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Ultraleicht Trekking

Wainwrights Coast to Coast Walk im August/September 2022


Antonia2020

Empfohlene Beiträge

Endlich mach mich mal an den Bericht und werde hier Stück für Stück unsere Reise dokumentieren. Es war für mich der tollste Urlaub ever und auch der erste längere mit dem Zelt. Für meinen Mann war es überhaupt das erste Mal, mit dem Zelt zu wandern; ich war schon ab und zu ein paar Tage in Deutschland allein unterwegs. Los geht's!

19.8. bis 10.9.2022

Intro

Mein Mann ist Mitte fünfzig, ich Ende vierzig. Wir beide sind im Moment alles andere als fit. Ich hatte zwei doofe OPs im Bauch, eine größere vor sieben Wochen. Mein Mann hatte ziemlich krass Corona und kämpft noch. Egal. Wir wollen jetzt mit dem Zelt wandern gehen. Wir mussten dieses Jahr schon zwei Reisen absagen und schwanken zwischen Dänemark und Schweden, weil es dort wenig Steigungen gibt. Aber dann trauen wir uns einfach, das zu machen, worauf wir beide am meisten Bock haben. Nordengland, C2C. Ich habe gelesen, dass man nicht viel planen muss und einfach losstiefeln kann. Das machen wir auch, nur die Unterkunft für die erste Nacht ist gebucht und Essen für vier Frühstücke und Abende im Rucksack. Plus jede Menge etwas obskurer Trailmix, den ich vor Wochen für die erste Reise gebastelt hatte. Leider hatte ich zu dem M&M Nuss-Mix noch Salzbretzeln dazugetan, die mit Zwiebel-Honiggewürz aromatisiert waren. Hatte ich erst hinterher gemerkt. Dieser Geschmack wird uns ziemlich lange begleiten. Ungefähr die Hälfte der ca. 300 km von der West- an die Ostküste Nordenglands.

Wer mehr zum Trail wissen will, kann auf Wikipedia oder Wikivoyage schauen. Meine Packliste (da ich mir Sachen mit meinem Mann teile, sind dann Items mit 0.5 angegeben). Mit dem Baseweight von 6.25 kg bin ich soweit zufrieden.

Etappe 1 Köln – St. Bees

Facts: Von Köln aus sind wir mit dem Flixbus nach Amsterdam, dann mit der Fähre (DFDS) nach Newcastle und von dort mit verschiedenen Bussen nach Whitehaven gefahren. Von dort ging es zu Fuß ca. 7 km nach St. Bees, da es keinen Bus gibt. Die direkte Zugverbindung Newcastle – St. Bees mit Nothern ist wegen eines Streiks ausgefallen. Übernachtung im B&B The Manor.

Tipps: Man braucht für England tatsächlich einen Reisepass. Weiß wahrscheinlich jeder außer uns. Wir haben über die Last Minute Option des Kölner Einwohnermeldeamtes noch einen bekommen – und konnten so der klammen Kommune etwas aushelfen. Unbedingt die Zubringer zur und von der Fähre buchen. Man kommt sonst nicht mit den Öffis hin oder weg (zumindest nicht unseren Recherchen nach). Die Fähre unbedingt früh buchen, das macht echt was aus. Wir haben zu zweit in der billigsten Kabine für eine Strecke 325 Euro bezahlt inkl. Zubringern, weil wir uns erst ca. 2 Wochen vorher entschieden haben. Außerdem sollte man bedenken, dass es in England andere Stecker gibt. Wir haben uns vor Ort ein billiges Ladegerät gekauft. Das hat uns zu zweit gereicht.

Fun: Die Fähre ist einfach der Hammer. Wir legen in Amsterdam bei strahlendem Wetter ab, essen auf dem Oberdeck Eis, unser Bütterken bei Sonnenuntergang und  schippern in der Minikabine in Stockbetten ganz sanft Newcastle entgegen. Ich spüre in diesem Moment, dass der Urlaub auf jeden Fall gut wird, egal was kommt. Dass der gebuchte Zug von Newcastle nach St. Bees dann spontan wegen Streik ausfällt und wir viele Stunden lang in verschiedenen lokalen Bussen über die Insel trödeln, finde ich eher cool als anstrengend. Im Regen laufen wir dann die letzten 7 km nach St. Bees und das ist ebenfalls fantastisch. Unser Mindset rüttelt sich, wir sind bereit. B&B Pizza und Bier abends. Ich bin so aufgeregt.

Zubringer zur Fähre:

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Weg von Whitehaven nach St. Bees:

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B&B, nicht das Beste am Platz...

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...was man unter anderem daran erkennt, dass das Ende des Wasserhahns nicht ins Becken zeigt.

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Etappe 2 St. Bees – Raven Crag

Facts: 19 km, erst an der Küste entlang, dann geht es Richtung Osten. Zunächst durch hügelige Landschaft mit viel Weidefläche für Schafe. Dann durch ein paar kleinere Ortschaften. Zum Schluss überqueren wir den Dent, den ersten richtigen Hügel mit gut 350 m. Der Dent ist unser Eingang in den Lake District. Danach geht es steil bergab und wir übernachten im Zelt in einem kleinen Tal an einem Bach direkt unterhalb von Raven Crag.

Tipps: Am Strand von St. Bees gibt es ein nettes Strandlokal. In Cleator kann man im Ennderdale Country House gepflegt einen Tee trinken, bevor es ernst wird. Den sehr guten Camp Spot habe ich von Alby Williams, einem älteren Herrn, der laufend den C2C wandert und in einer Facebook-Gruppe immer Updates postet, wo man gut übernachten kann.

Fun: Die Sonne scheint, wir sammeln, wie der Brauch es will, jeder einen Stein am Strand von St. Bees ein. Das Full English Breakfast in der Veggie-Variante liegt gut im Magen. Schon bevor wir den ersten Meter gewandert sind, lernen wir zwei Frauen aus der Schweiz und eine Irin kennen. Der Rucksack fühlt sich krass schwer an und ich bereue zutiefst, dass ich so viel Essen eingepackt habe. Mir scheint, dass in England trotz EU-Austritt die Lebensmittelversorgung gesichert ist. Einmal verlaufen wir uns und müssen ein Stück auf Schienen gehen und eine Böschung herunter klettern. Wir führen mehrere Smalltalks mit Engländern. Das fühlt sich anders an als in Deutschland. Die Gespräche sind freundlich, interessiert und genau in der richtigen Länge, damit es nicht seltsam wird. Als wir über den Dent wandern, bilde ich mir ein, dass das bestimmt die höchste Stelle auf dem Trail ist. Ich hab das Gefühl, ich kriege keine Luft mehr nach dem Anstieg. Der Ausblick ist allerdings fantastisch: Auf der einen Seite das Meer und auf der anderen Seite die weite Landschaft des Lake Districts. Unten schlagen wir das Zelt genau dort auf, wo ich die von Alby markierte Stelle in der Karte eingezeichnet gesehen hab. Es dauert ewig, bis das Zelt steht und wir essen können. Aber es ist ja auch das erste Mal. Ich versuche mir einzuprägen, wo Kuhfladen liegen, damit ich nachts nicht drauftrete. Das klappt fast. Nachts regnet es ziemlich stark. Ich fühle mich ganz arg glücklich und beseelt von dem Tag.

Schade, wir müssen schon los, obwohl es noch so viel zu erleben gäbe:

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Mr. Wainwright, der sich den Weg ausgedacht hat, indem er lauter lokale kleine Wege zu einer Querung der Insel zusammengefügt hat:

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Ultraleichte Steine:

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Ein Blick zurück auf St. Bees:

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Es geht los, das sind die ersten paar Meter:

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Die Bahn streikt ja:

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Da war Liz noch nicht gewählt:

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OK, wir sind nicht ganz außerhalb der Zivilisation:

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Wie geht das jetzt?

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Nicht unbedingt ein perfect pitch, aber es steht für die erste Nacht:

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Etappe 3 Raven Crag – Ennerdale Lake

Facts: 12 km, zunächst zum Ort Ennerdale Bridge, am Ennerdale Water vorbei und dann noch ein Stück hoch bis zur Jugendherberge Ennerdale, wo wir übernachten. Die Etappe ist größtenteils flach, aber am See entlang schwierig zu gehen, weil der Weg fast die ganze Zeit über Steine führt. Zwischen den Steinen fließt bei Regen viel Wasser und man muss darauf bedacht sein, nicht auszurutschen. Es regnet fast non stop. Einmal biegen wir falsch Richtung See ab und geraten in eine fiese Kletterpartie, die selbst ich, als eher unerschrockene Person mit Hang zur Selbstüberschätzung, fies finde. Don’t try this at home! Der Weg ist eigentlich einfach, aber an entscheidender Stelle nicht gut ausgeschildert. Am Steilhang helfen auch detaillierte Karten und die Navigationsapps (wir nutzen FarOut und Osmand+) nicht weiter. In diesem Jahr ist der Weg zum National Trail gekürt worden, daher wird sich die Beschilderung demnächst sicher verbessern.

Tipps: In Ennerdale Bridge gibt es einen kleinen Community Store, der ehrenamtlich geführt wird. Hier bekommt man auch Tee und Snacks. Wenn man am See nicht weiß, wie es weitergeht, sich eher Richtung Berg halten.

Fun: Der Laden in Ennerdale Bridge ist britisch gemütlich und zum ersten Mal begegnen wir der hiesigen Snackwelt (Käsesandwich, Schinkensandwich). Wir treffen die Irin wieder, die erzählt, dass sie seit März durch England und Schottland wandert und auch gerade Corona hatte. Außerdem hat sie wie ich eine Sehnengeschichte am Fuß. Wir praktizieren daher beide die stündliche Pause mit kleiner Massageeinheit. Das hilft. Das Ennerdale Water sieht bei dem Wetter geheimnisvoll, einsam und tief aus; die Hügel – ich finde, es sind eher Berge – wirken unnahbar und riesig. Am See (wir so: Schneckentempo) weichen wir ein paar Trailrunnern aus, die wie die Wahnsinnigen den Weg entlang preschen. Ist das nicht voll gefährlich? Ich frage mich, ob wir mit unserem groben Plan, 18-20 km am Tag zu gehen, wohl zurechtkommen werden. Nach unserer Kletterpartie wegen Verlaufen ist der Adrenalinlevel hoch und ich bekomme ziemlich Respekt vor den Hügeln des Lake Districts. Ich bin erleichtert, dass uns nix passiert ist, das hätte auf viele Arten schief gehen können. Außerdem frage ich mich, wo wir wohl übernachten, denn es regnet fast die ganze Zeit und die Wiesen hinter dem See sind eher Sümpfe. Wir fragen erst an einer privaten Herberge, die heute Nacht von einer Gruppe der englischen Armee bewohnt wird, ob auf der Zeltwiese Platz ist. Nein, ist nicht, obwohl kein Zelt dort steht. Wie durch ein Wunder gibt es Platz in der Jugendherberge ein paar Meter weiter. Ich finde es erst zu teuer, weil wir ca. 110 Euro für einen Platz im Gruppenzimmer ausgeben. Aber das war falscher Geiz, denn erstens gibt es einen Trockenraum, zweitens sind wir allein im Zimmer und drittens führen wir superinteressante Gespräche über den Brexit und die politische Lage in Großbritannien mit einem jungen Mann. Hier herrschen im Moment 14 % Inflation und die Gegend ist eher arm. Ich möchte ihn adoptieren, damit er zurück in die EU kann. Er prognostiziert, dass Lizz Truss die Wahl zum Premier gewinnt, es aber weniger als ein Jahr machen wird. Ich bin, obwohl erst kurz unterwegs, gedanklich weit weg von Zuhause und all den doofen Sachen, die dieses Jahr schon passiert sind. Mich über kommt eine fast unwirkliche Leichtigkeit, das ist fast zu schön, um wahr zu sein.

Richtung Ort:

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Rote Eichhörnchen sind in der Gegend etwas besonders schützenswertes. Als wir einmal nachfragen, erzählt uns eine Frau, dass es an dieser Stelle nur noch ganz wenige gibt. "We lost one last year, it was tragic."

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Das Ennderdale Water ist der westlichste See des Lake Districts und besonders wenig von Touristen besucht (ansonsten ist es im Lake District ziemlich busy). Hierin kommt man anscheinend nicht gut mit dem Auto oder den Öffis.

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Während wir dort runtergeklettert sind, hab ich mich die ganze Zeit gefragt, wie die Senioren das schaffen, die ich auf Facebook alle happy den Trail gehend gesehen hab. Bis wir gecheckt haben, dass wir falsch sind, waren wir schon so weit unten, dass ich mir nicht vorstellen konnte, mit dem Rucksack dort wieder raufzukommen. Wir nehmen uns für den weiteren Weg vor: Erst denken, dann gehen.

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Vielleicht können wir uns  zu den Hühnern legen und warten bis es nicht mehr regnet?

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Der safe space für heute Nacht. Es ist ein Geschenk, dass wir hier sein dürfen.

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Etappe 4 Ennerdale Lake – Slate Bothy (Dubs Hut)

Facts: 9,5 km (plus 10 km Extralatsch), zunächst stetig bergauf zur nächsten Jugendherberge Black Sail, die abgelegen und nur fußläufig erreichbar am Rand eines Steilhanges liegt. Dann hoch und etwas weiter auf der Ebene in Richtung Honister Pass. Übernachtung in der Dubs Hut (ca. 500 m vom Trail entfernt gelegen).

Tipps: In der Jugendherberge Black Sail stand die Tür zum Aufenthaltsbereich einfach offen, obwohl niemand da war. Wir konnten uns in der Küche einen Tee machen, Snacks waren auch da. Geld kann man in eine Box werfen. Der kleine Aufenthaltsraum ist gemütlich mit Holzbalken und rustikalen Tischen. Die Dubs Hut ist eine alte Schieferhütte in einem Schieferabbaugebiet. Sie wird von der Mountain Bothy Association unterhalten und kann von Wanderern unter Einhaltung des Bothy Codes frei genutzt werden. Statt des Weges, den wir gegangen sind, kann man bei schönerem Wetter auch eine Alternativroute auf der Höhe gehen. Man kommt dann am See Innominate Tarn vorbei, in dessen Tiefen auch die Asche des Wegbegründers Alfred Wainwright ruht.

Fun: Mit einer Wettervorhersage, die nichts Gutes ahnen lässt, machen wir uns auf den Weg. Kurz darauf holt uns Phil ein, nach erstem Check ultraleicht unterwegs. Er ist schon in Rente und geht den Trail für Charity Zwecke. Phil sammelt für psychisch erkrankte Irakkriegsveteranen. Wir versuchen mit ihm Schritt zu halten. Sein Plan ist, den Trail in unter 10 Tagen zu schaffen. Als wir nassgeregnet in der Black Sail Jugendherberge pausieren, begegnen uns weitere Wanderer, die den Weg mit Gepäcktransport und sogar mit privatem Führer gehen. Diese Wanderer sind extra aus den USA hierhin gereist. Ich finde das seltsam in Zeiten des Klimawandels, aber das mag jede:r selbst beurteilen. Phil nennt diese Art des Wanderns deutlich: „Ah, you are cheating!“. Ich bin ganz stolz, dass wir nicht cheaten, aber trotzdem ein bisschen neidisch auf den Gepäcktransport. Mir fällt auf, dass ich andere Wanderer sofort begutachte (welche Ausrüstung, wie schnell), in eine Schublade stecke und finde mich richtig doof dabei. Wie als Strafe stelle ich fest, dass meine Geldbörse weg ist. In der Hoffnung, sie wieder zu finden, latschen wir 5 km im Regen zurück zum Start und wieder zum Pausenort hoch. Diesmal treffen wir die Irin vom Anfang des Weges wieder und machen einfach nochmal Pause. Sie heißt Ann; den Namen habe ich geändert, weil ich nicht weiß, ob sie Teil dieses Berichtes sein will. Eigentlich heißt sie sogar Sister Ann: Sie lebt als buddhistische Nonne in Frankreich und wandert in einer Art Sabbatzeit ein gutes halbes Jahr durch England und Schottland. Wir unterhalten uns darüber, wie wir mit dem Regen umgehen. Tatsächlich wirkt sie entspannt damit, nass ist halt einfach nass, aber nicht schlimm. Sie geht immer nur ein bisschen, die Reise dauert so lang, wie sie dauert. Sie erzählt uns, dass sie heute in einem Bothy oben auf der Ebene schlafen will und fragt uns, ob wir mitwollen. Ich bin etwas beschämt, aber ich möchte sehr gern. Das Bothy-System kenne ich noch nicht. Als wir nach einem längeren Aufstieg auf einem Weg, der eigentlich nur noch Bach ist, in der Dämmerung nass und kalt in der Hütte ankommen, wirkt die Hütte wie ein Wunder. Es gibt einen Ofen mit ein bisschen Holz und zwei kleine Holzebenen, auf denen man seine Matratze ausbreiten kann. Es sind schon zwei Spanier da, die etwas verzweifelt wegen der mangelnden Regentauglichkeit ihrer Ausrüstung sind. Dann kommt noch ein junges Paar, mit Kuchen für den Geburtstags des Mannes und weiterem Ofenholz im Gepäck. Die beiden werfen den Ofen an, wir alle kochen uns auf unseren verschiedenen Kochern unsere Mahlzeiten, wir singen in verschiedenen Sprachen ein Geburtstagslied, essen Kuchen und schlafen dann friedlich ein. Sister Anne singt dazu noch eine alte irische Weise.

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Von dieser Sorte Dosenfleisch (SPiced hAM) stammt tatsächlich der Begriff Spam.

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Etappe 5 Slate Bothy – Irgendwo zwischen Calf Crag und Gibson Knot

Facts: 14,5 km. Bis zum Honister Pass sind es nur noch wenige Meter, danach verlassen wir die Höhe und gehen runter in eine kleine Ebene durch die Örtchen Borrowdale, Longthwaite und Rosthwaite. Jetzt wird wird es wieder richtig einsam. Der Pfad führt an einem Fluss voran aufwärts und durch unzählige Moor- und Sumpfstellen, an vielen Quellen vorbei und  über verschiedene „Hügel“. Am Schluss gehen wir auf der Höhe (ca. 500 HM) bis zu unserer Schlafstelle zwischen Calf Crag und Gibson Knot, wo wir das Zelt aufstellen.

Tipps: In Borrowdale im Farmcafe Flock Inn kann man ganz wunderbar einen Snack einnehmen und gesittet in die Landschaft glotzen.

Fun: Start bei strömenden Regen. Wir alle aus der Hütte gehen unserer Wege. Die beiden Spanier wollen möglichst schnell nach Grasmere, um dort bessere Schuhe zu besorgen. Sister Ann will sich mit einer Ordensschwester im Café in Honister Pass treffen und dann etwas mit dem Trail pausieren. Das junge Paar will zu einem der Seen runter und trotz des Wetters (es ist ziemlich kühl) schwimmen gehen. Ich will vor allem gern, dass der Regen aufhört. Mein Paar Socken ist zwar über dem Ofen trocken geworden, aber das wird nicht lange halten. Schon einmal komplett nass kommen wir kurz nach dem Start am Honister Pass vorbei, wo man zusammen mit Horden von Bustouristen Kaffee trinken und sich ein Schiefermuseum anschauen kann. Wir gehen munter weiter, schließlich wollen wir ein paar Kilometerchen schaffen nach dem gestrigen Kurztrip. Leider ist der Weg ziemlich sumpfig, sodass das Laufen langsam geht. Ich versuche, Stellen zu finden, wo ich nicht im Wasser versinke. Denn die Füße sind zwar nass, aber quietschnass ist doofer. An uns vorbei sprinten zwei UL-Trekker (sofort am Equipment und den Shorts erkannt), als wär das nix. Respekt, Mann! Richtung bergab hört endlich der Regen auf und es wird auf einmal wunderschön sonnig. Man sieht mindestens eine Million Grüntöne. Mein Mann hat heute Morgen erfahren, dass wir am letzten Tag durch die regenreichste Region Englands gewandert sind – kein Wunder, dass es überall so krass üppig ist. Unten im Tal kommen wir durch ein paar idyllische Örtchen und pausieren in einem Farmcafé bei Pasty (gesprochen: Passti) und Käffchen. Diesen Moment finde ich ein bisschen magic, weil alles so superenglisch ist, wie aus dem Bilderbuch. Der kauzige freundlich Mann, der hinter dem Tresen steht, die Terrasse und das Gärtchen wie aus der Landlust und die anderen Gäste so ausgesprochen höflich und freundlich. Ich will gar nicht weiter, aber wir sind ja sozusagen eben erst losgegangen… Der weitere Weg ist beschwerlich, denn durch den Regen sind die Wege zu Bächen geworden. Je höher wir kommen, desto sumpfiger wird es wieder. Oben auf den Kuppen sammelt sich das Wasser in großen Arealen, durch die man kaum durchkommt. Es dauert ewig. Mir wird klar, dass wir wieder nicht viele Kilometer schaffen und nicht den Alby-Spot erreichen werden, den ich am Morgen angedacht hatte. Zum ersten Mal bei dieser Reise bekomme ich ein etwas beklemmendes Gefühl, denn hier kann man sein Zelt nirgendwo aufstellen und es wird schon dämmrig. Wir gehen nun mit dem Blick darauf weiter, wo man vielleicht „notzelten“ kann. Aber alles, was wir ausgucken ist, entweder Sumpf oder abschüssig. Ich hab das Gefühl, dass die Schafe uns belustigt anschauen, die fühlen sich hier nämlich wohl. Auf den letzten Drücker findet mein Mann auf einer schmalen Kuppel einen kleinen Platz, der funktionieren wird. Ich bin so erleichtert. Es gibt eine schöne Aussicht, aber wir müssen uns beeilen und kalt wird es auch. Schnell ins Zelt, Socken auswringen, ein bisschen aneinanderkuscheln und noch eine Folge vom Podcast hören. Mein Mann schläft augenblicklich ein, ich brauche immer ein paar Minuten.

Am Honister Pass:

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Ein supertypisches Bild für den ganzen Trail sind die Schafe mit den langen Schwänzen. Das ist eine besondere Rasse - ich glaube, es handelt sich um das Swaledale Sheep

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Der C2C-Trail hat keine eigene Beschilderung, es gibt alle möglichen Arten von Wegmarkierungen:

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Das Tal bei Borrowdale:

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Snacks im Flock Inn: Lammpasty, direkt vom Schaffarmer. Eins vorweg: Zuhause sind wir Veganer, mir war jedoch klar, dass wir in England nicht weit damit kommen. Allein, hier gibt es noch nicht mal Veggie, also gönnen wir uns dieses unglaublich leckere Mini-Gericht zusammen mit Onion-Chutney. Dazu gibt es  Mint-Cake, da war ich neugierig drauf, seit ich ihn zum ersten mal als berühmte typische Wegzehrung in einem Shop Ennderdale Bridge gesehen haben. Er entpuppt sich jedoch als ein großer Block aus purem Zucker mit Minz-Geschmack. Tag05-9.jpg

Wir nutzen jede Sekunde, um die Schuhe ein bisschen zu trocknen. Das sind übrigens die Evadict-Trailrunner vom Decathlon, mit denen mein Mann ziemlich zufrieden war. Ich bin froh, dass ich zum Laufen zwei Paar Socken mitgenommen habe. Eins kann ich dann tagsüber am Rucksack trocknen (bei Regen tue ich es in eine Plastiktüte) und eins wird gerade nass.

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Glotz glotz, snack snack...

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Und schon wieder losgehen:

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Kurz vor dieser Stelle begegnen uns ungefähr 30 schlammverschmierte Jugendliche mit zwei erwachsenen Begleitern in National Trust T-Shirt. Jetzt sehen wir, was sie gemacht haben. Auf etlichen Hundert Metern Länge wird der Weg befestigt. Der C2C ist nämlich 2022 zum National Trail ernannt worden und wird jetzt Stück für Stück besser ausgebaut und beschildert.

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"Gipfel"-Kaffee - hier sieht man meine gebastelte Windschutzkonstruktion aus dem Kleine-Basteleien-Faden. Ich hatte eine runde Folie mit Loch für den Brenner und dann ein langes Rechteck zum drumrumbiegen gebastelt. Das hat so weit ganz gut geklappt, war aber irgendwie eine Friemelei. Ich hätte gern was anderes.

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Tolle Aussicht, aber: Das ist einer der beiden Plätze, wo ich zelten zwar toll, aber irgendwie nicht korrekt fand. Wir haben sehr darauf geachtet, nix zu hinterlassen, aber immerhin haben wir an einer relativ vulnerablen Stelle das Gras plattgedrückt. Es gab zwar viele Schafe, aber es war ja auch sehr nass und da will man den Boden nicht unnötig beschädigen. Ich hatte mich vorher informiert, wie es in England mit dem Wildzelten ist: Nicht legal, wird aber toleriert. Genauso war es auch. Wir sind nie blöd angequatscht worden, obwohl viele Leute unser Zelt gesehen haben (hier allerdings nicht). Oft standen wir direkt neben einem Weg, wo es eh platt war. Aber hier... ich weiß nicht. Immerhin hab ich den ganzen Weg über nur sehr selten, fast nie, Müll herumliegen sehen und NULL Taschentücher vom Pinkeln. Das ist also ganz anders als in Südtirol, wo ich schon relativ häufig in touristischen Gebieten wandern war und oft kleine Verzweiflungsanfälle deswegen bekommen habe.

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Etappe 6  Irgendwo zwischen Calf Crag und Gibson Knot - Patterdale

Facts: 22 km. Noch ein bisschen auf der Höhe entlang bis zu Helm Crag, dann ein relativ steiler Abstieg Richtung Grasmere. Der Weg führt nicht durch Grasmere, aber wir machen einen 1,5 km-Abstecher dorthin zum Einkaufen und Snacken. Dann geht es langsam und stetig hoch zum See Grisedale Tarn und ebenso langsam und stetig wieder runter in das Örtchen Patterdale. Hier übernachten wir ungefähr 1 km abseits des Weges auf dem Side Farm Campingplatz direkt an dem großen Ullswater-See.

Tipps: Direkt am Helm Crag hätte man wirklich gut das Zelt aufschlagen können. Schade, dass wir es nicht bis dahin geschafft haben. Hierher kommen viele Ausflügler und das Gras ist eh platt. Man ist halt nur nicht einsam im Sinne von es sieht einen keiner. Grasmere ist ein wirklich netten Städtchen im Vergleich zu den anderen Orten, durch die man kommt. Ein Abstecher lohnt sich also, wenn man Bock hat, ein bisschen gepflegt Kaffee zu trinken, mal in einen Outdoor-Laden zu gehen oder überhaupt die Ausflugs-Atmosphäre des Lake Districts zu schnuppern. Es gibt auch eine öffentliche Toilette und gute Möglichkeiten zum Einkaufen – sowohl leckere Pasties als auch einen kleinen Supermarkt. Oben am Grisedale Tarn hätte man auch gut zelten können. In Patterdale gibt es keinen Shop; der Supermarkt hat seit kurzem geschlossen. Den Campingplatz finden wir beide nicht so nice. Fast alle Plätze sind abschüssig, die Anlagen zum Duschen sind ziemlich runter und nicht wirklich sauber (immerhin warm). Außerdem kann man zwar Waschen und Trocknen, aber es gibt kein Waschmittel. Wir haben welches von einer Zeltnachbarin geschenkt bekommen. Einen Aufenthaltsraum, Steckdosen, einen Mini-Shop oder eine Küche gibt es ebenfalls nicht. Aber die Lage am See ist natürlich toll und man muss sich vorher nicht anmelden. In den Ort zum Essen sind es nochmal so 1-1,5 km. Nicht unbedingt das, was man mit steifen Gliedern abends noch machen will.

Fun: Obwohl der Tag lang ist, finde ich ihn ziemlich entspannt. Ich mag Grasmere (lecker Pasty mit Cheese & Onion-Chutney aus einer Bäckerei). Der Ort wirkt einfach sehr freundlich und einladend. Wir decken uns zum ersten Mal mit Fertignahrung ein, weil meine selbstgemachten dehydrierten Mahlzeiten alle sind. Ab jetzt sind Tütensuppen unsere Freunde. Außerdem ist das Wetterchen super und das macht zur Abwechslung wirklich Laune. Oben auf der Höhe am Grisedale Tarn gönnen wir uns ein weiteres schönes Päuschen und kommen abends in Patterdale erst gegen halb acht an. Irgendwie schaffen wir es nie, beizeiten im Camp zu sein. Wir beide sind keine wirklichen Frühaufsteher (aufwachen so gegen 7). Aber bis wir loskommen, ist es meistens 9 Uhr. Also nix mit „leave early“. Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass wir ständig netten Menschen begegnen? Wir werden nonstop freundlich angesprochen und quatschen dann 5-10 Minuten. Meist handelt es sich fitte „ältere Herrschaften“, die hier im Lake District Urlaub machen und in beachtlichem Tempo durch die Landschaft öschen. Aber Zeit für einen Plausch muss sein. Für mich ist das eines der besten Features des Weges. Ab und zu treffen wir auch andere Coasties, aber die sind eher nicht so gewillt zu quatschen, sondern scheinen vorankommen zu wollen. Heute merke ich zum ersten Mal meine Knie und eine gewisse Steifigkeit, die sich breitmacht. Na, kein Wunder. Wir waren ja alles andere als trainiert zu Beginn.

Diese Insekten sammeln sich oft zu Dutzenden zwischen Außen- und Innenzelt. Sie machen nix und befinden sich auch überall im Gras. Sie können fast nicht fliegen und hupfen eher. Man muss echt aufpassen, dass man sie nicht aus Versehen zerquetscht, weil es so viele sind:

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Weg Richtung Grisdale Tarn:

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Grisedale Tarn. Ganz schön windig hier, aber dafür auch sehr atmosphärisch:

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Farn gibt es auf dem Weg überall in sehr vielen Erscheinungsformen. Manchmal geht man durch fast mannshohe Farnwälder. So eine Vegetation kenne ich aus Deutschland nicht.

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Abstieg Richtung Patterdale:

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Ein Wort zu unserem Zelt, dem BA Copper Spur HV UL2. Es hat sich absolut bewährt. Wir kommen zu zweit gut darin klar, weil es im Innenzelt so viele Taschen gibt, in denen wir beide unser Zeugs lagern können. Ansonsten hätten wir in der Enge nicht gut Ordnung halten können. Außerdem find ich gut, dass das Innenzelt bis zu einer gewissen Höhe nicht aus Mesh, sondern aus einem dünnen Stoff ist. So schützt es vor Wind. Es hat auch genug Punkte, an denen man es mit zusätzlichen Leinen abspannen kann. Das wird uns besonders in der letzten Nacht helfen, wo es ziemlich gestürmt hat. Im Vergleich zu meinem TT Rainbow, mit dem ich bisher allein unterwegs war, fühlt sich dieses Zelt wie purer Luxus an. Der Aufbau geht trotz Innenzelt schnell und ist mehr oder weniger idiotensicher. Wir nutzen es mit dem BA-Footprint, den es in einem Angebot sehr günstig dazu gab. Durch ein System mit Steckschnallen am Footprint kann man das Zelt bei Regen so auf- und abbauen, dass die Sachen trockenbleiben. Das funktioniert erstaunlich gut, allerdings nur mit einer Person im Zelt.

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Hier sagt man Bescheid, dass man zelten will und bezahlt. Zum Campingplatz selbst läuft man dann noch ca. 1,5 km.

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  • 3 Wochen später...

Etappe 7 Patterdale – Haweswater Reservoire

Facts: 12 km. Jetzt geht es hinauf auf den höchsten Punkt des Weges bei Rampsgill Head (792m) and Kidsty Pike. Dabei passieren wir den See Angle Tarn mit seinen zwei Mini-Inseln. Danach führt der Weg steil bergab zum Haweswater Reservoire, einem Stausee, der in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts zur Trinkwasserversorgung von Manchester aufgestaut wurde. Wir übernachten aus einer Not heraus an einer Mauer, die das Areal um den See herum absperrt.

Tipps: Auf diesem Teilstück gibt es keine Einkehr. Ganz wunderbar für ein frühes Päuschen eignet sich das Gelände rund um den Angle Tarn. Dieser Ort ist wahnsinnig schön.

Fun: Heute kommen wir besonders spät los, dabei wissen wir, dass es ein anstrengender Tag wird. Wir haben nicht mehr ausreichend Essen und gehen daher in den Ort ohne Supermarkt zurück, um etwas aufzutreiben. Das gelingt leicht. Bei einem kleinen Imbiss direkt am Fluss versorgen wir uns mit Chips und Bütterken. Wir trinken noch ein Käffchen, essen schon mal ein eine Vorab-Chipstüte leer, und dann machen wir uns den Hügel rauf. Wieder durch diese märchenhaften großen Farne, bis auf wir der Höhe ankommen. Hier liegt der kleine See Angle Tarn und wenn wir nicht schon zwei Pausen hinter uns hätten, hätte ich hier am liebsten Stunden verbracht. Aber schnüff, wir müssen weiter. Oben nahe des Kidsty Pike verlaufen wir uns ein bisschen, daher kommen wir heute nicht wirklich weit. Als wir schließlich auf dem Gipfel sind, tauchen plötzlich zwei Mountain Biker auf. Ich mag es meistens nicht, wenn mir Mountainbiker begegnen, denn sie sind oft so schnell und man muss zur Seite springen. Hier handelt es sich jedoch um zwei sehr nette und gesprächige junge Männer. Einer hat von seiner Frau Brownies mit Marshmallows drauf mitbekommen und diese Köstlichkeit teilt er mit uns. Und zuuuuussschhhh sind die beiden schon wieder downhill unterwegs. Wir machen uns ebenfalls an den Abstieg. Und der schmerzt. Es ist steil und meine Knie tuen richtig weh. Daher dauert es ewig. Unten wartet der Stausee auf uns, der um diese Jahreszeit (oder ist es auch der Klimawandel?) sehr wenig Wasser führt. Eigentlich wollen wir am Stausee vorbei und uns dann ein Plätzchen zum Übernachten suchen. Aber daraus wird nix, denn: Mein Mann kriegt Sonnencreme in die Augen.  Klingt bekloppt, aber es entpuppt sich als ziemlich unangenehm. Innerhalb einer Stunde und mehreren Pausen inklusive Versuchen, die Augen mit Wasser auszuwaschen, wird es richtig schlimm. Mit einem zusammengekniffenem tränenden Auge stolpert mein Mann über die den felsigen Trail. Dabei machen wir auch zum ersten Mal Bekanntschaft mit den Midges. Beware!!! Irgendwann wird klar, dass wir es nicht mehr bis zum Ende des Sees schaffen. Aber hier zu übernachten ist auch schwierig. Der See ist aus gutem Grunde abgesperrt. Daneben führt der Weg entlang, auf dessen anderer Seite es bergauf geht. Schließlich finden wir ein Plätzchen an der Mauer, sind dankbar über den Windschutz und hauen uns mit schlechtem Gewissen auf die Matratzen.   

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Angle Tarn:

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Rund um den Kidsty Pike:

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Richtung Stausee. Man kann schon sehen, dass er wenig Wasser führt. Das frühere Dorf kann man aber noch nicht sehen.

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Not-Camp:

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  • 3 Wochen später...

Etappe 8 Haweswater Reservoire – Alter Steinbruch vor Beacon Hill

Facts: 24 km. Endlich machen wir Strecke, was daran liegt, dass der Weg fast keine Steigungen enthält. Zunächst gehen wir weiter am See entlang bis zum Dorf Burn Banks. Der Lake District ist jetzt vorbei. Wir laufen durch stärker landwirtschaftlich genutztes Gebiet neben einem kleinen Flüsschen, über Weiden und ein paar Hügel bis ins Städtchen Shap. Danach queren wir eine Eisenbahnlinie und eine ziemlich große Straße und kommen dann in ein Gebiet mit größeren und kleineren Steinbrüchen. Hier beginnen schon die Yorkshire Dales, der nächste Nationalpark, mit einer ganz neuen Landschaft. Sie ist geprägt von Mooren und großen Heideflächen. Wir laufen noch ein bisschen und finden einen guten Platz zum Zelten an einer Felswand, die einen alten Steinbruch begrenzt.

Tipps: Kurz vor Shap geht man an der Ruine der Shap Abbey vorbei. Sie sieht beeindruckend aus und ich könnte mir vorstellen, dass es sich lohnt, sie genauer anzuschauen. Touristen kommen extra wegen ihr dort hin. In Shap gibt es einen Supermarkt und einige Lokale. Wir waren im „abbey kitchen“, einem Café, dass auch kleinere Gerichte anbietet. Hier bekommt man sogar veganes Essen und richtig leckere Sachen, wenn man Gemüse mag (zum Beispiel einen köstlichen Brokkoli-Ananas-Smoothie). Shap selbst ist eher ein Straßenort mit relativ viel Verkehr, dafür kann man gut einkaufen.

Fun: Es fühlt sich gut an, endlich mal voranzukommen und es ist cool, durch eine Landschaft zu laufen, die von ganz vielfältigen Nutzungen geprägt ist. Wir sehen zum Beispiel diese interessante Rinderrasse mit dem weißen Streifen in der Mitte und beeindruckende Steinbrüche (Kalkstein und Granit) mit entsprechender Industrie, die für die Stahlerzeugung benötigt wird. In Shap tätigen wir den ersten richtigen Re-Supply. Krass, wie schwer der Rucksack auf einmal ist. Mir scheint, dass wir es jetzt schwerer haben werden, Wasser zu filtern. Im Lake District war es easy, aber hier gibt es keine Quellen oder Bäche, die sauber genug sein könnten. Also heißt es „schleppen“, denn an genug Häusern, an denen man einfach klingeln könnte, kommt man auch nicht vorbei. Der Platz zum Zelten ist allerdings wirklich toll, auch wenn dort kein Wasser vorhanden ist. Wir sind ganz geschützt durch einen Felsen, der mit den letzten Sonnenstrahlen noch eine gute Portion Wärme aufgenommen hat und uns eine ganz entspannte Nacht bereitet. Ich freue mich allerdings schon sehr auf Kirkby Stephen, unser morgiges Ziel, wo wir eine Nacht in einem B&B verbringen wollen. Denn ich stinke und sehne mich nach frischen Klamotten und einem ordentlichen Abendessen. Ich werde so langsam auch ein bisschen wandermüde und finde es schade, dass wir so wenige Pausen machen. Wir hatten eigentlich gedacht, dass wir mehr richtige Pausentage einlegen und uns zwischendrin einfach mehr Zeit lassen. Aber irgendwie klappt es nicht und das schmeckt mir nicht. Heute ist übrigens zum ersten Mal etwas passiert, was auf dem kommenden Weg noch häufiger geschehen wird: Die Querung von Weideflächen mit neugierigen Bullen. Die oben erwähnten Rinder entpuppen sich nämlich als solche, als mein Mann ungefähr 1,5 km zurück geht, um das am Pausenplatz vergessene Oberzelt – wir hatten es zum Trocknen ausgebreitet – zu holen. Die Bullen kommen bedrohlich nahe und er versucht (was gelingt) so wenig wie möglich Aufhebens um seine Anwesenheit zu machen.

Das hier ist eine typische Beschilderung, denn der Weg läuft fast ausschließlich auf "Public Footpath" oder "Public Bridleways", auf denen zusätzlich zum Gehen auch noch Reiten und Fahrradfahren erlaubt ist. Diese Arten des Wegerechts kenne ich nicht aus Deutschland. Sie machen es möglich, an sehr vielen Stellen privates Gelände zu queren. Die Eigentümer sind sogar dazu verpflichtet, Zugang zu ermöglichen, z. B. über Treppenstufen über einen Zaun. So laufen wir oft über Felder oder Weiden. Am Anfang fand ich das befremdlich, aber mit der Zeit fühlte es sich toll an.

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Hier sind sie noch etwas entfernt, später kamen sie dann richtig nah. Alles Bullen.

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So sehen die Public Footpath' häufig aus.

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Und dann geht's ab auf die nächste Weide:Tag08-4.jpg.ce470c65c140d535a587b69a4e366371.jpg

 

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Die Landschaft ist weniger spektakulär, als im Lake District, entfaltet aber an vielen Stellen einen stillen Zauber.

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Es gibt für den C2C-Weg kein offizielles Zeichen und keine einheitliche Beschilderung. Oft erledigen das die Bewohner der Ortschaften selbst.

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Ortseingang von Shap:

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Leider geschlossen...

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Nix darf man!

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Richtung Yorkshire Dales:

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Die Heidelandschaft beginnt. Ende August gibt es sogar noch Blüten.

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Die Felswand ist noch warm, als wir ankommen und so haben wir ein gemütliches Abendessen.

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  • 2 Monate später...
  • 3 Monate später...

... nach langer Pause kommen jetzt hoffentlich Stück für Stück die nächsten Etappen unserer Wanderung auf dem Coast to Coast Path in Nordengland im letzten August/September:

Etappe 9 Alter Steinbruch vor Beacon Hill – Kirkby Stephen

Facts: 18 km. Heute geht es ein bisschen hügeliger zu als gestern. Die Strecke führt durch keinen richtigen Ort, sondern an Ansammlungen von Farmhäusern vorbei durch Heidelandschaften. Wir laufen durch viele Schaf- und Rinderherden bis wir am Schluss in den etwas größeren Ort Kirkby Stephen (gesprochen ohne das k) absteigen und dort im Guesthouse Jolly Farmers übernachten.

Tipps: Unterwegs gibt es an der Sunbiggin Farm ein liebevoll gepflegtes Gartenhäuschen mit Terrasse, in dem es im Self-Service Getränke und Snacks zu kaufen gibt.

Fun: Heute Nacht konnten wir beim Toilettengang die Milchstraße sehen –Wahnsinn, wenn man das noch nicht kennt. Morgens sind wir gemütlich aufgebrochen, wurden allerdings beim Abbauen von einem Spaziergänger mit zwei großen Hunden erwischt. Er kam auf uns zu und ich hatte Angst, dass es jetzt „Schimpfe“ gibt. Aber natürlich – wir hätten es nach der bisher erlebten Freundlichkeit der Menschen hier ahnen können – hatte er einfach Lust auf eine Plauderei. Die Hunde entpuppten sich als alt und ebenfalls äußerst liebenswürdig. Gleich nach unserem Aufbruch ging’s aber los mit den unheimlicheren tierischen Begleitern unserer Reise: Junge Bullen standen direkt auf dem Weg. Vorsichtig drumrum… Alles gut. Puh. Das war aber nur der Auftakt. Wir mussten heute mehrfach Jungbullenherden passieren. Ich denke, dass das manchmal nicht ganz Ohne sein kann: Nach ungefähr zwei Dritteln der Etappe sind wir zwei jungen Männern (seeeeehr UL, T-Shirts mit Namen von Trailrunning-Events) begegnet, die gerade Pause machten und uns erzählten, dass sie heute noch nach Kirkby Stephen hoch auf Nine Standards Rigg wollen. Wir so: „Krass“. Die so: „No Problem“. Wir haben also erwartet, dass sie uns nach ihrer Pause bald überholen. Aber sie kamen nicht. Bestimmt eineinhalb Stunden später, als wir wieder Pause machten, trafen wir sie wieder. Sie wurden auf der Weide von den Bullen angegangen, sind zurückgerannt und mussten einen großen Umweg gehen. Kurz vor Kirkby Stephen haben wir mit viel Respekt eine letzte solche Weide gequert (schleich schleich) und uns danach auf das Umgrenzungsmäuerchen gesetzt. Die Bullen kamen in einer Art Dreiecksformation ganz langsam an uns heran. Man merkte, wie neugierig, verspielt und gleichzeitig scheu die Tiere sind. Manchmal traute sich eins hervor, schreckte dann aber sofort wieder zurück, dann kam ein anderes und so fort. Auf diese Weise pirschte sich die Herde an uns heran und wenn wir noch länger gewartet hätten, hätte ich vielleicht sogar eine der so weich aussehenden Mäuler anfassen können. Übernachtet haben wir im Guesthouse Jolly Farmers: Unser erster richtiges B&B, auf der Strecke durch Telefonanruf organisiert. Ein tolles altes Steinhaus, eine strenge Hausdame, die Möglichkeit, Wäsche gewaschen zu bekommen und die Aussicht auf ein Full English Breakfast (Veggie-Würste der Sorte Lindy McCartney – sind die jetzt von Linda oder ist da Linda drin?): Mega! Nur das Essengehen hat nicht geklappt: Alles ausgebucht und so gab es nur China Trash Food auf der Bank, bäh. Wir hatten dazu zum ersten Mal unsere extra für diese Zwecke mitgenommen Campschuhe an mit harten dünnen Söhlchen. Alter, die Füße. Aua aua aua!

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Ich fange eine Fotoserie der Übergänge an.

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Und eine mit Schildern.

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Self-Service an der Sunbiggin-Farm

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Die Heide blüht noch.

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Bearbeitet von Antonia2020
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