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Ultraleicht Trekking

UL und Sicherheit


martinfarrent

Empfohlene Beiträge

vor 41 Minuten schrieb t123:

"When comfort and a sense of security matter more than saving weight". 

Natürlich ist guter Schlaf wichtig :-) ("sense of security").

Ich habe nur einmal einen 12er-Wind im Tarra erlebt. An Schlaf war da nicht zu denken.

Stell Dir vor draußen am Zelt stehen zwei Typen und rütteln permanent mit aller Kraft am Zelt und das über Stunden. Dazu kommen sehr laute Windgeräusche nicht nur von Rütteln, sondern auch von vibrierenden Abspannungen und strammen Zeltsäumen.
Zeitweise ist mit regelrecht schlecht geworden, da im Zelt kein ruhiger Fixpunkt vorhanden war. Beim Kochen im Zelt hat sich selbst der Dampf aus dem Kochtopf mit jeder Bö schlagartig seitlich verschoben. Das war alles ziemlich scary ...

Bearbeitet von wilbo
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vor 15 Minuten schrieb wilbo:

Ich habe nur einmal einen 12er-Wind im Tarra erlebt. An Schlaf war da nicht zu denken.

Stell Dir vor draußen am Zelt stehen zwei Typen und rütteln permanent mit aller Kraft am Zelt und das über Stunden. Dazu kommen sehr laute Windgeräusche nicht nur von Rütteln, sondern auch von vibrierenden Abspannungen und strammen Zeltsäumen.
Zeitweise ist mit regelrecht schlecht geworden, da im Zelt kein ruhiger Fixpunkt vorhanden war. Beim Kochen im Zelt hat sich selbst der Dampf aus dem Kochtopf mit jeder Bö schlagartig seitlich verschoben. Das war alles ziemlich scary .

Jo, das wollte ich so ziemlich auch gesagt haben, "sense of security and comfort" = Verkäuferargument, bis man selber feststellt:

die Reflektionen der ersten case study von Neale sind die weitergehend objektivierbaren =  für mich erheblicheren.

Trotzdem kann man nix gegen sagen, jedeR wie er/sie will (und kaufen kann).

Bearbeitet von t123
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vor 46 Minuten schrieb martinfarrent:

Die heftige Angst, die man in der Rückschau bekommen kann. Die befällt zumindest mich meist intensiver und öfter als akute Angst in/vor der eigentlichen Situation.

Also mich nicht (später ist Erleichterung und Lachen und auch ernstes Reden und jedenfalls Sich-Merken im Bauch-Repertoire). Die heftige Angst ist in der Situation. Mit der muss man umgehen (zurück? vor? Pause? - Atmen). Und kurz danach, wenn ich an zitternden Knien und Händen merke, wie plötzlich fertig ich bin. 

Relativier: wenn was passiert ist und man Hilfe bekommen musste, ist die Angst auch in der Rückschau. Nennt man das dann Trauma?

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vor einer Stunde schrieb t123:

Relativier: wenn was passiert ist und man Hilfe bekommen musste, ist die Angst auch in der Rückschau.

Eine sehr gefährlich ausgesetzte MTB-Abfahrt vom Vercors runter. Passiert ist genau... nichts. Aber ich hätte deutlich öfter an den schmalsten Stellen absteigen und schieben sollen (ein paar Mal tat ich's doch). Richtige Angst kam allerdings erst auf, als ich mir Wochen später Bilder für Facebook aussuchte. Dabei war die Abfahrt fahrtechnisch ziemlich uninteressant. Ich weiß auch gar nicht mehr, warum ich den gefährlichen Teil überhaupt gefahren bin - war völlig ohne Spaßfaktor. Aber ich glaube, über diese Abfahrt habe ich in den Jahren seither viel mehr nachgedacht als über alle anderen, wo ich viel mehr Spaß hatte oder (umgekehrt) mir tatsächlich mal ne Rippe geprellt habe.

Und nochmal: Passiert ist nix. Angst ist manchmal komisch, zumindest bei mir. Aber man muss halt mit der Angst arbeiten, die man hat. 

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vor 27 Minuten schrieb t123:

Und kurz danach, wenn ich an zitternden Knien und Händen merke, wie plötzlich fertig ich bin.

Das ist normalerweise der intensivste Moment für mich. In der Situation selbst wechselt es in der Regel von aufkommender Panik relativ schnell zur Erkenntnis, dass ich schon in der Sch**** stecke und da jetzt durch muss. Wenns richtig brenzlig ist, dann komme ich in einen dissoziativen Zustand in dem die emotionale Seite eine Vollbremsung hinlegt. Unheimlich hilfreich um die Situation zu überstehen ohne Opfer eines unkoordinierten "Fight or Flight Reflex" zu werden, aber der emotionale Crash danach kann extrem sein.

vor 45 Minuten schrieb t123:

Relativier: wenn was passiert ist und man Hilfe bekommen musste, ist die Angst auch in der Rückschau. Nennt man das dann Trauma?

Trauma nennt man es in der Regel erst, wenn das Erlebte eine spürbare negative Auswirkung auf das emotionale Gleichgewicht hat. In der Rückschau erschrecken und Angst haben ist ganz normal und nötig, damit wir lernen können. "Mir schlottern noch Jahre später die Knie wenn ich dran denke" ist noch kein Anzeichen für ein Trauma. Bin zwar kein Psychologe, aber habe als "Anhängsel" ein paar Kongresse zum Thema besucht.

Es macht wenn ich länger drüber nachdenke auch Sinn, das im Kontext dieses Threads weiter auszuführen: ein häufiges Anzeichen eines Trauma ist, wenn man nach einer überstandenen Krisensituation (die eigene oder auch eines anderen, die man miterlebt hat) oft und in gleichbleibender oder zunehmender Frequenz an die Situation denken muss und sich auch nicht bewusst von den negativen Emotionen (das kann Panik, starke Angst, Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit oder emotionale Leere sein) distanzieren kann.

@martinfarrent hat das kompetitive Macho-Verhalten in der Fehlerkette erwähnt. Das, genauso aber auch falscher Stolz oder Scham, kann auch nach überstandener Krisensituation zu einem großen Problem werden, wenn man versucht mit der emotionalen Überforderung durch das Erlebte (ggf. auch verbunden mit Schuldgefühlen) allein klarzukommen. Deshalb sollte man zu den nötigen Sicherheitsvorkehrungen evtl. auch zählen, ob man jemanden in der Schnellwahl hat, dem man im Nachgang einer existenzerschütternden Situation ohne Vorbehalte die ganze erbärmliche Gefühlswelt (so fühlt es sich an) offenlegen kann.

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Letztes Jahr in Washington habe ich ein kanadische Bergführerin getroffen, die (wie ich) den nicht geschafften PCT-Thruhike beenden wollte. Es lag noch ziemlich viel Schnee, und ihr Konzept vor Old Snowy war: es darf keinen Point of no return geben, was Essen angeht, um immer die Wahl zu haben umzudrehen. Fand ich gut, hat mir gut getan (und wir hatten denn auch Essen übrig).

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Am 22.6.2023 um 22:11 schrieb BitPoet:

Das ist normalerweise der intensivste Moment für mich. In der Situation selbst wechselt es in der Regel von aufkommender Panik relativ schnell zur Erkenntnis, dass ich schon in der Sch**** stecke und da jetzt durch muss. Wenns richtig brenzlig ist, dann komme ich in einen dissoziativen Zustand in dem die emotionale Seite eine Vollbremsung hinlegt. Unheimlich hilfreich um die Situation zu überstehen ohne Opfer eines unkoordinierten "Fight or Flight Reflex" zu werden, aber der emotionale Crash danach kann extrem sein.

Du bist ich.

OT: Hatte ich gerade letzten Monat, als ich an einer ausgesetzten Stelle auf dem Geröll des Todes anfing zu rutschen. Davor gab es auch einige in meinen Augen nicht so schöne Stellen auf dem Trail, aber ich bestehe dann irgendwann nur noch aus Konzentration. Irgendwo im Hinterstübchen meldet sich die Höhenangst, aber die bekommt mich nicht klein, ich kann mich weiter fokussieren. Aufgrund diverser Umstände ging die Konzentration allerdings zum Ende hin flöten. Nach besagtem Geröll, dem plötzlichen, eigentlich gar nicht so weiten Rutschen und der Gewissheit, dass wir nun aber durch den schlimmsten Teil durch sind, kam dann der Zusammenbruch und ich bin die letzten 500 Meter wie ein Schlosshund heulend und schluchzend zum Camp abgestiegen und am Rest des Tages war mit mir auch nicht mehr viel anzufangen. 

Was ich aber auf diesem Trail in puncto Sicherheit gelernt habe ist, lieber allein meine Trails zu gehen. Ich war vorher nie in Begleitung unterwegs, war immer allein. Ich gehe da meine Pace, mache meine Pausen, starte zu meinen Zeiten, muss nicht lange hin- und her überlegen, wenn ein Plan B gefragt ist und kann einfach so viel besser auf mich, meinen Körper  und mein Bauchgefühl hören.
Das war alles extrem verhindert, obwohl wir versucht haben, das beste draus zu machen. 
Mich hat das gemeinsame Wandern jedoch in viele sehr unsichere Situationen gebracht, die mir nie passiert wären, wäre ich allein gewesen. 
Daher würde ich sagen: beim gemeinsamen Wandern ist die Begleitung tatsächlich ein Faktor, der zur Sicherheit beitragen kann, aber diese auch schnell nehmen kann. Ist ja auch logisch.
Man muss jemanden finden, der wirklich passt, das findet man aber evt. doch erst langsam auf dem Trail raus.
Mein Fazit: Ich bin und bleibe lieber ein einsamer Wolf. 

  PS: In der Rückschau, kurz nach solchen Situationen, sage ich immer, sowas würde ich nie, nie wieder machen. Einige Tage später kommt dann mit ziemlicher Gewissheit das: Doch würde ich wieder machen. 
Nach dem Verdauungsspaziergang im Gehirn kann ich die Gefahr dann viel besser einschätzen, weiß, wo meine Fehler lagen und was ich hätte anders machen sollen. Das nimmt mir dann die Angst und ich habe dann zwar Respekt, aber traue mich wieder. 
Es sei denn, es wäre eine Situation, die wirklich so gefährlich gewesen wäre, dass ich weiß, dass ich einfach nur Glück hatte. 

Bearbeitet von moyashi
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Am 13.6.2023 um 14:16 schrieb Jever:

das ist im alpinen eben DAV, SAC, ÖAV und ihre Sicherheitskreise

 

Diese Organisationen und die Bergwachten sind auch diejenigen, die im Zweifel Leib und Leben riskieren, um uns rauszuholen. Ich denke bei Sicherheitserwägungen immer: Wenn ich mit dieser Ausrüstung auf dieser Unternehmung gerettet werden muss - ist mir das hinterher peinlich? Weil ich nicht auf die Retter gehört habe, die mir das im Vorfeld schon genauso prophezeit haben weil meine Ausrüstung und mein Ausbildungsstand ungenügend waren und nicht zu einander passen? Wenn ich mein Vorgehen vor meinen Retter_innen nicht gerechtfertigt kriege und sie damit unnötig in Gefahr bringe, sollte ich mein Vorhaben dringend überdenken und anpassen.

Diese Überlegung hilft mir eigentlich immer bei meinen Entscheidungen. Und macht alle Sicherheits-Entscheidungen zu einer sehr persönlichen Angelegenheit.

Z.B. Juliläumsgrat in Trail Runnern? Unbedingt! Ohne Biwak-Sack und mit zu wenig Wasser um schneller zu sein? Super-Peinlich wenn ich dehydriert und unterkühlt Hilfe brauche...

Schwieriger wird das in Gruppen mit Leuten mit sehr unterschiedlichen Kompetenzen und unterschiedlicher Risikobereitschaft. Rechtlich gilt hier im alpinen Gelände ja tatsächlich die Person als verantwortlich, die den höchsten Ausbildungsstand hat. Ethisch führt hier kein Weg an langen Diskussionen vorbei bis sich wirklich alle wohl fühlen und nicht nur faule Kompromisse eingehen. Dafür ist es in meiner Erfahrung nötig, dass sich vor Allem diejenigen mit den weitestgehenden Ambitionen am meisten zurückhalten, um niemanden zu überfahren. Die Coolness von "leichter-schneller-weiter-krasser" macht es nicht leichter, Bedenken zu äußern. Macker-Kacke bringt an dieser Stelle Menschen in Lebens-Gefahr.

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Wirkt, als machtest Du Deine Sicherheitsentscheidungen maßgeblich von der möglichen Außenwirkung, demnach was andere von dir denken, als von kognitiven Sicherheitsabwägungen abhängig.  

Wäre mir ehrlich gesagt ziemlich Laterne,  was andere von mir denken. Denn wenn ich aus einer gefährlichen Situation gerettet werden müsste,  dann will ich eher darüber reflektieren,  was ich trotz gewissenhafter Vorbereitung außer acht gelassenen habe und verändern werde und nicht, wie peinlich das nun war...  externalisierte Scham wäre in meinen Augen der falsche Ratgeber für Sicherheitsentscheidungen, wenngleich die Maßnahmen sicher oft korrelieren.  

Ich schließe z.B. meine Haustür ab,  damit es Einbrecher schwer haben, ins Haus zu gelangen (und die Versicherung zahlt),  nicht weil es mir peinlich vor der Polizei sein könnte,  wenn sie feststellen, dass ich nicht abgeschlossen  hatte ;)

Beides führt zwar ans Ziel,  die Motivation unterscheidet sich jedoch. Bei letzterer wurde eine rationale Entscheidung aus irrationalen, persönlichen Beweggründen getroffen. 

Ich denke, das Verständnis, weshalb ich eine Maßnahme treffe, ist ein wesentlicher Bestandteil eines Sicherheitskonzeptes. 

 

 

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Ich denke nicht, dass es im post von @PaulBuntzel in erster Linie um die "Außenwirkung" geht/ging (auch, wenn das Wort "peinlich"das suggeriert)

Wenn ich die Tür nicht abschließe und dumm dastehe, bin nur ich betroffen, die angesprochene Polizei ist dadurch nicht betroffen oder gar in Gefahr gebracht worden.

Wenn ich aus übertriebenem UL-Ehrgeiz in den Bergen dehydriere und unterkühle, müssen andere Unannehmlichkeiten/Anstrengungen/ möglicherweise Gefahren auf sich nehmen, um mich zu retten.

Falls ich mich, wie @Wandersocke schrieb, wirklich gewissenhaft vorbereitet hatte, ok. Wenn ich aber, wie oben gesagt,aus Gewichtsgründen  ohne Biwaksack  und ausreichende Wasserreserve losgehe, bin ich eben nicht gewissenhaft vorbereitet, sondern überehrgeizig, stupid ultralight eben.

UNd dann bin ich verantwortlich, falls einer/m der Retter/innen was zustoßen sollte. Mir wäre das weitaus mehr als "peinlich"...

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vor 5 Stunden schrieb schwyzi:

müssen andere Unannehmlichkeiten/Anstrengungen/ möglicherweise Gefahren auf sich nehmen, um mich zu retten.

definitiv. wir sind uns auch ganz klar eins. Ich wollte nur hervorheben, dass die Motivation, die auch Du gerade beschreibst, rationale Gründe voran stellt.
Sobald ich allerdings die meisten meiner sicherheitsrelevanten Entscheidungen treffe, weil mir eine Konsequenz peinlich sein könnte (und da sehr oft und explizit wiederholt darauf eingegangen wurde, kommt es bei mir so an, als wäre das die treibende Kraft hinter derartigen Entscheidungen), werden persönliche Gründe (wie Außenwahrnehmung, Scham usw) vorne an gestellt.

Noch mal: beides führt in diesem und sicher auch den meisten Fällen zum ähnlichen Ergebnis. 

Ich habe zwei Bergführer. Beide die gleiche Ausrüstung. Der eine hat sie dabei, weil er genau weiß, wozu und wie sie anzuwenden wäre, der andere, weil es ihm unangenehm wäre, wenn etwas passieren würde. Ich würde mich für ersten entscheiden, weil sein Verständnis des Sicherheitskonzeptes für mich maßgeblich ist. 

Und ja, natürlich kann einem etwas peinlich sein, wenn man wohlweißlich sich und andere in Gefahr bringt. Scham begleitet in der Regel die meisten Menschen, wenn sie wider besseren Wissens handeln und dann etwas schief geht. Das ist menschlich. Darum geht es mir jedoch nicht. Der Unterschied besteht eben darin: wähle ich ein Sicherheitskonzept aufgrund meines Verständnisses für die Situation oder um mich vor möglichen Gefühlen danach zu schützen. 

Ich bin auch dabei, dass es besser ist, aus welchen Gründen auch immer, überhaupt ein Sicherheitskonzept zu wählen. Doch sicherer wäre es m.E., eines zu wählen, weil rationale Faktoren dies begründen. 

                            

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vor 30 Minuten schrieb Wander Schaf:

 Der Unterschied besteht eben darin: wähle ich ein Sicherheitskonzept aufgrund meines Verständnisses für die Situation oder um mich vor möglichen Gefühlen danach zu schützen.                            

Ich verstehe @PaulBuntzel so, dass ein Schamgefühl danach nur ein Indiz für eine unangepasste Ausrüstung ist, aber nicht der Grund warum die Ausrüstung eingepackt wird. Diesen Ansatz finde ich sehr sinnvoll, allerdings muss man auch die Erfahrung mitbringen um zu wissen welche Ausrüstung tatsächlich sinnvoll ist, oder ob die geplante Route für einen selbst machbar ist.

 

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Ich habe den Begriff der Peinlichkeit verwendet, weil er bei mir tatsächlich gut funtioniert. Und er weit über rationale Überlegungen hinausgeht, und auch eine tiefe emotionale Komponente in meinen Entscheidungen zulässt. Dieser Komponente kann ich oft viel besser vertrauen als technokratischen Abwägungen. Peinlichkeit, die "Pein" der Scham macht mir ganz deutlich, dass ich auch in der Einsamkeit der Wildnis nicht den Illusionen meines Ego-Trips (den ich oft fahre - schuldig!) erliegen darf, sondern auch hier eingebunden bin in gesellschaftliche Verantwortung, so sehr ich ihr auch zu entkommen versuche. Ich denke, evolutionär gesehen ist die Entwicklung von sozialer Scham genau dafür da, nicht nur mich, sondern auch meine Gruppe zu schützen, sonst wäre sie ja schon lange ausgestorben.

Diese soziale Komponente befähigt mich dazu, von meinem persönlichen "You-Always-Pack-Your-Fears" wegzukommen. Packe ich den Biwak-Sack ein weil ich nur Angst habe zu frieren oder beschützt er meine Retter und Angehörigen vor der realen Wahrscheinlichkeit, dass ich mich versteige und biwakieren muss - ohne gerettet werden zu müssen oder zu sterben?

Mir hilft es, bei der Planung von Unternehmungen, meinen Blickwinkel zu verschieben und von außen einen Blick auf meine Plaung zu werfen. In diesem Sinne "funktioniert" für mich der Begriff der Peinlichkeit.

Kann aber für andere Leute auch anders sein. Mir ist es schon wichtig, was andere über mich denken, insbesondere wenn diese Leute für mich überlebenswichtig sind und ich Dankbarkeit dafür empfinde, dass sie in Notsituationen für mich da sein werden.

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Frage zu PLBs, Spot, inReach...

Soll ich mir eins zulegen? Welches? Ich würde gern noch ein paar Einschätzungen der "alten Häs_innen" hören, was ihr dazu denkt.

Ich habe tatsächlich Schiss, dass mich solche Geräte unvorsichtiger machen. Ich bin noch aufgewachsen mit der Technologie, die oben schon mal beschrieben war: Wenn ich wirklich gefährliche Solo-Sachen mache, aus denen ich mich möglicherweise nicht selber retten kann, müssen Leute wissen, wo ich wann bin und mache klare Deadlines aus, bis wann ich mich gemeldet haben muss. Ob das jetzt die Polizei in Narvik, DAV-Hüttenwart oder meine daheimgebliebenen Freunde sind, die was von der Materie verstehen, ist da wurscht. Wichtig ist mir dabei neben dem praktischen Aspekt, möglichst nicht abzunibbeln, dass es Aufwand ist und auch ein bischen eine Zumutung für Andere wenn ich große Risiken eingehe. Das verschafft Hemmungen und lässt mich doppelt zögern. Ist es mir das wirklich wert? Das würde wegfallen wenn ich so ein Gerät hätte, oder? Wie verändert sich mein Denken noch? Hat da jemand Erfahrungen?

Ich will eine kleine Beobachtung schildern, die mich geschockt hat: Auf YouTube hab ich nem Typ bei seinem CDT-Tru-Hike zugeschaut und der hat den SOS-Knopf gedrückt weil er wegen seiner Schienbein-Sehnenscheidenentzündung nicht mehr weiterkam weil es wehtat. Der Krankenwagen hat ihn dann von einer kleinen Pass-Straße abgeholt. Voll krass, finde ich. Sich da reinzubringen finde ich schon panne - nicht auf den Körper hören und sich völlig überfordern. Und dann nicht die Fähigkeit und die Ausrüstung zu haben, sich selber wieder rauszuhauen. Genau solche Sachen sind das, wo ich von mir immer erwarten würde, dass ich mich selber retten können muss. Oder bin ich da zu Oldschool?

Gleichzeitig sehe ich den technischen Fortschritt auch sehr positiv. Z.B. würde ja heute keiner mehr auf die Idee kommen, ohne LVS-Gerät auf Skitour zu gehen - und das hat ja das Risiko auch deutlich verringert. Werden PLBs zum Standard beim Trekking? Was wird das für unsere Sicherheits-Rücklagen (v.A. Medi-Pack und Essens-Rationen) und unsere Risikobereitschaft in der Planung bedeuten?

Irgendwie hab ich da Bauchschmerzen, vielleicht ist das aber auch nur Umstellungs-Erschwertheit?

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Am 28.6.2023 um 17:00 schrieb PaulBuntzel:

Schwieriger wird das in Gruppen mit Leuten mit sehr unterschiedlichen Kompetenzen und unterschiedlicher Risikobereitschaft

und Ausrüstung. Bei uns ein Schneeschuhgeher unter Skitourengeher, der erklärte, das Treffen sei für ihn geplatzt, wenn wir umdrehen, weil er keine Lust darauf hätte, im Hang Jojo zu spielen (klar, Schneeschuhgeher haben keinen Spass bei der Abfahrt sondern nur am Gipfel). War die Reaktion, als ich an einem Hang umdrehen wollte, der mir nicht geheuer war. Nachdem jedoch zwei andere Gruppen lustig und ungebremst an uns vorbeigingen, war mein Einwurf hinfällig, und zwei Minuten, nachdem wir dann auch losgingen,  hatten wir 2 Tote, einen Schwerverletzten und den ganzen Zauber (5 Helis, Bergrettung, Lawinensuchhunde pi pa po) drum herum.

Seitdem interessieren mich Meinungen anderer herzlich wenig. Wenn ich die Reissleine ziehen will, drehe ich um und lasse alle stehen.

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vor 3 Stunden schrieb PaulBuntzel:

Ich habe tatsächlich Schiss, dass mich solche Geräte unvorsichtiger machen.

Meinem Eindruck nach ist das (bei dir?) unbegründet. Das genannte Negativ-Beispiel enthält vor allem eines: die Mischung aus Selbstüberschätzung, Ungeduld und egoistischer Anspruchshaltung (Hybris). Zuerst nicht auf den eigenen Körper hören wollen, dann sich nicht die Zeit nehmen, zu versuchen das Problem mit 2 oder 3 Ruhetagen zu mindern gepaart mit der Anspruchshaltung auf's Risiko gehen zu können weil Andere einen im "Notfall" rausboxen können.

vor 3 Stunden schrieb PaulBuntzel:

Soll ich mir eins zulegen? Welches?

 Bin zwar "alt" aber falle nicht in die Kategorie "erfahrener alter Hase/Häsin", aber hab hierzu eine positive Einstellung: der Nutzen überwiegt FÜR MICH die zusätzliche Ausrüstung mit allem was dazu gehört (Energie etc) und die extra Kosten.

So ein PLB erhöht einfach die Wahrscheinlichkeit, einen echten Notfall zu überleben.

Die anderen Nutzen sind nett aber dagegen Nebensache. Mein Favorit ist das InReach mini in der aktuellen Variante (Preis- und Größenbedingt), die Alternative GPSmap 67/68/69 etc nur für den Fall, das ich die Navigationsmöglichkeiten auch ausschöpfen könnte (für meine Zielregion gibt es aber keine brauchbares elektr. Kartenmaterial). Und ich habe nicht das Gefühl gehabt, das das PLB mich leichtsinniger gemacht hätte. Eher hat es ein beruhigendes Gefühl vermittelt.

PS. wie das Bsp. von Jever darstellt heißt ein PLB ja nicht, das man "sicher" ist sondern das man eine zusätzliche Option hat, Hilfe zu holen wenn die "heute allgemein üblichen" Kommunikationswege nicht zur Verfügung stehen.

Bearbeitet von kra
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Aktueller Vorfall, für alle die, die auf die Kombi mausgraue Klamotten und Satellitentelefon/Spot setzen:

Zitat

Die neun aus Israel stammenden, jungen Erwachsenen waren auf einer Höhe von 2500 Metern von einem plötzlichen Wetterumschwung mit Temperatursturz und schlechter Sicht überrascht worden und hatten gegen 17 Uhr mit einem Satelliten-Notrufgerät Alarm geschlagen. Dieser wurde an eine Notrufzentrale nach Israel übermittelt, die dann Kontakt mit der Rega-Einsatzzentrale aufnahm. Ein erster Suchflug der aufgebotenen Rega-Crew aus Locarno war erfolglos, weil die übermittelten Koordinaten offenbar nicht exakt genug waren. Zudem erschwerte aufziehender Nebel die Suche aus der Luft.

https://www.polizeinews.ch/nach-alarm-aus-israel-rega-crew-evakuiert-neun-wanderer-vom-corona-die-redorta-ti/

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vor 42 Minuten schrieb Jever:

Ein erster Suchflug der aufgebotenen Rega-Crew aus Locarno war erfolglos, weil die übermittelten Koordinaten offenbar nicht exakt genug waren. Zudem erschwerte aufziehender Nebel die Suche aus der Luft.

Das ist genau das Szenario „meiner“ Rettung in den norwegischen Bergen.

Aus der Luft hätte mich die Heli-Besatzung in dem grünen Zelt nie gefunden.
Das, was gesehen wurde, war eine von meinen drei Mini-Leuchtkugeln und die ausgebreitete, silberne Rettungsdecke vor dem Zelt.
Ohne diese beiden visuellen Signale wäre die Crew einfach über mich hinweg geflogen.

Eine ähnliche Erfahrung haben wir bei einer Rettungsübung der SAU in Kooperation mit DGzRS gemacht.
Ich war verblüfft, wie wenig man mit bloßen Augen von der Brücke eines Seenotrettungskreuzers in der Ferne erkennen kann. Bei schönstem Wetter, Sonnenschein und kaum Wellengang waren die drei Seenot-Kajaks, nur einige Seemeilen entfernt, nicht mehr zu erkennen. Dabei waren alle Kajaks in Signalfarben, rot, gelb und orange gehalten.
Bei suboptimalen Bedingungen ist man für die Retter schlicht unsichtbar.

VG. -wilbo-

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vor einer Stunde schrieb DukNukem:

Hast du einen Link zu deren verwendeter Ausrüstung?

Nö. Mir reicht die Grundaussage, dass die Ortung eventuell nicht genau ist, und eben das Grundübel, dass es Trend ist, in modischen Stadtfarben in die Berge zu ziehen. Dazu brauche ich auch keinen Link, da reicht ein einziger Blick in die Regalreihen eines x-beliebigen Schuppens für Outdoorklamotten sowie die Selfies hier im Forum aus.

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Wirklich ungenaue Koordinaten gibt es bei alten PLBs, die noch kein GPS haben, oder bei ungünstiger Geographie, z. B. in einer Schlucht. Insofern ist die verwendete Ausrüstung (und möglicherweise mangelhafte Übermittlung, am Ende wurden da Standortdaten mündlich per Telefon durchgegeben?) schon sehr relevant.

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vor 27 Minuten schrieb whr:

Wirklich ungenaue Koordinaten gibt es bei alten PLBs, die noch kein GPS haben, oder bei ungünstiger Geographie, z. B. in einer Schlucht

Ich vermute du meinst alte GNSS Geräte (landläufig GPS Empfänger genannt), die noch kein DGPS Signal (z.B. EGNOS für Europa, WAAS für Nord Amerika  etc.) verwenden können?

Ein PLB das aktiv überhaupt keine Positionsdaten sendet ist ja höchstens über Triangulation lokalisierbar, wenn es selber permanent Signale sendet.

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Ich finde es ja lustig, wie hier über technische Details spekuliert wird. Fakt ist und bleibt: Technik hat Grenzen, mit einem netten Knopfdruck hat man nicht sofort einen hübschen Bergretter nebst Heli geordert und zeitnah geliefert, und wenn dann die Sicht eben - wie meist bei Unfällen, da diese eben vorrangig bei suboptimalen Wetterbedingungen passieren - nicht stimmig ist, dann hat man in Tarnfarben die Arschkarte gezogen.

Die Lösung: anstelle sich über Technik das Hirn zu zerbrechen, und nur dann herunter zu fallen, wenn triangulares GPS hoppedei und andere Faktoren stimmig sind, einfach Warn- anstelle Tarnfarben nutzen. Ist sogar XUL, weil der Gewichtsunterschied 0g zwischen einer grauen und einer neongelben Jacke ist.

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Ich finde es ja lustig, wie hier spekuliert wird.

Der eine über Farbe, der andere über technische Positionserkennung.

Die Leute hatten ihr Leben riskiert, weil sie auf dem PLB vertraut hatten,
etwas zum drauf, drunter und drin liegen wäre allerdings die richtige Wahl gewesen, dann hätte man später einfach weiter gehen können.

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vor 50 Minuten schrieb zopiclon:

Ich finde es ja lustig, wie hier spekuliert wird.

Der eine über Farbe

Wir können gerne eine auf physikalischen Grundlagen basierende Diskussion zum Thema Sichtbarkeit von Farben starten, wenn du es spekulativ findest, ob dies einen Einfluss darauf hat, ob man bei einem Suchflug gesehen wird, oder eben auch nicht.

 

Wir brauchen dagegen nicht darüber spekulieren, ob die Positionsangaben und -genauigkeiten eines GPS davon abhängen, wie viele Satelliten durch die Umgebung abgeschattet werden, einem völlig normalen Vorgang in den Bergen (Stichwort Berg, Hang und so).

Bearbeitet von Jever
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