer geworfen, da ich eh nichts runterkriegen konnte und so etwas leichteres Gepäck hatte, habe mir eine Pension gebucht und bin da noch mal 20km hingelaufen, was aber echt hart war. Dort wieder schlafen, bisschen trinken, eine Ruine besichtigen, und Abends eine halbe Pizza gegessen, die seltsamerweise drin blieb. Am nächsten Tag war ich zwar noch schwach, aber wieder gesund.

 

Zunächst hatte ich diese Übelkeiten auf meinen Versuch geschoben, mich hauptsächlich von Erdnüssen zu ernähren (Ich lebe seit vierzig Jahren recht fettreduziert und ballaststoffreich, scheinbar ist das nicht von heute auf morgen umzuswitchen). Danach habe ich beschlossen, ein bisschen Mehrgewicht in Kauf zu nehmen und auf den Körper zu hören – der hat laut nach Kohlehydraten gerufen. Und Salzstangen waren überall verfügbar, also wurde das meine Hauptnahrung – und alles war wieder gut.

Vermutlich war es einfach Sonnenstich oder Überlastung; vielleicht auch was psychosomatisches, keine Ahnung.

 

Was habe ich für die nächste Reise gelernt?

Ich tue mich schwer ungeplant zu gehen. Auch wenn ich die Überraschung so liebe, ich kann es nicht sein lassen und muss immer wieder vorplanen. Ich habe gelernt, Essen als reine Notwendigkeit anzusehen; wenns abends mal kaum was gibt, war das aber auch nicht schlimm. Gekocht habe ich mir genau zwei Mal was: Und zwar nur, weil ich diese doofe Tüte schon seit vier Tagen mit mir rumschleppe, und sie endlich weg sollte. Gebraucht habe ich das nicht, auch wenn es Abends recht kalt war – da habe ich mich lieber in mein Zelt gekuschelt und ein paar Cracker geknuspert. Überhaupt habe ich viel weniger gegessen, als ich bei all diesen Berichten erwartet hätte. Ich glaube, mit 2000kcal pro Tag bin ich hingekommen.

Ich habe versucht, mich mit 1500kcal pro Tag einzudecken, und dann mischkalkuliert – wenn ich an einem geöffneten Bistro / Restaurant vorbeikomme, esse ich dort; wenn nicht, dann nicht. Bis heute habe ich keine große Freude mehr am Essen, bin aber ordentlich fett geworden, weil ich seit der Wanderung nicht mehr die Mühe mache, mir etwas anständiges zu kochen, und stattdessen Fertigzeugs in mich hineinschaufel – eben weil Essen an Stellenwert für mich abgenommen hat.

Ich bin so gerne allein. Kurz habe ich darüber nachgedacht, mal zwei Wochen mit jemandem zusammen zu laufen – aber der Gedanke, morgens nicht den Wald für mich alleine zu haben, war grauenhaft.

Ich bin wohl extrem langsam gelaufen. Am Anfang (aus Angst vor dem riesigen Schreckgespenst Plantarfasziitis) habe ich so gut wie nie die 20km pro Tag überschritten. Auch später war 30 das Maximum, aber im Schnitt komme ich bei guten 20 pro Tag raus. Jetzt denke ich, das geht doch schneller; weshalb ich befürchte es bei meiner nächsten Wanderung zu übertreiben…

 

So, genug in der immer offensichtlich noch nicht ganz überwundenen Post-Hike-Depression geschwelgt – hier ein paar Infos zum tatsächlichen Trail:

 

Stezka Českem (dt: der tschechische Pfad) ist ein sehr junges Projekt das glaube ich 2021 von einem tschechischen PCT’ler ins Leben gerufen wurde. Es gibt jeweils eine Nord- und eine Südvariante, die in je ca. 1000km den westlichsten mit dem östlichsten Punkt der tschechischen Republik verbinden. 26460 Höhenmeter werden im Routenplaner angegeben. Aufgezeichnet habe ich die Tour nicht, sollte aber grob hinkommen. 

Der Nordpfad läuft meist grenznah, teilweise auch kurz in deutschem oder polnischen Gebiet, über das Fichtelgebirge, Erzgebirge, Elbsandsteingebirge / böhmische Schweiz, Lausitzer Gebirge, Isergebirge, Broumov, Adlergebirge, Glatzer Schneeberge, Altvatergebirge, optional mit Abstecher durch das Reichensteiner Gebirge (habe ich geskippt), quert dann das mährisch-schlesische Becken und führt über die drei höchsten Gipfel der Beskiden ans Dreiländereck CZ, PL, SK. 

Es gibt schon seit längerem die Konkurrenzveranstaltung „Via Czechia“, die eine West-Ost-Durchquerung entlang der nördlichen oder entlang der südlichen Grenze sowie eine von Süd nach Nord, und einen kleinen Schlenker von den Rychlebske hory zum östlichsten Punkt anbietet; unterteilt in moderate Tagesetappen die jeweils in einer Ortschaft enden.Die Stezka Ceskem unterscheidet sich in der Wegführung gar nicht so großartig, ist aber eher zivilisationsfern und ohne vorgeschlagene Tagesetappen ausgelegt.

Als Hilfestellung gibt es ein PDF-Itinery (NUR in tschechisch); das auch ein ziemlicher Krampf zu auto-translaten ist da ein Wasserzeichen drüber gelegt wurde.

Ich habe das gesamte Itinery (außer den erwähnten Quellen) inklusive eigener Wegpunkte, kompletter Wegführung über Wegweiser, und möglichen Tagesetappen in deutsch als Excel-Liste aufgesetzt (sowohl mit FarOut- als auch mit mapy.cz Kilometerangaben, siehe unten), wer möchte bekommt es sehr gerne zugeschickt.

Auf mapy.cz gibt es die einzelnen Abschnitte; kann man sich natürlich als gpx exportieren und in anderen Navigationsumgebungen verwenden. Ich navigiere aber mit mapy, da die Wander-Ansicht genial ist und ich jede noch so kleine Wasserquelle, und vor allem in Tschechien alle Wegweiser und Schutzhütten und Picknickbänke und jeden einzelnen Stein mit Namen und zwanzig Fotos drin habe.

Tatsächlich habe ich in einem langen Winterprojekt den kompletten Weg in mapy.cz „abgegangen“ und habe mir Fotos von jedem Wegweiser angeschaut und aufgeschrieben, wo ich abbiegen muss; um ohne Handy navigieren zu können. All das ist in der Excel-Liste, die – in klein ausgedruckt – elf DIN A 4 Blätter ergeben hat, nach denen ich gewandert bin. Spoiler: bis auf die deutschen Abschnitte hat das prima funktioniert. 

 

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In FarOut ist der Trail für um die 20€ zu haben; das habe ich zum Abgleich verwendet und in der Vorbereitung.

Eine fb-Gruppe (hauptsächlich auf tschechisch) dient dem Austausch zur aktuellen Versorgungslage (v.a. Quellen-Zustand, Erfahrungen mit Wildcampen in manchen Gebieten, Sperrungen, Kontaktsuche – das übliche halt).

 

Meine Reise:

Ich bin am ersten Mai 2023 aufgebrochen zu meinem Start-Punkt, und habe nach 48 Tagen Wanderung mein Ziel erreicht.

Dabei hatte ich wohl zwei Zero-Days – meine Eltern haben mich in der böhmischen Schweiz besucht, und ich bin mit ihnen zwei Tage lang die typischen Touristen-Ziele abgewandert, die aber nicht alle Teil meiner Route waren – daher wohl als zero gelten.

Meine Liste, so wie ich endgültig gelaufen bin: 

https://lighterpack.com/r/t1an4q

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Mit der Ausrüstung war ich sehr zufrieden. 

Der Rucksack ist so bequem, dass auch das Mehrgewicht für mich ok ist - ich hatte immer große Probleme mit dem Tragen eines Rucksacks an den Schultern; ich bin recht schmal am Oberkörper und habe meist das Problem, dass mir die Träger die Schultern so nach hinten ziehen, dass ich total verkrampfe. Das Gestell des Eja schmiegt sich so perfekt um meinen Körper, dass man meinen könnte er sei individuell angepasst. Ich trage den Rucksack eigentlich nur auf der Hüfte und könnte die Schultergurte auch zuhause lassen. Bis ich mal mit einem rahmenlosen Rucksack gehe, vergehen noch Jahre. 

Kurz vor Abreise hatte ich den Cumulus 350 Quilt durch einen Katabatic Gear Flex 15 in waterproof ersetzt, weil der Frühling sich irgendwie nicht so recht einstellen wollte. Klar war der dann später im Juni teilweise etwas überdimensioniert, aber in der ersten Hälfte hätte ich ihn nicht missen wollen - und vor allem musste ich dann absolut nicht darauf achten, zum Schlafen irgendwie ins Tal zu kommen, weil ich immer wusste dass ich warm genug ausgerüstet war um am Berg schlafen zu können. 

 

Das Flanellhemd hatte ich für cozy Abendstunden dabei, da ich mir nicht vorstellen konnte, abends in Kunstfaster herumzusitzen. Drei Tage hat es gedauert, bis ich es nach Hause geschickt habe. 

Die Sonnenbrille habe ich an Tag zwei abgelegt und hoffe, dass sie einen neuen Besitzer gefunden hat. Ich trage auch sonst keine, warum also auf einer Wanderung. 

Gummi-Nubsies gegen das nervige Klack-Klack hatte ich bis ca. Tisa. Danach habe ich einen verloren; und das einzige, was nerviger ist als klack-klack, ist klack-plop. Also habe ich den zweiten auch weggeworfen. 

Gekauft habe ich unterwegs: Einen Bleistift (Notizen in meinen ausgedruckten Wegplänen), und eine Schirmmütze (mehr Sonne, als ich mit dem Kopftuch ertragen konnte). 

Bei km 250 habe ich Schuhe und damit auch Socken gewechselt. Lange hatte ich mit den Schuhen gehadert, die Bushido II sitzen wie eine zweite Haut, aber mir war schon klar, dass das nach ein paar Wochen nicht mehr gut gehen wird. Gefunden hatte ich vorab aber keine annähernd so gut sitzenden, deshalb habe ich mal geschaut wie weit ich damit komme. Jetzt wissen wir's: 250 km. Dann ist nicht nur das Profil runter, sondern auch die Dämpfung komplett durch, und der kleine Zeh fängt langsam an, den Kampf gegen die Schuhwand zu verlieren. 

Mit neuen Booten (Innov8 Trail Talon 290, nur in der Herrenvariante in meiner Größe vorrätig) konnte ich auch endlich wieder in Smartwool Socken laufen. Die hatten vorher nämlich nicht in die Schuhe gepasst, so eng waren die. Am Anfang bin ich noch ein bisschen über meine eigenen Füße gestolpert, aber habe mich irgendwann an die großen Schlappen gewöhnt. Der Weg war überall so easy, dass ich auch in Flipflops hätte laufen können. 

 

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Etappe 1: von Aš nach Klínovec

(tschechische Seite des Fichtelgebirges bis ins Erzgebirge Höhe Oberwiesenthal)

110 km, 2260 hm. 1.5. - 6.5. 

Anfahrt: Von Budweis aus mit dem Zug nach Rehau, das ging am schnellsten und hatte den kürzesten Marsch zum eigentlichen Startpunkt - den westlichsten Punkt der tschechischen Republik. 

Vor Abreise hatte ich im Februar noch mal Corona und war ziemlich untrainiert, ein bisschen zu viel auf den Rippen, und aufgrund der (meiner Ansicht nach) mangelnden Vorbereitung irgendwie total unmotiviert, den Trail zu laufen. Komisch, bis Weihnachten war ich total gehyped, habe extra meinen Auslandsaufenthalt früher abgebrochen und das Projekt fast als eine Art Lebensziel betrachtet, obwohl es ehrlich gesagt eine im Spätsommer 2022 aufgekommene Schnapsidee war... Aber irgendwie ist meine Stimmung kurz vor der Abreise einfach gekippt.

Da ich eigentlich so überhaupt keine Lust hatte, ging ich davon aus,  dass ich irgendwann abbrechen muss, da ich so viel von "eisernem Willen" und Zeugs gelesen hatte; was denn alles nötig ist um solch ein Unterfangen zuende zu bringen. Na, hat wohl auch ohne geklappt. 

 

Die Zugfahrt war aber angenehm und sonnig, in Rehau bin ich guten Mutes zurück Richtung Tschechien marschiert, nur um auf den ersten 500m festzustellen, dass einer meiner gut-und-günstig Fizan Compact aufgrund mangelnder Pflege und falscher Lagerung festklemmte und ich ihn ums Verrecken nicht öffnen konnte. 

Dummerweise habe ich ein Tarptent Notch Li. Kein Stock, kein Zelt. Zum Glück war in einem Garten ein älterer Herr mit Kruschteln beschäftigt, den fragte ich um Hilfe in Form einer Rohrzange. Mit viel WD40, Zange und Fingerspitzengefühl konnte er den Stock wieder gangbar machen. Erstes Abenteuer. Das wäre mal ein schneller Abbruch...

 

 

Der westlichste Punkt ist ein hübscher, aber ansonsten unscheinbarer Fleck an einem kleinen Bächlein; es gibt ein Buch für die Wanderer und die Möglichkeit eine Postkarte einzuwerfen, und eine nette Schutzhütte auf Stelzen. Hätte ich mal da übernachtet, das war wesentlich schöner als der olle Campingplatz in Aš, den ich danach ansteuerte. 

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Die Stadt ist eine heruntergekommene Grenzstadt, alle verzeichneten Restaurants existieren nicht mehr oder haben zu, zum Glück habe ich noch ein kleines vietnamesisches Restaurant gefunden; im Supermarkt für zwei Tage eingekauft und mein Zelt auf dem Campingplatz des Sportvereins aufgestellt. Es hatte angefangen zu nieseln, war bitterkalt (gefühlt um die 2°); da war ich froh dass ich mich zeitweise in der Campingplatzküche aufhalten konnte bis ich ins Zelt gekrochen bin. 

Auf dem Parkplatz direkt am Camp übten Jugendliche die ganze Nacht ihr Drift-Künste in alten übermotorisierten Fahrzeugen. 

Kalt und nieselig war es auch am nächsten Tag, und so richtig in Stimmung war ich nicht - bis ich am nächsten Abend zum ersten Mal wild gezeltet habe, im Wald ca. 200m abseits des Weges. Aufregend! Und wunderschön. Ab dann lief es eigentlich ganz gut. Viel Wald, viel Forstweg, teilweise durch die vorherigen Regengüsse in einem unsäglichen Zustand. Aber dann auch schöne single trails. Menschenleer, ich glaube ich habe manchmal zwei Tage niemanden gesehen, obwohl man immer wieder an besiedelten Gebieten vorbeikommt. 

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Geschlafen habe ich entweder irgendwo im Wald, an Schutzhütten und in Kraslice in einer eher mauen Pension (gebucht habe ich meist über booking.com). 

 

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Gerade im Mai waren die Restaurants doch entgegen der verzeichneten Öffnungszeiten zu, das hat mich anfangs ziemlich frustriert. Lebensmittelläden gab es aber immer mehr, als ursprünglich angegeben. Meist sind es die (mir wohlbekannten) vietnamesischen Mini-Läden; eine riesige Auswahl an Ramen, aber da ich keine Lust hatte zu kochen, habe ich mich meist mit Schoko-Waffeln, Pizzabrötchen, Crackern und Räucherkäse eingedeckt. Hin und wieder ein Gipfel-Apfel. 

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Obwohl landschaftlich eher "nett" als "atemberaubend" war der erste Abschnitt für sehr schön, da es komplett einsam war. Alles hatte ich für mich allein, konnte mitten im Wald einfach anhalten und Yoga praktizieren, zum schlafen nur mal eben 100m in den Wald abbiegen. Keine Menschenmassen, kein Lärm. Easy going. 

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Und immer wieder so kleine Highlights - eine schöne Felsformation, auf die man klettern kann, eine radioaktive Quelle, ein altes Bergbaugebiet (Kupfervorkommen, total surreale Landschaft) und überwachsene Minen. Eine total niedliche Schutzhütte, die leider nicht ganz regendicht war. 

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Ok, manchmal war der Weg eher bescheiden. 

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Das Wetter war durchwachsen, Sonnenschein wechselte sich mit Nieselregen ab, zweimal auch "echter" Regen. Gegen Ende der Etappe wurde das Wetter aber stabiler. 

Wald, Felsen, Moorgebiete, Wiesen. Ein sehr entspannter Einstieg. Am 6. Mai kam ich nach Bozi dar (Gottesgab), einem Touristenörtchen im westlichen Erzgebirge. Hier endet Etappe 1. 

Der Ort ist voller wuseliger Rentner, alles ist irgendwie niedlich. Die Sonne schien, und ich war schon um 14 Uhr da, also konnte ich in Ruhe das dortige Bier testen und meine erste Errungenschaft, einen Bleistift, erstehen. Ein niedliches Hotelzimmer mit Handtüchern, Seife und einem BETT hat den Tag perfekt abgerundet. 

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Rückblickend kommen mir die ersten Wochen wie eine Ewigkeit vor, die späteren Etappen gingen viel schneller rum. Ist wohl normal - immerhin war das noch der aufregende Anfang!

Anstrengend war es sicherlich hin und wieder schon ein bisschen, aber immer nur kleinere Steigungen. Da ich sehr untrainiert war und meine Schuhe zu eng, habe ich extrem viele Pausen gemacht, wann immer ich die Gelegenheit hatte die Füße gewaschen, und mindestens dreimal am Tag Yoga praktiziert. Und in der Sonne gelegen und gefaulenzt! Damit waren die Tage angenehm gefüllt, ohne dass ich in Zeitnot geraten wäre. Tatsächlich bin ich beim Übernachten im Freien meist gegen 20:00 schlafen gegangen und gegen 7:30 aufgewacht; bis ich meine gediegene Morgenroutine hinter mir hatte und loskam, war es meist schon nach 9:00. Ich habe mir aber auch Mühe gegeben, es am Anfang mit der Kilometerleistung nicht zu übertreiben und war sehr vorsichtig

 

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vor 23 Minuten schrieb Kemma:

Ich bin wohl extrem langsam gelaufen. Am Anfang (aus Angst vor dem riesigen Schreckgespenst Plantarfasziitis) habe ich so gut wie nie die 20km pro Tag überschritten. Auch später war 30 das Maximum, aber im Schnitt komme ich bei guten 20 pro Tag raus. Jetzt denke ich, das geht doch schneller; weshalb ich befürchte es bei meiner nächsten Wanderung zu übertreiben…

Das hört sich doch super an. Könnte dazu beigetragen haben, dass Du nicht irgendwann abbrechen musstest.

Vielen Dank für den Reisebericht!

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Sehr schöner Bericht!

In meiner ToDo-Liste steht die Wandertour Stezka Českem als "komplette" Runde (ca. 1800 km) ganz weit oben. Dafür habe ich mir Tracks aus dem Internet geladen und nachbearbeitet. Die Planung der Tracks ist somit abgeschlossen. Mal sehen, wenn ich Zeit für eine Realisierung habe.

Bin gespannt, wie es weitergeht...

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vor 21 Stunden schrieb Kemma:

......

Viel Wald, viel Forstweg, teilweise durch die vorherigen Regengüsse in einem unsäglichen Zustand.

......

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Das Bild erinnert mich irgendwie an den E3 in der Slowakei dieses Jahr im September. Muss wohl an der Region liegen. 😁

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Bearbeitet von Torridon
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vor 11 Stunden schrieb einar46:

Sehr schöner Bericht!

In meiner ToDo-Liste steht die Wandertour Stezka Českem als "komplette" Runde (ca. 1800 km) ganz weit oben. Dafür habe ich mir Tracks aus dem Internet geladen und nachbearbeitet. Die Planung der Tracks ist somit abgeschlossen. Mal sehen, wenn ich Zeit für eine Realisierung habe.

Bin gespannt, wie es weitergeht...

Ich hoffe ich finde die nächsten Tage Zeit zum Fotos sichten und die nächste Etappe. 
 

Pass auf, dass du nicht auf halber Strecke den SNP in die Slowakei weiter gehst – die Beskiden machen süchtig nach mehr :)

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Etappe 2: Krušné hory (Erzgebirge), von Boží Dar zum Elbufer bei Dolní žleb  

162 km, 2400 hm; 7.5.-16.5. (davon 3 Tage off trail)

 

Dieser Teil führt der Länge nach durch das gesamte Erzgebirge auf tschechischer Seite, geht langsam in das Sandsteingebirge bei Děčín über und endet am Fähranleger zur Überquerung der Elbe in Richtung  Hřensko / böhmische Schweiz. 

Gleich nach Boží Dar führt der Weg auf die bis dahin höchste Erhebung der Route - den Klínovec mit 1244 m. Es soll auch der höchste Punkt der ganzen Etappe bleiben. 

Hier ist es ein wenig touristischer, Skilifte, ein Aussichtsturm, ein nicht so schöner Abstieg über die Skipiste in die typischen Skiorte, die sich um den Hügel drängen. Immerhin finde ich Schnee vom Vorjahr und kann einen Schneemann bauen!

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Dann - fast den Abzweig verpasst - übers Feld und hinein in eine vollkommen surreale Welt: Das verlassene Fort "Königsmühle" wurde von einer kleinen Künstlergemeinschaft anektiert, die zwischen den Ruinen Landschaftskunst installieren. Eine behelfsmäßig eingerichtete Kochstelle, ein Palettenlager und eine große Feuerstelle laden Fremde und Freunde ein die Nacht zu verbringen. Ich komme allerdings Mittags an, und will noch gut Strecke machen - außerdem versuche ich Menschen zu meiden; daher bleibe ich nicht. Bei Mondschein muss das Gebiet aber auch gigantisch aussehen... Vielleicht komme ich wieder!

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Weiter gehts - wegmäßig eher unspektakulär - durch Wälder, Moorgebiete, an schönen Seen vorbei. Hin und wieder kleine Dörfer mit Minischweinen, Schafen, Hühnern - sonst total menschenleer; so dass ich einmal auch mein Zelt nicht im Wald, sondern einfach auf einer Wiese aufgestellt habe. In der Nacht allerdings bin ich mit einem Riesenschreck aufgewacht - ein Schlag, und dann bebte die Erde. Hufgedonner, alles dröhnte. 

Am nächsten Morgen fand ich den "Gruß", den mir der Hirsch voller Schreck direkt vor meinem Eingang hinterlassen hatte, als er über mein Zelt gestolpert war...

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So viel wie im Erzgebirge habe ich glaube ich auf der ganzen Strecke nicht gezeltet – zum einen geht das hier extrem gut, da keine Menschen und viel Wald und Wiesen, kein Nationalpark; zum anderen gibt es auch nicht viele attraktive Alternativen. Übrigens: Das Notch Li ist extrem flexibel und lässt sich an den unmöglichsten Stellen aufbauen. Kein Platz wegen Baumstümpfen? Zack, Zelt mit integriertem Nachttisch!

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Auch am Hang kann ich mit Anpassen der Stocklängen gut zelten, und schlafen kann ich inzwischen wie ein Stein- zehn bis zwölf Stunden sind keine Seltenheit. Wenn ich draußen schlafe, höre ich fast jeden Abend ein Tier mit einem "gronk gronk" vorbeilaufen, es kann aber nicht schwer sein, da ich keine Tritte höre / spüre. Auch kein Rascheln, aber es ist relativ flink.

Vom Fichtelgebirge bis hin nach Schlesien soll mich diesesTier begleiten... Ich habe bis heute nicht herausgefunden, was es war. 

Auch sonst komme ich so langsam in meine Routine, bin entspannter was die Verpflegung angeht. Im Erzgebirge sind – zumindest im Mai – die meisten Restaurants geschlossen; aber sowieso keine kulinarische Offenbarung. Wasser ist reichlich vorhanden; Brunnen, Quellen, Bäche.

 

Der riesige Stausee „Flaje“ ist zunächst eher langweilig. Windig. Am Ostufer allerdings geht er in ein Wasserschutzgebiet mit Pinienbestand und Sumpfland über mit einer ganz eigenen stillen aber wilden Schönheit.

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Bei Cínovec / Zinnwald habe ich mich dann – nach einem Besuch des Georgenfelder Hochmoors (deutsche Seite, FÜNF euro Eintritt für 500m Bohlenweg! Aber hübsch.)  – zur Abwechslung mal wieder in ein Hotel eingemietet; das Golfhotel, schickstes am Platz, mit Sauna (Pech, dass die gerade renoviert wurde). Sehr aus der Zeit gefallen, ich war der einzige Gast.  Immerhin war das Restaurant gut, und am nächsten Morgen hat die Bedienung nach Blick auf meinen Wanderrucksack wohl die Frühstücksgröße angepasst 😆 – ich habe alles aufgegessen, inklusiver der fünf Blätterteigteilchen die nicht aufs Bild gepasst haben!

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So langsam verändert sich die Landschaft wieder – die ersten Sandsteine! Ich hatte mich total auf die Sandsteingebirge gefreut.

 

An diesem Tag (12.5.) bin ich nur noch bis Krásný Les gelaufen – dort haben mich meine Eltern aufgepickt, die mich auf meinem Weg besuchen wollten. Drei Tage haben wir uns in einer liebenswerten Pension in Tisa eingemietet, von dort aus die Tissaer Wände besichtigt (ich hatte eh vor, dorthin einen Abstecher zu machen - zu Recht! ), Ustí nad Labem (Aussig) und Děčín (verbunden mit dem Erstehen eines neuen Paares Schuhe) , sowie den obligatorischen Ausflug zum Prebischtor, das zwar von den verheerenden Waldbränden selber verschont blieb, die umliegende Landschaft allerdings ist ein Bild des Grauens.

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Später habe ich den zweiten Aufstieg zum Prebischtor geskippt, der wäre nämlich auf meinem Weg gelegen, allerdings durch die Sperrungen nach den Waldbränden nur von einer Seite erreichbar wodurch die Wegführung zur Zeit eh unten lang läuft (Bilder dazu kommen aber dann in Teil drei) 

Nach drei Tagen ist der Spuk vorbei: Ich werde wieder in Krásný Les „ausgesetzt“; genau dort, wo ich drei Tage vorher eingesammelt wurde. Noch habe ich den eisernen Anspruch, keinen Zentimeter von meinem Trail abzukürzen :D

Ich schätze, mit den Jahren sieht man das lockerer.

 

Kleines Highlight dieses Abschnitts ist der Děčínský Sněžník (Schneeberg – mit meiner deutschen Tastatur merke ich erst wie unglaublich viele tschechische Sonderzeichen da drin stecken!). der ist zwar nur 723m hoch, ist aber ein imposanter Sandsteinblock mit gigantischer Aussicht – nach Westen, zurück, kilometerweite Wälder mit Sandsteinen, die aus der Höhe wie eingestreut aussehen. Nach Osten – die Ausläufer von Děčín, in die Wälder eingebettet, und dahinter, bestimmt – die Elbe! Mein Ziel für diese Etappe.IMG_4806.thumb.jpeg.a1e3a964bb8ef0f3bc05cd64d5ef8ed9.jpeg

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Auf dem Plateau Heidelbeergestrüpp, Pinienwälder. Ich trödel herum, bin gefangen von der Aussicht, und merke nicht wie spät es ist – dann setzt die Dämmerung ein. Heißt: Wieder nichts ordentliches zu essen (das Bistro auf dem Gipfel macht um fünf zu); und hier ist Schutzzone, also muss ich runter zum Schlafen. Aber die Dämmerung macht den Schneeberg noch schöner als strahlender Sonnenschein, also picknicke ich an der Kante, klettere ein paar Felsen direkt am Abgrund hoch, die ich im Nachhinein betrachtet vielleicht nicht hätte klettern sollen, und mache mich im Sonnenuntergang auf den Abstieg. Durch magisches Licht, Birkenwald, der aussieht wie von einem anderen Planeten.

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Hier kreuzt mein Weg mit dem Forststeig, auf dem man nicht zelten darf; daher gehe ich einen halben Kilometer tief in den Wald bis ich mein Zelt aufschlage.

 

Fun Fact: In Tschechien gibt es Salzstangen mit Olmützer-Quargel-Geschmack! Vielleicht nicht unbedingt zum Frühstück zu empfehlen, bringen sie doch willkommene Varianz in meine Salzstangen- und Cracker-Diät!

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Am letzten Tag der zweiten Etappe beginnt der Abstieg zur Elbe, wieder mal auf einem Weg, der aus einem Fantasy-Spiel entsprungen sein könnte – ich weiß nicht wie alt diese Pflastersteine sind, aber mit dem ständig darüberrinnenden Wasser entsteht diese mystische Moosschicht, die alles so geheimnisvoll aussehen lässt! (Und ja, glitschig wie Sau...)

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Der weitere Verlauf des Wegs sieht unmöglich aus; liegt aber daran dass er eigentlich gesperrt ist wegen Räumarbeiten nach massiver Baumfällung (vermutlich zur Instandhaltung). Ich habe mich zugegebenermaßen durchgemogelt.

Die Knie schmerzen vom Abstieg, aber ich komme endlich in das pittoreske Dorf Dolní žleb  - hier am Elbufer wartet die Fähre. Es handelt sich um eine Gierfähre, also eine Fähre die, an einem Kabel geführt, über ein Drehmoment die Flussströmung selbst als Antrieb nutzt. Eine wunderbar stille und langsame Überfahrt, so dass ich noch einmal in Ruhe Abschied nehmen kann von dieser Etappe.

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  • 1 Monat später...

Etappe 3 - České Švýcarsko (böhmische Schweiz) – Lužické hory (Lausitzer Gebirge)

107 km, 2900 hm, 16.5. - 20.5.

 

endlich geht's weiter!

Ich komme mit der wundervoll gemächlichen Gierfähre am östlichen Ufer der Elbe an; durch diese natürliche Grenze  wirkt es für mich wie ein sehr bedeutender Schritt.

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Mein Weg führt ziemlich steil die 300m Böschung hoch, überall schon schöne kleine Sandstein-Stehlen, ich schwitze ganz ordentlich, so steil geht es bergan. Oben thront das altehrwürdige Hotel Belveder, im klassischen Kurbad-Stil, leider entgegen der lockenden Schilder KEIN Eisverkauf am Kiosk. Enttäuschung, ich esse den letzten wahnsinnig künstlich schmeckenden Heidelbeer-Müsliriegel und genieße wenigstens die Aussicht zurück auf die Elbe, das andere Ufer, das gestern. Mein Weg führt (wieder) nach Hřensko, auf das ich wenig Lust habe - ein Touri-Shop neben dem nächsten, auch wenn das Örtchen früher sicherlich mal pittoresk war, heute schieben sich die Massen durch, um das Prebischtor zu besichtigen.

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Aber zumindest resupply steht dort an. Im Laden dann der Schreck - die Besitzerin schimpft fürchterlich auf tschechisch am Telefon, ihre Lieferung für den nächsten Tag wird ausfallen. So ganz verstehe ich das Problem nicht, frage nach als sie sich beruhigt hat - und werde aufgeklärt: Am übernächsten Tag ist Vatertag! Das bedeutet, Horden deutscher Männer fallen in Tschechien ein und betrinken sich. Also muss natürlich der Alkoholvorrat im Laden aufgestockt sein.

Mir wird ganz anders. So richtig wohl fühle ich mich als allein reisende Frau noch immer nicht, zumindest grenznah. Ein Blick auf meine Reiseplanung verspricht mir für den 18. auch noch eine Biwak-Nacht im Lausitzer Gebirge kurz nach Überquerung der Lausche, ein relativ beliebtes Ausflugsgebiet. Na klasse.

Nichtsdestotrotz mache ich mich wieder auf, mein offizieller Weg führt jetzt eigentlich hoch zum Prebischtor und, aufgrund der Aufräumarbeiten nach dem Brand, wieder retour und an der Straße entlang. Ich lasse das Prebischtor links liegen weil vor ein paar Tagen schon besichtigt, füge trotzdem die Bilder hier ein: Prebischtor und die unbeschreiblich drückende Stimmung nach den verheerenden Bränden 2022. Man muss allerdings erwähnen, dass die meisten Bäume - Borkenkäfer sei dank - schon vor dem Feuer nicht mehr standen. Dennoch ist diese Endzeitstimmung beklemmend.

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Ich übernachte auf dem einzigen Campingplatz in der Gegend, ziemlich teuer, schief und schlecht ausgestattet; aber neben dem Prebischtor sollte man sich wohl wirklich nicht beim wildcampen erwischen lassen. Immerhin kann ich jetzt endlich das Restaurant auf der anderen Straßenseite heimsuchen, Lachsfilet und zum Dessert Schupfnudeln mit Mohn!

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Am nächsten Tag gehe ich einen der schönsten Wanderwege in der böhmischen Schweiz - ein beeindruckendes Steinmonument nach dem nächsten! Elbsandstein total. Viele Felsformationen sind mit Leitern und Plattformen erschlossen, ich muss natürlich auf ALLE rauf und jedesmal die grandiose Aussicht genießen. Ich glaube dies war mein persönlicher Tag mit den meisten Höhenmetern, ich hatte sogar Muskelkater von all den Treppen :D

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Der Pfad führt weiter durch den Paulinengrund (den hatte ich schon lange auf meiner Bucket List), ein verwunschenes Bachtal. Ich bin jetzt doch wieder froh über die Abwechslung, so langsam habe ich genug Sandstein gesehen.

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Dann geht die Landschaft langsam in die sanften Wogen des Lausitzer Gebirges über, die Sonne steht tief, die Luft summt von Mücken, es riecht nach Wiese und Pferd, Spätfrühling. 

Die Nacht verbringe ich der besten Pension dieser Reise: Na Stodolci (an der Scheune). Ein alter Bauernhof, wunderschön renoviert, hervorragende Küche mit regionalen Produkten, und - mein persönliches Highlight - Haarspülung im Bad! Das war bitter nötig. Ach ja, natürlich auch mit eigener Brauerei.

Der ganze Ort Chřibská ist genauso niedlich. Die ganze Gegend ist irgendwie sanft, friedlich, unschuldig. Es ist Mitte Mai.

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Den Vatertag verbringe ich angespannt, kurz eine Burg besichtigen, zwei Aussichtstürme rauf, weiter. Die Ausflugslokale sind schon mittags voll mit viel zu lauten Menschen, singen, lachen, pöbeln, zu viel Präsenz.

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Nach dem Lauschegipfel (Luž) esse ich schnell in einer Gaststätte zu Abend, es ist schon recht spät. Die Bedienung setzt mich ausgerechnet an einen Tisch, an dem ein glatzköpfiger Mann sein x-tes Bier trinkt. Es gibt viele Gründe, warum jemand keine Haare auf dem Kopf hat, aber ein paar davon mag ich nicht.

Ich spreche tschechisch mit der Bedienung um nicht mit meinem offensichtlich deutschen Tischnachbarn kommunizieren zu müssen, sie outet mich aber direkt als Deutsche und spricht deutsch mit mir. Der Mann sucht sofort das Gespräch, ob ich denn alleine unterwegs sei, wohin ich denn gehe, das übliche. Plötzlich stelle ich fest, dass die anderen Gäste alle schon weg sind. Ich beschließe, das reicht an Abendessen, auch wenn mein Teller noch voll ist. Zahle und verlasse fluchtartig das Restaurant, vergesse sogar mein Handy das ich zum Laden an den Tresen gegeben habe. Die Bedienung rennt mir hinterher und bringt es. Ich schlage mich direkt durch ein paar private Gärten; es gibt nur eine einzige Straße die kilometerweit sichtbar verläuft, auf der möchte ich nicht bleiben. Irgendwann erreiche ich einen Wald, nicht schön, sehr nah an den Häusern, aber das ist mir recht. Hier baue ich mein Zelt auf.

Am nächsten Morgen weckt mich das Getöse einer Motorsäge, keine 100m weiter. Gesehen hat der Sägende das Zelt mit Sicherheit, aber keine Beschwerde. Dafür liebe ich Tschechien :)

Die Sonne scheint, und ich kann endlich wieder die Gegend genießen.

Immer wieder schlenkert der Weg über die Grenze nach Deutschland hinein, in Jonsdorf gibt es auch wieder spannende Steine. 

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Auf einen Geheimtipp hin begebe ich mich auf einen kurzen Umweg zum Camp "Černá louže" (Schwarze Wiese).

Nach einer Wegbiegung bleibe ich plötzlich stehen. In der Ferne steht das Riesengebirge, mächtig, hoch - viel höher als ich erwartet hatte. Kein einziges Mal seitdem ich auf der Reise bin, habe ich auch nur annähernd gezweifelt. Jetzt sehe ich dieses Massiv und frage mich, was zur Hölle ich mir dabei gedacht habe. 

Die Ehrfurcht bleibt, auch für die nächsten Kilometer.

Das Camp ist wirklich empfehlenswert, sie haben drei Marken Bier vom Fass, eine davon ist Bernard! Und die Küche ist bis 22 Uhr geöffnet. Die Maminka kocht einem, was man sich wünscht. Also frittierten Käse mit Pommes...

Ich lerne ich eine lustige Biker-Truppe kennen die dort auch campiert; unglaublich liebenswert. Als sie erfahren, dass ich über das Riesengebirge will, bieten sie mir an mich fahren, dann ist es nicht so anstrengend. That's not how it works!

Der letzte Tag der Etappe hält wieder eine Sehenswürdigkeit bereit - die "Buche der Republik"! Ungefähr eine halbe Stunde suche ich diesen imposanten Baum. Ich finde einen Stein der dort steht, wo vor vielen Jahren die Buche gefällt wurde... Naja.

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Den Ort Chrastava hatte ich wohl auch verdrängt, ich musste mir jetzt wirklich noch mal die Fotos ansehen... Spannend oder schön ist was anderes. Aber ich hole mir eine Pizza! Ganz schaffe ich sie nicht, weil ich vorher im Supermarkt aufgestockt hatte und mir natürlich gleich einen Hüttenkäse und einen Salat einverleiben musste. Aber mit Karton passt der Rest noch in den Rucksack - und ich soll die nächsten Tage (kein Mülleimer in drei Tagen...) feststellen, dass so ein dreckiger Pizzakarton echt multiuse ist. Windschutz, Sitzkissen, Höhenausgleich unter der Isomatte , Regenhut, Abstellfläche für meinen Rucksack. Ein tolles Teil.

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Es ist ist brüllend heiß, aus der Stadt heraus führt eine Asphalt-Straße den Berg hoch, und ich bin ziemlich durch als ich mir meinen Schlafplatz im Wald suche. Nachts stolpert wieder ein Hirsch über meine Abspannleine, reißt dabei sogar einen Hering raus. Aber alle bleiben unbeschadet - Hirsch, Zelt und ich. Der Zeltplatz ist schön, aber: Am nächsten Morgen lege ich meine Isomatte zum zusammenrollen auf den Boden, und - schwupps - sind über 20 (!) kleine Zecken darauf! Ich will es gar nicht glauben, streife sie ab, lege die Matte wieder hin, und sofort dasselbe. Also Klamotten aus, absuchen, einen Haufen Zecken vom Körper pulen und hoffen dass man die meisten erwischt hat...

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mmmh, kalte Pizza am Zelt!

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vor 18 Stunden schrieb Kay:

Brrrr, zu viele Zecken und zu neugierige Nachfragen von Tisch Nachbarn. Ganz schön abenteuerreich! 

Die Landschaft im Frühling ist wunderschön! Dein Bericht auch! 

Danke :) Es soll noch schöner werden! Und - spoiler - ab jetzt nur noch abenteuerliche tierische Begegnungen :D

 

vor 13 Stunden schrieb Carsten K.:

Ich freue mich schon aufs Riesengebirge. 

Geduld, Geduld! Erst kommt noch ein 3-Tage-Zwischenspiel vom Isergebirge. Lohnt sich aber auch! Ich glaube, was Abgeschiedenheit und Wildnis angeht, war das der Höhepunkt; sogar noch vor Altvatergebirge. Muss aber noch mal alles Revue passieren lassen.

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  • 1 Monat später...

Etappe 3 - Isergebirge (Jizerské hory) – Krkonoše (Riesengebirge)

107 km, 3500 hm, 21.5. - 26.5.

Rückblickend kommt mir die Passage durch das Isergebirge länger vor als die drei Tage, die sie tatsächlich nur gedauert hat, und da ich sie als eine der schönsten in Erinnerung habe, widme ich ihr einen ganzen Abschnitt.

Das Isergebirge ist nicht das höchste, berühmteste, anspruchsvollste oder sonstwie superlative - aber in der Spätmai-Gewitterstimmung, der wilden Unberührtheit und Menschenleere hat es sich als Sinnbild, als Sehnsuchtsort einen ersten Platz in der Reihe der vielen melancholischen Rückblicke auf diese Reise, deren Ende ich irgendwie immer noch nicht verkraftet habe, festgesetzt. 

 

Riesengebirge folgt also im nächsten Beitrag. 

Der Weg ins Isergebirge hinein beginnt allerdings eher gemütlich; breite Waldwege, die auch mit dem Kinderwagen befahren werden können, Buchenwald, Granitformationen. Sanfte Hügel, ein grünes Meer soweit das Auge reicht. Es ist schwül, gewittrig, windig. Am Nachmittag wird sicherlich die Welt untergehen. 

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Mittagessen in „u kozy“, eine Wandergaststätte, letzte Zivilisation bevor es in das Isergebirge geht. Ich lerne ein Paar mittleren Alters kennen, Tschechen, die jetzt in Deutschland leben und auf Heimaturlaub sind. Wir kommen ins Gespräch, ich berichte, wo es hingehen soll - Entsetzen. Sie empfehlen, lieber den Umweg über die Asphaltstraße zu nehmen. Nicht so steil, außerdem komme ich da durch Orte. Ich glaube, wir haben eine unterschiedliche Vorstellung von Idylle. Sie geben mir ihre Telefonnummer „falls irgendwas ist, und ich abgeholt werden muss“. Mein Handy hatte ich zum laden an der Theke abgegeben; aber als ich es wieder abhole, ist es genauso leer wie zu Beginn. Naja, dann wird halt die nächsten Tage weniger getippselt. 

 

 

Dann geht es endlich in die Wildnis.

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Fabelwesen am Wegesrand, nur aus dem Augenwinkel, bei genauerem Hinsehen verschwinden sie wieder.

Das Gewitter zieht auf, ich habe schon seit Stunden keine Menschen mehr gesehen, langsam wird es unwegsamer, ich bin jetzt mitten im Naturschutzgebiet. Hoch auf den Ptaci vrch. Heidelbeergestrüpp, Granit so weit das Auge reicht und sogar eine kleine Kletterei! In der Ferne sieht man die Schneekoppe, der Wetterturm piekst sich in die Wolken.

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Vom Weg kann ich teilweise nur die grobe Richtung erraten, herrlich.  

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Einen Platz für das Zelt zu finden ist nicht ganz einfach – der Boden ist uneben, viel Unterholz, und da wo es flach ist, Tierpfade. Ich finde dennoch ein schönes Plätzchen (mutig direkt neben einem Tierpfad, diesmal ohne Sturmabspannung), dank meines multiuse-Pizzakartons auch halbwegs schlafbar.

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Am nächsten Tag ist es früh heiß, der Schweiß rinnt, ein Gipfelchen jagt das nächste, ich habe seit gestern keine Menschen gesehen.

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Der "Weg" artet - in Ermangelung desselben - in anstrengende Kraxelei aus. Felsige Hochebenen, Steppe, Hochmoore. Wunderschön.

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Hier ist Birkhuhn-Gebiet, darüber klärt auch das Schild an einer kleinen Schutzhütte auf – in der hätte ich auch gut schlafen könne.

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Wasser und Nahrung gehen langsam zur Neige; auf meinem Weg ist ein Kiosk verzeichnet – dort angekommen stellt sich heraus: Eine Kühltruhe, Selbstbedienung – und ein großer Wasserkanister um die Getränkevorräte aufzufüllen.

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Der Weg führt über die Ruinen der Talsperre Bila Desna – im Jahr 1916 kam es hier zum Dammbruch, bei dem ganze Dörfer mit ihren Einwohnern den Wassermassen zum Opfer fielen. Infotafeln klären über die Tragödie auf; ein bisschen irritierend wirkt, dass eine Mountainbike-Strecke mitten durch den Schauplatz der Katastrophe läuft. Immerhin gibt es einen Selbstbedienungs-Kiosk und somit ein Eis am Stiel. 

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Viel zu früh habe ich die Einsamkeit der Naturschutzgebiete verlassen, es geht in den für seine Schönheit und Idylle berühmten Ferienort Jizerka; ein bisschen mutet die Gegend an wie ein Bergdorf im Allgäu.

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Tourismus heißt auch Gaststätten, in Hülle und Fülle! Auswählen, das hatte ich schon lange nicht mehr. Ein Restaurant wirbt mit Bernard vom Fass, vor einer Kulisse aus Wald, Wiesen und gemächlich widerkäuenden Highland Cattle. Einfache Entscheidung.

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Gefühlte drei Kilo schwerer erklimme ich im Abendlicht noch den Bukovec, Jizerka’s Hausberg und genieße den Sonnenuntergang.

 

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Dann schlage ich mich in den Wald an der polnischen Grenze, und suche einen Platz für mein Zelt. Nicht so leicht, ich traue mich nämlich nicht in Polen wild zu campen; wie streng dort das Verbot gehandhabt wird kann ich einfach nicht einschätzen. In Tschechien ist mir alles vertraut, da kann ich viel besser entscheiden, was geht und was nicht. Also versuche ich von der Grenze fernzubleiben; blöd nur dass der Wald steil ist im tschechischen Teil. Irgendwann finde ich dann ein Plätzchen, muss ja nicht schön sein, nur praktisch.

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Ich liege schon lange im Zelt, da werde ich durch Donnern und Getöse wach. Kurzer Schreck, dann die Erkenntnis: Es war nur ein in Panik geratenes Rudel Hirsche. Wieder kurze Pause, dann kriecht langsam die Frage hoch: Wovor waren die eigentlich in Panik? Ach ja, Isergebirge ist Wolfsgebiet. Mir fällt auf, dass ich mein Essen achtlos in die Ecke meines Zelts geballert habe. Mitten in der Nacht, in vollkommener Dunkelheit krabbel ich also mit Rotlichtlampe aus meiner schützenden Behausung, um zwanzig Meter weiter meinen Essens-Sack an einen Baum zu hängen. Bisschen gruselig ist das schon.

 

Der nächste Morgen weckt mit Regen – egal, ich werde mein Zelt bald trocknen können: Um mich vor der Überquerung des Riesengebirges ein bisschen zu erholen, habe ich nur einen halben Tag geplant – und mich in einem schicken Wellness-Hotel in Harrachov eingemietet; jetzt im Frühling ist alles frei. Voller Vorfreude auf einen ganzen Nachmittag in der Sauna mache ich mich auf den Weg. Immer am Fluss Jizera entlang (besonders kreativ ist man in dieser Gegend mit den Namen der geographischen Besonderheiten ja nicht), ein romantischer Wasserfall kostet mich ungefähr eine Stunde. Ich baue ein Stativ aus Trekkingstöcken, EVA-Matte und einem Haargummi. Iphones sind wasserdicht, hoffe ich.

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Das kurze Stück Weg ist nett, nicht atemberaubend - aber ich finde endlich einen Mülleimer, indem ich meine liebgewonnene, aber inzwischen auch schon ziemlich eklige Multiuse-Pizza-Pappe nach drei Tagen wegwerfe! Ein bisschen länger, und ich hätte ihr einen Namen gegeben... Lebwohl!

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In Harrachov (ein Skiort, wie man ihn erwartet) genieße ich als einziger Gast den Wellnessbereich des Bellevue mit Panorama-Sauna auf den Sessellift. Ich hoffe, dass die Scheibe Sichtschutz hat, und winke zum Test fröhlich den hochgondelnden Touristen zu. Da keine Reaktion kommt, ist das Glas entweder wirklich undurchsichtig, oder die Tschechen haben ein sehr ausgeprägtes Schamgefühl.  

 

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Selbstverständlich hat man Bier aus der benachbarten Micro-Brauerei (mit dem obligatorischen Wortwitz, den die Tschechen so lieben), und ich esse das pompösest angerichtete (und tatsächlich auch sehr schmackhafte) Tatar meines Lebens. 

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An die örtliche Postbox des Paketdienstleisters hatte ich mir von zuhause ein Care-Paket schicken lassen - mit einer Packung Kaltwachs-Streifen und meiner alten Regenjacke, die ich jetzt doch lieber benutze als die zwischenzeitlich gekaufte Decathlon Raincut.

In Harrachov hätte ich auch, nach über 400 km, zum dritten Mal die Möglichkeit vor Ort eine neue Gaskartusche zu kaufen. Brauche ich aber immer noch nicht.

Also trinke ich Bier, betreibe Körperpflege, wasche meine Wäsche und erwarte den nächsten Tag mit Aufregung und Freude - dann gehts nämlich hoch ins Riesengebirge!

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Bearbeitet von Kemma
Datum
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Das Isergebirge sieht wirklich ganz wunderbar aus. Die verschlungenen  einsamen Pfade erinnern mich an die Bayerwald Urlaube in meiner Kindheit. Damals Eiserner Vorhang, Zonenrandgebiet Einsamkeit im September, wenn nur noch Bayern Sommerferien hatte. 

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Danke für den liebevollen, wunderschönen Bericht.

vor 18 Stunden schrieb Kemma:

[...] diese Reise, deren Ende ich irgendwie immer noch nicht verkraftet habe [...]

So geht es mir auch immer wieder, obwohl mein Abenteuer auf dem Shvil Israel schon über ein Jahr her ist. Und trotzdem fühlt es sich an, als sei ich nicht richtig darüber hinweg, dass es vorbei ist. 

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