Zum Inhalt springen
Ultraleicht Trekking

Durchquerung Finnmark Februar/März '20


Harakiri

Empfohlene Beiträge

Am 16.1.2020 um 08:22 schrieb moritz:

OT: mich interessiert dann immer noch, wie das gefährdungsmuster zu erklären ist, vor allem die frage, anhand welcher anzeichen man selbst unterwegs was erkennen kann (oft kann man wenig erkennen und meidet, was man erkennne kann: die gefährdungslage und grosszügig -bereiche; --> varsom, kast). bei erdrutschen (link von @moritz) würd ich völlig ahnungslos vermuten: gut durchnässte dünne bodenschicht auf glatter schicht rutscht unter schneebelastung ab. erkennbarkeit: nur die schneelage. (oder gehts in dem artikel um kleine lawinen statt um erdrutsche? erkennbarkeit: eher nur lage; schneedeckenaufbau, wetter, gelände).

hab gestern mal noch senorge und webcams geguckt: viel schnee und richtig winter ist ja in der finnmark ansonsten noch nicht. 8 grad in hammerfest und allenfalls die hügel leicht gepudert. 

Bearbeitet von hans im glueck
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 14 Minuten schrieb hans im glueck:

OT: [..]oder gehts in dem artikel um kleine lawinen statt um erdrutsche? erkennbarkeit: eher nur lage; schneedeckenaufbau, wetter, gelände).

hab gestern mal noch senorge und webcams geguckt: viel schnee und richtig winter ist ja in der finnmark ansonsten noch nicht. 8 grad in hammerfest und allenfalls die hügel leicht gepudert. 

OT: Ich lese in dem Artikel zumindest nichts von Erdrutschen, "nur" von Schneelawinengefahr. Ich hatte den Link hier gepostet, weil es ja doch einigermaßen zum Thema passt und zeigt, dass eben auch das Backup "Straße" nicht immer automatisch und selbstverständlich verfügbar/funktionell ist.

Zur Einschätzung von Lawinengefahr kann ich nichts sagen. Natürlich gibt es auch dafür Onlinequellen, aber sich nur darauf zu verlassen wäre grob fahrlässig. Meine erste Wahl wären daher wohl ein entsprechender Kurs und Touren mit erfahrenen Leuten von denen man lernen kann..

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

OT: Ein Kurs ist eher kontraproduktiv, denn er suggeriert eine Sicherheit, die nicht gegeben ist. Und so geht man dann bei Lawinenlage 3, man kennt sich schließlich aus. Gerade die Eperten sind diejenigen, die es erwischt. Grob die Lage verfolgen, den Hang ankucken halte ich für geschickter, man ist vorsichtiger, wenn man sich nicht für einen Experten hält. Ansonsten muss es halt mal schneien, damit man Schneeschuhtouren machen kann...

Nagut, so eine Hülle hab ich natürlich, die war schon dabei (gebraucht gekauft, UAG featherlight oder so) - ich dachte eher an ein Täschchen, das fixen Zugriff gewährt und am besten noch waserdicht ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 2 Wochen später...
Am 12.1.2020 um 18:11 schrieb Harakiri:

Das aktuelle Gewicht müsste aber ungefähr passen. Dazu kommt dann noch Brennstoff (maximal 3,5l) und Nahrung (maximal 3,5kg).
https://lighterpack.com/r/zwr7f1

Du kannst noch ca. 2700 Gramm einsparen, wenn Du in Deiner Liste bei „Packsäcke  -  Wasserdicht“ anstelle 99oz  99g einträgst.

+1 für den Kinderschlitten-Tip

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 5 Stunden schrieb Matzo:

+1 für den Kinderschlitten-Tip

im Prinzip ja; dieser sieht allerdings so aus als schöbe er in etwas tieferem Schnee ne fette Bugwelle vor sich her, ähnlich wie der Paris, diese vielgeliebte Missgeburt. Jonas Nature-Base hatte mal einen netten unaufwändigen PE-Folienschlitten im Angebot, weiss nicht ob das noch existiert; aber sowas kann man auch leicht selber machen. Wäre auf jeden Fall ne Erleichterung in Tiefschnee-Passagen.

Im übrigen teile ich die vielfach hier geäusserte Skepsis nicht unbedingt; das Material, Decathlon hin oder her, wird das alles sicher packen wenn es sachgerecht angewendet wird. Wichtig ist natürlich in Notfällen cool zu bleiben, und abgesehen von gesundheitlichen Notfällen gäbe es da hauptsächlich wettertechnische, bei denen Zeltaufbau nicht mehr möglich ist (und Helis nicht mehr fliegen). Das viel zitierte "eingraben" kann gar nicht genug geübt werden, hat schon vielen das Leben gerettet und viele auch das Leben gekostet, wenn sie es leider im Ernstfall nicht hingekriegt haben; und setzt geeignetes Schaufelmaterial voraus, das auch mit stabilerem Schnee und grösseren Hebelkräften klar kommt. Hinter den Carbonschaft und das Gewicht der Arvaschaufel würde ich da mal ein Fragezeichen setzen, kenne die allerdings nicht aus eigener Erfahrung.

https://www.outdoorseiten.net/forum/showthread.php/49772-Furchtbares-Unglück-in-Norwegen-Sirdal-vermutlich-deutsche-Touristen-verunglückt!

Bearbeitet von paddelpaul
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 3 Wochen später...

Ja, ich bin jetzt seit drei Tagen unterwegs. Die meiste Zeit habe ich bisher im Zelt abgewettert. Sitze gerade im Zelt fest, weil draußen ein ausgewachsener Blizzard tobt. Bei Vardø im Ort ist Sturm mit Windstärke 7-8 angesagt und ich bin hier in auf einer baumlosen Ebene auf 200m...
Habe zum Glück rechtzeitig das Zelt aufgebaut und eine Schneemauer errichtet. Sogar das Schmelzen des Schnees war schwierig. Das geht durchaus vom Zelt aus, aber bei dem Wind wird mein ganzes Zelt mit Schnee vollgepustet - und ja, das Zelt steht richtig herum. Ist auf jeden Fall abenteuerlich.
Meine Route musste ich im Vorfeld etwas abändern, weil ich schon am 23. März wieder an der Uni sein muss. Ich bleibe daher jetzt auf der Varangerhalbinsel und laufe dort eine Runde. So habe ich einige Puffertage und muss mir keinen Druck machen. Temperaturtechnisch wird es hier keine Probleme geben. Der Wind ist aber eine ganz andere Sache...

Zu ein paar Ausrüstungsgegenständen:
- die Schaufel von Arva ist bisher gut. Wenn man ein größeres Zelt hat, macht eine Schaufel mit längerem Stiel aber wahrscheinlich mehr Sinn, da man sonst zu viel Zeit für einen Schneewall braucht 
- der VBL von Cocoon ist super, allerdings ist der Schlafsack trotzdem ein bisschen nass, weil ich das Zelt beim Sturm nicht belüften kann
- beim Kocher habe ich keinerlei Probleme, Stichflammen gab es bisher nicht. Die gibt es wohl nur, wenn man mit zu viel Benzin vorheizt
- ich kann in der flachen Tundra westlich von Vardø nicht per Karte navigieren, da hier 100% der flachen Landschaft schneebedeckt ist. Mit dem Garmin InReach Explorer+ kann ich aber sehr gut arbeiten und habe daher keine Probleme
- das Zelt ist groß genug. Bei meinen Tests in den Alpen war ich noch skeptisch
- Gefrierbeutel als VBL an den Füßen klappen super
- mit der Kleidung bin ich komplett zufrieden, nur mit der Gesichtsmaske gibt es ein paar Probleme, da meine Brillen damit immer beschlagen
- mit Schneeschuhen ist man ziemlich schnell unterwegs, aber Ski wären auf der aktuellen Strecke ein Traum.
- im Decathlon-Schlafsack ist es angenehm warm, der zweite Daunensack wurde noch nicht ausgepackt
- Zahnpastatabletten sind scheußlich
- die Daunenfäustlinge sind überdimensioniert. Auch bei - 15°C reichen mir dünne Windstopper-Handschuhe. Ich werde gucken, ob ich sie jemandem geben kann, der sie wirklich braucht.
- habe mir noch eine Thermoskanne zugelegt, die allerdings ständig zufriert. Werde sie so schnell es geht austauschen, da ich nicht jeden Morgen fünf Minuten damit verbringen will, sie mit aller Gewalt zu öffnen. Den Verschluss in warmes Wasser zu tauchen ist noch die beste Lösung

Bilder kann ich leider erst nach der Reise posten, da sie deutlich größer als 10MB sind und ich sie hier auf die Schnelle nicht verkleinern kann. Die Varangerhalbinsel ist wirklich wahnsinnig schön! 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Geht leider nicht, weil ich das Wasser nicht zum sieden bringe. Ich mache es nur so warm, dass es nicht direkt in den nächsten Stunden gefriert. 

Sonst wäre mir die Gefahr des Auslaufens aber auch zu groß. Die alte Thermoskanne ist nicht komplett dicht. 

Übermorgen komme ich in Vadsø an. Dort gibt es zwei Sportläden. Irgendwie wird man das Problem schon lösen können. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

So langsam verstehe ich, weshalb es so gut wie keine Berichte zur Varangerhalbinsel im Winter gibt.

Der heutige Whiteout ging nahtlos in ein Schneegestöber mit Böen aus unterschiedlichen Richtungen über. Zum Glück hält sich der leichte Sturm (noch) in Grenzen. Trotzdem ist er mächtig genug, um kiloweise Schnee an mein Innenzelt zu fegen.  

Gestern traf ich einen Norweger, der seinen Hund für die Jagd auf Schneehühner trainierte. Er schwärmte von dem Wetter und sagte, dass es normal sei, hier nur 50% der Tage vorwärts zu kommen. Demnach ist meine Bilanz soweit ganz gut, da ich bislang nur drei Tage verloren habe. Die durchschnittliche Windstärke von etwas über 10m/s liegt ja gar nicht so weit unter der Grenze von dem, was man mit normaler Winterausrüstung überhaupt noch einen ganzen Tag lang meistern kann.

Generell muss man hier extrem vorsichtig agieren und wohl sehr konservativ planen, weil hier fast überall der Schnee zum eingraben fehlt. Heute bin ich beim Ausheben der Apsis ziemlich schnell auf Moos und Gestrüpp gestoßen. Das hinterlässt ein ziemlich ungutes Gefühl. Wäre die Zivilisation nicht so nahe, könnte es hier schnell ziemlich böse enden, wenn das Zelt nicht früh genug steht. 

 

IMG_20200228_102453.thumb.jpg.f82d35dfc16836963de645d5a553edf7.jpg

Trotzdem wurde mein bisheriger Eindruck von der Insel davon kein bisschen betrübt. Die Landschaft hier ist einfach phänomenal. Mit Gebirge ist das gar nicht vergleichbar. Die Hochebenen erinnern eher an eine deutlich mildere Form des grönlandisches Eisschildes oder der Antarktis. Als Wintertourneuling würde ich glatt mal die Behauptung aufstellen, dass man hier für einen Bruchteil des Geldes eine ganz ähnliche Erfahrung geboten bekommt, ohne jede Nacht um sein Leben bangen zu müssen. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 2 Wochen später...

Nachdem ich jetzt schon mit der Varangerhalbinsel fertig bin, könnte ich viele Geschichten erzählen. Ein ausführlicher Bericht in Textform wird folgen, wenn ich daheim bin. Auch werde ich reichlich Videomaterial liefern, damit das überhaupt in irgendeiner Form Glaubwürdigkeit behält. 

 

Hier in „absoluter Kurzfassung” einige Dinge, die ich loswerden will. Da ich nur am Handy bin, ist die Struktur leider ziemlich chaotisch:

- Habe mir kurz nach dem letzten Update Ski zugelegt und einiges an Equipment nach Deutschland geschickt. Teurer Spaß, aber bis auf die Rücksendung der Daunenfäustlinge bereue ich nichts! Die hätte ich jetzt doch gerne wieder. Immerhin haben meine Eltern jetzt endlich ein großes Rentiergeweih, nachdem ich die Dinger im Sommer immer an irgendwelchen Touristenattraktionen hinterlassen habe, weil sie zu schwer waren. Die Robens-Faltmatte ist auch auf dem Heimweg, habe mir stattdessen eine weitere EVA-Matte gekauft, weil das Volumen davon nicht merklich größer ist, aber die Isolationsleistung die der Faltmatte um ein Vielfaches übertrifft und man Schnee besser von ihr abbürsten kann. Werde mir wahrscheinlich noch eine aufblasbare Matte kaufen, weil Schnee tatsächlich ziemlich unbequem als Untergrund ist. Auch wenn 2x 14mm EVA + aufblasbare Isomatte Overkill ist, werde ich das wohl so machen. 

Mit den Backcountry Ski und passenden Stiefeln von Fischer bin ich super zufrieden! Wobei die Ski leider keine Stahlkanten haben, was einige unangenehme Nachteile mit sich bringt. Das war im Budget nicht drinnen. Ski mit Wachs in der Steigzone sind einfach genial, wenn die Schneebedingungen passen. Leider ist das nicht immer der Fall und bei richtig eisiger Oberfläche lohnt sich sogar Laufen mehr. Wenn ich mit Pulka unterwegs wäre, würde ich Schneeschuhe UND Ski mitbringen. Bei Touren, die in der Hocharktis stattfinden, ist das Gang und Gebe - nicht ohne Grund. Wenn man die Wahl zwischen Ski oder Schneeschuhen hat, sind Ski aber deutlich angenehmer. Nur gestaltet sich die Routenplanung damit viel schwieriger. Man kann mit Schneeschuhen absurde Steigungen bewältigen und unter Umständen Abstiege wagen, die man auf Ski mit NNN-BC-Bindung nicht einmal mehr seitwärts begehen kann. Außerdem macht es irre Spaß, mit Schneeschuhen durch Tiefschnee zu waten, was mit Ski eher so lala ist. Mit der Idee, dass man mit Schneeschuhen flexibler ist, lag ich nicht falsch, aber die Vorteile der Ski habe ich verdrängt und mir nur ihre Nachteile vor Augen geführt

- Der VBL von Cocoon ist leider ein totaler Flop. Die Beschichtung innen löste sich bereits nach etwa 10 Nächten ab. Leider kann ich erst später Fotos liefern, da ich bei der Uploadbeschränkung höchstens ein Bild einbetten kann. Werde ihn dennoch behalten, weil er noch teilweise seinen Zweck erfüllt und ihn mit einem Notbiwaksack, den ich darüberziehe, unterstützen

- Im Zelt gibt es ein arges Kondensproblem, an dem besonders das Fußende des dicken Daunensackes leidet. Trotzdem habe ich den zweiten, dünneren Schlafsack von Aegismax bisher nur zweimal benutzt und das einmal davon aus Komfortgründen. Obwohl das Zelt tatsächlich zu klein ist (Schlafsack streift am Fußende den Kondensschnee bzw. Wassertropfen vom Innenzelt ab), bin ich nachwievor davon begeistert. Ich wage mal zu behaupten, dass das Hilleberg Soulo korrekt aufgebaut nicht von Stürmen zerstört werden kann, Phänomene wie Piteraq und co. mal ausgenommen. Mit tief vergrabenen Deadmen braucht es eigentlich gar keinen Schneewall, nur verbessert das die Geräuschkulisse enorm

- Die Sachen von Decathlon sind über alle Zweifel erhaben. Sicherlich wird dort auch viel Schrott vertrieben, aber in meinem Fall ist wirklich jedes Teil von dort ein Highlight. Die Merinounterwäsche, die Softshellhose, die zwei Daunenjacken, die Schuhe, der Winterschlafsack, usw. Lediglich die Gesichtsmaske könnte etwas besser passen, aber ihren Zweck erfüllt sie, wenn ich sie ans Gesicht tape. Die Trek 100, die ja so langsam ihre Anhänger in UL-Kreisen findet, ist nicht halb so toll wie die Daunenjacke von Simond (auch Decathlon). Diese wiegt lediglich 80g mehr, aber isoliert deutlich besser und ist toll verarbeitet. Schöner sieht sie auch noch aus, nur ist die Kapuze etwas groß, damit Kletterhelme darunter passen. Und das sage ich als zufriedener Besitzer beider Modelle 

- Ohne Ohrstöpsel unterwegs zu sein ist in der Arktis ein Fehler! Kein Gegenstand bietet so viel Komfort während der Nacht für das Gewicht

- Hatte den Plan, die Strecke von Vadsø nach Båtsfjord an einem Stück zu laufen, was jedoch gescheitert ist. Unten dazu mehr

- Habe den westlichen Teil des Varangerhalvøya-Nationalparks reichlich erkunden können, ohne dabei viel zu sehen. An den meisten Tagen war die Sicht zu schlecht, um auch nur den Horizont ausmachen zu können. Das, was ich sehen durfte, war atemberaubend schön 

- Bin aktuell in einer Unterkunft in Vadsø, in der ich beim Skikauf bzw. vor dem Aufbruch ins Landesinnere bereits übernachtet habe

- An meiner Uni wurden die Semesterferien stark verlängert. Es wäre also noch gut möglich, länger hier oben zu bleiben. Wenn ich mich erholt genug fühle, werde ich von hier aus per Anhalter den Norden Skandinaviens weiter erkunden und ein paar Reisebekanntschaften aus Schweden bzw. Finnland besuchen. Das ist auch der Grund, weshalb ich die Fäustlinge vermisse. Sie sind der einzige Gegenstand, der mir bspw. für eine Tour um Abisko herum fehlen würde. Ob Merinoliner und Skihandschuhe für die tiefen Minustemperaturen ausreichen, weiß ich nicht. Von den Temperaturen hier (+1°C bis -20°C) habe ich genug, das ist mir tendenziell zu warm. Gerade die Nächte nahe des Gefrierpunktes sind eine Qual und deshalb steht für mich eine Finnmarkdurchquerung nicht mehr zur Debatte. Lieber würde ich einen geführten, gemütlichen Weg gehen, auf dem nicht so unglaublich viel schiefgehen kann. Die tieferen Temperaturen der Skanden gepaart mit dem besseren Wetter sind viel einladender, obwohl ich mich gut mit den Winden hier oben arrangiert habe

 

Und ein erstes Fazit kann ich auch bereits ziehen: Minimalistische und günstige Ausrüstung funktioniert auch in der Arktis super. Wenn man mit 15kg im Rucksack wochenlang durch die Tundra stampft, fühlt man sich wie ein hocherfahrener Tourengänger, obwohl man noch ein Neuling ist. Das Wissen, dass die meisten Leute hier oben mit +20kg mehr Ausrüstung unterwegs sind und das bei kürzeren Strecken, ist ziemlich amüsant. Es erinnert ziemlich an die Leute, die mit 25kg auf dem Rücken durch die deutschen Wälder stampfen. Auch wenn diese Wanderer manchmal ziemlich erfahren sind, entgeht ihnen eine ganze Welt an Möglichkeiten und im Endeffekt haben die Tourengänger, die 50kg-Pulkas über den Kungsleden ziehen, mehr Nachteile als Vorteile davon. Natürlich fühlt man sich dann mächtig sicher, nur ist man es nicht. Ich würde sogar behaupten, dass man sich mit den Gepäckmengen eher in Gefahr bringt. Den Rucksack schätze ich unter anderem, weil ich mich damit im Notfall einfach fallen lassen kann, wenn vor mir eine Wechte liegt, die Geschwindigkeit zu hoch ist, usw... 

Ein zweites Fazit geht auch schon: Ich habe bisher unfassbar viel über Wintertouren und Extremsituationen gelernt. Auf den vielbegangenen Standardrouten wäre das ganz sicher nicht der Fall gewesen. 

 

 

@moritzSo außergewöhnlich war der Sturm leider nicht, nur der starke Schneefall war eine Schwierigkeit. Mein Zelt wurde nahezu komplett eingeschneit und das trotz einer zwei Meter hohen Schneemauer. An die Stürme habe ich mich schon lange gewöhnt, auch wenn es wohl nie angenehm sein wird, der Geräuschkulisse teilweise über Stunden lauschen zu dürfen. Manchmal klingt es so, als würde man von einer Elefantenherde überrannt werden. In anderen Nächten sind die Böen wie Peitschenhiebe und die Haube des Zeltes, die vom Wind herumgeschleudert wird, erzeugt Laute die mit Schüssen in weiter Entfernung vergleichbar sind. Als kleine Anekdote: Letzte Nacht habe ich sehr nah an einer Schlucht geschlafen, die scheinbar in Windrichtung lag. Die Böen, die durch den Canyon gefegt sind, hätten jeden Menschen direkt an die eisigen Felswände gepresst. Obwohl ich ein gutes Stück entfernt war, haben mich die Geräusche aus diesem Abgrund zum Zittern gebracht. Das ging weit über Orkanböen hinaus. An meinem Zeltplatz waren es höchstens 16m/s im Schnitt, dort unten wohl doppelt bis dreifach soviel. 

Jetzt mehr zu dem eigentlichen Kommentar: An dem Tag des Sturmes aus dem Artikel ist mir etwas weitaus unangenehmeres passiert, der Blizzard war nebensächlich in dem Moment: Ich bin in einem Fluss im Eis eingebrochen und stand knietief im Flussbett. Mein Herz ist mir in dem Moment in die Hose gerutscht. So eine Panik hatte ich noch nie zuvor. Durch viel Glück habe ich es geschafft, den Ski rechtzeitig aus dem Wasser zu ziehen. Ich habe mich auf eine Insel retten können und bin nach langer Überlegung (auf ziemlich wackligen Beinen mit Tränen in den Augen) an einer anderen Stelle wieder an die ursprüngliche Uferseite gegangen. Zum Glück hielt das Eis dort stand. Das Wasser ist gefroren, bevor es tief in meine Kleidung eingedrungen ist, und konnte somit in stundenlanger Arbeit abgebürstet werden.

An dem Abend habe ich mir gesagt, dass ich einen Notruf mit dem Garmin InReach Explorer+ absetze, wenn mein Essen ausgeht. Zu dem Zeitpunkt dachte ich, dass ich den angekündigten Sturm über mehrere Tage abwettern müsste. Mehr Tränen sind geflossen. Hätte sich der Ski verkantet oder wäre ich umgekippt, wäre es das mit mir gewesen. Zu dem Zeitpunkt, also am späten Mittag, lag die Windgeschwindigkeit bereits jenseits von 15m/s und von Sichtweiten will ich gar nicht reden, Whiteout eben. Das ist auch der Grund gewesen, weshalb ich eine so ungünstige Stelle für die Furt gewählt hatte. Oder war sie gar nicht ungünstig? Wahrscheinlich war es ziemlich gut, dass ich dort im Eis eingebrochen bin und nicht an einer tieferen Stelle des Stromes. Der Øvre Flintelva, auf dessen Flussbett ich stand, ist einer der drei großen Flüsse, die im Jakobselv enden, dem größten Strom der Insel. Wäre ich im Hauptbett des Flusses eingebrochen, wäre ich jetzt mindestens ein Bein ärmer.

IMG_20200312_073914.thumb.jpg.6fcb19bc29cabf25bfbfda6312853ed2.jpg

Die Situation im Inland der Insel ist absurd, das Wetter verlangt einem wirklich alles ab. Bisher habe ich hier fünf vollwertige Stürme im Zelt absitzen müssen. Windstärke 7 oder mehr hatte ich an mindestens 50% der Tage. Morgen Abend kommt ein weiterer starker Sturm, den ich erstmals nicht im Zelt abwettern werde. Mir gelang es, die Strecke vom Fluss bis zurück nach Vadsø in zwei Lauftagen zu bewältigen. Mit praktisch keiner Nahrung mehr im Rucksack. Um den Fluss zu erreichen, habe ich zuvor 6 oder 7 Tage gebraucht. Es ist unglaublich, zu was man fähig ist, wenn man in derartige Situationen gerät. An dem einen Tag habe ich den Rucksack gar nicht abgesetzt und bin von 7 Uhr morgens bis 17 Uhr abends in einem Stück durchgelaufen. 

Auf die Situation werde ich aber noch genauer eingehen, hier am Handy gestaltet sich das zu aufwendig!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 1 Monat später...
vor 25 Minuten schrieb Stulle:

das liest sich ja alles echt abenteuerlich (ich hab den Thread zum Anfang still mitverfolgt und dann ein wenig aus den Augen verloren)

noch dort oben unterwegs?

Ich bin schon seit über einem Monat zurück. :-D
Hier im Forum findest du die ersten Teile des Berichts. Es fehlt aber noch einiges. Ein kleines Video ist dort auch schon eingebettet. Wenn ich an ein ordentliches Mikrofon komme, wird das auch noch vertont!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Deine Meinung

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Benutzerkonto hast, melde Dich bitte an, um mit Deinem Konto zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.


Forumssponsoren









×
×
  • Neu erstellen...