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Ultraleicht Trekking

24-stunden-wanderung, eventisierung, E5


Gast

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am interessantesten im artikel über die 24-h-wanderung finde ich die bemerkung zur ökonomie, der veranstalter sei im zweiten jahr des "marsches" nun event-manager, der von diesem leben leben könne. ich hab keine ahnung, ob das stimmen kann und staune. ich weiss auch nicht, ob die allgemeinen, soziologischen tatsachenbehauptungen im artikel stimmen oder fehlschlüsse sind, sondern kann nur ähnliche wahrnehmungen aus den westalpen ergänzen: bergläufe aller schwierigkeitsgrade und ultra-läufe allenthalben.

die kritik daran lautet ja regelmässig, dass sei ausdruck einer eventisierung des naturerlebens, mache die natur zur kulisse. ich neige dazu, dem zuzustimmen - andererseits geht mir durch den kopf, dass ja schon die ersterschliessenden herren vom alpine club gerne von ihrem "playground" sprachen. klar, "nachhaltigkeit" und leave no trace gehen anders.

man kann da ganz weit schweifen mit den chiffren der kritik am vermassten aktivurlaub und trendsport. eventisierung ist auch am e5. der dav veröffentlicht im gerade verschickten panorama übernachtungszahlen vom e5, alle buden die ganze saison voll, an der memminger hütte ein bierzelt als stube und übernachtungsplatz, in das diejenigen verwiesen werden, die den e5 nicht mit organisierten, geführten touren laufen. beschwerden darüber, dass es keine warmen duschen gäbe bzw. dass man an diesen morgens schlange stehe, steht die reminiszenz gegenüber, dass es mal ganz anders war, selbstversorger, schlafsaal. in der leserumfrage des panorama kann man allen möglichen unsinn ankreuzen (mehr trend oder nicht?) und einen sehr symbolischen gegenstand der höchst ambivalenten positionierung des dav gewinnen: ein e-mountainbike im wert von fast 5000 euro. "nachhaltigkeit" geht anders, es reicht nicht, sie programmatisch zu behaupten.

der e5 artikel verweist am ende auf lauter nette hütten mit übernachtungszahlen im bereich unter 1000 für die ganze saison, da geht man dann hin. soziologisch: wandern ist ausweichbewegung geworden. distinktionsgewinne allenthalben. conquistadors of the useless in konzentriertester zweckrationalität, spiegelbild (?) der alltagsorganisation.

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Frei zitiert:

Zitat

Aus soziologischer und psychologischer Sicht geht es vor allem darum, sich von anderen Sportlern abzuheben, etwas ganz Anderes zu machen, etwas Besonderes. 

Ist bei UL auch nix anderes. Sobald man eigentlich mehr spart, indem man einmal etwas Hüftgold abspeckt, als noch ein paar Grämmchen am Rucksackgewicht herauszukitzeln und dafür auch mal dreistellige Beträge rauszuwerfen, geht's auch nur noch drum, etwas ganz Anderes zu machen, etwas Besonderes. 

Und nu guck ich mal nach Kartenausdrucken für morgen. Muß mal wieder raus.

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Am 22.9.2017 um 16:48 schrieb Jever:

Muß mal wieder raus

ist natürlich die nüchterne, richtige antwort auf alles. erst die frage nach dem warum, wo kommt das bedürfnis her und wo drängt es hin, ermöglicht genauere reflexionen raumgebundener bewegungen. wenn man zum beispiel hier mal blättert, drängen sich grösste unterschiede auf.

im beckschen gestus der alpinpegida liegt offensichtlich der distinktionsgewinn, den der jever für sich braucht.  distinktionsgewinn lässt sich immer herstellen, wenn es einem darauf ankommt, und, wie jever sehr schön vorführt, ist die unterstellung, man mache etwas nur um des distinktionsgewinnes willen, quark. der distinktionsgewinn tritt umso mehr in den vordergrund, umso stärker der konformitätsdruck ist ("repressive toleranz"), man könnte auch von gefühlter freiheit sprechen. wenn ich mehr ausweichen muss, weil ich da, wo ich gerne zu bestimmten zeiten (spätsommer) rumlaufe, zunehmend mit vermassten trendsportaktivitäten konfrontiert bin, muss ich mir mehr gedanken übers ausweichen machen. wenn ich an ner 24h-wanderung teilnehme, mache ich das selbstverständlich nicht, um toller zu sein als andere sportler, sondern um mich mal auszuprobieren, ich nehm mir die zeit und bin so frei für ein körperliches erlebnis.

die spannende frage ist natürlich nicht nur die feststellung der popularität, sondern: warum wird das jetzt populär?  was machts mit uns, warum machen wir das / mit (ein bewusstsein von mit-machen hat man dabei ja eher nicht), was versprechen wir uns davon. im nächsten schritt könnte man mal gucken, ob und wie sich diese versprechen und ihre bewegungen im laufe der geschichte von draussen-bewegen verändert haben.

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die vorteile organisierten draussenseins liegen auf der hand. man muss nicht selber denken. planung, sicherheit, vermutlich gar verpflegung und unterkunft werden organisiert. zudem hat man, ohne grosse zwischenmenschliche hürden überwinden zu müssen, innerhalb kürzester zeit eine menge "freunde" mit denen man das erlebte teilen kann.

somit ideal für menschen die zwar den berggenuss wollen, aber nicht bereit oder in der lage sind, den dafür nötigen aufwand zu betreiben und diesen lieber gegen bezahlung auslagern.

nb: jeder alpen-, sport-, kaninchenzüchter- oder sonstige hobby-verein macht im grunde das selbe.

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Am 24.9.2017 um 12:02 schrieb wanderrentner:

die spannende frage ist natürlich nicht nur die feststellung der popularität, sondern: warum wird das jetzt populär?  was machts mit uns, warum machen wir das / mit (ein bewusstsein von mit-machen hat man dabei ja eher nicht), was versprechen wir uns davon.

Vielleicht eine mögliche Antwort auf gefühlten Leistungsdruck und Reizüberflutung auf vielen Ebenen.
Nicht wie im Artikel anfangs angedeutet eine Steigerung, sondern weg von körperlichen Höchstleistungen im Sport hin zu einem gemeinsamen außergewöhnlichen Bewegungs- und Naturerlebnis. Körper und Willen werden gefordert, aber in einem gewissen "Wohlfühlbereich", mit einer starken sozialen Komponente durch gemeinsame Pausen, Rasten, Aufwärmen, Essen, und auch das Ziel soll gemeinsam erreicht werden (so zumindest in meiner Erfahrung mit einer Gruppe von ca. 150 Personen). Und dabei immer das Wissen, das Ganze für einen guten Zweck zu machen.
Mögliche Erklärungen, warum das komprimiert auf 24h stattfindet: Das Erlebnis wird dadurch intensiviert (2-3 Tagesetappen auf einmal, Nachtwanderung inklusive), 24h sind als Zeitraum einfacher aufzubringen, ...

PS: Obwohl es lt. Definition wahrscheinlich unter "Sportwandern" fällt (finde ich persönlich aber weniger passend), würde mir das Thema unter "Philosophie" besser gefallen.

Bearbeitet von mtp
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Am 21.9.2017 um 08:26 schrieb wanderrentner:

am interessantesten im artikel über die 24-h-wanderung finde ich die bemerkung zur ökonomie, der veranstalter sei im zweiten jahr des "marsches" nun event-manager, der von diesem leben leben könne. ich hab keine ahnung, ob das stimmen kann und staune. ich weiss auch nicht, ob die allgemeinen, soziologischen tatsachenbehauptungen im artikel stimmen oder fehlschlüsse sind, sondern kann nur ähnliche wahrnehmungen aus den westalpen ergänzen: bergläufe aller schwierigkeitsgrade und ultra-läufe allenthalben.

Naja, da steht aber auch, dass es mehrere Ausgaben dieses 24 Stunden Laufes gibt. Mit ein paar Tausend Teilnehmern. Wenn da nur etwas pro Person übrig bleibt, dann ist das schon denkbar. (Billigstes Ticket 40€)

Zumal es ja so sein wird, dass die Eventagentur auch noch was anderes macht als genau diese eine Veranstaltungsreihe. Davon leben können muss auch nicht gleich goldene Wässerhähne meinen. 

 

 

 

 

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