Zum Inhalt springen
Ultraleicht Trekking

Bohusleden Süd-Nord, Nov/Dez 2013


PossumSedNolo

Empfohlene Beiträge

Hallo alle zusammen,

ich hatte in Vorbereitung meiner geplanten Tour hier hier bereits nach Ausrüstungstips gefragt und auch wertvolle Hinweise erhalten. Nun möchte ich euch ein wenig von meiner Reise erzählen.

4o5w.jpg

Aufgrund äußerer Umstände habe ich 2013 leider erst spät im Jahr die Begehung eines Teiles des Nordseewanderweges in Schweden, den Bohusleden, in Angriff nehmen können. Diesen Weg alleine, autark und mit möglichst leichtem Gepäck zu begehen, war zum Teil Ergebnis, als auch Ziel dieser Reise. Die Vorbereitungen haben vermutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, als die Reise gedauert hat, doch diese Zeit gehört für mich bereits zur Vorfreude und zur Entspannung des Urlaubes. Geplant war die Tour für neun Tage Ende November bis Anfang Dezember, wobei je ein halber Tag an und Abreise, als auch ein Tag Göteborg eingeplant war. Am Vorabend des Abfluges wurde noch einmal die gesamte Ausrüstung auf Vollständigkeit und Funktion überprüft, wobei sich herausstellte, dass das gewählte Mittel zur Wasserdesinfektion, ein UV-Stick, nicht funktionierte. Dieses Problem sollte jedoch zu lösen sein, da ohnehin der Kauf der Gaskartuschen beim Schwedischen Outdoor-Ausrüster Naturkompaniet in Göteborg vor dem Start eingeplant war.

Der Hinflug bei schönstem Wetter offenbarte schon aus dem Flieger meine Heimat für die kommenden acht Tage:

llzv.jpg

Im Naturkompaniet eingetroffen hatte ich (typisch für die Schweden) ein äußerst freundliches Gespräch mit dem sehr hilfsbereiten und äußerst zuvorkommenden und nebenbei bunt tätowierten Schweden Niklas, der mir nicht nur die passenden Gaskartuschen verkaufte, sondern mir auch versicherte, dass man in Schweden keine Wasserdesinfektion vornehmen müsste, solange man sich von landwirtschaftlichen Betrieben fern hielte. Also kaufte ich keinen UV-Stick und trank das Wasser aus (fast) allen Bächen und Seen, die ich fand, ohne zu erkranken. Auch nahm Niklas gerne die aus einem Wasserrohr gebaute Transporthülle für die MYOG-Trekkingstöcke entgegen, die ich mir am letzten Tag meiner Reise für den Rückflug wieder abholen wollte. Dazu kam es zwar nicht, aber dazu später mehr.

Bevor ich den Zug nach Jonsered, meinem Startort, nahm schenkte ich der Jazz-Combo vor dem Hauptbahnhof meine letzten Münzen (natürlich um Gewicht zu sparen);-)

Ich aß meinen letzten Burger – zum Abgewöhnen und stellte mich auf das kommende Abenteuer ein.

 

Ja, es würde kalt werden, das versprachen schon die ersten Meter des Weges, der mich 175 km in den Norden Schwedens bringen würde.  

p9wo.jpg

44de.jpg

tm0h.jpg

Der Tag lief regelmäßig wie folgt ab: Es musste ein Schlafplatz in der Nähe von Wasser gefunden werden, um mich zu waschen, denn ungewaschen ins Bett zu gehen ist für mich fast so schlimm, wie sich in ca. +1°C warmen Wasser zu waschen – aber nur fast, also musste Abends immer ein „Wasserloch“ gefunden werden. Nach dem Aufhängen der Hängematte und der Vorbereitung des Abendessens wurde sich gewaschen und dann gegessen.

3qid.jpg

Noch eine SMS an die Freunde & Familie und dann um 18:00 ins Bett. An den ersten beiden Tagen habe ich ca. 13 Stunden geschlafen – die Stille im Wald oder die sternenklaren Nächte unter freiem Himmel sind nahezu unfassbar. Das Einzige, das einen wach halten könnte, ist der Wind. Sucht man im Sommer den Wald auf, damit man die Kühle genießen kann, so ist es im Winter/Herbst auch der Wald, da dieser Schutz vor dem Wind bietet, der einem sonst die wichtige Wärme wegpustet.

Morgens musste ich, um Wasser für die nächsten Stunden zu bunkern und mir die Zähne zu putzen, das dünne Eis auf den nächtlich zugefrorenen Seen zerschlagen.

pjgz.jpg

Dieses Wasser fror jedoch auch regelmäßig am Rucksack ein.

lsga.jpg

Dann wurde ca. acht Stunden lang gewandert, denn das Tageslicht zeigte sich nutzbar nur von 8:00 bis 16:00. Außerhalb dieser Zeiten musste mir Kopflampe gewandert werden, was jedoch mehr als unangenehmen, bei der Beschaffenheit der Wege war:

a1th.jpg

 

umm9.jpg

1drr.jpg

Kleine Pausen wurden genutzt, um Tee zu kochen, Fotos zu machen und die Aussicht zu genießen.

tskk.jpg

 

Auf den weniger schlechten Wegen konnte ich auch meine Wegzehrung im Laufen zu mir nehmen. In unregelmäßigen Abschnitten ist der Weg gesäumt mit sogenannten Vindskydd, Windschutzhütten, die hervorragend Platz bieten für eine Mittagspause oder einem Schlafplatz, wenn man die Hängematte nicht aufhängen möchte. Diese Hütten sind mit Feuerstelle und teilweise von den ehemaligen Bewohnern verziert worden.

pfhu.jpg

qdjc.jpg

An der Windschutzhütte in Trästickeln habe ich neben einem Floß aus dem Jahre 2011, so sagte es jedenfalls das hütteneigene Gästebuch, auch eine kleine Filmdose gefunden. Diese befand sich im bereitgestellten Briefkasten und war sicherlich schon seit Jahren dort unangetastet. Diese Dose enthielt neben Tabak, Zigarettenpapierchen, einem Filter und einer Anleitung zum Joint bauen auch eine hübsche Marihuana-Blüte.

xgmy.jpg

Jungs halt! :lol:

 

Auf der gesamten Tour bin ich außerhalb der Teile, die durch die Stadt führen nur zweimal anderen Menschen begegnet. Einmal zwei Wanderern, die den Bohusleden erst von Süd nach Nord bewanderten und sich nun am Ziel aufgemacht hatten, den Weg Rückwärts zu laufen. Das zweite Mal bin ich am sechsten Tag der Wanderung einer schwedischen Familie begegnet mit drei Kindern und zwei Hunden. Der Tag hatte irgendwie auf die Laune gedrückt, doch als der Vater, ausgestattet mit einem großen schwedischen Messer am Gürtel mich fragte, wo ich denn herkomme ergab sich folgende Konversation:

Ich: I’m walking the Bohusleden!

Mann: When did you start?

Ich: Six days ago in Jonsered.

Mann: That is… quite a distance! Are you sleeping outside?

Ich: Yes, in my hammock.

Mann: You are certainly the only one outside right now!

Das hat mich derart aufgebaut, dass es meinen Tag gerettet hat! :D

 

Der Bohusleden ist sehr gut mit orangefarbenen Markierungen versehen und dank Karten in 1:50.000 und einem Kompass konnte an sich nicht viel passieren, doch ist es zwei Mal vorgekommen, dass die Markierungen nicht mehr vorhanden waren und ich mir den Weg alleine suchen musste. Nicht zuletzt die Bieber sorgen immer mal wieder für versperrte Wege oder sogar entfernte Markierungen, sodass ich einmal den Weg auch durch eine Klettereinlage neu finden musste.

vsnu.jpg

Das Wetter während der gesamten Tour hätte nicht besser sein können. Es regnete insgesamt nur zwei Mal – nachts! Dennoch musste ich nachts teilweise alles anziehen, was ich an Kleidung mit hatte und am letzten Abend mir auch eine „Wärmflasche“ machen, indem ich heißes Wasser in meinen Getränkebeutel füllte und ihn mir zwischen die Beine legte. Gestartet bin ich mit einem Basisgewicht von 5,4 kg und ein einem Verbrauchsgewicht von 7,9 kg. Das waren in Summe gute 13 kg auf dem Rücken – also quasi nichts für eine Herbsttour. Auch hat die gute Planung gezeigt, dass ich nichts Essentielles vergessen hatte oder falsch eingeschätzt hatte. Bis auf Kleinigkeiten würde fast die gesamte Ausrüstung so wieder zu Einsatz kommen.

pu78.jpg

4a34.jpg

3quy.jpg

Der Weg war größtenteils deutlich anspruchsvoller als der West Highland Way, da er sich häufig kaum von einem Wildwechsel unterschied. Hinzu kamen die jahreszeitlichen Schwierigkeiten: Die nassen und bemoosten Steine und Wurzeln waren nun auch noch teilweise vereist. So kam es, dass ich öfter auf meinem Hosenboden landete und dabei auch meine selbst gebauten (133 g-) Trekkingstöcke zerstörte. Das wäre an sich nicht schlimm gewesen, doch für die Sümpfe waren die Stöcke hervorragend geeignet die Bodenbeschaffenheit zu prüfen, die Balance auf den Stämmen zu halten, die teilweise über die Schlammlöcher gelegt wurden und nicht zuletzt als Heringe für das Tarp über der Hängematte.

vgnt.jpg

xc5m.jpg

Natürlich war das auch das Ende für die Möglichkeit Selbstaufnahmen mit den Stöcken aufzunehmen, indem die Kamera daran befestigt wurde.

rsaq.jpg

 

Am vorletzten Tag wanderte ich in die nächstgrößere Stadt Munkedal und nahm den Zug zurück nach Göteborg, wo ich mir ein Hotelzimmer nehmen wollte, um dann entspannt nach ein wenig Sightseeing den Rückflug antreten wollte. Doch beim Bezahlen des Hotelzimmers stellte sich heraus, dass die Kreditkarte gesperrt war, da offensichtlich versucht wurde mit den Daten unberechtigte Transaktionen durchzuführen. Fast wäre es soweit gewesen, dass ich meine letzte Notfalloption hätte anrufen müssen: Johan, ein superlieber Kollege, den ich aus den internationalen Sitzungen kenne und der in Göteborg arbeitet und lebt und mir im Vorfeld seine private Nummer gegeben hatte, mit dem Angebot, mir zu helfen, wenn irgendetwas schief gehen sollte. Super, so eine Sicherheit im Hinterkopf zu haben!

Nach ca. vier Stunden Telefonaten, E-Mails und SMS auch mit den daheimgebliebenen Helfern (hier noch mal Dank an alle!) und der Bank wurde die Karte für die drei Minuten des Bezahlvorganges freigeschaltet und ich konnte dann doch erstmalig nach acht Tagen wieder in einem Bett schlafen. Am letzten Tag streifte ich noch durch das schöne Göteborg und besuchte natürlich auch Niklas, um ihm von meiner Reise zu berichten.

Eine Diskussion darüber, was funktioniert und was nicht, gibt es im Tourplanungsthread.

Bis bald, Roland

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 2 Wochen später...

Muss dir jetzt doch noch (bin nicht so oft hier) Respekt zollen, für den Mut zu dieser unwirtlichen Jahreszeit unterwegs in einem Land zu sein, das ich sehr liebe, aber nur vom Sommer her kenne.

Danke für die Erläuterungen und auch für die Bilder-Impressionen!

Schöne Tour - auch im November, etwas Sonne natürlich vorausgesetzt! (Freut mich für dein Glück!)

OT: Fragen zur Ausrüstung stelle ich dann im anderen Thread.
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vielen Dank,

für die schönen Fotos und den Bericht.

Ich hatte im Sommer auf der gleichen Strecke genausoviele Leute wie du im Winter- und bei den Bildern der Wegverhältnisse hab ich schon wieder leise geflucht - das war wohl meine Hauptbeschäftigung auf der Tour:).

Ohne die Stöcke - und dann noch mit Eis, das war sicher ne harte Zeit.

Grüße

Martin

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

OT:
die 22 Fotos (wenn ich mich nicht verzählt hab) im Beitrag, die wirklich sehr schön sind.

Interessant, die "filtert" mein Firefox einfach raus. Mit einem anderen Browser sind sie sichtbar - komisch, das ist mir mit dem Firefox noch nie passiert - jedenfalls nicht ungewünscht :!:

Nachtrag: der Adblocker Plus ist dafür verantwortlich
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Deine Meinung

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Benutzerkonto hast, melde Dich bitte an, um mit Deinem Konto zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

×
×
  • Neu erstellen...