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Ultraleicht Trekking

3 Tage auf dem GR 53 in den Vogesen im Parc Régional des Vosges du Nord


Kay

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Anreise: mit einer MFG nach Karlsruhe, dann per Zug mit einmal Umsteigen nach Wissembourg. Ankunft 13:30 Uhr.

Am Gehsteig vor dem Bahnhof in Wissembourg entdecke ich gleich einen Informationstafel mit Wanderkarte der Umgebung und Tourenvorschlägen. Ich werde den nächsten Tagen dem GR 53 folgen, markiert mit einem roten Rechteck. Der Weg ist ab dem Bahnhof markiert, tolle Sache! Der Plan ist, in den Tag hinein zu leben und bis Donnerstag Mittag in Niederbronn anzukommen. Ist schließlich Urlaub. 

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Kurz überlege ich, die schöne Altstadt (laut Rother Wanderführer) zu besuchen oder mich spaßeshalber am Startpunkt des Hexatreks als section hiker einzutragen (das wären 1,5 km außerhalb der Stadt an der Landesgrenze). Angesichts der Uhrzeit und der geringen Tageslichtdauer entscheide ich mich, gleich Richtung Vogesen aufzubrechen. 
Noch im Ort beginnt es zu nieseln, kurze Zeit später regnet es - und hört bis zum Ende der Tour nur 2-3 mal für ein paar Minuten auf. Ein Kollege subsumierte meinen Urlaubsbericht mit “ Es regnete also nur einmal.”

Schon nach kurzer Zeit verließ der Wanderweg den Ortsbereich und ich stromerte entlang Obst- und Weinberge. Bei guter Sicht sieht man laut Erklärschild den Straßburger Münster und die Karlsruher Schornsteine. Jedem Ort seine Sehenswürdigkeiten, gelle. Ich konnte immerhin den Schwarzwald erahnen. Der Wind war garstig kalt und ich zog rasch weiter. 

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Die Landschaft zog mich sofort in den Bann und der Alltag war vergessen. Es gab so viel Neues zu entdecken. Mit großer Freude bewunderte ich die herbstlich verfärbten Rebstöcke, die Hügelzüge mit hineingetupften Ortschaften und sah zum ersten Mal Esskastanien-Bäume und ihre Früchte, die zahlreich den Boden bedeckten. Kenn ich ja nur vom Maronistand in der Fußgängerzone.

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Der Anstieg zum Col du Pigeonnier war angenehm gleichmäßig gradiert. Ich lernte von einem Schild über die Lauterlinie, einem Verteidigungssystem des spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714, wer das auch schon vergessen hat). Die Lauterlinie sollte die Lauter mit 28 Dämmen aufstauen, das Tal fluten und in ein Hindernis für feindliche Armeen verwandeln. Immer wieder bin ich erstaunt, wie wenig die Heimat von Menschen zählt, wenn es um militärische “Geniestreiche” geht. Auf dem Bild kann man noch die topologischen Überreste einer der Befestigungen entlang Lauterlinie erkennen.

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Eine zweckdienlichere Wendung nahm der frühere Signalturm (1708), der im März 45 von den deutschen Truppen gesprengt wurde und aus dessen Steinen die Schutzhütte Abri di Col du Pigeonnier gebaut wurde. In der Schutzhütte befindet sich ein Tisch und eine umlaufende Bank. Genau der richtige Ort für eine kurze Pause. Es ist leider zu früh zum Übernachten am/im Abri. Hier oben gibt es übrigens kein Wasser, sondern erst 5 Minuten weiter unten an der gleichnamigen Refuge. Dort gibt es auch einen Unterstand mit Sitzgelegenheit. Das Refuge selber war geschlossen.

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Weiter geht es durch wunderschöne Wälder und ausgestorben wirkende Dörfer. Dorfläden, Gasthäuser, alles hatte geschlossen und sah größtenteils so aus, als hätte es nicht mal im Sommer offen gehabt. An zwei Gelegenheiten konnte ich in diesen neu gestalteten Rastplätzen in Form eines roten Häusleins kurz innehalten, die sehr schön gestalteten Informationstafeln studieren und begann einen Plan für die Nacht schmieden.

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Nur leider hielt sich das Wetter nicht an meinen Plan. Es fing viel früher als gedacht an zu schütten. Im engen Heimbach-Tal nordwestlich von Petit-Wingen war es auf einmal stockduster, der anvisierte Zeltplatz war vollkommen durchtränkt. Ich entschied mich zum Abri am Col du Litschhof zu marschieren, dort würde ich wenigstens meinen Rucksack im Trockenen entpacken können. Zu meiner großen Freude war das Abri sehr groß und zwei Bänke ließen sich zu einer ausreichend großen Fläche zusammenschieben. Eine Ecke voller leerer Bier- und Sektflaschen ließ den tatsächlichen Hauptnutzungszweck erahnen. Ich war jedoch zuversichtlich, dass an einem Montag Abend bei dem Sauwetter niemand hier Party machen möchte. Auf der nahen Parkplatzfläche stand ein kleiner, von innen beleuchteter Campervan. Das wirkte sehr heimelig auf mich. 

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Die Nacht war etwas unruhig, da ich den ganzen Tag schon mit Durchfall zu kämpfen hatte, der mich auch in der Nacht nicht in Ruhe lässt. In dieser Nacht verdiente sich mein last minute eingesteckter UH-Poncho seine MVP-Medaille. Man hat halt seine persönliche Kack-Kabine dabei, in der man auch nachts bei strömenden Regen austreten kann und dabei trocken bleibt.
Mit meinem Schlafsetup war ich sehr zufrieden. Nichts zu viel und nichts zu wenig. In den Tagen vor der Abreise hat die Wettervorhersage immer mehr Regen und Kälte vorhergesagt. Stück für Stück wurde meine Packliste immer umfangreicher und zu irgendeinem Zeitpunkt war ich sehr verunsichert, ob ich meine “fears” einpacke oder doch nur die “bare necessities”. 

Zusammenfassung: Montag 23.10.23 von Wissembourg Bahnhof bis zum Abri du Col du Litschhof
16,7 km; Aufstieg: +746 m; Abstieg: -574 m; 4h:56min

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Vielen Dank für eure Kommentare @RaulDuke @schoguen 

Den Pfälzer Wald hatte ich auch in Erwägung gezogen, aber ich wollte mal wieder etwas Fremdheit erleben. Andere Kultur, andere Regeln, andere Sprache. Die drei Tage boten mir genug mentale Herausforderungen, das war klasse. 

Der Bericht für Tag 2 steht schon in den Startlöchern. Zum Ende der Woche ist mein Kopf am Feierabend leider etwas hirnleer ... Und morgen muss ich unbedingt den Schnee auskosten, der endlich auch hier in den unteren Höhenlagen angekommen ist. 

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Am Morgen bemerkte ich, dass ich Abends einen Fehler gemacht hatte. Ich hatte den Daunenquilt während des Aufloftens mit dem Außenzelt abgedeckt, da die Luftfeuchtigkeit sehr hoch war. Leider hatte ich in der Nacht die Abdeckung in der Dunkelheit nicht vollständig entfernt. Nun war mein Quilt von den Füßen bis zu den Knien von Kondensation durchfeuchtet. Nach einem Tag im Rucksack ist die Nässe dann überall gleich verteilt im Quilt. Na, prima. Ich wollte ja was lernen auf diesem Trip um wieder in Übung zu kommen was Mehrtagestouren angeht. Ich habe am Vorabend schon gelernt, dass man einen Wasserbeutel im Halbdunkeln nicht einfach schnell mit etwas mehr Kraft als gewöhnlich "verschließt". An irgendeinem späteren Zeitpunkt ist man dann außen sehr viel nasser und innen sehr viel durstiger. Man kann die Spuren meiner ungeplanten Dusche noch auf dem Boden des Abris im Foto im ersten Beitrag erkennen.

Als ich im Morgengrauen aus dem Abri heraus trat, öffnete sich zeitgleich die Tür des über Nacht geparkten Campervan und es stieg eine sich gemütlich streckende Frau aus. Anscheinend hatte sie am Abend zuvor nicht den Schein meiner Stirnlampe in der nach vorne offenen Schutzhütte wahrgenommen. Denn mein Gruß erschreckte sie ziemlich. Als ich auf der anderen Seite des Parkplatzes wieder im nebligen Wald verschwand, überlegte ich amüsiert, wie ich als roter Poncho-Wichtel aus dem nebligen Wald kommend wohl auf die Frau gewirkt habe. 

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Um die ersten Burgen anzusehen, verließ ich den GR 53 für einen Umweg und wanderte weiter bergauf zur Burg Loewenstein und Hohenbourg. Allerdings stürmte dort oben der Regen waagrecht durch die Luft. Trotz des wärmenden Anstiegs war mir fröstelig kalt und ich verzichtete auf eine ausführliche Besichtigung und verkrümelte mich wieder in den Wald in Richtung GR 53.

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Am Kaiser Wilhelm Stein, direkt an der Landesgrenze, fand ich Unterschlupf in einem überdachten Unterstand und überlegte meine Optionen. Die 24h Durchfall und die mehrfach unterbrochene Nachtruhe hatten mich merklich ausgelaugt, die Halsschmerzen der gerade auskurierten Erkältung machten sich wieder bemerkbar. Wie war das Motto dieser Tour nochmal? Genau, ist schließlich Urlaub! Also flugs eine Unterkunft buchen, anstatt im klammen Quilt zu nächtigen. Leichter gesagt als getan. Am Anfang der Woche hat fast alles was am Wegesrand liegt zu, ist nicht zu erreichen, schickt Absagen… schwierig. Ich tröste mich damit, dass mein Zelt und die Schlafkleidung trocken sind und ich genügend Gas für eine Wärmflasche zum Quilt antrocknen habe.  

Nachdem ich meine Gedanken geordnet hatte, kann ich wieder die wunderschönen Herbstwälder und die Burgen des Parc Régional des Vosges du Nord in vollen Zügen genießen. Die Wegführung des GR 53 ist ein Traum! Top markiert und auf Asphalt eigentlich nur in den Orten. Es gibt sogar Pfade, die wurden extra parallel zur Straße angelegt, etwas getrennt durch Hecken oder Bäume, so dass man nie länger als ein paar Meter auf einer Landstraße gehen muss. Ein echtes Wanderparadies! 

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Ich steige viele Höhenmeter bergab, auch hier wieder angenehm gradiert und erreiche das Chateau de Fleckenstein. Auf einmal Menschen, viele Menschen, das kam unerwartet. Es sind mehrere Kindergruppen unterwegs und ein frisch geöffneter Köhlerhaufen qualmt das halbe Areal voll. Mich überfordert das in diesem Moment. Ich beschleunige meinen Schritt und lasse diese Burg unbesichtigt. Das ist übrigens die einzige Burg auf meinem Weg, deren Besichtigung Geld kostet. Es gibt dafür auch ein kleines Besucherzentrum mit Andenkenladen, ein (zu dem Zeitpunkt geschlossenes) Café, überdachte Picknickstellen in einer Streuobstwiese und im Sommer sicherlich jede Menge Trubel. 

Ich steige ins Tal der Sauer ab. Dort könnte ich am Fluss Wasser fassen. Tue es aber nicht. Und bereue es später. Der Gegenanstieg wird brutal. Ich muss mehrmals stehen bleiben und verschnaufen, der Puls schießt in ungewohnte Höhen. Anmerkung: ich bin jedes Wochenende in den Alpen unterwegs und mein Körper kennt steile Anstiege. Das hier fühlt sich nicht mehr gesund an. Ich mache mir Sorgen und gehe die Unterkunftssuche nochmals an. Weiterhin schwierig, der Empfang ist hier sehr lückenhaft. 

Am Chateau de Froensbourg schüttet und weht es weiter. Ich bin inzwischen etwas genervt von meiner Situation. Alles ist sehr anstrengend, ich finde keinen geschützten Platz für eine Pause, mich fröstelt es immer wieder. Weiter geht's!

Um 14:30 Uhr schaffe ich es endlich, mir eine Unterkunft zu sichern. Ich bin sehr erleichtert und zur großen Freude hört der Regen am Chateau du Wasigenstein auf. Ich unterhalte mich kurz mit einem deutschen Paar auf einem Spaziergang, mehr Menschen werde ich heute unterwegs nicht treffen. Diese Einsamkeit gefällt mir sehr gut. Ein Kontrast zu meinen üblichen Wochenendtouren. 

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Auf der Ruine stehend, sehe ich sogar kurz die Sonne. Also wirklich kurz, nach wenigen Minuten regnet es wieder, ach was, es schüttet.

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Bei den Burgruinen existieren minimale Sicherungsanlagen wie Geländer oder Leitern und man kann auf eigene Faust die faszinierenden Bauten erkunden.  Diese Eigenverantwortung finde ich ganz wunderbar. Schade, dass das Wetter nicht an allen Burgen mitgespielt hat, aber so “muss” ich den Weg einfach nochmal bei besserem Wetter und Gesundheitszustand wandern. :mrgreen:

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Der kleine 99g Schirm ist der zweite MVP dieser Tour. Die Windböen steckt der Schirm richtig gut weg. Ich höre dem “dröppeln” auf meinem Regenschirm sehr gerne zu und meine Brille bleibt immer trocken. Ist das UL? Nein, der Poncho hat eine Kapuze und ich trage ein Cap zum wärmen. Jedoch mag ich das Rascheln der Kapuze und die Reibung am Kopf nicht. Und es wird früher und später immer am Kragen oder am RV (dort wo der RV sich durch die Brüste wölbt) durchsiffen. Vor allem bei Wind. Und im Anstieg wird es zu warm unter einer wind-und regendicht festgezurrten Kapuze. Regen finde ich einfach besser zu ertragen mit Schirm. #TeamSchirm

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Da ich noch etwas Zeit habe, bis ich in meine Unterkunft kann, gehe ich in Obersteinberg den Künstlerinnenweg entlang. Von 1896 bis 1918 richtete der Kunstmaler Franz Hein in Obersteinbach eine Sommer-Malschule für junge Damen aus. Den Rundweg zieren auf 10 (?) Stationen Schilder mit Bildern der Kunstschülerinnen und einer zeitgeschichtlichen Einordnung der Motive. Ein sehr kurzweiliger und informativer Wanderweg, der einmal um und durch den Ort und auch an der Petit Arnsburg entlang führt. Noch eine Burg, die auf mich wartet. Diesmal lockt die Unterkunft.

Ich verzichte wegen etwaiger Bildrechts-Problematiken hier meine Fotos der Aufsteller des Künstlerinnenwegs zu posten. Wer einen Einblick möchte: https://www.komoot.de/highlight/4577914 

Zusammenfassung: Dienstag 24.10.23 vom Abri du Col du Litschhof bis nach Obersteinbach
16,9 km; Aufstieg: +684 m; Abstieg: -779 m; 7h:38min

Habe noch was gelernt: Trotz des vielen Regens von oben, gab es nicht ausreichend Trinkwasser auf der Strecke. Alle kleinen Bäche waren ausgetrocknet, natürliche Quellen waren entweder trocken oder nur noch eine Schlammsuhle der Wildschweine. Das erste Wasser hätte es wahrscheinlich an der Burg Fleckenstein in den Toilettenanlagen gegeben, dort flüchtete ich jedoch vor dem Trubel, ohne groß nachzudenken. Die nächste Gelegenheit war die Überquerung der Sauer. Dort war mir das Ufer zu steil, alles zu nass und zugewachsen und ich wollte nicht nach einer geeigneten Stelle suchen. Das war ein großer Fehler, denn es gab dann gar kein Wasser bis kurz vor Obersteinbach. Dort kreuzt man ein Bächlein, das so aussieht, als ob es auch schnell wieder trocken fällt. Beim Wassermanagement muss ich als “Vieltrinker” echt mehr aufpassen. Ich war so dehydriert, dass ich in meiner Unterkunft abends 3 Liter Tee trinken konnte, ohne in der Nacht einmal austreten zu müssen. 
 

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  • 2 Wochen später...

Nach 10 Stunden Schlaf fühle ich mich deutlich besser. Aus dem Fenster sehe ich gen Westen sogar ein paar Lücken in der Wolkendecke. Doch auch dieser Tag sollte wieder sehr nass werden. Ich wandere im Trockenen aus Obersteinbach heraus, doch nach wenigen Minuten hat der Regen mich eingeholt. Kein Wunder bei meinem Schneckentempo.

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Mein Puls sagt mir in den wirklich sachten Anstiegen des GR 53, dass ich noch nicht wieder fit bin. Ich beschließe mein Tagesziel, Winterberg mental loszulassen und nach den Windstein Burgen den GR 53 zu verlassen um direkt nach Niederbronn les Baines zu wandern. Da wollte ich eigentlich erst am nächsten Tag mittags eintreffen. 

Kurz nach Obersteinbach trifft man schon wieder auf die nächsten Burgruinen. Ich vertraue der Empfehlung des Rothers, dass das Chateau de Wittschlössel keine Besichtigung wert ist (sollen nur noch ein paar Steine zu sehen sein) und spare mir ein paar extra Höhenmeter.  Etwas später am “Gipfel” des Lindenkopf drückt der Wind den Regen wieder waagerecht durch die Bäume. Toll hier! 2023-10-2510_48_38.thumb.jpg.0b489db47d4a352ef4eba49affe7e29d.jpg

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Ich steige ab zum Chateau Vieux-Windstein. Die Sandstein-”Treppen” sehen mir für das Wetter zu gefährlich aus, mehr Löcher als Treppe. Nach ein paar verlassenen wirkenden Häusern an einem verlassenen Parkplatz steige ich wieder hoch zu den nächsten Ruinen.

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Am Chateau Mittel-Windstein kann ich nur an ein paar Löchern in den Felsen erkennen, dass hier mal eine Burg gewesen sein könnte. Faszinierend, wie wenig übrig bleiben kann. Das Chateau Nouveau Windstein ist dagegen großartig zu besichtigen. Ich finde einen trockenen Unterschlupf in den Katakomben und mache eine ausgedehnte Mittagspause mit einem mehrgängigen Menü aus Suppe, Gemüsereis und Kaffee mit Keksen. Das Urlaubsfeeling ist wieder sehr zurück. 2023-10-2511_49_28.thumb.jpg.89747063c66dcc03774f395f480d2cf0.jpg2023-10-2512_03_08.thumb.jpg.d0260af5457ea7a82965c5fb813ea7e8.jpg

Kurz nach dem Schlösser-Dreigestirn verlasse ich den GR 53 und wechsel über einen regionalen Wanderweg entlang der Maginotlinie im Schwarzbachtal auf den GR 531 (blaues Rechteck) der mich in Talnähe direkt nach Niederbronn führen wird.

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Die Maginotlinie war mir bisher nur aus dem Geschichtsunterricht bekannt, so ganz konkret damit konfrontiert zu werden war auch ein Highlight (der anderen Art) meiner Tour. Die Bunker und Unterkünfte sehen im Herbstregen sehr bedrückend aus. Was für ein Kraftakt, die Grenze zu Deutschland so abzusichern. Und dann kam doch alles anders … 

Nach dem Dauerregen der letzten Tage stand der Weg entlang des Schwarzbach über längere Strecken unter Wasser. Wo kein Wasser stand, haben Wildschweine den Weg zum Morast umgewandelt. Wildschweine sind doch wirklich sehr liebenswerte Tiere. Ich krempelte die Hose auf, damit diese trocken blieb und spulte stoisch die Kilometer bis zum GR 531 ab. 

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Richtig wehmütig wurde mir dann, als ich aus den Wäldern der Vogesen auftauchte. Ein letzter sehnsüchtiger Blick auf den von Wolken verhüllten Vogesenkamm, dann ging es Richtung Hotel in Niederbronn. 

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Den vierten Tag besichtigte ich vormittags Strasbourg, bei strömenden Regen, was sonst. Mittags brachte mich der TGV wieder nach Karlsruhe.

Vor kurzem wurde mir ein Tweet von Kachelmann Wetter zugespielt: vom 23.Oktober an regnete es an 30 aufeinanderfolgenden Tagen an der Wetterstation Fresse-sur-Moselle in den Vogesen. Und ich war live dabei, als alles anfing. Sagenhaft! :lol:
 

Zusammenfassung: Mittwoch 25.10.23: von Obersteinbach nach Niederbronn les Bains
17 km; Aufstieg: +458 m; Abstieg: -514 m; 6h:38min

 

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Ein paar Notizen zur Ausrüstung.

Was hatte ich zu viel dabei:

  • Nun ja, ein Zelt. Und eine Zeltunterlage aus Tyvek, die ich testen wollte.
  • Ein T-Shirt von Liod. War als Wärmereserve gedacht, die ich wahrscheinlich bei einer Übernachtung im Zelt am Winterberg gebraucht hätte.

Was bleibt das nächste Mal zuhause:

  • Die TAR neoair Xlite in der größten Variante: Ich mag das Aufblasen von Matten nicht. Egal mit welcher Methode. Und das Luft ablassen und das Falten einer großen Matte empfinde ich auch als nervend. Aber ich dachte, bei dem kalten, nassen Wetter wäre die Matte ganz gut. War auch bequem & warm beim Schlafen. Aber der Gedanke, nächsten Sommer über Monate täglich die Matte aufblasen, ablassen und falten zu müssen, erfüllt mich mit Grauen.
  • Mein Rucksack. Nur mein 3F UL Rucksack war groß genug für das Volumen meiner warmen Sachen und für 3,5 Tage Essen. Und der Rucksack hat leider einen zu langen Rücken. Er trug sich dafür erstaunlich gut. Den Rucksack verwende ich sonst für Wintertouren im Schnee und da habe ich oft arge Hüftschmerzen. 
  • Die gekürzte Zahnbürste war mir zu kurz. Ich fand das dann doch nicht so angenehm, meine dreckigen Pfoten so nah am Mund zu haben. 2 cm mehr dürften es schon sein.

Um was war ich sehr froh:
Um den UH-Poncho (vaude), den Regenschirm (doppler 99g Schirm), meinen neuen Quilt (Enlightenend Equipment Enigma 20F custom) und der evazote Matte für einen warmen Hintern bei Pausen.

Nässe-Management:
Am ersten Tag war der Regen eher nieselnd oder ich war im Wald in einem Tal recht geschützt. Meine myog Windjacke und der Schirm waren ausreichend und insbesondere in den zahlreichen Anstiegen angenehm luftig.
An den nächsten Tage war es nässer, kälter und windiger. Der Poncho, den ich last minute eingesteckt habe, war dafür perfekt. Darunter habe ich einen langärmligen dünnen myog Hoody getragen (aus Polyester).

Schuhe & Socken:
Ich bin sonst mit Altra Lone Peaks unterwegs, habe aber in diesem Sommer mit ein paar Alternativen experimentiert. Kurzentschlossen sattelte ich auf die Altra Olympus um, da ich mit denen etwas weiter vom Boden (also der Nässe) entfernt bin. Die Schuhe waren ganz wunderbar, ich hatte keinen Tag Schmerzen trotz des beträchtlichen Mehrgewichts gegenüber meiner gewohnten Sommerausrüstung für Tagestouren. Als Socken hatte ich die Injini Duo Variante getragen. Das ist eine Kombi-Packung von Zehensocken-Liner mit einer “normalen” Übersocke. Mir war immer ausreichend warm, die Socken trockneten gut. Abends und in der Mittagspause hatte ich Dexshell Neoprensocken, auch die haben meine klammen Füße gemütlich warm gehalten.

War ich UL unterwegs?
Nach der engen Gewichtsdefinition ganz und gar nicht. 10,5 kg (skin out) ohne Wasser und Essen. Am ersten Abend mit vollem Proviantsack und dem Wasservorrat für die Übernachtung hatte ich ca. 15-16 kg auf dem Buckel. 
Für eine verregnete Herbsttour mit Zelt kann ich bei meiner Körpergröße (groß und breit), meinem Wärmebedürfnis (sehr groß) und meinem Schwitzverhalten (sehr viel) nicht viel einsparen. Leichtere Isoschicht an den Beinen, leichterer Poncho, Folie statt Tyvek, fallen mir ein. Ich konnte jedoch alles gut und schmerzfrei tragen und ohne Infekt hätte ich an den beiden ganzen Wandertagen auch noch deutlich mehr Kilometer gehen können, indem ich das Tageslicht optimaler ausgereizt hätte. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Packliste für meine erste Herbst-Regentour seit über 20 Jahren. Und nächstes Jahr im Herbst dann vielleicht mit 9,5kg.
 

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vor 6 Stunden schrieb Kay:

den Regenschirm (doppler 99g Schirm)

 

Am 20.11.2023 um 17:16 schrieb Kay:

Der kleine 99g Schirm ist der zweite MVP dieser Tour. Die Windböen steckt der Schirm richtig gut weg.

 

Am 20.11.2023 um 17:16 schrieb Kay:

Regen finde ich einfach besser zu ertragen mit Schirm. #TeamSchirm

OT: Ich bin großer Fan dieses Regenschirms und bei tristem Wetter ist gelb richtig gut. I'll join your team!

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vor 29 Minuten schrieb RaulDuke:

1. Was heißt die Abkürzung MVP?

Most Valuable Player, eine Auszeichnung für den „wertvollsten“ Spieler in einer Mannschaftssportart

vor 31 Minuten schrieb RaulDuke:

2. Welcher 99g Schirm? Ich finde nirgendwo in deinem Bericht den Namen!

"doppler" – Das ist der Name des Herstellers. Vermutlich dieses Modell?

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Danke @mmaddin für die Erklärung und den Link zum Schirm. Das ist das Modell. Wir haben drei Stück: 98g, 101g, 102g jeweils ohne Hülle. Es gibt auch eine Variante mit UV-Schutz, der wiegt 150g. Macht allerdings auch einen deutlichen Unterschied, wenn die Sonne runterknallt. 

@RaulDuke vielen Dank für deine wertschätzende Antwort :wub: Es war trotz allen Beschwernissen auch für den Wandernden ein wunderschöner Ausflug und ich freue mich schon sehr auf eine Rückkehr im nächsten Herbst (und vielleicht schon im Frühjahr?)

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